Yoga Sutra I 1

Zum 1. Kapitel vom Yoga Sutra. Patanjali 1 Kapitel 1 Vers

  1. अथ मोगानशु ासनभ ॥् १॥

atha yoganushasanam -  nun wird Yoga erklärt

atha heißt jetzt und das ist, was du immer wieder verwenden kannst atha Yoga.

Wenn du morgens aufwachst und etwas müde bist, sage atha Yoga, jetzt übe ich Yoga. Oder wenn du abends nach Hause kommst, und in deinem Geist bereit bist für Asanas. Vielleicht sollte ich noch einen Tee trinken, oder vielleicht noch ein paar Nachrichten überprüfen etc., dann sage atha Yoga. Jetzt mache ich Yoga.

Das atha Yoga kann dir helfen, mit ganz klarem Geist, das zu tun, was zu tun ist. Oder auch, wenn du vor besonderen Herausforderungen stehst. Jetzt gilt es dabei zu bleiben und konzentriert zu sein, oder im Mitgefühl in der geistigen Gelassenheit zu bleiben. Dann sage auch atha Yoga. Jetzt werde ich wie ein Yogi, dort sein, atha Yoga.

Anushasanam - heißt Erklärungen und Auslegung.

Hier sagt Patanjali, hier geht es um Yoga. Es geht besonders um Raja Yoga, aber es geht auch um die anderen Yoga Wege. So sagt er einfach athayogaanushasanam.

Zum 1. Kapitel vom Yoga Sutra. Patanjali 1 Kapitel 2 Vers

  1. मोगणित्तवृणत्तणनयोध् ॥ २॥

Yogashchittavrittinirodhah -  Yoga ist das zur Ruhe bringen der Gedanken im Geist.

Yoga heißt auch Einheit, Vereinigung. Man könnte auch sagen, jetzt werde ich beschreiben wie du zu der Erfahrung der Einheit kommst. Und er sagt im 2. Vers und wie kommst du zu einer Einheit Yoga? Durch Nirodhah, das heißt zur Ruhe bringen der Vrittis, der Gedanken, im Chitta im Geist.

Also Yoga ist das zur Ruhe bringen der Gedanken im Geist.

Chitta heißt in diesem Kontext, der gesamte Geist. Vrittis sind die sogenannten Gedankenwellen. Der menschliche Geist, ist wie das Wasser in einem See. Unten am See ist der Schatz. Und oben die Wellen am See ist das, was verhindert, dass du nach unten schaust.

Yoga heißt jetzt, dass du die Vrittis, die Gedanken im Chitta, im Geist zur Ruhe bringst. Und das ganze Wasser des Geistes, klar machst. Nirodhah heißt, das schrittweise zur Ruhe bringen. Das führt irgendwann zu Nirodhah, der vollkommenen Ruhe des Geistes. Nirodhah ist das zur Ruhe bringen und Nirodhah ist der Zustand, wenn alles zur Ruhe gebracht ist.

Der menschliche Geist kann durch 5 Gemütszustände gehen. Mudha auch Tamas genannt. Trägheit, vergleichbar mit dem See, der irgendwo dreckig oder braun ist, oder auch voller Algen ist. Der menschliche Geist ist irgendwie träge und du sagst ich kann nicht, es geht nicht, es ist alles zu viel. Oder einfach müde oder einfach in einem negativen Gemütszustand. Das ist ein Gemütszustand den es zu überwinden gilt. Chitta kann ein Mudha sein.

Chitta kann auch ein Kshipta sein. Kshipta ist ein sehr unruhiger Gemütszustand, wo du tausend Dinge, gleichzeitig oder kurz hintereinander willst. Du entscheidest dich, du willst erst dieses machen, das auch noch, und überlegst auch noch, was denkt der Mensch von mir, was soll er besser machen, was könnte ich noch tun usw. Geist unruhig Kshipta.

Wenn der Geist gesammelt ist nennt sich das Vikshipta. Gesammelter Gemütszustand. Es ist so, als ob die Wellen ruhig sind und von einer Seite zur anderen gehen. Der Geist ist schon etwas klarer, du kannst schon etwas sehen, das am Grunde des Geistes etwas Gutes ist.

Ekagrata der Geist wird vollkommen klar. Ekagra heißt einpünktig. Ekagrata Der geistige Zustand charakterisiert durch Einpünktigkeit. In diesem Ekagrata bist du voll konzentriert und damit ist schon ein überbewusster Gemütszustand da. Ist der Geist vollkommen ruhig, keine Gedanken, keine Worte, keine Bilder, keine Emotionen aber vollkommene Klarheit. Dann strahlt in dir, das eigentliche Wesen hervor.

Um den Geist zur Klarheit zu bringen, ist es gut das Antahkarana, das innere Instrument genauer zu kennen.

Über Chitta-Bhumi und Antahkarana gibt es Vorträge unter  www.yoga-vidya.de  oder auch auf YouTube.

