© 2016 Text: Bhajan Noam
Vorwort – Die Reformbewegung, die Mitte des 19. Jahrhunderts größtenteils von Deutschland und der Schweiz ausging, übte Kritik an der Industrialisierung, an der Urbanisierung und generell am Materialismus. Sie war der Meinung, dass die moderne Lebensweise zu Zivilisationskrankheiten führen würde und plädierte für eine Rückkehr zu einer naturgemäßen Lebensweise.
Darunter verstand man ökologischen Landbau, Vegetarismus, körperfreundliche Kleidung, gesundes Wohnen, ganzheitliche Heilweisen und auch schon Yoga und Atemübungen. Die Ernährung betreffend galt der Grundsatz: je denaturierter und konzentrierter desto ungesünder, je naturbelassener und unverarbeiteter desto gesünder für den Menschen.
Der Vegetarismus entwickelte verschiedene Ausprägungen. So gibt es die Anhänger einer lakto-ovo-vegtabilen Ernährung, die neben Getreide, Obst und Gemüse auch Milchprodukte und Eier verzehren. Es gibt die Veganer, die weder Milchprodukte noch Eier essen. Es gibt die Rohköstler und zuletzt die Frugivoren, die sich ausschließlich von Früchten ernähren. – Hier folgt nun ein persönlicher Bericht über meinen Werdegang, was die Ernährung betrifft.
Vegetarisch – Ernährung ist für mich ein energetisches Phänomen und hängt unmittelbar mit dem Bewusstsein zusammen. D. h. die Ernährungsweise ist einerseits Ausdruck des energetischen Zustands und des Bewusstseins des jeweiligen Menschen, andrerseits erzeugt Ernährung auch einen bestimmten energetischen Zustand und ein entsprechendes Bewusstsein. Im Idealfall kann sie beides auf harmonische Weise anheben.
Mit 18 Jahren lernte ich Yoga und Meditation kennen und begann sofort mit einer intensiven Praxis. In der Regel übte ich zwei bis vier Stunden pro Tag. Zu dieser Zeit aß ich noch sehr gerne Fleisch. Meine Großmutter, die unsere Familie bekochte, war vor ihrer Ehe Chefköchin gewesen. Ich war ihr einziger Enkel. Entsprechend schmackhaft verlockend und großzügig proportioniert waren alle Mahlzeiten. Ich hatte keine ethisch, moralisch, religiös oder politisch motivierten Beweggründe, meine Ernährung zu verändern. Aber eines Tages geschah es ganz plötzlich, dass ich mein letztes Stück Fleisch aß – es war eine riesige Portion, die eigentlich für die ganze Familie gedacht war. Und es war das letzte Mal, dass Fleisch auf meinem Teller lag, ich hatte danach nie mehr Gelüste.
Ich gebe dabei eindeutig Yoga die „Schuld“. Yoga und Meditation haben meine Energie verändert. Ab einem bestimmten Punkt war es nicht mehr möglich, die gewohnte Ernährungsweise fortzusetzen. Ähnliche Erfahrungen machte ich auch später mit meinen Schülern, die nach einer Veränderung ihrer Lebensweise auch ihre Ernährung fast zwangsläufig in Richtung Vegetarisch umstellten. Bisweilen von einem Tag auf den anderen.
Vegan – Eine vegane Lebensweise war für mich kein Thema. Dafür liebte ich zu sehr Joghurt, Kefir, Dickmilch, Buttermilch und die vielen leckeren Käsesorten. Ei spielte allerdings, außer bei manchen Kuchen, keine große Rolle. Kuchen und überhaupt alles „gesunde“ Süße aß ich jedoch mit besonderer Vorliebe.
Ich überspringe hier rund dreißig Jahre. Das Thema vegane Ernährung wurde plötzlich Gesprächsstoff. Es war plötzlich in aller Munde und in vielen Zeitungen und Zeitschriften omnipräsent. Und ich machte mich lustig darüber. – Bis mir ein kurzes Interview mit Rüdiger Dahlke im Internet begegnete. Es war nicht länger als sieben Minuten. Ab dem nächsten Tag war ich vegan. Irgendetwas muss es energetisch in mir ausgelöst haben.
Ungesüßt – Die Umstellung auf vegane Ernährung hat ziemlich rasch mein Körpergefühl verändert. Nach einer Woche fühlte ich mich richtig leicht und Körpergeruch verschwand. Was das Süße betraf, vollzog sich kein Wandel. Ich sorgte zwar für veganen Kuchen, vegane Schokolade und andere vegane Süßigkeiten, doch ohne sie war ich nicht „überlebensfähig“.
Aber auch das fiel – genau vier Jahre später – von einem Tag auf den anderen von mir ab. Ich kaufte mir zwar aus alter Gewohnheit noch diese Dinge, bis ich bemerkte, dass sie sich immer mehr bei mir häuften. Sie lagen in der Küche rum, ich sah sie ständig, aber es tauchte bis jetzt kein Interesse mehr danach auf.
Das hier Beschriebene nenne ich mein „ungewolltes Dreistufen-Programm“. Alles geschah ohne Absicht. Und so sollte es nach meiner Meinung auch sein. Indem wir uns der Natur zuwenden, entwickelt sie für uns ihr ganz individuelles Programm. Vertrauen genügt. Unser Verstand, der häufig losgelöst vom Körper seine eigenen Ideen konstruieren will, ist eher hinderlich und erzeugt oft Chaos. Im Idealfall allerdings arbeiten irgendwann Verstand, Herz und Bauch harmonisch zusammen. Yoga und Meditation zeigen und ebnen uns den Weg dorthin. OM Shanti.
- Bhajan Noam -
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