YVS078 Fasten für Körper, Geist und Seele

Dies ist ein Vortrag im Rahmen der Yoga-Vidya-Schulung. Es handelt sich um eine Vortragsreihe mit mehreren Hundert Vorträgen zum Thema „ganzheitlicher Yoga-Vidya-Weg für Gesundheit, psychische Entwicklung und spirituelle Erfahrung“. Dies ist der siebte Vortrag zum Thema „Yoga-Ernährung“ in dieser Reihe.  Heute geht es um das Fasten und seine Wirkungen auf Körper, Geist und Seele.

In den vorangegangenen Vorträgen habe ich schon viel zur Yoga-Ernährung erklärt und in diesem Vortrag geht es um das Thema Fasten, das eine besonders gute Art der Ernährung ist, was zunächst wie ein Widerspruch klingen mag.

Fasten ist hilfreich für Körper, Energien, Emotionen und Psyche sowie für die spirituelle Erfahrung. Es geht genau um diese Wirkungen und natürlich auch um einige Tipps zu den verschiedenen Arten des Fastens,  wie du eine längere Fastenkur durchhältst, und wie Du das Fasten gut brechen kannst.

Zunächst möchte ich erklären, welche Vorteile das Fasten hat.

Fasten hilft der Regeneration des Körpers, Krankheiten vorzubeugen und sogar zu heilen – nämlich durch das Heilfasten. Vom Yoga-Standpunkt her betrachtet würden wir sagen, dass uns das Fasten hilft, Prana subtiler werden zu lassen und intensivere Energie-Erfahrungen einzuleiten. Wenn Du spirituelle Praktiken übst, werden diese durch das Fasten sehr viel wirksamer sein. Das Prana hat auf der physischen Ebene weniger zu tun, weil nicht so viel Energie für die Verdauung aufgewendet werden muss, und kann so relativ leicht in die höheren Bewusstseinsebenen gelangen. Das Fasten hilft auch der Psyche, denn Menschen mit manchen psychischen Störungen wie zum Beispiel Depressivität geht es erheblich besser, wenn sie fasten. Es gibt andere Formen der psychischen Beschwerden, bei denen fasten vielleicht nicht so vorteilhaft ist wie zum Beispiel bei einer Neigung zur Schizophrenie oder bei Essstörungen, aber gerade gegen Depressivität hat sich eine Zeit des Fastens als hilfreich erwiesen.

Fasten ist auch eine Form der geistigen Kontrolle und Disziplin. Wenn du eine Weile darauf verzichtest, deinen Trieb zum Essen zu befriedigen und in Kauf nimmst, für diesen Zeitraum deine Stimmungen nicht über Nahrungsaufnahme zu modifizieren, bekommst du eine geistige Stärke und das Gefühl der Unabhängigkeit und Freiheit.

Menschen, die wissen, dass sie für eine gewisse Zeit gut ohne Nahrung auskommen können, haben ein neues Selbstbewusstsein und auch eine gewisse psychische Stabilität.

Vom Yoga-Standpunkt aus betrachtet ist die spirituelle Wirkung des Fastens am wichtigsten, und in fast allen Religionen gibt es Ratschläge zum Fasten. Buddha hat sehr lange gefastet und Jesus hat, bevor er mit seinem öffentlichen Wirken begann, über 40 Tage in der Wüste gefastet. Meister wie Swami Sivananda und Paramahansa Yogananda haben Fastenperioden eingehalten und auch Mohammed und Moses haben längere Zeit gefastet – im Grunde genommen alle großen Inkarnationen, Manifestationen Gottes, alle großen menschlichen Yoga-Meister*innen hatten mindestens eine sehr lange, die meisten sogar regelmäßige Fastenphasen in ihrem Leben.

Durch intensives Fasten fällt es leichter spirituelle Erfahrungen zu machen. So gibt es also gute Gründe zu fasten.

Folgende Möglichkeiten des Fastens gibt es:

 

Intermittierendes Fasten oder Intervallfasten

Als intermittierendes Fasten, oder auch Intervallfasten, bezeichnet man, wenn zwischen zwei Mahlzeiten mindestens 12 oder besser noch 16 Stunden liegen und dazwischen nichts gegessen wird. Einige Studien aus dem Jahr 2016 zeigen, wie gesund es ist, 16 Stunden am Tag nichts zu essen. Dies beschreibt auch die Art und Weise, wie wir bei Yoga Vidya leben: Um 11:00 Uhr gibt es Brunch und um 18:00 Uhr Abendessen. Zwischen 19:00 Uhr und 11:00 Uhr ist Fastenzeit. Das gilt als ganz besonders gesund. Und so möchte ich dich auch ermutigen, eine längere Phase des Fastens zu haben.

