YVS099 Die 8 Mahakumbhakas im Hatha Yoga

Heute will ich sprechen über die Mahakumbhakas. Die Mahakumbhakas sind 8 Haupt-Atemübungen. Die Hatha Yoga Pradipika spricht erst mal über zwei wichtige Atemübungen, die auch Reinigungspranayamas sind. Das sind Kapalabhati und Wechselatmung. Das sind die beiden Pranayamas, die du unbedingt täglich machen solltest.

Zusätzlich zu Kapalabhati und Wechselatmung gibt es die 8 Mahakumbhakas. Die 8 Mahakumbhakas sind Surya Bheda (Sonnenatem), Ujjayi (die triumphreiche Atmung), Bhastrika (Blasebalg), Shitali (kühlender Atem), Sitkari (beruhigender Atem), Brahmari (Bienenatem), Murccha (Freude-Atmung), Plavini (Schwebe-Atmung).

Diese 8 Mahakumbhakas, sind die 8„großartigen Weisen die Luft anzuhalten“. Kumbhaka heißt ja ‚Luft anhalten‘, maha heißt ‚groß‘. Aber Mahakumbhaka, könnte man sagen, sind Spezial-Pranayamas.

Die Mahakumbhakas übst du nicht täglich, sondern du übst sie für spezifische Zwecke. Du kannst also mit jedem der Mahakumbhakas etwas Konkretes erreichen.

Wärmende Kumbhakas: Surya Bheda, Ujjayi und Bhastrika

Surya Bheda

Surya Bheda ist zum Beispiel eine Atemübung um Surya zu erhöhen, das heißt die Sonne zu erhöhen, Sonnenatem, Sonnen-Prana erhöhen. Surya Bheda besteht aus rechts einatmen, anhalten und links ausatmen. Es gibt dabei die sanfte Version: Du könntest z. B. am Ende der Wechselatmung ein paar Runden Surya Bheda machen; einfach rechts einatmen, anhalten und links ausatmen ‒ und dir dabei vorstellen, dass die Sonnenenergie stärker wird.

Surya Bheda ist besonders hilfreich, wenn du die Sonnenenergie erhöhen willst, wenn du dich wärmen willst oder wenn du vom Ayurveda her Vata- oder Kapha-Überschuss hast.

Ujjayi

Ujjayi-Atem kennst du schon als Atemtechnik: Kehle sanft zusammenziehen, dabei harmonisierst du Udana Vayu, du beruhigst gleichzeitig Prana, du wärmst es auch. Ujjayi gehört zu den wärmenden Pranayamas. Deshalb ist es auch hilfreich bei Vata- oder Kapha-Überschuss. Ujjayi hilft auch zur Beruhigung des Geistes.

Bhastrika

Dann gibt es Bhastrika. Bhastrika ist der sogenannte Blasebalg. Bhastrika hat unterschiedliche Bedeutungen in unterschiedlichen Systemen. Es gibt auch Yogasysteme, die einfach, was wir als Kapalabhati bezeichnen, als Bhastrika bezeichnen: schnelles Ein- und Ausatmen und anschließend die Luft anhalten.

In der Hatha Yoga Pradipika ist Bhastrika das feste Ein- und Ausatmen, gefolgt von rechts Einatmen, Anhalten und danach links Ausatmen. Das fortgeschrittene Bhastrika sollte man nur üben, wenn man sattvig lebt (also auf Fleisch, Fisch, Alkohol, bewusstseinsverändernde Drogen, Tabak verzichtet), jeden Tag Asanas übt, jeden Tag Pranayama, jeden Tag Meditation. Und man sollte vor Bhastrika 20 Minuten Wechselatmung geübt haben.

Wärmende vs. kühlende Pranayamas

Diese drei werden insgesamt auch als wärmende und energieerweckende Übungen bezeichnet. Shitali und Sitkari gelten als kühlende Übungen. Wenn zum Beispiel das Prana zu unruhig geworden ist oder wenn es heiß geworden ist, kannst du es mit Shitali und Sitkari kühlen.

