Kommentar zum Yoga Sutra des 1. Kapitel 38. Vers  des Patanjali

  1. स्वप्नणनद्राऻानारम्बन ं वा ॥ ३८॥

svapnanidrajnanalambanan va

Durch Meditation über Wissen aus Traum oder Tiefschlaf, kannst du alle Hindernisse überwinden.

Wir sind bei einem Vers, wie im Kontext der vorhergehenden, wo Patanjali Tipps gibt, wie du über Hindernisse hinaus wachsen kannst. Als Hindernisse hat er aufgeführt:

Krankheit, Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, Sinnlosigkeit, innere Unruhe, Getriebenheit, inneres Leiden. Wie kannst du darüber hinauswachsen?

Hier im 38. Vers empfiehlt er durch Meditation über das Wissen aus Traum oder Tiefschlaf. Es gibt verschiedene Weisen, wie du das interpretieren kannst. Du könntest das Psychotherapeutisch interpretieren. Manche spirituellen Psychotherapeuten kennen das Yoga Sutra sehr gut. Manche sagen, dass die Traumdeutung der westlichen Psychotherapeuten stark durch indische Inspiration kommt.

Träume

So kannst du sagen, aus dem Unterbewusstsein kommt Traum, eine Deutung, da kommt Kommunikation über Träume. Du kannst ein Traumtagebuch führen und jeden Morgen, oder wenn du nachts kurz aufwachst, aufschreiben worüber du geträumt hast. Danach kannst du überlegen, was will dir das Unterbewusstsein damit sagen. Eine Möglichkeit, Träume können dir einiges erzählen.

Da ich kein Psychotherapeut bin möchte ich das nicht weiter vertiefen. Bei Yoga Vidya haben wir die psychologische Yogatherapie und dort spielen die Träume eine gewisse Rolle. Im Rahmen der psychologischen Therapie könntest du mehr lernen, wie du die Weisheit der Träume nutzen kannst.

Eine zweite Möglichkeit. Manchmal gibt es wunderschöne und machtvolle Träume. Es kann passieren, gerade wenn es dir nicht gut geht, dass du einen wunderschönen Traum hast. Ich habe immer wieder Träume von Swami Sivananda oder anderen Heiligen oder von Engeln, von Jesus. Wenn ich so träume, habe ich die wunderbarsten Meditationen danach.

Ich weiß und vertraue darauf, die Träume kommen immer wieder, inspirieren mich. Manchmal ist in diesen Träumen etwas klar, was zu tun ist und was ich tun soll. Manchmal erscheint dir die höhere Wirklichkeit in Gestalt von Meister, Meisterin, Engeln, Göttern. Ich habe auch schon geträumt von Krishna, Ganesha, Shiva und es hatte immer irgendeine Bedeutung.

So kannst du, wenn du nachts einen schönen Traum hattest, am nächsten Morgen, über das Meditieren. In der Meditation dieses Wissen, diese Weisheit tiefer werden lassen.

Vedanta

Gerade im Vedanta ist eine philosophische Betrachtungsweise von Tiefschlaf, Traum und Wachzustand eine sehr wichtige Weise um die höchste Wahrheit zu erfahren. Da geht es nicht um die Inhalte des Traumes, auch nicht darüber das dein Unter- oder Überbewusstsein zu dir spricht. Es geht um die Metaphysik des Traumes.

Im Tiefschlaf Zustand nimmst du nichts wahr, du existierst trotzdem. Im Traumzustand existiert eine Welt, gemacht aus deinem Bewusstsein. Wenn du aufwachst, verschwindet die gesamte Traumwelt. Diese Wach Welt ist nur solange da, wie du nicht schläfst. Alle Sorgen des Tages verschwinden, in dem Moment wo du einschläfst.

Wenn du einschläfst, spielt die Wach Welt keine Rolle. In der Traumwelt spielt die Wach Welt keine Rolle. Was auch immer du für Sorgen in der Wach Welt hattest, du machst dir keine Sorgen im Traum.  Du könntest sagen, die Traumwelt greift zurück auf die Inhalte der Wach Welt.

Das stimmt natürlich auch. Die Sorgen in der Wach Welt spielen im Traumzustand keine Rolle. Du kannst schlimmes erfahren haben, im Wachbewusstsein und kannst trotzdem einen schönen Traum haben. Du kannst eine fantastische Zeit haben im Wachzustand und kannst den fürchterlichsten Alptraum haben. Zwar hat das Wachbewusstsein eine gewisse Auswirkung auf den Traum und der Traum hat eine gewisse Auswirkung auf den nächsten Tag. Du machst dir keine Sorgen was im Traum war.

So sagen die großen Weisen des Vedanta, diese Wach Welt ist auch nur ein Traum. Es gibt Turia, den vierten Gemütszustand. Du wirst irgendwann aufwachen aus dieser Traumwelt und du wirst aufwachen in die reine Wirklichkeit. Du bist nicht der Körper und nicht die Psyche.

Brahman

Diese Welt existiert nicht so wie wir sie erleben. So wie der Traum nur aus dem Bewusstsein des Träumenden besteht, so besteht diese ganze Welt vom Bewusstsein des Träumenden. Dieser Träumende ist letztlich Gott. Du kannst ihn als Brahman, als Schöpfer, göttliche Mutter bezeichnen. Wie immer du das ausdrücken willst.

Im Traum selbst identifizierst du dich mit einem Traumwesen, aber auch alle Anderen im Traum hast du selbst erzeugt. Du bist in der einen Gestalt, durch die du alles siehst. Du bist auch in allen Anderen, die du wahrnimmst und die dich sehen. Du bist auch die ganze Welt des Traumes. In dem Moment wo du aufwachst, erkennst du, es war nur ein Traum.

