Wenn du meditierst, wirst du verschiedene Erfahrungen haben. Es ist hilfreich, zu verstehen, was diese Erfahrungen zu bedeuten haben, und wie du damit umgehen kannst. Dann wirst du deine Meditation weiterentwickeln und Fortschritte machen.
Klassifikationen von Erfahrungen in der Meditation:
- Hinderniserfahrungen
- Reinigungserfahrungen
- Astralerfahrungen
- Spirituelle Erfahrungen
Zu 1.: Es gibt körperliche Schmerzen, Unruhe des Geistes und Trägheit. Dies sind 3 Hinderniserfahrungen, nicht nur für den Anfänger.
Körperliche Schmerzen, das gilt insbesondere für den Meditationssitz, kannst du überwinden, indem du einen Sitz findest, der für dich angenehm ist. Auf www.yoga-vidya.de gibt es einige Videos mit Meditationshaltungen, wo die verschiedenen Meditationssitze beschrieben werden. Du kannst zum Beispiel auf einem Stuhl, Kissen oder Bänkchen sitzen. Regelmäßiges Sitzen hilft dir, dass es sich bequemer anfühlt. Dann gilt es, die Hüften flexibel zu machen mit hüftöffnenden Asanas (Körperhaltungen). Es gilt, die Rückenmuskeln zu stärken mit Asanas zur Stärkung der Rückenmuskeln. Und es gilt, Schultern und Nacken zu entspannen mit entsprechenden Asanas zur Lockerung der Schulter- und Nackenpartien. Hatha Yoga Praxis und regelmäßige Meditation helfen dir beim Lernen, gut und richtig zu sitzen. Die ganze Bandbreite dazu findest du auf den Internetseiten und dem YouTube-Kanal von Yoga Vidya unter „Sitzhaltungen“ oder „Asanas für die Meditation“.
Ein zweites Hindernis ist Unruhe des Geistes. Wenn der Geist in der Meditation unruhig ist, kannst du schauen, wie du den Geist wieder ruhig bekommst. Da gibt es viele Möglichkeiten: Du kannst vor der Meditation Pranayama (Atemübungen) und Asanas (Körperhaltungen) üben, ein Gebet sprechen, Mantras wiederholen usw. Bevor du dich also hinsetzt für die Meditation, bringe deinen Geist schon in einen meditativen Gemütszustand. Das hilft dir für die erforderliche Ruhe des Geistes. Des Weiteren kannst du zu Beginn der Meditation, während du dich hinsetzt, auch tief mit dem Bauch atmen und so Prana (Lebensenergie) erzeugen. Bevor du zu deinem eigentlichen Meditationsthema kommst, kannst du eine gute Pratyahara-Übung (Rückzug der Sinne) einbauen – etwas, dass deinen Geist erhebt: Du kannst beispielsweise ein Gebet sprechen, durch deinen Körper gehen (Bodyscan), dir bewusst machen, wofür du überhaupt meditierst oder Gedanken des Wohlwollens in alle Richtungen schicken. Anschließend ist eine Dharana-Technik (Konzentration) empfehlenswert, die dir hilft, konzentriert zu sein.
Das dritte Hindernis bei der Meditation ist die Trägheit. Trägheit in der Meditation ist sogar noch schwieriger, als die Unruhe des Geistes, denn Trägheit heißt, dass du in eine Art Schlafzustand kommst. Da gibt es den schönen Ausdruck „Tandra Alasya Nidra“, der meditative Dös-Zustand. Wenn du am Anfang der Meditation stehst, kannst du dir erstmal nichts darunter vorstellen. Die Knie, der Rücken und die Schultern, vielleicht sogar die Hüften werden dich schon wach halten. Aber wenn du regelmäßig meditierst, merkst du vielleicht, dass du zwischendurch ein bisschen aufwachst, weil dein Kopf unten ist und du aufzuckst, oder du merkst, dass du vor und zurück schwankst bei wenig Bewusstheit. Dann weißt du: Ich bin in Tandra Alasya Nidra. Oder wenn du am Ende gar nicht weißt, was du überhaupt gedacht hast in der Meditation (da waren ein paar schöne Bilder, du fühlst dich irgendwie wohlig entspannt), dann wisse: Du warst in Tandra Alasya Nidra. Der meditative Dös-Zustand hat zwar auch seine angenehmen Seiten – es ist ein Alpha-Zustand, in dem alle möglichen Körpersysteme in einen Entspannungszustand gehen – aber wir wollen ja in der Meditation nicht einfach entspannen. Du solltest es nicht zulassen, dass dein Geist regelmäßig in der Meditation in Tandra Alasya Nidra ist.