Bei Unruhe musst du übrigens überlegen: Ist die Unruhe kühl? Dann ist Shitali nicht angemessen. Dann hast du wahrscheinlich einen Vata-Überschuss, einen Luft-Überschuss und dann ist trotzdem Ujjayi als beruhigendes Pranayama besser. Wenn aber die Energie unruhig und heiß ist, dann kann Shitali und Sitkari das Prana beruhigen.

Kühlende Kumbhakas: Shitali und Sitkari

Shitali ist ja durch die Zunge Einatmen und durch die Nase Ausatmen. Sitkari ist die Zunge quer rollen, durch die Zunge zischend Einatmen und durch die Nase Ausatmen.

Als sanfte Atemübungen machst du Shitali und Sitkari ohne Luftanhalten. Aber eigentlich sind es ja Mahakumbhakas: Du atmest langsam über die Zunge zischend ein, du stellst dir vor, kühlende Energie strömt in dich hinein, durchdringt dich von Kopf bis Fuß, dann hältst du sanft an und atmest auch wieder sanft aus.

Shitali/Sitkari übst du insbesondere auch bei Pitta Überschuss, also bei zu viel Feuer.

Chandra Bheda

Zusätzlich gibt es auch noch eine weitere Übung, die nicht zu den 8 Mahakumbhakas gehört, aber wie das Gegenstück zu Surya Bheda ist. Das ist Chandra Bheda, der Mondatem. Dort atmest du links ein, hältst die Luft an, atmest rechts aus. Chandra Bheda erhöht die Mondenergie, beruhigt, harmonisiert und kühlt. Chandra Bheda dient auch zur Beruhigung eines Pitta-Überschusses.

 

Herzöffnende Kumbhakas: Brahmari, Murccha und Plavini

Brahmari

Die nächsten drei Übungen sind Brahmari, Murccha und Plavini. Brahmari ist die Biene. Du atmest schnarchend ein und atmest summend aus. In der sanften Variante, die man auch bei Mittelstufenteilnehmern machen kann, machst du das ohne Atemanhalten. In der fortgeschrittenen Variation kannst du es auch verbinden mit Anhalten und verschiedenen kleinen Mudras und Bandhas.

Brahmari ist gut für die Stimme, harmonisiert Udana Vayu, ist auch etwas, was das Herz öffnet, wirkt besonders auf Anahata Chakra und hilft ein Gefühl von Freude zu erzeugen. Viele der oft praktizierten Übungen wirken besonders auf untere und obere Chakras. Und so sind diese drei Übungen auch besondere Herz-Pranayamas, die das Herzchakra öffnen.

Murccha

Dann gibt es Murccha. Murccha heißt wörtlich ‚die große Verzückung‘ oder auch ‚große Freude‘. Mu hat etwas mit Freude zu tun; und Murccha besteht letztlich daraus, sehr langsam auszuatmen und dabei vom Herzen her weit zu werden, Liebe zu spüren.

Murccha zählt auch zu den Pitta-beruhigenden Pranayamas. Murccha ist auch ein Pranayama, das man nutzen kann, um Ärger zu reduzieren oder zu transformieren oder auch um Heuschnupfen und Autoimmunerkrankungen zu reduzieren.

Sehr langsam ausatmen, dabei das Herz öffnen ‒ und weit werden.

Plavini

Dann gibt es noch Plavini. Plavini ist eine Übung, wo du einatmest, dann mit gefüllten Lungen sanft ein- und ausatmest und dabei das Gefühl hast, dass du dich ausdehnst. Plavini heißt zum einen ‚Floß‘, es hat auch etwas mit Schweben und mit Schwimmen zu tun. Du dehnst dich aus und du hast das Gefühl, du bist im unendlichen Ozean aufgehoben.

Eine Übung, die du auch üben kannst zur Einleitung der Meditation, sei es vor deiner normalen Meditation oder auch am Ende vom Pranayama oder nach der Tiefenentspannung oder nach dem Drehsitz, um danach in einen meditativen Zustand zu gehen.


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Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

 

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