Wenn du in irgendwelchen Hindernissen bist, kannst du dir bewusst machen, diese Welt ist nur ein Traum. Du bist das unsterbliche Selbst. Im Moment wo du einschläfst sind die Sorgen dieser Welt vergessen und spätestens im Tiefschlaf, sind die Sorgen aller Träume und des Wachbewusstseins vergessen. Wenn du aus dem Tiefschlaf aufwachst, bist du regeneriert und voller Kraft im Wachbewusstsein. Was zeigt, die Weltenlosigkeit regeneriert am besten. Das Überbewusstsein ist im Grunde wie Tiefschlaf bei voller Bewusstheit, keine Welt, keine Unterscheidung von Ich und Du, die Welt und ich, keine Gemütszustände, kein Körper, keine Psyche, kein Leiden.

Reine Bewusstheit, Unendlichkeit Sat, Bewusstheit Chit, reine Freude Ananda. Das kannst du dir bewusst machen und meditieren und nachdenken über dieses Wissen aus Traum und Tiefschlaf. Und es wird diese Welt relativieren.

Eine weitere Interpretation dieses Verses ist eine praktische. Du kannst sagen, der Gemütszustand hängt etwas ab vom Schlaf. Du könntest auch die Kraft des Unterbewusstseins nutzen, um am nächsten Tag dich besser zu fühlen.

Praktische Tipps

Du könntest z.B. abends sagen, ich werde nichts essen, 2-3 Stunden vor dem Schlafen. Essen vor dem Schlafen führt oft zu weniger guter Regeneration und manchmal auch zu Alpträumen im Schlaf. Es ist eine gute Gewohnheit 2-3 Stunden vor dem Schlafen, wenn möglich nichts zu essen.

90 Minuten vor dem Schlafen nichts zu trinken oder nicht mehr als ein halbes Glas Wasser. Wenn du mehr trinkst vor dem Einschlafen, dann wirst du auf Toilette müssen, während der Nacht.

60 Minuten vor dem Einschlafen auf keinen Bildschirm mehr zu schauen. Es gibt eine umfangreiche empirische Studie die zeigt, wenn Menschen 30-60 Minuten vor dem Einschlafen Fernsehen, auf Smartphone anschauen, das der Schlaf nicht so gut ist und man sich am nächsten Tag nicht so gut fühlt. Hören ist ok.

Bevor du dich hinlegst, ist es gut, etwas Spirituelles zu machen. Z. Bsp. zu meditieren, ein Gebet sprechen,  ein Mantra rezitieren laut oder geistig, Kirtan anzuhören oder in einem spirituellen Buch zu lesen. Irgendetwas, was deinen Geist erhebt.

Wenn du dich hinlegst, kannst du ein Mantra oder ein Gebet sprechen. Dann kannst du eine Frage an dein Unterbewusstsein stellen. Du könntest sagen: „Liebes Unterbewusstsein, ich bin in der und der Situation, bitte sage mir bis Freitag was ich tun soll“. Oder sprich zu Gott „ Ich bin in der und der Lage, ich weiß nicht, was ich tun soll, weiß nicht wie ich raus kommen soll, ich steh vor der und der Entscheidung, bitte sage mir bis dann und dann, was ich tun soll“.

Sprich so zu Gott, wende dich an deinen Meister oder wende dich an dein Überbewusstsein. Je nachdem was du willst. Davor könntest du sagen: „Liebes Unterbewusstsein, lass mich in 5 Minuten einschlafen, lass mich morgen um 5 Uhr aufwachen, wenn ich aufwache werde ich voller Kraft sein“.

Sprich solche Affirmationen  zum Einschlafen, zum Aufwachen, zum Gemütszustand beim Aufwachen. Das kannst du machen, vor den Fragen an dein Unterbewusstsein, an den Gott, Meister oder danach. Evtl. gib noch Affirmationen zur eigenen Entwicklung, wie z.B. „Ich entwickle Geduld, Om Namah Shivaya“. Wenn du das gemacht hast, verbringe die nächsten Minuten mit Tiefenentspannung oder ein Mantra. Dann wirst du innerhalb dieser Zeit einschlafen, die du dir vorher gesetzt hast.

Wenn du am nächsten Morgen aufwachst, dann wiederhole Affirmationen wie z.B. „Ich bin voller Kraft und Energie, mir geht es gut, ich freue mich auf den heutigen Tag“. Horche in dich hinein, ob du eine Antwort erhalten hast auf deine Frage. Wenn noch keine Antwort gekommen ist, stelle nochmals die Frage. Vielleicht kommt im Laufe des Tages oder am nächsten Tag die Antwort.

Dann beginne den weiteren Tag mit spirituellen Praktiken. Indem du praktizierst, hat der Tag einen schönen Beginn und einen guten Verlauf.

svapnanidrajnanalambanan va - Das was auf dem Wissen Jnana

Alambana von Traumzustand oder traumloser Schlaf kann dir helfen alle Hindernisse zu überwinden.

Mehr zu diesen und anderen Kommentaren findest du in meinem Buch „Die Yoga Weisheit des Patanjali für Menschen von heute“.

Seminare zum Thema Yoga Sutra findest du bei Yoga Vidya. Es gibt auch eine 9tägige Weiterbildung zum Thema Raja Yoga. Es gibt Wochenendseminare zum Raja Yoga 1. Dort kannst du mehr lernen zum 1. Kapitel vom Yoga Sutra. Oder du kannst auch eine Yogalehrerausbildung bei Yoga Vidya machen. Weitere Informationen unter www.yoga-vidya.de

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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