Dies ist ein Vortrag im Rahmen der Yoga-Vidya-Schulung. Es handelt sich um eine Vortragsreihe mit mehreren Hundert Vorträgen zum Thema „ganzheitlicher Yoga-Vidya-Weg für Gesundheit, psychische Entwicklung und spirituelle Erfahrung“. Dies ist der fünfte Vortrag zum Thema „Yoga-Ernährung“ in dieser Reihe. Heute geht es um vegane Ernährung und warum diese empfehlenswert ist.
Die klassische Yoga-Ernährung beinhaltet durchaus Milchprodukte und Honig.
Ich selbst empfehle vegane Ernährung und bin der Meinung, dass das in der heutigen Zeit die einzige Form der Kost ist, die ethisch vernünftig und vertretbar ist. Das möchte ich hier jetzt durch verschiedene Argumente und Ausführungen begründen.
Vegan leben heißt, auf tierische Produkte jeglicher Art zu verzichten, also auf Fleisch, Fisch, Eier, Milchprodukte und auch auf Lederprodukte und Wolle. Im weiteren Sinne heißt vegan auch, auf Honig zu verzichten.
Eier
Beginnen wir zuerst mit dem, was schon klar ist. Eier gehören nicht auf den Speiseplan. Auch die klassische Yoga-Ernährung verzichtet auf Eier, denn sie gelten als eine Mischung aus rajassig (macht unruhig) und tamassig (macht träge).
Eier machen den Geist unruhig und sind deswegen rajassig. Eier sind tamasig, weil sie ungesund sind und viel Cholesterin enthalten. Sie sind obendrein mit dem Töten von Tieren verbunden, was unethisch ist und sie dadurch ebenfalls tamassig macht.
Milchprodukte
Der zweite Bestandteil, auf den man als Veganer verzichtet, sind Milchprodukte.
Jetzt wirst du in Swami Sivanandas Bücher, alten Yoga- und Ayurvedaschriften manchmal lesen, dass man Milchprodukte zu sich nehmen soll. Trotzdem empfehle ich dir, keine Milchprodukte zu nutzen.
Und dafür gibt es gute Gründe.
Im alten Indien, und das ist nicht das Indien der letzten hundert Jahre, waren Kühe heilig. Sie wurden freundlich behandelt, durften nicht getötet und nicht auf der Straße ausgesetzt werden. Kühe und Rinder wurden genutzt als Zugtiere für den Pflug und als Transporttiere. Der Kuhdung war ein Brennstoff zum Kochen und Heizen, aber es wurden auch Arzneimittel daraus hergestellt, genau wie aus Kuh-Urin. Getrockneter Kuhdung war außerdem ein beliebtes Mittel, um weiße Farbe herzustellen. Die Kuhhäute wurden verwendet, um Leder zu gerben.
So waren Kühe, die auf natürlich Weise gestorben sind, wichtig, aber sie wurden nicht getötet. Und es war auch ökologisch verträglich, dass man die Kühe weiter wachsen ließ.
Man hat von den Kühen nur so viel Milch genommen, wie das Kalb nicht gebraucht hat. Zuerst hat sich das Kalb sattgetrunken, und erst danach hat man die restliche Milch gemolken, so viel wie die Kuh gegeben hat.
Das war eine mitfühlende Weise der Milchproduktion, und man kann sagen, dabei ist natürlich nicht so viel Milch entstanden.
In unserer heutigen Zeit ist die Milchproduktion mit Grausamkeit verbunden. In der Massentierhaltung werden Tiere mit ausgeprägtem Sozialverhalten isoliert und angebunden in enge Stelle gesteckt. Sie können sich ihr ganzes Leben lang nicht artgerecht bewegen – abgesehen von aufstehen und wieder hinlegen. Sie bekommen nichts von der Welt mit und sehen niemals Tageslicht. Das ist einfach nur grausam.
Auch in der Ökologischen bzw. Bio-Tierhaltung, der sogenannten artgerechten Tierhaltung, ist Milchproduktion mit Grausamkeit verbunden – und zwar aus zwei Gründen: Erstens ist die Milchproduktion notwendigerweise verbunden mit der Fleischproduktion. Zweitens ist Milchproduktion aus hygienischen Gründen heute verbunden mit der Isolierung des Kalbs von der Mutter.
Wolle
Warum sollte man keine Wollprodukte anziehen?
Angenommen, du würdest Wollprodukte nutzen, deren Wolle zum Beispiel von Heidschnucken oder Deichschafen gewonnen wurde, dann würde nicht unbedingt etwas dagegen sprechen.
