Weisheit und Liebe

Ich will etwas lesen aus der "Bhagavad Gita", dem Zwiegespräch zwischen Krishna, dem Lehrer und Arjuna, dem Schüler. Im 13. Kapitel im 24. Vers sagt Krishna: "Manche Menschen nehmen durch Meditation das Selbst in sich selbst durch sich selbst wahr. Andere durch den Yoga der Erkenntnis, und wieder andere durch den Yoga der Handlung". Im 25. Vers heißt es: "Auch andere, die dieses Wissen nicht haben, verehren es, da sie von anderen davon gehört haben. Auch sie gehen über den Tod hinaus, da das Gehörte für sie die höchste Zuflucht bedeutet". Hier gibt Krishna praktisch vier Haupt-Yogawege. Den Raja Yoga Weg, der Yoga der Geisteskontrolle und der Meditation auf das Selbst. Wenn wir meditieren, werden wir zuerst feststellen, dass der Körper seine Begrenzungen und seine Schwierigkeiten hat. Dann wird man vielleicht feststellen, dass die Gedanken doch relativ kreativ und faszinierend sind, wie so ein inneres Kino, das abläuft und schwierig abstellbar ist. Und man wird vielleicht auch die Energien und die Emotionen und alles erkennen, und all das ist auch etwas, was Krishna ja vorher genannt hat als die Unterscheidung zwischen dem Feld und dem Kenner des Feldes. Eben zu erkennen, all diese Dinge, die dort ablaufen, auf der körperlichen, energetischen, emotionellen und geistigen Ebene, diese zu erkennen, das bin nicht ich wirklich. Und wenn wir das erkannt haben, dann können wir dort hinkommen und meditieren über das Selbst. Und wenn ich hier frage: „Wer meditiert über das Selbst? Das ist das Selbst.“ Und dann heißt es: „Man nimmt durch Meditation das Selbst in sich selbst durch sich selbst wahr.“ Das ist ein bisschen schwierig, denn das Selbst ist jetzt nichts, wo man hinschauen kann. Meine Armbanduhr kann ich anschauen. Sie kann ich wahrnehmen. Angenommen, ich würde jetzt feststellen: „Aha, dort ist mein Selbst, jetzt schaue ich mein Selbst an, dann ist eines sicher: das, was ich anschaue, ist nicht das Selbst. Denn ich kann nicht sagen: ja, ich schaue das Selbst hier an.“ Sondern das Selbst kann sich selbst in sich selbst bewusst sein. Ihr merkt, es ist eine intellektuelle Schwierigkeit, und deshalb ist es schwierig, die Erfahrung der Meditation in Worte zu bringen. Im Grunde genommen sagt man deshalb, es ist reines Sein, Wissen, Glückseligkeit, man ist einfach in dem Moment. Und es ist einfach Bewusstheit, und es ist einfach Wonne. Nicht „Ich erfahre Wonne“, denn sonst gibt es wieder ein Ich und eine Wonne und dann gibt es jemanden, der das Ich ist und jemand, der die Wonne wahrnimmt. Dann gibt wieder es einen Unterschied zwischen Ich und Wonne. Aber in der Meditation können wir diese reine Erfahrung machen. Den Jnana Yoga Weg, dem Yoga der Erkenntnis. Zu lernen im Alltag Erkenntnisse umzusetzen, und sich immer wieder zu fragen: „Wer bin ich?“ Wenn man von etwas sehr begeistert ist, kann man sich fragen: „Wer ist es, wer begeistert ist?“ Wenn einen irgendwas was furchtbar ärgert: „Wer ist es denn, der sich ärgert usw.?“ Dann stellen wir fest, tief im Inneren das Bewusstsein bleibt gleich. Den Karma Yoga Weg: Den Yoga Weg der Handlung. Dieser Weg ist besonders für praktisch veranlagte Menschen. Für Menschen, die gerne etwas tun und sich im Tun bewusst sind, dass hinter allem letztlich das Göttliche steckt. Handeln ist ein Teil des allumfassenden Kosmischen Prinzips. Über Karma-Yoga können wir das Selbst wahrnehmen. Indem wir anderen dienen, spüren wir die Verbindung. Wenn man für jemand anders erwartungslos etwas Gutes getan hat, ist plötzlich diese Herz-zu-Herz-Verbindung da. Plötzlich ist Liebe da. Und indem man diese Liebe gegenüber einem anderen empfindet, ist praktisch das Selbst im anderen dort. Und wir können genauso auch dieses Selbst verehren. Das ist der Bhakti Yoga Weg. Wir können Gott überall verehren, in unserem eigenen Herzen, im Herzen von anderen, in der Natur, im Schönen, wie auch im nicht so Schönen. Und über all das sagt Krishna, kommen wir dann über den Tod hinaus. Solange wir uns identifizieren mit dem Körper, sind wir dem Tod unterworfen. Wenn wir erkennen, ich bin nicht der Körper, sondern das höchste Selbst, erfahren wir das, was nicht dem Tod unterworfen ist. Indem wir uns identifizieren mit allem möglichen, was einen Anfang hat und ein Ende, sind wir auch immer wieder auch im Kleinen dem Tod unterworfen. Es ist ja nicht nur der große Tod, der irgendwann mal kommt, sondern ständig, das Baby-Ich ist schon gestorben, das Kinder-Ich ist gestorben, das Jugendlichenen-Ich ist gestorben. Man kann natürlich sagen, nicht vollständig, wir haben noch ein Kinder-Ich, wir haben noch ein Jugendlichen-Ich, das Geburtsprobleme-Ich ist auch noch da. All das mag auch noch auf der emotionalen, psychischen, vielleicht auch körperlichen Ebene da sein, aber etwas hat sich dort verändert, etwas ist auch gleichgeblieben, und dieses ist das Bewusstsein. Es gilt immer wieder, sich das zu vergegenwärtigen. Das ist, worum es letztlich geht, es geht darum das höchste Bewusstsein zu erfahren. Und daraus bekommen wir die Kraft, letztlich den Alltag auch zu genießen. Hari Om Tat Sat Transkription eines Kurzvortrages von Sukadev Bretz im Anschluss an die Meditation im Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Yoga Vorträge als mp3.
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