Nach 11 Stunden Essenspause kommt der Körper in den Autophagie-Modus, sodass innerhalb der Zellen bestimmte Teile abgebaut werden, die für die Zellen nicht mehr nötig sind. Außerdem werden Nährstoffe aus dem Zwischenzellraum für die Regeneration des Körpers genutzt. Deshalb sollte man mindestens 11 Stunden zwischen zwei Mahlzeiten nichts essen, 16 Stunden haben sich als besonders gut erwiesen. Sogar die Nahrungsaufnahme beschränkt auf einmal am Tag, wie sie in manchen Ländern üblich ist, in früheren Zeiten auch in Südindien in manchen Regionen üblich war, scheint recht gut zu sein und hilft, das normale Körpergewicht zu halten.

Ein Fastentag pro Woche, alle 14 Tage oder pro Monat

Swami Sivananda schreibt in seinen Büchern gerne, dass es gut ist, einmal die Woche zu fasten. Besonders empfehlenswert dafür ist der Montag, denn Montag ist Shiva-Tag. Shiva gilt als Aspekt der Regeneration sowie der Askese, und daher ist der Montag ein guter Fastentag. Im Vaishnavismus wird gefastet an Ekadashi, dem 11. Tag nach Neumond und nach Vollmond. Dieser Tag gilt nicht nur als besonders geeignet zum Fasten sondern auch für Meditation und Kontemplation. Und es gibt Menschen, die fasten gern an Neumond und spüren, dass ihnen das besonders gut tut.

Übrigens kann sich Fasten auch zum Abnehmen eignen. Mit diesem Ziel kann man zum Beispiel fünf Tage im Monat oder drei Tage die Woche fasten. Das ist auch eine Form des intermittierenden Fastens, die gerade in den Jahren 2015 bis 2017 intensiver untersucht wurde. Diese Art des Fastens scheint besonders gesund zu sein und gerade für Menschen hilfreich zu sein, die ansonsten Schwierigkeiten haben, ihr Gewicht zu halten.

Aber im Yoga kennen wir ehr das Intervallfasten einmal die Woche, alle 14 Tage an Ekadashi oder einmal im Monat an Neumond. Swami Sivananda und Swami Vishnu-devananda haben empfohlen ein bis zweimal pro Jahr fünf Tage lang zu fasten, wobei es vor dem Fasten Entlastungstage gibt und nach dem Fasten Aufbautage.

Fasten bei Erkrankung

Swami Sivananda hat in seinen Hatha-Yoga-Büchern geschrieben, dass es bei vielen Erkrankungen hilfreich ist, zu Fasten. Wenn du zum Beispiel eine beginnende Erkältung hast, ist es gut, mit Fasten zu beginnen und dich mit Gemüse- und Obstsaft zu ernähren und viel Kräutertee und Wasser zu trinken. Das verkürzt die Zeit der Erkältung. Und wenn du es rechtzeitig machst, kann es sogar dazu führen, dass du gar nicht wirklich krank wirst. Außerdem gibt es manche andere Erkrankungen, die auch schneller mit Fasten bekämpft werden können als mit anderem.

Ob eine konkrete Krankheit mit Fasten geheilt werden kann, solltest du aber immer mit deinem Arzt oder Heilpraktiker abstimmen. Tatsächlich scheinen bestimmte Krebsformen auf Fasten anzusprechen. Auch Chemotherapie scheint, anders als man es vor dem Jahr 2000 gedacht hat, besser anzusprechen, wenn man dabei oder danach fastet. Arthritis, Arthrose, Rheuma und verschiedene Autoimmunerkrankungen wie Neurodermitis sowie manche andere Erkrankungen können in ihren Symptomen abgeschwächt werden, wenn man fastet. Es scheint auch bei beginnender Diabetes gut zu sein, fünf Tage pro Monat zu fasten, und wenn man das fünf bis sechs Monate so macht, kann der Blutzuckerspiegel sich wieder normalisieren, sodass Medikamente überflüssig werden können. Aber, wie gesagt, das sind Grenzfälle, die du am besten mit deinem Arzt oder Heilpraktiker besprichst.

Fastenkur oder Regenerationsfasten

Im Folgenden erfährst du, wie eine Fastenkur oder ein allgemeines Regenerationsfasten aussehen kann, ein spirituelles Fasten, bei dem du fünf Tage ohne feste Nahrung bleibst – mit anderen Worten: Fasten, wie wir es bei Yoga Vidya empfehlen.

