Was geschieht mit der Seele nach dem Tod gemäß der Yogapilosophie? Welche Ebenen durchwandert die Seele nach dem Tod? Wie kann man sich gut vorbereiten auf den Tod? Wie kann man jemandem helfen, der stirbt? Wie kann man jemandem helfen, der gestorben ist? Wie kann man sich vorbereiten auf ein neues Leben, wenn man in der Astralebene ist? Wie kommen wir zur Befreiung?
Reinkarnation in der Yoga Philosophie bzw. der Yoga Vedanta Philosophie
Im vorangehenden Text ging es um verschiedene Vorstellungen über Leben nach dem Tod. Es ging darum, warum es wichtig ist, sich über den Tod Gedanken zu machen. Es ging um die verschiedenen Vorstellungen verschiedener Völker, die insbesondere an Reinkarnation glaubten und glauben.
Natürlich gibt es kleinere und größere Unterschiede über Reinkarnation. Das mag die Domäne der Religionswissenschaftler sein. In diesem Text geht es um die Vorstellung der Yoga Vedanta Philosophie über Leben nach dem Tod. Diese wird in der Bhagavad Gita beschrieben sowie in den Kommentaren zur Bhagavad Gita von Shankaracharya.
Diese deckt sich in den wesentlichen Punkten mit den Interpretationen von Buddhismus, Konfuzianismus und Taoismus sowie der westlichen Esoterik und vielen anderen religiösen Richtungen.
Im Yoga sieht man Leben als Kreislauf aus Geburt, Wachstum, Alter und Tod, Leben nach dem Tod, Empfängnis, Geburt, Wachstum, Alter, Tod sind ein wiederkehrender Kreislauf.
Dieser Kreislauf ist wie ein Mühlrad, das halb im Wasser des Flusses steht und halb herausschaut. Der obere Teil des Rades, der sichtbar ist, kann mit dem physischen Leben verglichen werden.
Was unter der Wasseroberfläche ist, ist unsichtbar und ist das Astralleben. Dies weist eine Ähnlichkeit mit allem zyklischen auf der Erde auf. Es gibt den Sonnenaufgang, es wird hell und der Tag beginnt. Dann gibt es den Sonnenuntergang, es wird dunkel und der Tag endet. In der Nacht scheint es so zu sein, als ob die Sonne nicht da sei, doch sie geht wieder auf. In Wahrheit ist die Sonne immer da.
Durch diesen Zyklus des Lebens kann sich das Leben auf der Erde weiterentwickeln. Ähnlich ist dieser Kreislauf von Geburt und Tod, der als Samsara Chakra bezeichnet wird, Rad der Wiedergeburt. Es ist nicht wirklich ein Rad, sondern eigentlich eine Spirale. Die Seele wächst und lernt, indem sie sich immer weiter entwickelt. Irgendwann kommt Moksha, die Befreiung aus Samsara Chakra. Sie erfährt ihre Einheit mit der Weltenseele. Von besonderer Wichtigkeit ist sowohl, was während des Eintretens des Todes/des Sterbevorganges geschieht, als auch, was danach passiert.
Yogis gehen davon aus, dass der Tod nicht das Ende ist, sondern das Verlassen des Körpers durch die Seele samt des Astralkörpers. Im Moment des Todes verlässt du deinen physischen Körper.
Es ist nicht die Seele, die dich verlässt und dich als Körper zurück lässt, denn du bist nicht der Körper. Du bist unsterbliches Selbst und hast einen Astralkörper. Dieser verlässt den physischen Körper. Die Vorstellung ist, dass im Astralkörper Prana ist, dein Energiesystem mit Nadis und Chakras.
Im Astralkörper sind deine Emotionen, deine Gefühle, deine Persönlichkeit, deine Fähigkeiten, Handlungstendenzen und so weiter. Das alles nimmst du mit und nur der physische Körper verschwindet. Letztlich wird gesagt, dass für die Mehrheit der Menschen das Leben nach dem Tod ein schöneres Leben ist, denn da ist nicht mehr der physische Körper mit seinen Begrenzungen.
Angenommen, du hast in diesem Leben gern meditiert, kannst du das auch nach dem physischen Tod weiterführen, nur dass Knie und Hüften nicht mehr weh tun. Wenn du im irdischen Leben chronische Schmerzerkrankungen hattest, sind diese nach dem Tod vorbei. Du gehst in die höhere Ebene. Dort kannst du zwar nichts essen und trinken, aber alles, was du in diesem Leben tust, was deine geistigen Fähigkeiten stärkt, nimmst du mit. Es gibt eine alte Smriti, eine sogenannte Manusmriti, die beschreibt, dass der Mensch auf drei Ebenen existiert.