Wenn du deinen Geist zu Ruhe bringen willst, ist eine gewisse Erkenntnis des Geistes gut, hier gibt es Buddhi. Buddhi ist die Vernunft, der Verstand letztlich die Führungspersönlichkeit. Du kannst erst einmal erkennen, da ist Mudha, der Gemütszustand der Trägheit. Nicht Ich bin träge, nicht ich bin deprimiert, sondern da ist Chitta Bhumi, der Gemütszustand von Mudha. Dann kannst Du überlegen, wie kommst du dort raus. Dann kannst Du schauen, wie kannst du aufhören, dich zu identifizieren. Ankara ist Identifikation. Nicht Ich bin deprimiert, sondern Chitta Bhumi ist in Mudha, könntest auch sagen in Tamas.

Deshalb sind in Manas, im bewussten Geist, alle möglichen unschönen Gedanken, die irgendwo gespeist werden aus Chitta, im Sinne von Unterbewusstsein. Das Wort Chitta kann zwei Bedeutungen haben, im Rahmen der Chitta Bhumis. In der Sankhya Philosophie, ist Chitta der ganze Geist ähnlich wie Antahkarana und im Sinne der Vedanta Philosophie, im Sinne von Antahkarana ist Chitta, das Unterbewusstsein.

So kann Buddhi sagen, wie kann ich aus meinen Unterbewusstsein positivere  Inhalte holen, dann gibt es viele Möglichkeiten. Pranayama üben, meditieren, Asanas üben, positive Affirmationen u.v.a.

Um den Geist zur Ruhe zu bringen, kann es hilfreich sein, dein Geist zu kennen und zu schauen, welche Inhalte gibt es alle in deinem Unterbewusstsein.  Wie kannst du positive Inhalte in deinen Geist bringen, wie kannst du ihn zu Klarheit bringen. Wie kannst Du die Tendenzen überwinden, dich zu identifizieren, mit Wünschen, Emotionen, Gier, Trägheit usw. Wie kannst Du Buddhi zur Ruhe bringen, damit du schließlich zu Nirodha kommst.

Soweit die kurze Wiederholung von Bhumi, Chitta und Antahkarana.

Zum 1. Kapitel vom Yoga Sutra. Patanjali 1 Kapitel 3 Vers

  1. तदा द्रष्ट्ु स्वरूऩऽे वस्थानभ ॥् ३॥

tada drashtuh svarupe avasthanam

Im 3. Vers sagt Patanjali, dann ruht der wahre Sehende in seinem wahren Wesen.

Das bist du wirklich heißt drashtuh. Du bist reines Selbst. Im Samkhya auch genannt Purusha, das Selbst, das Eigentliche das bist du. Im Vedanta würden wir sagen Atman, Brahman, das Selbst, das Absolute, die wahre Natur. Und diese wahre Natur ist das Bewusstsein.

Bewusstsein ist hier drashtuh. Du kannst dir bewusst sein was draußen geschieht, du kannst dir bewusst werden was in dir ist. Aber nur dann, wenn dein Geist vollkommen ruhig ist, dann ruhst du in dir selbst. Bewusstsein dann kann ich bewusst das Sein wahrnehmen. Bewusstsein kann in sich selbst ruhen. Wenn du bewusst in dir ruhst, hast du Kaivalya, Befreiung erreicht.

svarupe -  ist deine wahre Natur

Es gilt also deinen Geist zur Ruhe zu bringen und dann ruhst du in deiner wahren Natur.

Wenn du in dir ruhst hast du Sat-Chit-Ananda. Die Erfahrung zum Unsterblichkeit und der Verbindung zu allem Sat. Du hast das Überbewusstsein erreicht, Chit, reines Bewusstsein und Ananda, Freude. In dem Maße, in dem es dir gelingt deinen Geist mehr zur Ruhe zu bringen, wirst du glücklicher. Dein Glück hängt nicht ab von Objekten, nicht von dem, was du hast. Dein Glück hängt davon ab, wie sehr es dir gelingt, deinen Geist zur Ruhe zu bringen.

Die Fähigkeit, deinen Geist zur Ruhe zu bringen, das ist Glück.  Bringe immer wieder deinen Geist zur Ruhe.  Angenommen du hast einen Wunsch, eine Gier.  Anstatt zu denken, ich brauch das jetzt unbedingt um glücklich zu sein, mache dir bewusst, ich brauche Ruhe des Geistes. Du könntest sagen, gut, damit mein Geist ruhig ist werde ich mir jetzt den  Wunsch erfüllen. Funktioniert manchmal auch. Du kannst aber auch sagen, langfristig ist es gut, ich lerne die Fähigkeit, in jeder Situation meinen Geist zur Ruhe zu bringen. Dann bin ich dauerhaft glücklich.

Du könntest deinen Geist zur Ruhe bringen, ohne dass du etwas tust und ohne das du rennst.

Yoga würden wir sagen, lerne glücklich zu sein durch die Ruhe des Geistes. Tue was zu tun ist, erfülle deine Pflicht, werde deiner Verantwortung gerecht. Glück bekommst du aus der Tiefe des Selbst. Glück bekommst du aus der Erfahrung von Einheit und Verbundenheit.