Dieses Fasten hat Swami Vishnu-devananda so gelehrt, Swami Sivananda hat es in seinen Büchern beschrieben, das „Yogalehrer Handbuch“ und das Yoga Kochbuch aus dem Yoga-Vidya-Verlag erklären es, und letztlich gibt es das Buchinger Fasten, ähnlich wie das klassische Fasten. Obgleich Swami Sivananda in Indien lebte, hat er sich auch über westliche Naturheilkunde informiert. Aber ich bin mir nicht sicher, ob es vielleicht auch eine alte indische Tradition gibt, das Fasten so zu gestalten, wie es Buchinger empfohlen hat, oder ob Buchinger das möglicherweise aus der indischen Tradition hat.

Die Fastenkur beginnt mit ein bis zwei Entlastungstagen. Der erste ist ein Rohkost-Tag und der zweite ein Obst-Tag. Alternativ wären auch zwei Tage mit zwei Mahlzeiten nur mit gedämpftem Gemüse oder nur Vollkornreis oder nur Kitchery als Schonkost möglich. Kitchery ist Reis mit Mung Dal oder Linsen ausreichend lang gekocht. Die Entlastungstage mit Rohkost entsprechen dem Prinzip des klassischen und auch des Buchinger Fastens, und so haben es auch Swami Sivananda und Swami Vishnu-devananda hauptsächlich empfohlen. Die Variante mit Vollkornreis ist ein makrobiotisch inspirierter Ansatz. Mit Kitchery orientiert man sich am Ayurveda. Am Abend des zweiten Entlastungstags wird zur Darmentleerung ein Einlauf mit einem Irrigator (Einlaufgerät) oder einem Klistier gemacht oder zum Beispiel mit Rizinusöl, Bittersalz oder Glaubersalz abgeführt. Das einfachste wäre der Einlauf.

In den nächsten fünf Tagen wird mit Flüssigkeit gefastet. Jeden Tag werden über die Flüssigkeit etwa 400-500 kcal zugeführt. Dabei gelten 200 kcal als Minimum und 500 kcal als Maximum. Dafür werden morgens und mittags jeweils ein bis zwei Gläser frisch gepresster Obst- oder Gemüsesaft getrunken und abends Gemüsebrühe. Am Tag trinke ausreichend reines Wasser oder Kräutertee, und wenn es ein bisschen kompliziert ist, Gemüsebrühe zuzubereiten, dann kannst du abends einfach warmen Kräutertee zu Dir nehmen.

Ergänzend dazu wird am Abend des zweiten oder vierten Fastentags zur Entgiftung ein Einlauf gemacht oder im Laufe des dritten Tags. Auch wenn du nichts Festes mehr isst entsteht weiter Stuhl, also Fäkalien. Denn das, was du durch den Anus ausscheidest, sind sogenannte abgehalfterte Darmzotten. Das heißt, auch wenn du nur Wasser zu Dir nimmst, entsteht trotzdem Stuhl, weil die Darmzotten arbeiten. Ein Teil wird praktisch vom Körper umgewandelt in Fäkalien. Zur Entgiftung und Darmentleerung kann ein Einlauf deshalb hilfreich sein.

Im Yoga werden darüber hinaus Kriyas (Reinigungstechniken) empfohlen. Der Einlauf selbst ist auch schon eine Kriya. Es gibt auch noch Dhauti. Bei Dhauti werden etwa ein bis zwei Liter Salzwasser getrunken (Mischverhältnis: ca. ein gestrichener Esslöffel Salz auf einen Liter lauwarmes Wasser). Anschließend übergibt man sich, um den Magen zu leeren, dafür kann man auch zwei oder drei Finger in den Hals stecken, um den Brechreiz auszulösen. Das solltest du auf jeden Fall am ersten Morgen des Fastens machen, und wenn Dir das liegt, kannst du das auch jeden Tag wiederholen. Des Weiteren ist es gut, jeden Tag Neti zu üben. Neti ist die Nasenreinigung durch lauwarme Salzwasserspülungen der Nase. Auch Kapalabhati hilft, Agni Sara, Uddiyana Bandha. Wenn du jeden Tag Neti, Kapalabhati, Agni Sara, Uddiyana Bandha übst dann werden die Selbstreinigungsmechanismen des Körpers aktiviert und das Fasten wird schöner sein.

 

 

 

Informationen über Sonderarten des Fastens, wie auch über Fastenkuren bei Yoga Vidya findest du natürlich auf unserer Homepage www.yoga-vidya.de

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Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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