Auf der ersten Ebene kommt der Mensch ohne irgendetwas und geht ebenso ohne irgendetwas. Auf der zweiten Ebene kommt er mit etwas, er verändert es und geht mit etwas anderem. Auf der dritten Ebene kommt er mit etwas, es verändert sich nicht, und er geht mit demselben.
Die erste Ebene:
Die erste Ebene ist die physische Ebene. Auf der physischen Ebene kommt der Mensch nackt, ohne etwas. Er tut eine ganze Menge, baut sich ein Haus, erwirbt Kleider, legt ein Bankkonto an und erschafft sich alles Mögliche. Anschließend geht er mit nichts. Er kommt und geht mit nichts.
Alles, was auf der physischen Ebene gemacht wurde, wird verschwinden. Es hat keine Bedeutung. Nichts von dem, was du jetzt machst, ist auf der physischen Ebene von allzu großer Bedeutung. In ein paar tausend Jahren oder vermutlich schon in ein paar Jahren nach deinem physischen Tod hat es keine Bedeutung mehr.
Die zweite Ebene:
Du kommst mit etwas, kommst mit Charakter, mit Persönlichkeit, mit Talenten und Fähigkeiten sowie mit Prana. Du erinnerst dich nicht an frühere Leben, kannst nicht genau sagen, was du früher gemacht hast. Es gibt Menschen, die von klein auf sehr musikalisch sind, die sehr schnell ein Instrument lernen oder gleich singen können, wie eine Opernsängerin. Es gibt Menschen, die geniale Redner sind und solche die wunderbar empathisch sein können und dies in Unterhaltungen mit anderen sehr gut einbringen können. Der Mensch kommt mit Charakter und Persönlichkeit auf die Welt. Mütter, die mehrere Kinder bekommen haben, wissen das. Die Babys sind unterschiedlich. Man kommt mit einem bestimmten Charakter auf die Welt. Im Laufe der Zeit kann man daran arbeiten. Hoffentlich kultivierst du positive Eigenschaften. Hoffentlich kultivierst du Konzentration und tust einiges für dein Prana. Hoffentlich handelst du im Guten, um ein gutes Karma zu schaffen. Du kommst mit einem bestimmten Karma auf die Welt. All das nimmst du mit, wenn du stirbst. Es ist das Veränderliche. Du hast einiges gelernt, entwickelt und kultiviert. Demnach gehst du mit etwas anderem. Diese Ebene ist sehr viel wichtiger, als die physische Ebene. Es ist weniger wichtig, was du physisch erreichst, was du physisch auf die Beine stellst.
Was aber wichtig ist, ist, wie du dich durch das Wirken auf der physischen Ebene entwickelt hast, in Konzentration, in Energie, in positiven Eigenschaften und in ethischen Tugenden. Vielleicht auch die Frage, wie viele Menschenherzen du berührt hast, wie vielen du geholfen hast, spirituell zu wachsen. Das ist etwas, was die anderen in diesem Leben weiterbringt.
Welche spirituellen Erfahrungen hast du gemacht? Wie sehr hast du dein Gottesbewusstsein ausgedehnt? Wie sehr hast du dich spirituell entwickelt? Das nimmst du mit, wenn du physisch stirbst, und im nächsten Leben wirst du mit dem, was du aus diesem Leben mitgenommen hast, auf die Welt kommen.
Die dritte Ebene:
Du kommst mit etwas, es ändert sich nichts und du gehst mit demselben. Die dritte Ebene ist die Ebene des reinen Bewusstseins. Wenn du diese ganze Vortragsreihe gelesen hast, weißt du, dass Yogis von der unsterblichen unveränderlichen Seele, von Atman, dem Selbst, eins mit Brahman, dem Absoluten, ausgehen. Für Yogis ist Satchidananda von besonderer Bedeutung. Sein, Wissen und Glückseligkeit ist Satchidananda. Sat heißt Sein, Chid heißt Wissen und Bewusstsein, Ananda heißt Glückseligkeit.
