Spirituelle Meister

In Indien wird der spirituelle Lehrer besonders geehrt, verehrt. Spiritueller Lehrer, der Guru, auch Satguru genannt, führt einen zur Wahrheit. Und es gibt verschiedene Grade von spirituellen Lehrern. Es gibt Lehrer wie Swami Sivananda, die die volle Wahrheit verwirklicht haben. Satguru, derjenige, der einen auch zur Wahrheit führen kann. Sat, die Wahrheit, Guru, der dorthin führt. Und dann gibt es die kleineren Gurus, auch als Upagurus, Sikshagurus bezeichnet, diejenigen, von denen wir das eine oder andere lernen können. Auf einer gewissen Weise ist jeder, der irgendwas lehrt, ein Guru. So ist jeder von euch Guru.

Es heißt ja auch Matradeva Bhavana, die erste Lehrerin eines jeden Menschen ist die Mutter. Und dann folgt Pitadeva Bhavana, der zweite Lehrer ist der Vater. Dann folgt als nächstes Archaryadeva Bhavana, der Schullehrer, ist der nächste Guru. Und dann Aditideva Bhavana, der nächste Guru ist der Gast. Also, jeder Gast ist nicht nur der Guru, sondern auch Gott letztlich. Gut, und dann geht es weiter, schließlich jeder Mensch, wir können von jedem lernen. Aber es gibt manche, von denen können wir besonders lernen. Große Meister verkörpern zum einen das, worum es geht.

Wenn wir im Yoga davon sprechen, es gibt die eine unendliche Wahrheit, dann ist das nicht nur ein abstraktes Konzept, nicht nur, dass irgendjemand vor 5000 Jahren das mal behauptet hat und seitdem spricht man es ständig wieder. Und nicht nur, dass man sagt, wenn wir ausreichend gut geübt haben, dann werden wir vielleicht nach dem Leben irgendwann in den Himmel kommen und dort die höchste Seligkeit erfahren. Sondern es gibt Menschen, die in diesem Körper tatsächlich diese höchste Wahrheit verwirklicht haben und die dann auch daraus voller Lieber, voller Freude, voller Gleichmut und Gelassenheit waren und sind, egal, was äußerlich passiert, die Zugang haben zu dieser höheren Wirklichkeit und in deren Gegenwart es vielleicht leichter ist, selbst diese höhere Wirklichkeit zu erfahren. Und indem wir das Leben dieser großen Meister studieren, indem wir uns auf sie einstimmen, Biographien über sie lesen oder Fotos von ihnen anschauen oder Videos anschauen. Diejenigen, die im 20. Jahrhundert gelebt haben, über die gibt es ja jede Menge Videos inzwischen im Internet. Könnt ihr einfach anklicken „Video, selbstverwirklichter Meister“, kriegt ihr eine große Auswahl. Oder jeden Meister, den ihr euch vorstellen könnt.

Das ist die Großartigkeit des heutigen Zeitalters. Aber dann hängt es auch davon ab, wie liest man eine Biographie, wie schaut man sich ein Foto an, wie schaut man sich einen Film an. Der eine sieht vielleicht die Form der Brille, der andere die Größe des Bauches, der nächste, ob es dem modernen Haarschnitt entspricht, der nächste, ob die Filmtechnik gut war oder der nächste kann sich darauf einstimmen und sagen: „Ich schaue mir dieses Video, diesen Film an oder ich lese diese Biographie, um mich einzustimmen, um mich zu öffnen für diese höhere Wahrheit.“ Auch in der Gegenwart eines Lehrers, eines Meisters, ist es genauso. Ich war ja lange Zeit bei Swami Vishnu-devananda und da gab es auch viele Menschen, die in den Ashram kamen. Und die einen haben sich amüsiert über seinen stark indischen Akzent und vielleicht seine verhältnismäßig hohe Stimme, die er für diesen massiven Körper irgendwo hatte.

Es gab andere, die haben sich amüsiert, dass er dann im Satsang mit nacktem Oberkörper war, wie es in Südindien üblich ist. In Südindien kommt man in keinen wichtigen Tempel mit einem Kleidungsstück am Oberkörper. Also, in heiliger Umgebung muss der Oberkörper unbedeckt sein. Und wiederum andere haben nur über die Vortragstechnik gesprochen. Und andere haben Swami Vishnu gesehen, ihre Augen geöffnet, ihr Herz zu ihm geöffnet und haben gespürt, wie Energie zu ihnen geströmt ist und wie es keine Worte waren, die dort wichtig waren, sondern irgendwo, es hat sich ein Kanal geöffnet zu einer höheren Wirklichkeit, es hat sich ein Kanal geöffnet zu Berührung des Ewigen und des Unendlichen. Und von daher ist es letztlich sogar unerheblich ob man einen Meister hat in einem Körper oder nicht in einem Körper, was entscheidend ist, ist ja nicht die DNA des Meisters, auch nicht die Haarfarbe oder die Brillenform, was das Entscheidende ist, es öffnet sich ein Kanal zu einer höheren Wirklichkeit. Wir könnten diesen natürlich auch direkt in unserem Herzen haben, wir könnten unser Bewusstsein in alle Richtungen ausdehnen, wir können irgendein Symbol nehmen, das für das Göttliche steht, jeder Baum könnte dafür geeignet sein.

Wir können unseren Geist auf irgendeine Weise zur Ruhe bringen und dann strahlt die höchste Wirklichkeit dort hin. Für Menschen ist es aber oft leicht, sich auf einen Menschen einzustimmen. Das ist etwas sehr Menschliches. Und so können wir uns einen Menschen wählen, verkörpert oder nicht mehr verkörpert, uns auf ihn oder sie einstimmen und darum bitten, dass er oder sie uns hinführt zu einer höheren Wirklichkeit. Und dann können wir aus dieser höheren Wirklichkeit heraus im Alltag handeln, wir können dann auch um Führung bitten und wir können es durch uns hindurch fließen lassen.

Hari Om Tat Sat

 

 

Unbearbeitete Niederschrift eines Kurz-Vortrags mit Sukadev Bretz. Gehalten im Rahmen eines Satsangs nach der Meditation bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Infos:

 

 

 

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