Den Sinn des äußeren Leben erfüllst du, wenn du deiner Aufgabe gerecht wirst, verantwortlich bis und das tust, was deiner Pflicht entspricht.

avasthanam -  dann ruht der Sehende in seinem wahren Wesen

Zum 1. Kapitel vom Yoga Sutra. Patanjali 1 Kapitel 4 Vers

  1. वणृ त्तसारूप्यभ इ् तयत्र ॥ ४॥

vrittisarupyam itaratra

In allen anderen Gemütszuständen identifiziert sich der Wahrnehmende mit seinen Gedanken.

In Mudha, in Kshipta, in Vikshipta und Ekagrata gibt es die Neigung, sich zu identifizieren. Zwar wird in der Vedanta und in Versen der Yoga Sutra, immer wieder empfohlen, sei dir bewusst, du bist nicht die Gedanken. Löse dich von den Identifikationen. Aber solange Gedanken da sind, gibt es eine gewisse Identifikation. Du kannst die Gedanken beobachten und versuchen, ihnen freundlich zuzulächeln. Du kannst sie kommen und gehen lassen. Aber zwischendurch rutscht du dann doch in die Identifikation hinein. Das ist ganz natürlich. Das sagt Patanjali auch hier, es ist wie ein Vor-Vers, indem er sagt: „Gehe freundlich mit dir selbst um“. Solange du noch Gedanken hast, solange du Wünsche hast, solange gibt es auch eine Identifikation.

Aber langfristig lernst du deinen Geist zur Ruhe zu bringen. Man könnte sagen, es ist wie ein Engelskreislauf. Du bemühst dich etwas, um den Geist zur Ruhe zu bringen. Dann erkennst du, ich bin nicht der Wunsch, ich kann über die Wünsche hinauswachsen und mein Glück hängt nicht von den Wünschen ab. Also wenn nächstes Mal ein Wunsch kommt identifizierst du dich nicht so stark. Wenn du dich nicht so stark identifizierst, fällt es dir auch leichter den Geist zur Ruhe zu bringen. Wenn es leichter fällt den Geist zur Ruhe zu bringen, fällt es auch leichter, sich nicht zu identifizieren. Weniger Identifikation, mehr Ruhe des Geistes. Mehr Ruhe des Geistes, weniger Identifikation. Es ist wie eine Aufwärtsspirale die irgendwann in die Erleuchtung mündet.

Arbeite an Beiden, lerne zum einen sich nicht zu identifizieren, beobachte das Spiel des Geistes und dann lerne deinen Geist zur Ruhe zu bringen.

Das kannst du auch ganz einfach praktisch machen. Wenn heute oder die nächsten Tage ein Wunsch kommt. Und du denkst: „Ich brauch das unbedingt, das muss ich haben.“ Schau es dir an und sei dir bewusst, da ist ein Wunsch. Höre auf die Wörter: “Ich brauch das unbedingt, ich muss das haben, ich werde nur glücklich sein, wenn ich das habe…“ Höre das an und dann lächle. Schau dir an, welche  Bilder dort sind. „Wenn du das bekommst, wie das ist, wie schön das ist, oder was du machen musst. Schau dir dies an und lächle. Vielleicht ist das mit einem Gefühl verbunden und du spürst  zwischen  Herz und Kehle oder zwischen Bauch und Herz oder wo anders. Mach dir bewusst, da ist all das.

Vielleicht benutzt du die Technik, die ich besonders gern habe. Sieh den Wunsch an als Handlungsempfehlung mit Energie. Sei dir bewusst, das ist Handlungsempfehlung mit Energie. Sage deinem Bewusstsein,“ danke für die Handlungsempfehlung mit Energie“. Und  sage „Nein danke.“ Dann hast du dich nicht identifiziert und jetzt bringe deinen Geist zur Ruhe. Z. Bsp. indem du ein Mantra wiederholst, z. B. indem du den Himmel anschaust, z. B. indem du vom Herzen her in verschiedene Richtung dein Herz ausdehnst.

Wenn du in einem Moment den Himmel anschaust, oder dein Bewusstsein ausdehnst, im Mantra bist, ist der Geist schon ruhiger. Vielleicht ist er jetzt in Vikshipta. Evtl. löse ihn auch davon und genieße dann einen Moment Gegenwart, dann wird es schön. Du erfährst Ananda, Freude, klarere Bewusstheit und Weite. Und du hast erkannt, Glück hängt nicht von Wünschen ab. In diesem Sinn ist es ganz praktisch, Nicht-Identifikation plus Ruhe des Geistes.

Tipp: Arbeite heute und die nächsten Tage damit mit Nicht-Identifikation und den Geist bewusst zur Ruhe zu bringen. Bedingungslos etwas Glück zu erfahren, indem du deinen Geist ins hier und jetzt bringst und hier und jetzt Freude erfährst.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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