Auf dieser Ebene bist du jederzeit perfekt und vollkommen. Die ganze Evolution, die du durchlaufen hast, die ganze Weiterentwicklung über den Kreislauf von Geburt und Tod, heißt, das wieder vollständig zu verwirklichen, was du die ganze Zeit schon warst. Du könntest sagen, dass sich auf der höchsten Ebene nichts tun.
Auf der physischen Ebene kannst du einiges tun, aber insbesondere das, was dir hilft, dich persönlich weiterzuentwickeln und Gutes in dieser Welt zu bewirken und Menschen im Herzen zu berühren. Aber sei dir bewusst, dass im Höchsten alles Eins ist mit der kosmischen Vollkommenheit.
Wie kannst du dich selbst auf den Tod vorbereiten?
Im Grunde machst du das schon, indem du diesen Text über das Leben nach dem Tod liest. Vielleicht liest du das Buch „Karma und Reinkarnation“ von mir.
Es ist gut, dass du dir bewusst bist, was passieren kann und dass du vorbereitet bist. Angenommen, du weißt, dass du demnächst sterben wirst, vielleicht wegen einer unheilbaren Krankheit oder eines schweren Unfalls, dann gibt es folgende Schritte:
Schreibe deinen Nachlass, schreibe ein Testament und gib es denjenigen, die dein Vermächtnis erhalten sollen. Das gilt insbesondere, wenn noch etwas Zeit ist.
Wenn du etwas zu vererben hast, tust du deinen Nachkommen den größten Gefallen, indem du dein Testament so schreibst, dass es als gerecht empfunden wird und juristisch unanfechtbar ist. Viele Familien zerbrechen, weil es entweder kein Testament gab, ein als ungerecht empfundenes oder zu viele Unklarheiten darin enthalten waren. Einen Testamentsvollstrecker zu beauftragen, der das Vertrauen von allen genießt, ist eine gute Sache. Besonders klug wäre es, mit den Nachkommen – den potentiellen Erbberechtigten – zu besprechen, wie das Erbe aussieht, damit sie frühzeitig Kenntnis darüber haben und ein friedvolles Miteinander entstehen kann. Damit tust du etwas Gutes.
Ein Vermächtnis ist nicht nur eine Erbschaft. Es ist gut, zu überlegen, was du anderen weiter geben möchtest. Überlege, wer als Erbe/Erbin in Frage kommen könnte. Du kannst es aufschreiben oder ein Video für deine Nachkommen drehen. Dieses Vorgehen kannst du angehen, wenn du denkst, dass sie keine Zeit zum Zuhören haben. Mache ein paar Aufnahmen und schreibe auf, wo sie zu finden sind.
Im Moment des Todes musst du nicht mehr überlegen und dir unnötige Gedanken machen, ob du noch etwas sagen solltest. Überlege, was du in diesem Leben noch tun, erreichen und erleben möchtest. Das gilt insbesondere, wenn du annimmst, dass es noch eine Weile bis zu deinem physischen Tod dauern wird. Je weniger du nachher im Moment des Todes bedauerst, umso besser. Gibt es jemanden, den du um Entschuldigung bitten willst? Gibt es etwas, das du noch gutmachen kannst? Dann mache es, bevor du stirbst.
Das Nächste ist, alle loszulassen und ihnen zu sagen: „Lebt wohl!“ Vertraue den Menschen und vertraue alles in dieser Welt Gott an. Sei dir bewusst, dass deine Aufgabe, besonders gegenüber deinen Verwandten, mit deinem physischen Tod erledigt ist. Du bist dann nicht mehr dafür verantwortlich. Andere werden jetzt die Verantwortung übernehmen. Gott wird dies tun.
