Stille, das innere Schweigen

Ich will etwas lesen aus dem Buch „Göttliche Erkenntnis“. Es hat aufgeschlagen auf dem Kapitel „Stille“. Und ich glaube, die eine Gruppe, die Gruppe der Zweijahresausbildung, ich glaube, ihr habe am Wochenende Schweigen. Ist das richtig? Da werdet ihr viel erfahren über Stille. Ihr habt einiges schon im ersten Jahr gehört über Stille. Ihr seid immer wieder in die Stille gegangen. Die Teilnehmer der Vierwochenausbildung haben in der vierten Woche einen Schweigetag.


Und Swami Sivananda schreibt in einem der Unterkapitel:
„Beschäftigte Menschen halten wenigstens eine Stunde pro Tag Mauna, wenn du es zwei Stunden schaffst, umso besser. Einmal die Woche halte sechs Stunden oder den ganzen Tag lang Mauna.“
Also, es gibt verschiedene Bedeutungen von Stille. Es gibt die äußere Stille und es gibt die, man kann sagen, ganz äußere Stille, wenn man z.B. im Wald ist oder hier in der Gegend nachts oder wenn ihr runter an den Norderteich geht oder eigentlich hier im Sivananda Saal, wenn wir gerade nicht singen, dann ist hier ausgesprochen äußere Stille. Zweite Form der Stille ist, wenn man nicht den ganzen Tag redet, sondern mal eine Weile nicht miteinander kommuniziert. Und die wichtigste Form der Stille ist die innere Stille, wenn wir in der Lage sind, unseren Geist ein paar Momente zur Ruhe zu bringen oder wenn es uns mindestens gelingt, uns nicht zu sehr mit diesen äußeren Gedanken zu identifizieren.

 

Alle Stillen sind natürlich wichtig. Umgekehrt ist aber auch jetzt nicht das Ziel in diesem Leben, nur still zu sein, sondern wir bekommen aus dem Zugang zur inneren Stille auch geistige Kraft, sodass unsere Gedanken und Ideen und unsere Initiativen machtvoller sind. Indem wir öfters mal nicht kommunizieren, bekommen wir die Kraft, um dann, wenn wir kommunizieren, mit mehr Kraft, mit mehr Liebe, mit mehr Verständnis zu kommunizieren. Wenn wir öfters mal uns zurückziehen an einen Ort, wie hier im Ashram, dann bekommt man hoffentlich nachher die Kraft, um wieder im Alltag alles bestehen zu können. Ich nehme an, nicht alle von euch wohnen direkt auf dem Land neben einem Park, direkt ein paar Minuten vor einem schönen Teich. Manche von euch werden in einer kleineren, größeren oder sehr großen Stadt wohnen und wenn man sich öfters mal so zurückzieht an einen solchen Ort, dann kann man anschließend wieder mit viel Kraft in den Alltag gehen. Swami Vishnu hatte mal gesagt, wenn man tief in die Meditation gehen kann, dann kann man das genauso gut am Time Square in New York.

 

Ich weiß nicht, ob ihr Time Square in New York kennt. Das ist so wie Münchner Marienplatz, in Köln der Kölner Hauptbahnhof, in Frankfurt auf der Zeil tagsüber und wo auch immer ihr sonst hingehen könntet. Also, wenn es uns gelingt, unseren Geist zur Ruhe zu bringen, bekommen wir ihn letztlich überall zur Ruhe. Und dann stört es einen überhaupt nicht, ob nebendran jemand hustet oder irgendjemand sich bewegt oder ob es kalt oder warm wird, wir sind voll konzentriert. Aber um zu dieser Konzentration hinkommen zu können, ist es gut, auch gewisse Regelmäßigkeit darin zu haben, auch eine äußere Stille zu haben. Also, ab und zu mal entweder in einen Ashram zu kommen oder zu einem anderen Ort, wo die äußeren Reize etwas weniger sind, wo man, so wie man draußen ist, Ruhe hat, oder eben Nachtruhe hat.

