Wie kann man Gottesliebe entwickeln? Wie kann man sie stärker werden lassen?

In diesem Text werden die neun Bhakti Sadhanas, vorgestellt. Die sogenannten Navaratnamalika. Thema ist, wie man sich mit Yoga entwickelt, seine Persönlichkeit entwickelt und Gott erfährt.

 

Die neun Bhakti Sadhana Praktiken– Navaratnamalika

Um jede Art dieser Lieben zu vertiefen, findest du in den Schriften, insbesondere im Bhagavatam, einer Schrift, die das Thema Bhakti Yoga behandelt, neun Haupt-Bhakti Praktiken. Diese werden als Navaratnamalika bezeichnet.

Navaratna heißt übersetzt die neun Edelsteine. Malika ist eine Art Reigen. Ähnlich wie Mala der Begriff für eine Kette ist. Malika ist eine kleine und besonders schöne Kette. Navaratnamalika ist die Neun-Juwelen-Kette. Bestehend aus Shravana (Hören), Kirtana (Singen), Smarana (sich erinnern an), Padasevana (Dienst zu Füßen), Archana (rituelle Verehrung), Vandana (Verneigen), Dasya (Gott dienen), Sakhya (Freundschaft zu Gott kultivieren) und Atmanivedana (vollständige Selbsthingabe).

Mit dem Ausdruck Malika ist gemeint, dass du alle neun parallel üben kannst. Sie sind unabhängig voneinander und bauen nicht aufeinander auf. Du kannst mal die eine mehr, mal die andere üben.

Shravana heißt Hören. Du hörst dir Geschichten über Gott an oder kannst sie lesen, wie diesen Beitrag über Gott. Du schaust dir Internetvideos an, hörst Vorträge über Gott. Shravana heißt insbesondere, dass du Geschichten über Gott hörst, über die Heiligen, die Gottesverehrer, mythologische Geschichten. Verallgemeinert könnte man sagen, diese neun Formen drücken die neun Dinge aus, die Menschen emotional gerne machen. Menschen hören gerne Geschichten, sie singen gerne. Anstatt irgendwelche Romane zu lesen und anstatt irgendwelche Klatschgeschichten zu hören, ließ Bücher über die Inkarnationen Gottes. Ließ Bücher über göttliche Manifestationen, über die Heiligen, die Meister, die Meisterinnen. Patanjali sagt im Yoga Sutra, dass durch Lesen der Schriften Gott erfahren wird.

 

Kirtana

Kirtana heißt Lobpreisen. Beispielsweise durch das Singen von Mantras oder andere religiöse Lieder. In fast allen Religionen der Welt findet man gemeinsames Singen. Das wäre Sangita Kirtana. Wenn du mit anderen zusammen singst und mindestens ein paar Teilnehmer Hingabe haben, dann wirst du von dieser angesteckt. Wir haben das oft in unseren Ashrams, dass Menschen, die eigentlich wenig Bezug zu Gott haben und dorthin kommen wegen Asanas und Pranayama, vielleicht auch wegen Meditation. Sie nehmen dann Teil am Satsang, wo auch Mantras gesungen werden. Anfangs sind einige skeptisch, dann merken sie, dass das Singen etwas mit ihnen macht. Kirtan erzeugt Bhakti. Indem du Mantra singst, spürst du Gottesliebe. In diesem Sinne singe Mantras oder höre sie. Wobei es wirkungsvoller ist, wenn du selber und auch mit anderen zusammen singst.

Smarana

Das Erinnern an die göttliche Gegenwart. Dafür gibt es verschiedene Weisen. Das eine wäre, indem du deine Umgebung ausstattest mit Symbolen, die dich an Gott erinnern. Hänge ein Bild von Krishna, Shiva oder von Jesus auf. Das Symbol von Om kannst du ebenso dazu verwenden. Stelle Murtis, Götterfiguren an einigen Stellen auf. Oder das Bild von Swami Sivananda. Du kannst auf deinen Bildschirm am Smartphone und Computer ein Bild Gottes herunterladen, ein Om Zeichen oder etwas, was dich erinnert. Es kann ein Anhänger sein, den du trägst. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie man die Erinnerung an Gott wachhält. Wiederhole ein Mantra. Spiritualisiere damit deinen Alltag. Zu Smarana gehört ein Gebet. Sprich regelmäßig ein Gebet, wende dich an Gott, bitte ihn um Hilfe. Danke ihm für seine Hilfe.

Eine andere Möglichkeit ist, in der Schönheit das Göttliche zu sehen. Wenn du einen Baum anschaust, eine kleine Blume, ein Berg. Überall ist Schönheit. Diese wahrzunehmen ist Smarana. Morgens, wenn du aufwachst, kannst du sagen: Oh Gott ich widme alles dir, was ich heute tue. Abends: was auch immer ich getan habe, ich tue es für dich.