Danach folgt die eigentliche Vorbereitung mit spiritueller Praxis. Krishna beschreibt in der Bhagavad Gita, wie man den physischen Körper verlässt. Er sagt zuerst: „Ziehe deine Sinne nach innen. Ziehe dein Prana nach oben. Konzentriere dich im Ajna- oder Sahasrara Chakra. Wiederhole dein Mantra. Denke an Gott oder deinen Meister. Mit Mantra und Gedanken an Gott oder Meister im Geist, verlasse den physischen Körper.“
Idealerweise würdest du das schon vorher üben und regelmäßig mit einer Meditationsmethode praktizieren, die für den Moment des Todes geeignet ist. Deshalb bin ich kein Anhänger einer reinen Achtsamkeitsmeditation, in der nur beobachtet wird, was gedacht wird. Das kannst du im Moment des Todes tun, aber es greift nicht ausreichend. Klüger ist es, bereits vor dem physischen Tod von Zeit zu Zeit die Achtsamkeitsmeditation zu praktizieren. Es hilft, dich von Identifikationen zu lösen. Wiederhole dann ein Mantra, das dir hilft, deine Schwingungsebene zu erhöhen, an Gott zu denken, dich auf ein Chakra zu fokussieren und dich auf deinen Meister zu konzentrieren. Übe dies am besten schon während Lebzeiten, und dein physisches Bewusstsein wird sich transzendieren, zumindest für einen Moment. Rezitiere regelmäßig ein Mantra und tauche immer wieder in die weite Unendlichkeit ein. Auf diese Weise wird dir der physische Tod umso leichter fallen. Dann bist du irgendwann physisch gestorben, und du erkennst, dass der physische Körper nicht mehr da ist. Du fühlst dich leicht und bist vielleicht von Feinstoffwesen oder Lichtwesen umgeben. Vielleicht siehst du deine Verwandten trauern. Im Normalfall ist zu empfehlen, dich dann nicht um sie zu kümmern, sondern sie Gott und dem Meister anzuvertrauen.
Dann wiederhole weiter dein Mantra und spreche ein Gebet. Denke an deinen Meister. Nach einer Weile wird sich ein Lichttunnel öffnen. Gehe durch diesen Lichttunnel in die höheren Welten und lasse los. Angenommen, der physische Tod käme plötzlich und du hättest keine Zeit, dich darauf vorzubereiten, dann wäre es von Vorteil, wenn du zu Lebzeiten schon Vorbereitungen getroffen hättest, indem du ethisch erfüllt gelebt hättest und innerlich bereit wärst, jeden Moment zu gehen.
Wenn du jetzt sterben würdest, wärst du zufrieden mit dem, was du bisher gemacht hast?
Angenommen, du wärst 120 Jahre alt und würdest zurückschauen auf den jetzigen Moment – wärst du zufrieden mit dem bis dahin geführten Leben?
Wenn du auf beide Fragen mit „Ja“ antworten kannst, hast du ein gutes Leben geführt. Wenn du hingegen „Nein“ sagst, wäre es Zeit, dein Leben zu ändern.
Wenn du nun plötzlich aus dem physischen Körper heraus katapultiert würdest, gäbe es unterschiedliche Möglichkeiten: Wenn du sofort Lichtwesen und deinen Meister erfährst und spürst, wie du zügig in die höheren Welten gezogen wirst, folge dem Lichttunnel gleich.
Wenn du merken würdest, dass du aus deinem physischen Körper heraus katapultiert würdest und um dich herum die Ärzte und trauernde Verwandten stünden, könntest du ein paar Momente nutzen, um ihnen „Lebe Wohl!“ zu sagen. Du könntest dir die einzelnen Menschen anschauen und ihnen sagen, was du ihnen noch mitgeben wollen würdest und Ihnen alles Gute wünschen. Vergib ihnen dann innerlich und bitte sie um Vergebung. Spätestens nach drei Tagen überlasse alles Gott und lasse alles los. Typischerweise öffnet sich nach drei Tagen oder spätestens drei Wochen nach dem Tod ein Lichttunnel. Trete in den Lichttunnel ein. Glaube nicht, dass du für die Hinterbliebenen noch etwas tun könntest und solltest. Gehe vielmehr weiter. Vertraue alles Gott an und wiederhole dein Mantra. Gehe in die höheren Ebenen.
Der Zeitraum zwischen Tod und Wiedergeburt
Die drei Ebenen nach dem physischen Tod.
Wenn du den physischen Körper verlässt, kannst du durch drei Ebenen gehen. Die meisten Menschen gehen durch die ersten beiden Ebenen und danach inkarnieren sie sich wieder.
Nur fortgeschrittene spirituelle Aspiranten gehen auch in die dritte Ebene. Idealerweise gehen sie von dort zur reinen Erleuchtung und Einheit, oder sie inkarnieren sich wieder in den physischen Körper.
Es gibt verschiedene Weisen, die Lokas einzuteilen, und von Swami Sivananda gibt es das schöne Buch "What becomes of the soul after death”, welches davon handelt, was mit der Seele nach dem Tod geschieht und welches es auf den Internetseiten von Yoga Vidya zu lesen gibt. Swami Sivananda beschreibt darin die 3 Lokas sowie die Einteilung in 7 Lokas, in 14 Lokas und jede Menge Unter-Lokas.