Zu 2.: An Reinigungserfahrungen gibt es die körperlichen, die energetischen, die emotionalen und die mentalen Reinigungserfahrungen.
Eine körperliche Reinigungserfahrung kann beispielsweise ein kurzfristiger Kopfschmerz, eine Verspannung oder Übelkeit sein. Das wird nicht eintreten, wenn du ab und zu oder jeden Tag 5 bis 20 Minuten meditierst. Wenn du hingegen in einen Ashram gehst und intensiv praktizierst, dann wird es dir manchmal passieren, dass du am ersten oder zweiten Tag nachmittags Kopfschmerzen hast oder mal etwas Übelkeit verspürst. Zuweilen hängt das auch zusammen mit Kaffeeentzug oder anderem, einfach einer Einstimmung in eine andere Schwingung. Wenn du die spirituelle Praxis intensivierst, kann es grundsätzlich leichte körperliche Reinigungserfahrungen geben, die aber typischerweise nach ein paar Stunden wieder verschwinden. (In einem weiter gefassten Kontext kann man natürlich jede Krankheit auch als Reinigung ansehen; der Körper versucht, etwas wieder loszuwerden, was irgendwo in den Körper hineingekommen ist. Zu diesem Thema gibt es eigene Beiträge.)
Es gibt energetische Reinigungserfahrungen, deren Kenntnis ist von besonderer Wichtigkeit. Da ist z.B. das Kribbeln: Du sitzt in der Meditation, und plötzlich spürst du so ein Kribbeln in den Händen oder Füßen, in der Wirbelsäule oder Brust. Manchmal gibt es eine Hitze, die in dir hochsteigt, selbst wenn es kalt im Raum ist. Yogis würden sagen, dass Prana (Lebensenergie) durch die Nadis (Energiekanäle) fließt und diese öffnet. Das Prana reibt vielleicht an den noch geschlossenen Nadis, und so entsteht das Gefühl von Wärme. Eventuell hast du auch das Gefühl des Schwankens, vor und zurück, oder nach links und rechts. Vielleicht schwankt dann tatsächlich dein Astralkörper. Energiekanäle öffnen sich, und das hat eine Auswirkung auf den Astralkörper. Energetische Reinigungserfahrung kann aber auch sein, dass du plötzlich irgendwo fast eine Art Schmerz spürst, weil dort eine Blockade ist. Energie geht dorthin, und bis die Blockade sich öffnet, kann da auch mal Schmerz sein. Was du dann tun kannst: Einatmen von unten, zu diesem Punkt hin atmen, und ausatmen über diesen Punkt hinaus nach oben. Oder einatmen von unten dorthin, und ausatmen in die Weite. So öffnest du dich energetisch.
Emotionale Reinigungserfahrungen können besonders dann auftreten,.wenn du spirituell praktizierst. Dann kann es sein, dass du durch verschiedene emotionale Reinigungserfahrungen gehst. Es kann dir z.B. geschehen, dass du plötzlich, während du meditierst, ärgerlich bist. Oder du hast vielleicht zu Anfang gesagt: „Ich schicke Licht und Liebe in alle Richtungen.“, und plötzlich spürst du ein Gefühl von Verlassenheit. Oder du meditierst ganz entspannt, und plötzlich spürst du eine alte Kindheitserinnerung hochkommen, die mit Emotionen verbunden ist. Das sind positive Zeichen! Etwas, was tief in dir drin ist, kommt an die Oberfläche. Lass es zu, aber dann lasse auch wieder los. Beobachte es, aber identifiziere dich nicht damit. Du musst es auch nicht ergründen und analysieren, du musst es nicht durcharbeiten. Im Yoga wird gesagt, dass das reine Anschauen von dem, was hochkommt, und das Loslassen ausreichen, dass sich tiefe emotionale und psychische Spannungen lösen. Sollten also während der Meditation irgendwelche schwierigen Erinnerungen und Emotionen hochkommen, brauchst du nicht zu irgendeinem Therapeuten zu gehen. Du musst nichts ab- oder durcharbeiten. Schau es an, lasse los und kehre zu deiner Meditationstechnik zurück.
