YVS081 Die Reihenfolge der Asanas

Dies ist ein Vortrag im Rahmen der Yoga-Vidya-Schulung aus der Vortragsreihe über Asanas (Körperhaltungen).

Das letzte Mal habe ich über die zwölf Asanas der Yoga-Vidya-Grundreihe und ihre verschiedenen Wirkungen gesprochen. Aber auch die Abfolge dieser zwölf Asanas hat eine große Bedeutung. Es ist eben nicht irgendeine beliebige Reihenfolge, sondern die gleiche wie sie in der Sivananda Yogastunde unterrichtet wird, und es ist eine ähnliche Abfolge wie in der Rishikesh-Reihe wie sie André Van Lysebeth genannt hat.

Die Yoga-Vidya-Grundstellungen werden in dieser Reihenfolge praktiziert: Umkehrstellungen, Vorwärtsbeugen, Rückwärtsbeugen, Drehungen, Gleichgewichtsübungen und stehende Stellungen.

Und dafür gibt es gute Gründe: körperliche, energetische, psychische, wie auch spirituelle.

 

Körperliche Gründe

Körperlich gesehen helfen die Umkehrstellungen, dass die Durchblutung angeregt wird, die Beine entspannen können und ein Übermaß an venösem Blut aus den Beinen abfließen kann. Anschließend bist du dann viel flexibler in den Beinen und kommst leichter in die Vorwärtsbeugen. Das kannst du auch gern selbst einmal für dich ausprobieren: Einen Tag übst du die Vorwärtsbeugen vor den Umkehrstellungen und am nächsten Tag zur gleichen Uhrzeit übst du in der traditionellen Reihenfolge erst die Umkehrstellungen und dann die Vorwärtsbeugen. Du wirst feststellen, dass du am zweiten Tag viel leichter in die Vorwärtsbeugen kommst als am ersten, weil der Körper durch die Reihenfolge der Übungen entsprechend darauf vorbereitet wurde.

Damit die Rückwärtsbeugen gut funktionieren und du dabei nicht die Wirbel drückst, ist es wichtig, dass du dich erst einmal nach vorne beugst. Indem du dich nach vorne beugst, werden die Wirbel weiter, und die Zwischenwirbelgelenke werden etwas auseinandergezogen. Wenn du danach in die Rückwärtsbeugen gehst, stärkst du die Rückenmuskeln und kannst die Wirbelsäule weiter auseinander ziehen.

Und wenn du so Vorwärts- und Rückwärtsbeugen gemacht sowie die Muskeln gedehnt hast, fällt die folgende Drehung leichter.

Zum Abschluss der Yogastunde ist es gut, Koordinationsübungen zu machen, Gleichgewichtsstellungen. Das hilft der Konzentration. Stehende Vorwärtsbeuge und Dreieck helfen dabei, wach zu bleiben und in der abschließenden Tiefenentspannung schöne Erfahrungen zu machen.

Deshalb ist es körperlich sehr gut, diese Reihenfolge einzuhalten.

Die Reihenfolge dieser zwölf Körperstellungen ist aber auch wie ein „U“: Im Kopfstand bist du relativ hoch, im Schulterstand etwas weniger hoch, im Pflug noch etwas weniger hoch. Im Fisch und in der Vorwärtsbeuge bist du relativ nah an der Erde. Dann in der Kobra erhebst du dich wieder etwas, in der Heuschrecke und im Bogen noch mehr. Im Drehsitz sitzt du aufrecht und kommst dadurch wieder etwas höher. Und wenn es dann weiter geht zur stehenden Vorwärtsbeuge, bist du noch höher, bis du dann im Dreieck noch höher bist. So ergibt sich das „U“, welches auch Schönheit und Ästhetik in der Yogareihe ausmacht.

 

Energetische Gründe

Es gibt auch energetische Gründe.

Die Reihenfolge der Asanas der Yoga-Vidya-Grundreihe lässt uns energetisch von oben nach unten und von unten wieder nach oben durch die sieben Haupt-Chakren der feinstofflichen Wirbelsäule reisen.

  1. Der Kopfstand, Shirshasana, öffnet Sahasrara Chakra (Scheitel-Chakra) und Ajna Chakra (Stirn-Chakra).
  2. Der Schulterstand, Sarvangasana, öffnet Vishuddha Chakra (Kehl-Chakra).
  3. Der Pflug, Halasana, öffnet Vishuddha Chakra (Kehl-Chakra) und Anahata Chakra (Herz-Chakra).
  4. Der Fisch, Matsyasana, öffnet besonders Anahata Chakra (Herz-Chakra).
  5. Die sitzende Vorwärtsbeuge, Paschimottanasana, öffnet die unteren drei Chakren: Manipura Chakra (Nabel-Chakra), Svadhishthana (Sakral-Chakra) und Muladhara Chakra (Wurzel-Chakra).

 

Die ersten fünf Asanas lenken dasPrana (Lebensenergie) von oben (Sahasrara Chakra) nach unten (Muladhara Chakra) auf der Körpervorderseite. In der sitzenden Vorwärtsbeuge geht die Energie dann in die Sushumna, den Energiekanal in der Wirbelsäule, auf der Körperrückseite wieder hinauf durch Muladhara, Svadhishthana und Manipura Chakra. 