Es gibt noch sehr viel mehr, aber hier geht es um die einfache Einteilung in drei Lokas, die normalerweise schon ausreicht.
Bhur Loka ist die erdnahe Ebene. Wenn man diese 3 Ebenen auf das ganze Universum bezieht, ist Bhur Loka die physische Ebene, die astrale Ebene, die Ebene der Astralwesen.
Svar Loka ist im Konzept der drei Lokas die Kausalebene. Im Kontext der sieben oder 14 Lokas hat der Ausdruck eine andere Bedeutung.
Für das Leben nach dem Tod ist Svar Loka die erdnahe Ebene. Das heißt, dass die Seele den physischen Körper verlassen hat und alles mitbekommt, was es auf der physischen Ebene gibt. Die Seele sieht und hört, was es auf der physischen Ebene gibt, kann aber auf der physischen Ebene selbst nichts tun. Dieser Zustand dauert typischerweise drei Tage bis drei Wochen. Da bleibt eine gewisse Zeit zum Loslassen und Lebewohlsagen. Letztlich kann die Seele sich mit Gebet und Mantra auf Gott einstimmen, um dann zu Bhuvar Loka zu kommen.
Wenn jemand gestorben ist und du bei dem Leichnam bist, sieht das feinstoffliche Wesen dich, auch wenn du sie oder ihn nicht siehst. Gar nicht mal wenige Menschen haben die Erfahrung, dass sie den Verstorbenen spüren und manchmal sehen oder hören. Yogis würden sagen, dass so etwas tatsächlich der Wirklichkeit entspricht. Die Seele ist weiter da und kann dir erscheinen.
Es gibt die Möglichkeit, dass die Seele länger auf der Bhur Loka-Ebene bleibt und dann zum Preta wird. Preta heißt erdgebundener Geist. Ein Preta sieht und hört alles auf der physischen Welt, kann aber nichts machen und geht nicht in die höheren Welten ein. Dazu müssen drei Faktoren zusammenkommen:
Der erste ist ein plötzlicher Tod, bei dem die Seele sich darauf nicht hat einstimmen und vorbereiten können. Der zweite ist ein starkes Hängen oder Anhaften am physischen Leben bzw. an einem Aspekt des physischen Lebens, und der dritte Faktor bezieht sich auf das Ignorieren des Lichttunnels, der gekommen ist, um einen nach oben zu bringen.
Es kann sein, dass die Seele längere Zeit – vielleicht Wochen, Monate, Jahre, Jahrzehnte und Jahrhunderte – zum Preta wird. Dies bedeutet, dass sie auf der physischen, erdnahen Ebene gefangen ist. Dies wird als ein nicht sehr schönes Leben beschrieben. Man merkt alles, kann aber nicht am Leben teilhaben, kann nichts tun. Manchen Pretas gelingt es, etwas auf der physischen Ebene zu bewirken, wodurch bestimmte Spukphänomene, Poltergeistphänomene entstehen. Sie können sich manchmal in den Träumen von Menschen manifestieren. Es kann sogar der Fall sein, dass die erdgebundene Seele, die den Körper verlassen hat, sich an einen Menschen heftet (eine Art Teilbesetzung) und durch diesen physischen Körper Erfahrungen macht.
Es gibt das Phänomen der Besetzung, der Halb-Besetzung und die Möglichkeit, dass sich Pretas vorübergehend als bleiches Wesen sichtbar machen oder in Form komischer Schwingungen in einem Raum oder an einem Ort, die bei den Menschen, die sich dort aufhalten, zu schneller Ermüdung führen können. Du könntest solchen Pretas dann helfen, indem du ein Mantra wiederholst. Hier ist das „Om Tryambakam“ oder das „Om Namah Shivaya“ angebracht. Du könntest zudem einen Arati zelebrieren oder in einer Homa etwas für den Menschen tun.
Du könntest auch sagen: „Lieber Preta oder liebes Feinstoffwesen, lieber erdgebundener Geist, ich werde jetzt drei Tage lang Rituale für dich machen, täglich morgens oder abends um diese oder jene Zeit. Du hast die Gelegenheit dich mit Energie aufzuladen. Geh dann in die höhere Ebene! Danach werde ich loslassen. Du hast jetzt die Chance, nochmal Kraft zu bekommen.“
Im alten Indien war es üblich, dass ein enges Familienmitglied drei Tage lang von allen anderen Aufgaben freigestellt wurde, um in der Zeit intensive spirituelle Praktiken auszuüben und täglich mindestens einmal ein konkretes Ritual für die verstorbene Person durchzuführen. Somit hatte die verstorbene Person als Seele noch einmal Gelegenheit, dabei Kraft zu tanken. Du könntest dies machen, wenn du das Gefühl hast, dass irgendwo ein Preta ist. Dies ist ein Grund, weshalb es nicht ratsam ist, zu viel Kontakt zu erdgebundenen Geistern aufzunehmen. Dieses Thema wird genauer in den Texten über Astralwesen und Astralwelten behandelt.