Bei mentalen Reinigungserfahrungen kann es passieren, dass dein Geist in der Meditation, anstatt ruhiger zu werden, plötzlich unruhiger wird und viele Gedanken auftauchen. Die meisten Menschen, die zum Beispiel mal in einen Yoga-Vidya-Ashram kommen, merken, dass ihre Meditation tiefer ist als zu Hause. Aber manche beschreiben auch, dass der Geist sehr aktiv ist und viele oft auch gute Ideen entstehen oder sie in tiefes Nachdenken versinken. Normalerweise bemühen wir uns, konzentriert zu sein. Wenn aber so viele Gedanken kommen, lass es eine Weile zu, sieh es als mentale Reinigung an, und dann konzentriere dich wieder.
Zu 3.: Es gibt viele Astralerfahrungen in der Meditation. Wenn du mehr darüber wissen möchtest, widme dich Sukadevs ausführlichen Vorträgen und Videos zum Thema „Karma und Reinkarnation“.
So kann man zum Beispiel die oben genannten energetischen Reinigungserfahrungen auch als Astralerfahrungen deuten. Es gibt die Prana-Erfahrungen im Sinne von Kribbeln in Händen und Füßen, das Spüren der Chakras, das Spüren der Wirbelsäule, oder auch wie Wellen von Energie von unten nach oben. Wenn das passiert, dann freue dich darüber, Prana ist erwacht. Manche Praktizierende lernen das Hellsehen oder sehen plötzlich eine Aura um Menschen oder Pflanzen, wenn sie aus der Meditation kommen. Es kann passieren, dass du Lichtwesen siehst. Wenn du so etwas siehst, dann freue dich! Du brauchst keine Angst zu haben, du wirst nicht verrückt, sondern du hast ein subtileres Wahrnehmungsvermögen. Oder vielleicht hörst du auch die sogenannten Anahata-Klänge. Manchmal hört man während der Meditation plötzlich einen hohen Klang, oder etwas wie ein OM. Du HÖRST Prana!
Zu 4.: Die spirituellen Erfahrungen in der Meditation sind verbunden mit der Erfahrung von Sat-Chit-Ananda. Sat heißt reines Sein, Chit heißt Bewusstsein, Ananda heißt Freude. Als spirituell bezeichnet man Erfahrungen dann, wenn du das Bewusstsein der Ausdehnung hast, eine Verbindung zu allem Sein – Sat. Spirituell ist die Erfahrung dann, wenn sie mit intensiverer Bewusstheit verbunden ist – Chit. Spirituell ist die Erfahrung dann, wenn sie mit großer Freude verbunden ist – Ananda, auch genannt Prema.
Es gibt verschiedene Arten von spirituellen Erfahrungen. Manche der außerkörperlichen Erfahrungen sind auch spirituelle Erfahrungen. Wenn du plötzlich deinen Körper nicht mehr spürst, nur Freude, Weite und Verbundenheit, dann ist das eine tiefe spirituelle Erfahrung. Wenn du einen Deva siehst, ein Licht- oder Engelswesen, und in dessen Gegenwart unglaubliche Freude und Liebe spürst, sei es, dass dein Herz fast zerspringt vor Freude, sei es, dass du dich erhaben fühlst und weit fühlst, oder absolute Geborgenheit fühlst, dann ist das eine spirituelle Erfahrung. Wenn du eine Vision deines/deiner Meisters/Meisterin hast, und dabei vielleicht sogar Gewissheit über deine Aufgabe bekommst, oder einfach nur die Erfahrung von göttlicher Führung, dann ist das eine spirituelle Erfahrung. Es muss nicht unbedingt eine Peak-Erfahrung sein, du meditierst einfach, und plötzlich ist da ein Gefühl der Sicherheit, des geführt Werdens, dass alles, was du machst, in Ordnung ist. Auch die Anahata-Klänge, die inneren Klänge, können zu einer tiefen spirituellen Erfahrung werden. Wenn da plötzlich dieser hohe Klang ist, und du alles andere vergisst. Oder wenn der Klang wie ein OM ist, wodurch alle Gedanken übertönt werden, und du plötzlich nur den reinen Bewusstseinsstrom hörst, und du im reinen, unendlichen Klang bist: unglaubliche Freude und Schönheit.
Es kann auch geschehen, dass du einfach eine Erfahrung reiner RUHE hast. Du sitzt dort, vielleicht spürst du sogar irgendwo den Körper, aber das hat keine Bedeutung. Vielleicht taucht ab und zu mal ein Gedanke auf, das ist aber ohne Bedeutung. Es ist nur unendliche Ruhe und unendliches Vertrauen und Bewusstsein: EINE göttliche Wirklichkeit.
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Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.
Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.
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