  1. In der Kobra, Bhujangasana, öffnet sich Anahata Chakra (Herz-Chakra).
  2. In der Heuschrecke, Shalabhasana, öffnet sich Vishuddha Chakra (Kehl-Chakra).
  3. Im Bogen, Dhanurasana, fließt die Energie von Manipura (Nabel-Chakra), Anahata (Herz-Chakra), Vishuddha (Kehl-Chakra), bis Ajna Chakra (Stirn-Chakra).
  4. Im Drehsitz, Ardha Matsyendrasana, geht das Prana weiter zum Ajna Chakra (Stirn-Chakra) und teilweise bis Sahasrara Chakra (Scheitel-Chakra).
  5. Der Pfau, Mayurasana, sorgt wie die letzten beiden Asanas noch einmal besonders dafür, dass die Energie von Muladhara bis Sahasrara Chakra aufsteigen kann.
  6. Die stehende Vorwärtsbeuge, Padahastasana, spricht alle sieben Chakren an lenkt das Prana hinauf zum Scheitel-Chakra.
  7. Das Dreieck, Trikonasana, wirkt ebenfalls auf alle sieben Chakren und lässt die Energie zum Sahasrara-Chakra fließen und der Kreislauf ist geschlossen.

 

Psychische Gründe

Die Asanas wirken auch auf unsere Psyche. In den Asanas der Grundreihe geht man durch die verschiedenen psychischen Gemütszustände hindurch.

Im Kopfstand, Shirshasana, dem König der Asanas, geht es um:

  • Mut
  • Konzentration
  • Koordination
  • bereit zu sein, die Welt aus einem anderen Blickwinkel zu sehen

Dann folgt etwas demütiger der Schulterstand, Sarvangasana, die Königin der Asanas. Hier geht es um:

  • das Annehmen aller Teile
  • das Tragen des ganzen Lebens auf den Schultern

Der Pflug, Halasana, soll uns folgendes lehren:

  • Bereitschaft, das Leben umzupflügen
  • Veränderungen einzuleiten
  • geduldig abzuwarten

Der Fisch, Matsyasana, bringt uns das Gefühl:

  • frei zu sein
  • weit zu sein
  • sich wohlzufühlen wie ein Fisch im Wasser

In der sitzenden Vorwärtsbeuge spüren wir:

  • tiefe Demut
  • Loslassen

Dann folgen die drei Asanas, die anstrengend sind: Bhujangasana – Kobra, Shalabhasana – Heuschrecke, Dhanurasana – Bogen. Sie lehren uns:

  • Bereitschaft, sich anzustrengen
  • sich dabei aber auch zu öffnen
  • vom Herzen weit zu werden

Im Drehsitz, Ardha Matsyendrasana, lernen wir:

  • bereit zu sein, Verantwortung zu übernehmen
  • Führungspersönlichkeit zu werden
  • sich anderen zuzuwenden
  • hohe Ideale zu haben
  • sich zum Himmel auszurichten
  • trotzdem fest in der Erde zu sitzen

Im Pfau, Mayurasana, geht es um

  • Gleichgewicht
  • Schönheit

Die stehende Vorwärtsbeuge, Padahastasana, führt uns zur

  • Hingabe
  • Demut
  • Verbindung zwischen Himmel und Erde

Im Dreieck, Trikonasana, spüren wir

  • große Weite
  • Ausdehnung

Und danach braucht es nur noch die umfassende Stille der Tiefenentspannung.

 

Spirituelle Gründe

Alle Asanas zusammen helfen dann auch, spirituelle Erfahrungen zu sammeln.

Das ist das Schöne an dieser Reihenfolge. Die Asanas wirken körperlich, energetisch, psychisch und spirituell. Sie sind darauf ausgerichtet, dich auf allen Ebenen zu verbinden und gesünder zu machen sowie dich letztlich zu verbinden mit der Tiefe deines Wesens, mit Himmel und Erde, der ganzen Schöpfung und dem Göttlichen an sich.

Deshalb sollte diese Reihenfolge beibehalten werden, auch wenn du selbst unterrichtest oder die Asanas abwandelst und ganz gleich, in welcher Lage du bist.

Daher ist es wichtig zu verstehen, dass es gute Gründe gibt für diese Asanas und für diese Reihenfolge.

Übe die Asanas, übe sie regelmäßig. Ich hoffe, dass du jetzt inspiriert bist, mit Yoga zu beginnen, wenn du noch kein Yoga machst.

Auf unserer Website www.yoga-vidya.de findest du Adressen von Yogalehrerinnen und Yogalehrern in deiner Nähe. Gib dazu Suchfeld Yogalehrerverzeichnis ein, oder du kannst auch in den verschiedenen Yogazentren, die du dort findest, suchen.

Du kannst auch ein Yoga und Meditation Einführung-Seminar bei Yoga Vidya buchen.

Über jede der Asanas haben wir auch einzelne Videos, in denen du Anleitungen findest mit Erläuterung der Wirkungen.

Wir haben auch Videos mit ganzen Yogastunden, mittlere und längere, sowohl für Anfänger, Mittelstufe und Fortgeschrittene.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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