Normalerweise geht nach drei Tagen bis drei Wochen besagter Lichttunnel, der nach oben in die höheren Welten führt, auf. Die Seele geht durch diesen Lichttunnel und weiter in Bhuvar Loka ein. Bhuvar Loka ist die Feinstoffwelt, die Astralwelt. Hier gibt es jede Menge Unterwelten, nicht im Sinne von Hölle, sondern von einem Stammbaum. Je nachdem, welche Gedanken du beim Sterben hattest, prägt das die Dauer deines Aufenthaltes in Bhur Loka. Es prägt die Auswahl der Teile, die du auf Bhuvar Loka erfährst und wo dein nächstes Leben beginnt. Angenommen, dein letzter Gedanke war an irgendwelche Verwandte oder Verstorbene gerichtet, was bei den meisten Sterbenden passiert, gehst du dort in ein sogenanntes Pitri Loka ein. Das wäre eine Art Unter-Loka. Pitri Loka ist die Ebene der Vorfahren. Du wirst von deinen verstorbenen Verwandten empfangen, sofern sie sich noch nicht reinkarniert haben. Dann seid ihr dort gemeinsam. Danach werdet ihr euch wieder inkarnieren. Dies erfolgt zusammen in unterschiedlichen Konstellationen. Vielleicht werdet ihr eine Weile in Pitri Loka verweilen bis ausreichende Verwandtschaft den physischen Körper verlassen hat. Darauf kann der eine, der vorher Tochter war, nun zum Bruder werden. Die vorige Tante kann zum Geliebten werden. Der bisherige jahrzehntelange Arbeitgeber kann zum Vermieter werden, zum Mitarbeiter oder zum Bruder und so weiter.
Die Konstellationen wechseln sich über die Leben ab. Es heißt, dass bestimmte Cluster von Menschen sich in unterschiedlichen Beziehungen wieder inkarnieren können. Wenn dein letzter Gedanke an deine Katze war, kann es sein, dass du in deinem Bhuvar Loka mit anderen Menschen zusammen bist, die an ihre Katze gedacht haben. Wenn du wiedergeboren wirst, kann es sein, dass du in eine Familie geboren wirst, in der Katzen eine wichtige Rolle spielen. Wenn deine letzten Gedanken sich mit deinem physischen Besitz und deinem Geld beschäftigten, wirst du im nächsten Leben in eine Familie geboren, in der Geld eine besondere Rolle spielt. Je nachdem welches Karma du hast, kommst du entweder in eine Familie, die viel Geld hat oder in eine, die gar kein Geld hat.
Jedenfalls prägt der letzte Gedanke, was dich nach dem Tod beschäftigen wird. Wenn dein letzter Gedanke ein Mantra ist, wirst du mit Gedanken an Gott, vielleicht an deinen Meister, in die höheren Welten gehen und dort in die höheren Aspekte von Bhuvar Loka eingehen. Eventuell gehst du weiter zu Swar Loka und zur Erleuchtung. Mindestens wirst du mit anderen zusammen sein und schöne, meditative, freudevolle Momente auf der Bhuvar Loka-Ebene haben.
Wenn du in diesem Leben nicht zur Befreiung kommst, wirst du nach dem Tod in ein neues Leben inkarniert werden, in welchem du weiter praktizieren und zügiger bis zur Erleuchtung fortschreiten kannst. In diesem Sinne sind die letzten Gedanken wichtig, aber nicht der einzige Aspekt.