Die Schäfer, die sich heutzutage um die Schafe an Deichen oder manchen Teilen der Heide kümmern, sind in der Regel sehr freundlich zu ihren Tieren. Aber die normale Wolle, die du in den typischen Wollpullovern und Wollteppichen findest, wird nicht daher gewonnen. Diese stammt typischerweise aus Australien oder Neuseeland, wo die Schafe nicht einmal mehr von Hand geschoren werden, sondern maschinell, was mit großem Leid verbunden ist. Die Schafe werden in eine Maschine reingetrieben und geschoren, was für die Tiere Stress bedeutet und wobei die Haut oft verletzt wird. Dann erfolgt eine Behandlung mit Antibiotika, denn durch die Wunden gibt es Entzündungsgefahren.
Wollproduktion ist heutzutage also in der Regel mit Leid von Schafen verbunden.
Wenn du nur Wolle von Schafen kaufen würdest, mit denen garantiert freundlich umgegangen wird und die ausreichend Auslauf an der frischen Luft haben, ist das vermutlich vertretbar. Aber sei dir bewusst, dass Wollproduktion heutzutage für gewöhnlich mit Grausamkeit verbunden ist.
Honig
Mit dem Verzehr von Honig gehen Veganer ganz unterschiedlich um.
Einer der großen Befürworter des Veganismus ist Rüdiger Dahlke, der sagt, dass nichts gegen eine naturgemäße Bienenhaltung spricht.
Wir haben zum Beispiel einen Imker, der Ahimsa-Honig produziert. Er nimmt den Bienen ihren Honig nicht weg, sondern nimmt nur einen Teil des Honigs, damit die Bienen genug Honig für sich behalten, um ihr Immunsystem gesund zu halten und nicht nur Zuckerlösung essen müssen. Und er bemüht sich auch, dass keine Bienen getötet werden, wenn er den Honig erntet.
Was aber umgekehrt heißt, dass Honigbienen in Deutschland über den Winter normalerweise nur Zuckerlösung bekommen und der komplette Honig von den Menschen genommen wird. Folglich sind die Bienen nicht mehr so widerstandsfähig, denn Zucker ist nicht so gesund wie Honig.
Wenn Imker den Honig entnehmen, wehren sich die Bienen dagegen und viele Honigbienen kommen dabei ums Leben.
Ob Honig auf deinen Speiseplan gehören soll oder nicht, musst du selbst entscheiden. Ich habe mich dazu entschieden, konsequent zu sein und bis auf wenige Ausnahmen keinen Honig zu verwenden.
Leder
Dass Leder auch mit der Fleischindustrie verbunden ist, dürfte klar sein.
Deshalb trage ich selbstverständlich kein Leder; es gibt glücklicherweise inzwischen gute vegane Alternativen.
Im Grunde genommen sind günstige Schuhe heutzutage fast immer vegan, aber es gibt auch hochwertige vegane Schuhe – also Schuhe ohne Leder.
Und man sollte auch keine Ledertaschen haben, denn es gibt genügend andere Materialien.
Autos mit Ledersitzen sollte man nicht kaufen und auch keine Ledercouch.
Zum Schluss möchte ich dir noch ein paar positive und ermutigende Worte mit auf den Weg geben.
Es gibt nicht nur die Alles-oder-Nichts-Philosophie, denn oft ist es leichter, einen Weg Schritt für Schritt zu gehen. Je weniger tierische Produkte, umso besser. Der wichtigste Schritt ist sicherlich der vom Fleischesser zum Vegetarier. Und der Schritt vom Vegetarier zum Veganer ist auch nochmal wichtig, kann aber in vielen kleinen Schritten erfolgen, indem man nach und nach bestimmte tierische Produkte austauscht gegen Produkte auf pflanzlicher Basis. Die größte Grausamkeit entsteht vor allem durch die Fleischproduktion. Durch Eier und Milchproduktion gibt es zwar auch Grausamkeit, aber vor allem in der Massentierhaltung. Also je weniger Grausamkeit, je mitfühlender, umso besser.
Ein Veganer wird auf nichts verzichten müssen, er wird an keinem Mangel leiden. Er wird sein Essen genauso gut genießen können – oder sogar noch besser – als jemand, der Fleisch zu sich nimmt.
Aus gesundheitlichen, ethischen und energetischen Gründen ist es wichtig, sattvig zu sein – also auf Fleisch, Fisch, Alkohol, Tabak und Drogen zu verzichten. Und zusätzlich ist es ratsam, auch auf Eier, Milchprodukte, Wolle und Leder zu verzichten.
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Gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.
Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.
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