All das sind Formen von Smarana.

Padasevana

Es heißt wörtlich „sitzen zu Füßen Gottes“. Es heißt insbesondere, dass du einen Altar hast. Es ist eine gute Sache einen Altar zu haben, ihn zu pflegen und damit ein Verehrungsritual zu machen. Jeder ernsthafte spirituelle Aspirant sollte bei sich einen Altar haben. Für die Sevakas, den Gemeinschaftsmitgliedern bei Yoga Vidya, ist es empfehlenswert einen persönlichen Altar einzurichten. Zwar gibt es in jedem Yoga Raum einen Altar, aber einen eigenen Altar herzurichten, ist noch einmal etwas anderes.

Wenn man nur ein kleines Zimmer hat, ist es trotzdem gut, ganz nah bei sich einen Altar zu haben. Genauso im Büro ist dies der Fall. Ein Altar hilft den Geist zu fokussieren. Vor ihm zu meditieren, ein Gebet zu sprechen, hilft, dass das, was man auf dem Altar stellt, mit Kraft aufgeladen wird. Auf dem kleinen Altar, den wir für diese Reihe immer nutzen, steht ein Bild  unseres Meisters Swami Sivananda. Saraswati, die Göttin der Weisheit und des Wissens ist dort. Zudem eine Kerze und zwei Blumen. In der Art kann man sich den eigenen Altar gestalten. Murtis, Götterfiguren, helfen zum einen, dich an das Göttliche zu erinnern - zum anderen laden sie sich auf mit göttlicher Kraft. Jedes Mal, wenn du davor meditierst, betest, ein Mantra rezitierst oder ein Verehrungsritual ausführst, laden sich die Murtis auf. Wenn immer du Kraft brauchst, kannst du dich vor den Altar hinsetzen und spüren, wie dich Kraft durchdringt.

Die Bilder der Meister helfen die Verbindung zu ihnen zu erhöhen. Eine Kerze hilft dir diese mit Lichtkraft zu verbinden. Blumen symbolisieren die Schönheit und helfen dir dein Herz zu öffnen. Padasevana ist ein wichtiger Aspekt, eine wichtige Bhakti Praxis.

Hast du bereits einen Altar? Möchtest du einen einrichten? Wenn du bereits einen hast, pflegst du ihn ausreichend? Wenn du keinen Altar hast, frage dich: möchte ich ihn vielleicht heute noch aufstellen?

Archana - den Alltag und das ganze Leben mit Ritualen spiritualisieren

Fünfter der neun Edelsteinen, der neun Bhakti Praktiken ist Archana, die rituelle Gottesverehrung. Es gibt in allen Religionen Verehrungsrituale, die dazu dienen, das Herz zu öffnen. Im Yoga kennen wir beispielsweise Arati und Puja. Wir kennen Homa. Man könnte sagen, der komplette Satsang als Ganzes ist eine Art Gottesdienst.

Du kannst ebenfalls kleinere Rituale machen. Du kannst, bevor du mit deinen spirituellen Praktiken beginnst, eine Kerze anzünden, diese in deine rechte Hand nehmen, dreimal schwenken. Du kannst ein Räucherstäbchen nehmen, darbringen, dreimal schwenken. Du kannst sie danach wieder ausmachen. Es gibt verschiedenste Rituale.

In einem anderen Beitrag gibt es einige Informationen zu verschiedenen Ritualen. Es gibt tägliche Rituale, zum Beispiel, bevor du mit deinem Sadhana, mit deiner spirituellen Praxis beginnst, vielleicht ein kleines Ritual bevor du isst. Oder ein Ritual, wenn du abends nach Hause kommst, ein weiteres Ritual bevor du ein schläfst. All dies wären kleinere, tägliche Rituale.

Es gibt zudem Feiertagsrituale. Was machst du an den hohen Feiertagen, an Weihnachten, Ostern, Pfingsten? Wenn du in den Yoga Traditionen bist, welche Rituale, machst du an Shivaratri, an Gurupurnima, an Sivanandas Mahasamadhi, Krishna Gayanti? An Sivanandas Geburtstag, an Navaratri, Divali? Um die wichtigsten Feiern unserer Tradition zu nennen.