Du kannst bewusst überlegen, welche Gedanken du haben willst und wohin du kommen magst. Du kannst dir bewusst dein Mantra vornehmen und dir sagen: „Jetzt will ich an Gott denken, an meinen Meister.“ Du könntest dich von allen Verhaftungen lösen und verwirklichen – Aham Brahmasmi. Dann transzendierst du Bhuvar Loka, gehst in Swar Loka ein, verlässt die Ebene des physischen Körpers, des Astralkörpers, der Persönlichkeit, des individuellen Ich-Gefühls. Du gehst in einen Zustand transzendenter Wonne ein. Wenn du kein neues Karma hast, gehst du von dort in die Befreiung, in Moksha. Du erreichst vielleicht Videha Mukti, die Befreiung ohne physischen Körper. Wenn du im physischen Leben die Befreiung erreicht hast, kannst du nachher in Swar Loka eingehen und dich vollständig im Unendlichen auflösen. Du könntest dir – bevor du in Swar Loka eingehst – vornehmen, nach einer Phase in Swar Loka zum Siddha, Devata oder Bodhisattwa zu werden.
Siddha zu werden bedeutet, die höchste Vollkommenheit zu erreichen, aber nicht dauerhaft vollständig zu verschmelzen. Als Siddha bist du weiterhin auf subtile Weise in der Welt und kannst Aspiranten erscheinen, sie führen und Gutes für die Welt bewirken.
Du kannst auch zum Devata werden, zum göttlichen Wesen, zum Lichtwesen, zum Engelswesen. Von feinstofflicher Ebene aus kannst du übergeordnete Funktionen für diese Welt übernehmen.
Du kannst zum Bodhisattva werden und dir vornehmen, dich so lange wieder zu inkarnieren, bis alle Seelen die Erleuchtung erlangt haben. Oder du kannst deinen Sankalpa ausschicken, d. h. du kannst deine Gedanken als Segenskräfte ausschicken und selbst dauerhaft mit dem Unendlichen und Ewigen verschmelzen.
Es heißt zum Beispiel, dass Swami Shankara und Swami Sivananda das gemacht haben. Sie existieren nicht mehr als Individuen. Aber ihre Segenskraft ist weiter da. Man kann sich weiter an sie richten, um Führung bitten und zu ihnen beten. Sie können einem auch erscheinen. Als Individuen existieren sie nicht, aber Gott selbst kann dem Aspiranten durch Swami Sivananda oder Shankaracharya erscheinen. Bekannte Siddhas sollen Dattatreya, Agastya oder auch Babaji (der von Paramahamsa Yogananda erwähnt wird) sein.
Das sind Beispiele für Siddhas, die den physischen Körper transzendiert haben und sich weiterhin sichtbar machen können. Sie können Menschen erscheinen und auf einer höheren Ebene für das Wohl der Menschheit wirken.
Von Bhuvar Loka kannst du eventuell zu Swar Loka übergehen. Von Swar Loka kannst du dich wieder inkarnieren oder von dort zum Unendlichen gehen.
Wie geschieht die Reinkarnation?
Wie im Text oben beschrieben, sehen die Yogis das Leben als Kreislauf bzw. als Spirale an. Im Moment des Todes verlässt du diese Welt und gehst durch Bhur Loka (erdnahe Ebene), Bhuvar Loka (Astralebene) und eventuell durch Swar Loka. Von Bhuvar Loka oder Swar Loka kannst du dich wieder inkarnieren. In seltenen Fällen kann dies direkt von Bhur Loka aus erfolgen. Von Bhur Loka kann man sich inkarnieren, wenn eine Seele, die im Mutterleib ist, diesen vorzeitig verlässt. Dann könnte eine Seele aus Bhur Loka direkt in den Mutterleib hineingehen und sich inkarnieren.
Normalerweise geht es von der Bhur Loka Ebene zu Bhuvar Loka. Dann kann die Seele entweder von Bhuvar Loka oder von Swar Loka in zwei Schritten wieder inkarnieren:
Der erste Schritt wäre im Moment der Empfängnis. In diesem Moment geht die Seele zum neuen Körper und ist lose mit diesem verbunden. Im Moment der Geburt geschieht der allgemeine Gedächtnisschwund, und die Seele ist mit dem physischen Körper verbunden.
Wenn Mann und Frau ein Kind bekommen wollen, wäre es klug, sich vorher mit spirituellen Praktiken zu beschäftigen, mehr davon zu machen und darum zu bitten, dass sich eine Seele inkarnieren möge, die besonders zu ihnen passt.
