Die Frage „Wer ist Hindu?“ und „Wer gilt als Hindu?“ ist nicht einfach zu beantworten und zunächst solltest du wissen, woher der Ausdruck „Hindu“ kommt. Hindu ist eigentlich ein persischer Ausdruck und bedeutet „Inder“. Das kommt von dem Sanskrit Begriff „Sindhu“ und Sindhu ist der Fluss Indus.
Griechen und Römer haben diejenigen, die um den Fluss Indus gelebt haben als „Inder“ bezeichnet. Wer also am Indus lebt ist ein Inder und im Laufe der Zeit wurde jede Person die auf dem indischen Subkontinent lebt, als Inder bezeichnet. Bei den Persern wurde aus den Indern die „Sindhus“, „Hindustan“ das Land der Inder und jeder der in Hindustan lebt ist somit ein Hindu.
Der Begriff Hindus in früheren Zeiten
In früheren Zeiten waren Afghanistan, Pakistan und Bangladesch, Nepal und Bhutan sowie das heutige Indien und Sri Lanka allesamt Hindus. Im 18. Jahrhundert kamen die Engländer nach Indien und machten immer größere Bereiche zu englischen Kolonien. Dann kamen auch die christlichen Missionare und diese suchten nach einer Bezeichnung für die indische Religion, die es bisher so nicht gab. Die Inder sprachen manchmal von „Sanatana Dharma“, was „die ewige Ordnung“ bedeutet und wenn sie gefragt wurden, welcher Religion sie folgen, antworteten sie mit „Sanatana Dharma“. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine „echte“ Religion. Es gab auch die Jains, die den Lehren von Mahavira folgten und die Buddhisten und die Sikh, die den Lehren der Sikh Gurus folgten, welchen die Engländer eigenständige Namen gegeben haben.
Der Begriff Hinduismus im 18. Jahrhundert
Der Begriff Hinduismus wurde dann für diejenigen verwendet, für die es keine anderweitige Bezeichnung gab. Im 18. Jahrhundert galten alle in Indien entstandenen Religionen als Hindu Religionen. dazu gehörten Buddhismus, Jainismus, Sikhismus, Shaivismus, Vaishnavismus, Shaktismus, Vedanta und andere. Es gab also die in Indien entstandenen Hindu Religionen sowie auch Religionen, die außerhalb Indiens entstanden waren wie das Christentum, Juden und Moslems. Ende des 19. Jahrhunderts begann der Ausdruck Hinduismus sich als Sammelbezeichnung für alle Nicht-Doktrinären Religionen Indiens durchzusetzen. Nicht-Doktrinär bedeutet, dass diese Religionen keine eindeutige Doktrin haben an die alle glauben müssen. Jains, Sikhs und Buddhisten folgen ihrer eigenständigen Doktrin, die anderen jedoch nicht.
Hinduismus heute
Der Hinduismus ist heute ein „kunterbuntes Gebilde“ verschiedener Glaubensrichtungen. Es gibt Hindus, die an die Reinkarnation glauben, andere hingegen nicht. Im Hinduismus gibt es sogar atheistische Strömungen, die nicht an einen persönlichen Gott glauben. Es gibt auch sogenannte theistische Strömungen, für welche die Verehrung Gottes und die göttliche Gnade besonders wichtig sind. Es gibt auch pantheistische und monotheistische Zweige, für die es nur Gott gibt und alles ist eine Manifestation Gottes.
Die Hauptströmungen im Hinduismus
Im Hinduismus gibt es drei Hauptströmungen. Diese sind der Shaivismus, der Shaktismus und der Vaishnavismus. Bei den Vaishna wird besonders Vishnu und seine Inkarnationen Krishna und Rama verehrt. Die Shaivas verehren in besonderem Maß Shiva und seine Manifestationen Ganesha und Subrahmanya. Bei den Shaktas wird besonders die göttliche Mutter – Shakti Devi (die Göttin) – und deren Manifestationen Kali, Durga, Lakshmi und Saraswati verehren, beziehungsweise auch in den Namen Tripura Sundari und Devi. Es gibt noch viele andere Untergruppierungen sowie die Adivasi, die als die Ureinwohner gelten und bei denen es noch ganz andere Glaubensrichtungen gibt.
Wer ist ein Hindu?
Zum Hindu gehören diejenigen die im Hinduismus geboren wurden und zu keiner anderen Religion konvertierten. Es heißt auch, dass man zum Hinduismus nicht konvertieren kann, sondern zum Hindu geboren wird. Hinduismus ist aber sehr vielseitig und es gibt Gruppierungen im Hinduismus, zu denen man auch konvertieren kann. Innerhalb des Vaishnavismus gibt es zum Beispiel den Gaudia Vaishnavismus zu dem konvertiert werden kann. Auch die Hare Krishna Bewegung bezeichnet sich als eine Hindu Bewegung und auch dort ist es möglich, zum Hindu zu konvertieren. In Indien gibt es auch Reformbewegungen, bei denen das Konvertieren zum Hinduismus möglich ist. Vor allem in Südindien ist es nur für Hindus möglich, alte indische Tempel zu betreten. Damit ein Tempel betreten werden kann, muss zum Hinduismus konvertiert werden. Dafür gibt es besondere Tempel in welchen es Unterweisungen und Prüfungen gibt und wo im Rahmen eines heiligen Rituals zum Hinduismus konvertiert werden kann. Im Anschluss daran gibt es ein Zertifikat, was bestätigt, dass man ein Hindu ist.
Ist man Hindu, wenn man Yoga praktiziert?
Ist man ein Hindu, wenn man Yoga praktiziert? Die Praxis von Yoga macht dich nicht zum Hindu. Und dennoch gibt es Aspekte des Yoga, die zum Hinduismus gehören. Beispiel für ein hinduistisches Ritual ist das Arati und auch das Zelebrieren von Pujas und Homas (Gottesverehrungen). Ob man durch das Ausüben und die Teilnahme an diesen Handlungen zum Hindu wird, kann nicht mit einem klaren ja oder nein beantwortet werden. Für monotheistische Religionen ist dies etwas schwierig nachvollziehbar, denn man ist entweder Christ oder Moslem, oder nicht und auf keinen Fall beides. In In anderen Ländern und Religionen besteht jedoch eine solche Möglichkeit und China gibt es zum Beispiel Menschen die sowohl den buddhistischen als auch den taoistischen Lehren folgen. Auch in Japan fühlen sich Menschen sowohl als Shinto (Anhänger des Shintoismus) und gleichzeitig sind sie auch Buddhisten. Auf die Frage, „Wer ist ein Hindu?“ gibt es demnach keine einfache Antwort, was letztendlich auch nicht so wichtig ist. Im klassischen Indien, bis vor 150 Jahren als die Engländer versuchten, eine eindeutige Einteilungen der Glaubensformen einzuführen, war es durchaus möglich, gleichzeitig Hindu, Christ und Buddhist zu sein. Es gab auch bekannte Mystiker, von denen heute nicht bekannt ist, ob sie Moslem oder Hindu waren, denn sie hatten sowohl Hindus als auch Moslems als Schüler und predigten sowohl in Moscheen als auch in Tempeln. Klare Abgrenzungen sind etwas sehr westliches, da Menschen aus dem Westen gerne in Begriffen von „entweder oder“ denken, wohingegen es in Indien das „sowohl als auch“ gibt.
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