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Sich Regenerationszeit lassen nach einem medizinischen Eingriff

von Bhajan Noam

Ein künstlicher Eingriff von außen ins Innere des Körpers ist immer ein gewaltsamer Akt. Auch wenn er als lebensnotwendig erscheint, ändert das nichts an der Tatsache. Der Betroffene erlebt ihn bewusst oder unbewusst als traumatischen Einschnitt. Dieser bedarf einer Zeit der Heilung, der inneren Bewältigung, der sehr unterschiedlich lang sein kann. Natürlich trägt auch die Freude über eine gelungene Operation, über die Befreiung von Beschwerden und Ängsten zur Heilung bei.

Ich habe persönlich noch keine Operation an mir erlebt. Doch alleine schon nach einer Magenspiegelung, die ich zur Kontrolle machen ließ, brauchte ich mehrere Tage, um meinen Magen wieder als normal zu erleben. Er rebellierte, er beschwerte sich durch peristaltische Aktionen sehr bei mir. Ich hatte das Gefühl, als würde ein schmutziges Drainagerohr durch meinen Körper verlaufen, an dem ein Klempner irgendwelche Arbeiten durchführt. Ich fühlte mich innerlich grau, ich war appetitlos, verletzt und ruhebedürftig. - Und das ist wirklich eine Kleinigkeit gegenüber einem operativen Eingriff. Welche Spuren, dachte ich mir, muss jener erst hinterlassen.

Beim Entstören von Operationsnarben konnte ich mehrfach heftige Reaktionen bei meinen Klienten erleben. Einige erlebten sich dabei in der konkreten Situation ihrer Operation wieder, sogar mit all den Schmerzen die ja eigentlich sediert waren. Der Körper speichert alle Eindrücke. Manchmal unmittelbar, manchmal später verbannt er sie ins Unterbewusstsein; aber damit sind sie ja nicht verschwunden, sondern können von hier aus unbemerkt ihre störende Wirkung auf den Betroffenen ausüben.

Ein bewusstes Bearbeiten, ja auch eine "Trauerzeit" um ein verlorenes Organ kann von unschätzbarer Bedeutung sein für den inneren Heilungsprozess. Jeder wird ganz individuell gefordert sein und sehr unterschiedlich mit seiner Geschichte umgehen. Und man darf nicht mit dem Verständnis seiner Umwelt rechnen. Für die allermeisten, die selbst diese Erfahrung nicht gemacht haben, wird es nicht nachvollziehbar sein, was im anderen gerade geschieht.

Vielleicht braucht es manchmal ein ganzes Jahr. Doch sollte man diese Zeit nicht als Verlust, sondern als einen wertvollen Abschnitt in seinem Leben und als eine besondere Erfahrung und Chance betrachten, die einem tiefe Einsichten in sich selbst schenkt und damit erst ein psychisches Heilwerden ermöglicht - vielleicht sogar zu einem völligen Neubeginn im Leben ermutigt. Ein Tagebuch in dieser Zeit zu schreiben, ist ganz bestimmt eine wertvolle Hilfe, ein neutraler Ort, an dem man unzensiert seinen Emotionen Raum geben kann. - Mir hat es schon geholfen, diese kleine Kolumne zu schreiben. Aber wie gesagt, es war auch nur ein kleiner Eingriff.

~ Bhajan Noam ~

Seminare: www.bhajan-noam.de

Kontakt: bhajan-noam@gmx.de

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