Du kannst besondere Versprechen machen, dass du diese Seele spirituell erziehen wirst. Du kannst fragen, welche Seele kommen will. Es sind einige Fälle bekannt, in denen insbesondere die Frau gespürt, hat, dass sich eine Seele inkarnieren wollte. In einem solchen Fall kann der Geschlechtsverkehr anschließend als heilige Handlung zelebriert werden. So kann eine Empfängnis stattfinden und eine Seele kann sich inkarnieren. Weiter ist es wichtig, eine vorgeburtliche Erziehung vorzunehmen. Die Zeit der Schwangerschaft ist sehr prägend und hat einen großen Einfluss darauf, welche Tendenzen in der Seele stärker werden. Dann weiß die Seele worauf sie sich einstimmen kann. Es ist in dieser Zeit besonders wichtig, täglich zu meditieren, Mantras zu singen, spirituelle Praktiken durchzuführen und in den Satsang zu gehen. Für die Gesundheit ist es wichtig, dass du Asanas und Pranayama übst. Du kannst über die spätere Ernährung deines Kindes nachdenken, d. h. wie du es gerne hättest, dass sich dein Kind ernährt. Ernähre dich gesund, selbst wenn du einen anderen Appetit verspürst. Manchmal bringt das Kind aus dem früheren Leben einen ungesunden Appetit mit und daraufhin isst die Mutter ungesund. Dann wird das Kind dies anschließend weiterführen. Wenn aber die Mutter sich in der Zeit gesund ernährt, das Paar in der Zeit zusammen meditiert und vielleicht ein paar heilige Rituale macht, regelmäßig in den Satsang geht, hilft das, dass sich das Kind im Mutterleib mit der inkarnierenden Seele verbindet.
Dann folgt die Geburt und anschließend beginnt Yoga für Mutter und Baby. Es ist wichtig, dass sich Mutter und Vater Zeit für die Meditation nehmen. Hier gilt wieder, dass die ersten Monate und Jahre wieder prägen, welche Samskaras im Kind besonders stark werden und ob das Kind einen guten spirituellen Start im Leben hat. Es ist nicht selten unter spirituellen Aspiranten, die ein Kind bekommen, dass sie die Vorstellung haben, ihr Kind nicht zu sehr prägen, sondern es neutral erziehen zu wollen. Dann geschieht es leicht, dass sich das Kind anderswo Werte sucht.
Sei dir deshalb bewusst, dass es nicht nur um Erleuchtung für dich, sondern auch für dein Kind geht.
Tue alles, damit dein Kind einen guten spirituellen Start ins Leben hat. Führe das Kind in die höheren Ebenen, dass es dir dankbar sein kann. Ob das Kind im Alter von 12 bis 18 Jahren diesem Weg weiter folgt oder ob ein anderes Karma es in andere Richtungen bringt, ist abzuwarten. Ist es der Fall, bedeutet es loslassen. Zunächst solltest du deinem Kind einen guten spirituellen Start ins Leben geben, bei dem du es inspirierst, ein paar Yogaübungen mitzumachen, bei der Meditation vielleicht mit dabei zu sein, eine gesunde vegane Ernährung bekommt. Das ist ein guter Start ins Leben und es hat alles, was es braucht.
Nun ging es um das Leben als Kreislauf vom Standpunkt der Yoga Vedanta Philosophie, die drei Ebenen nach dem Tod, darüber, was du nach dem Tod tun kannst, was du tun kannst, um Sterbenden zu helfen, und wie du helfen kannst, wenn ein Kind geboren wird, auch wenn es nicht dein eigenes ist.
Du kannst Lichtgedanken dorthin schicken und das „Om Tryambakam“ rezitieren. Du kannst ein Ritual mit Segen für das Neugeborene machen. In den Yoga Vidya Ashrams ist es möglich, im Rahmen eines Satsangs oder einer Puja einen Segen für das Neugeborene spenden zu lassen, so dass es durch das Ritual nochmals neue Kraft fürs Leben bekommt.
Letztlich ist Leben ein Kreislauf. Irgendwann wird diese Spirale zur Erleuchtung. In diesem Sinne nutze dein Leben, um spirituell fortzufahren und fortzuschreiten. Alles, was du in diesem Leben tust, um deine geistigen Kräfte zu entwickeln, deine Meditation zu vertiefen, spirituell zu wachsen, ethischer zu werden, alles, was du tust, um anderen zu helfen, dein Herz zu öffnen und zu dienen, nimmst du mit. Das ist das Wichtige. Strebe die Erleuchtung in diesem Leben an. Wenn es nicht gelingt, versuche es nach dem Leben zu erreichen. Gelingt das nicht, hast du mindestens viel getan, um ein neues Leben gut zu beginnen.
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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.
Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.
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