Dann gibt es Jahreszeiten Rituale und Lebensabschnittsrituale. Wie begehst du die Geburt deines Kindes? Was machst du, wenn dein Kind zur Schule geht? Wenn es die Schule abschließt? Welches Ritual machst du zu deiner Hochzeit oder zur festen Partnerschaftsbeziehung? Vielleicht machst du ein Ritual, wenn die Partnerschaft in die Brüche gegangen ist. Ein Ritual, wenn die Rente beginnt. Rituale, wenn dein Partner gestorben ist und du dich für den Rest deines Lebens nur noch der spirituellen Praxis widmen willst. Welches Ritual machst du, wenn jemand stirbt?

All das gehört zu Archana.

Du kannst mit Ritualen dem Alltag einen Sinn geben. Du kannst eine bestimmte Zeit lang mehr Rituale machen. Beispielsweise habe ich eine Zeit lang jeden Tag Arati gemacht habe (über ca. 2 Jahre hinweg). Das hat mir wirklich geholfen, Gott zu erfahren und eine intensive Liebe zu Gott zu spüren. Ich mache natürlich jeden Tag Arati und Satsang. Ich mache Pujas, vielleicht circa einmal die Woche. Ich mache Homas. All das ist wichtig für mich, um diese göttliche Gegenwart zu spüren. Es ist besonders schön, es mit anderen zusammen zu machen und gemeinsam göttliche Gegenwart zu spüren.

Besonders die Rituale, die im Yoga verwendet werden, Arati, Puja, Homa, sind darauf ausgerichtet im ganzen Raum eine Prana Schwingung zu erzeugen. Dann letztlich darüber auch Lichtwesen und Lichtenergie anzuziehen. Sie sind darauf ausgerichtet, Prana im menschlichen Astralkörper zu erhöhen, Chakras zu öffnen und das Herz Chakra zu öffnen. Wenn eine Schwingung im Raum ist, Prana fließt, das Herz Chakra sich öffnet, dann ist göttliche Gegenwart erfahrbar. Dann entsteht Bhakti.

Vandana

Der sechste Edelstein bedeutet Verehrung oder auch Verneigen. Manchmal auch als Namaskara bezeichnet. Vandana kann eng zusammen hängen mit einem Aspekt von Smarana. Das bedeutet Gott überall zu sehen und zu verehren.

Es gibt das einfache Vandana. Wann immer du einen Altar siehst, verneigst du dich. Du gibst entweder Hände vorm Brustkorb zusammen oder senkst den Kopf leicht. Oder du verneigst dich voll. Sinkst auf die Knie, du gibst Stirn und Hände auf den Boden. Dabei stellst du dir Gott zu verehren vor. Im katholischen Christentum gibt es die Kniebeuge, die man in der Kirche macht und das Bekreuzigen. Das sind ebenfalls Formen von Vandana, wie man Ehrerbietung im Alltag darbringen kann.

In Indien ist der Namaste Gruß üblich. Dabei gibt man die Hände vor den Brustkorb und verneigt sich vor der anderen Person. Damit sagt man: „Ich grüße das Göttliche in dir.“

Man findet das in den traditionellen Grüßen wie „Grüß Gott“oder in den neudeutschen Grüßen „Hallo, hey Lord“, ich grüße das Göttliche in dir. Oder bei dem Gruß Tschüss oder a Deus (Adieu, Adios) ist es gegeben. Ich grüße das Göttliche in dir.

Dies mit tatsächlicher und aufrichtiger Hingabe zu machen, ist Vandana. Ebenso kannst du Gott besonders verehren in allem Großartigen. In der Schönheit, des Sonnenunterganges, in einer Blume, in der Großartigkeit eines Baums, in der Schönheit einer Sonate und in der Intensität eines Erlebnisses. All das ist Vandana, Verneigung, Ehrerbietung haben.

Dasya

Dasya ist der siebte Aspekt und bedeutet hier, Gott zu dienen. Was auch immer du tust, bringst du Gott dar. Du kannst morgens sagen, was auch immer ich heute tue, oh Gott, das tue ich für dich. Abends kannst du sagen, was auch immer ich getan habe, oh Gott, ich bringe es dir dar. Bevor du etwas machst, denkst du dabei an Gott. Andere Menschen, für die du etwas tust, siehst du als Manifestation Gottes und willst ihnen helfen. Dasya ist bewusst Gott zu dienen.

Es kann heißen, dass du in einen Ashram gehst und dann Karma Yoga machst, um Gott zu dienen. Nicht Karma Yoga einfach machen, um nichts bezahlen zu müssen, Yoga Stunden und Seminare besuchen zu können und dann mit den Karma Yogi Betreuer zu argumentieren, dass dir Urlaub oder ein Seminar zusteht. Sondern Dasya heißt dienen. Du nimmst dir vor, in einen Ashram zu gehen, um zu dienen, selbstlosen Dienst zu machen. Für diesen erhältst du im Gegenzug etwas, nichts Materielles, sondern die Erfahrung von Bhakti. Göttlicher Gegenwart. Wer im Ashram wohnt oder lebt, muss sich immer wieder bewusst machen, theoretisch machen wir alles als uneigennützigen Dienst. Haben wir wirklich diese Haltung? Fühlen wir uns tatsächlich als Diener, als Dienerinnen? Diese Einstellung gilt es immer wieder zu kultivieren. Gott als Meister, als Meisterin zu sehen und Gott zu dienen.