 

Genauso ist es gut, jeden Tag sich ein oder zwei Stunden zu nehmen, wo man sagt, „in der Zeit praktiziere ich“. Und das kann man auch mit seinen Familienangehörigen ausmachen: „Um die und die Zeit bin ich nicht ansprechbar.“ Das ist auch eine gute Sache, angenommen, ihr macht Asanas und dann jeder Zeit kann irgendjemand dort hinrennen und euch was fragen und ihr antwortet auf jeden Telefonanruf. Man kann auch im Schulterstand Telefonate entgegennehmen, man kann es auch im Fisch machen, im Kopfstand ist es etwas schwieriger, aber ich spreche dort aus Erfahrung. Ich war einer, der immer sehr gerne Asanas – oder immer ist übertrieben, die letzten Jahre vielleicht nicht mehr ganz so gerne wie viele Jahre meiner Anfangszeit. Jetzt beschränke ich mich auf meine halbe, dreiviertel Stunde am Tag, aber damals war es ein bisschen mehr, und dann hatte ich ab und zu mal auch Telefondienst und da wollte ich dann nicht meine… Vorwärtsbeuge ging noch am einfachsten. Aber eben nicht die ganze Zeit, sondern halt, wenn ich mehr Asanas gemacht habe als normal üblich war und das in eine Zeit ging, wo ich Telefondienst hatte. Also, im Normalfall, ihr sagt eben, „um die und die Zeit bin ich nicht ansprechbar“, das macht ihr zu einer Regel und dann werden die anderen sich daran halten.

 

Ist vielleicht nicht in jeder Altersstufe, also, wenn ihr ganz kleine Kinder habt, ist das unrealistisch, aber ab einem gewissen Alter können das die Kinder lernen. Und selbst in der Meditation könnt ihr auch einen Handel mit eurem Geist machen. Es gibt manche Menschen, denen fällt es relativ leicht, ihren Geist zur Ruhe zu bringen und dann ist der Geist tatsächlich den größten Teil der Meditation sehr ruhig. Manche Menschen haben einen etwas aktiveren Geist, der kreativer ist oder großen Gefallen darin findet, Situationen der Vergangenheit nochmal nachzuspielen, Situationen der Zukunft probeweise vorauszuspielen, sich in verschiedene Menschen hineinzuversetzen und so innerlich nochmal abzuspielen, was dieser alles so denken könnte. Also, manche Menschen haben diesen ausgesprochen kreativen Geist oder ausgesprochen einfühlsamen Geist oder ausgesprochen, wie auch immer man es nennen will. Man könnte es noch anders bezeichnen den Geist, aber sehen wir mal das Positive. 

 

Yoga heißt ja auch, positiv denken. Und dann können wir auch unserem Geist sagen: „Ok, du wirst vermutlich nicht die ganze halbe Stunde Ruhe geben, weil du eben deine besonderen Fähigkeiten zeigen willst und das machst du ja, weil du meinst, es ist gut, vielleicht gibt es ja sogar gute Gründe dafür, aber so zwischendurch könnte man mal ruhig sein.“ Da könnt ihr zu eurem Geist sagen, „jetzt mal dreißig Sekunden nur Mantra“. Und dann fängt der Geist wieder an zu überlegen, was man ja morgen noch alles machen konnte. Dann können wir sagen: „Wir hatten gesagt, dreißig Sekunden, sind noch fünfzehn Sekunden. Und weil du mich unterbrochen hast, nochmal dreißig Sekunden.“ Und dann sind die dreißig Sekunden vorbei und dann wird der Geist wieder anfangen, zu wandern, und dann sagt man wieder: „Ok, fantastisch, was du dir alles ausgedacht hast, wird bestimmt morgen nützlich sein, aber jetzt nochmal eine halbe Minute Stille.“

 

Und so findet ihr immer wieder Momente der Stille. Weder soll man sich mit seinem Geist zu sehr rumschlagen, noch sollte man vollständig kapitulieren, sondern immer wieder Momente der Stille einbauen, aus denen man ansonsten Kraft bekommt. Und natürlich, diejenigen, deren Geist recht leicht in der Meditation zur Ruhe kommt, die können probieren, noch tiefer in die Stille zu gehen. So ist Stille etwas Wichtiges.
Noch ein paar Sätze von Swami Sivananda hier:
„Reinige den Geist und meditiere. Sei Stille und wisse, du bist eins mit Gott. Tauche tief ein in den innersten Winkel deines Herzens, genieße die überwältigende Stille. Geheimnisvoll ist diese Stille. Verwirkliche Gott hier und jetzt.“

 

 

 

Unbearbeitete Niederschrift eines Kurz-Vortrags mit Sukadev Bretz. Gehalten im Rahmen eines Satsangs nach der Meditation bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Infos:

 

 

 

 

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