Wie man zum höchsten Wissen kommt

Om Namah Shivaya und herzlich willkommen zu den Yoga Vidya täglichen Inspirationen!
Patanjali schreibt in der Yoga Sutra, 3. Kapitel, 36. Vers: Vergnügen kommt durch Nicht-Unterscheidung zwischen Purusha und Sattva, die doch ganz verschieden sind. Durch Samyama auf die Interessen des Selbst statt auf die Interessen des Individuums kommt das Wissen um Purusha.

Dieser Vers geht sehr tief. Deshalb will ich mich hier zuerst auf einen Aspekt beschränken. Durch Samyama auf die Interessen des Selbst, statt auf die Interessen des Individuums, kommt das Wissen um Purusha. Purusha ist die Seele. Wie kommen wir zu diesem höchsten Wissen?

Wir kommen dorthin, indem wir zunächst darüber nachdenken, uns dann darin vertiefen und uns schließlich ganz in die Interessen des Selbst hinein versenken. Normalerweise denken Menschen darüber nach: „Was will ich?“ Sie folgen ihren verschiedenen Neigungen, ihren verschiedenen Wünschen, den verschiedenen Aspekten von Raga und Dvesha, Mögen und Nichtmögen. Die westliche Welt ist geradezu fasziniert von der Idee, dass jeder Mensch das finden muss, was ihm liegt. Das widerspricht auch gar nicht dem Yogasystem. Auch in der Bhagavad Gita heißt es, dass jeder seine Swarupa finden soll. Mit Swarupa ist die Wesensnatur gemeint, die den eigenen tieferen Talenten und Fähigkeiten entspricht. Darum sollte man schauen: „Was brauche ich? Welche Bedürfnisse habe ich? Welche Anliegen habe ich?“

Wenn man dabei aber auf die individuellen Bedürfnisse und Anliegen achtet, dann wird vor allem die Individualität gestärkt. Man kann so seine individuelle Freude stärken und Befriedigung darin finden, seinen individuellen Interessen nachzugehen. Nur - auf diese Weise kommt man nicht zur Verwirklichung des Selbst. Jesus hat es mal so ausgedrückt: „Nicht mein Wille, sondern Dein Wille geschehe.“ Wir wissen natürlich als Individuum nicht wirklich, was Gottes Wille ist. Das können wir nur immer wieder ergründen. Und wir können mit unserer menschlichen Irrtumbehaftetheit versuchen, danach zu handeln. Schon allein dadurch, dass wir darüber nachdenken und uns darin vertiefen: „Was sind die Interessen des Selbst? Was will Gott von uns? Was ist unsere tiefere Mission und Aufgabe?“, allein dadurch kommen wir zum Wissen des Selbst.

Wenn du also das nächste Mal vor einer wichtigen Entscheidung stehst, dann überlege tief im Inneren: „Was sind die Interessen des Selbst?“ oder auch: „Welche der Alternativen, vor denen ich stehe, können mir helfen, das höhere Selbst zu verwirklichen?“ Oder du kannst bewusst beten: „Lieber Gott, bitte führe mich. Liebes höheres Selbst, bitte gib mir Inspiration.“ Dann, wenn du tiefer nachdenkst oder tiefer betest, kommst du in die Versenkung, in Dhyana, und irgendwann spürst du von innen heraus eine Führung. Du spürst, was zu tun ist. Und wenn du das regelmäßig machst, kommst du immer näher zu deinem höheren Selbst. Das ist Vicharana, der zweite Schritt in der spirituellen Entwicklung. Vicharana ist die ständige Befragung: „Was ist meine Aufgabe? Was sollte ich tun? Und wie komme ich zum Höchsten?“

Hari Om Tat Sat

Transkription eines Kurzvortrages von Sukadev Bretz im Anschluss an die Meditation im Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Yoga-Vorträge als mp3

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Kommentare

  • Om Namah Shivaya
    es wäre einfach super wenn man diese wunderbaren Ratschläge der Raja Yoga Sutra von Patanjali, kommentiert von Meister Sukadev, in einem Tagebuchplaner/kalender... immer wieder in Erinnerung rufen könnte. Oder wenn man den PC hochfährt und dann als erstes ein Yoga Sutra erscheint, und hört.

    Liebe Grüße
    Rafaela
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