Sakhyavatyas

Manchmal wird es abgekürzt als Sakhya. Es ist eine Bezeichnung, Gott als Freund sehen und immer wieder die Freundschaftsbeziehung zu pflegen.

Sakhya Bhava bedeutet, Gott als Freund zu sehen und immer wieder die Freundschaftsbeziehungen zu pflegen. Es ist wie eine Modifikation von Dasya und von Vandana. Im Sinne von, du spürst göttliche Gegenwart und weißt, Gott ist da. Du sprichst mit ihm, betest mit ihm. Aber nicht wie ein Diener und nicht mit so viel Hochachtung. Sondern Gott ist dir näher, Sakhyavatyas. Du spürst einfach Gottes Gegenwart, sprichst mit ihm, mit ihr, wie mit einem Freund/einer Freundin.

Atmanivedana

Dies ist die vollständige Selbsthingabe. Hier gibt es mehrere Interpretationen und Interpretationsmöglichkeiten. Zum einen kann man sagen, ich bringe dir alles dar, oh Gott. Mein ganzes Wesen, alles ist nur für dich da. Ich komme aus dir, ich existiere in dir und ich vergehe in dir. Ich bin nur du.

Eine zweite Möglichkeit ist zu erkennen, in der Tiefe meines Wesens bin ich eins mit dem Göttlichen. Gott wohnt überall, auch in mir.

Tat Twam Asi: Du bist Gott.

Aham Brahmasmi: Ich bin eins mit diesem Göttlichen.

Atmanivedana ist nichts für sich behalten wollen, alles Gott darbringen. Zu erkennen, es gibt nur dieses eine Göttliche.

Selbstreflektion

Jetzt überlege selbst, was du davon schon übst? Was könntest du verstärkt üben, um Bhakti zu entwickeln? Vielleicht bist du gerade in einer Phase, wo du intensive Bhakti Gottesliebe spürst? Dann freue dich und vertiefe sie.

Vielleicht bist du in einer Phase, wo du dich eher leer fühlst und dir irgendwo Liebe fehlt. Dann überlege, wie könntest du Bhakti stärker kultivieren?

All das sind Praktiken, die Liebe entwickeln. Bhakti Yoga ist ein Weg der Praktiken. Zu Beginn musst du gar keine Liebe zu Gott haben. Du musst noch nicht mal ein Vertrauen zu Gott haben. Du musst noch nicht mal an Gott, die Göttin oder etwas Göttliches glauben. Du übst einfach. Dann kommt Bhakti von alleine. Lies Schriften, lies Bücher über Heilige und Weise. Oder höre dir darüber Vorträge an. Singe mit anderen zusammen oder alleine. Höre Mantras und Kirtans. Am besten machst du dies in einem Yoga Zentrum, in einem Ashram. Aber auch alleine ist es gut machbar. Lerne eventuell Harmonium zu spielen, so schwer ist das nicht. Singe vor dem Altar, alleine oder mit dem Harmonium. Dann kommt die Bhakti, die Hingabe ganz sicher.

Smarana, erinnere dich öfters an die göttliche Gegenwart. Über Gebet, Bilder, Symbole, über das was du als Schön empfindest. Padasevana. Habe einen Altar und kümmere dich um diesen. Übe Dienst zu Füßen Gottes. Archana, Rituale. Welche Rituale machst du? Gibt es welche, die du vertiefen könntest? Vandana. Verneige dich öfters in Demut. Innerlich oder auch äußerlich. Natürlich ohne, dass es in der Gesellschaft/Öffentlichkeit schräg wirken muss. Dasya.

Wende dich an Gott, bitte ihn um Führung. Bringe alles Gott dar. Sakhya Bhava. Spüre Gott als dein Freund. Atmanivedana. Fühle Gott als dein eigenes Selbst und bringe ihm alles dar.

_____

Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

E-Mail an mich, wenn Personen einen Kommentar hinterlassen –

Sie müssen Mitglied von Yoga Vidya Community - Forum für Yoga, Meditation und Ayurveda sein, um Kommentare hinzuzufügen.

Bei Yoga Vidya Community - Forum für Yoga, Meditation und Ayurveda dabei sein