"Sei nicht weise in deinen (eigenen) Augen; liebe den Ewigen und weiche vom Bösen. Das wird sein eine Heilung deinem Leibe, und ein Saft für deine Gebeine." (Sprüche Salomon 3, Verse 7 u. 8)
© 2016 Kommentar: Bhajan Noam - Salomon spricht hier wider die Eitelkeit der scheinbar Wissenden. Sei nicht stolz auf deine Weisheit, sagt er, denn sie stammt nicht von dir; du kannst dir vielleicht mit viel Fleiß eine Menge unbedeutendes Wissen erwerben, doch alle Weisheit kommt alleine von Gott. Von Sokrates ist das geflügelte Wort „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ bekannt. Doch das ist nicht, was er wirklich sagte. Im Griechischen heißt dieser Satz „οἶδα οὐκ εἰδώς“, was genau übersetzt „Ich weiß als ein Nichtwissender“ bedeutet. Sokrates will damit zum Ausdruck bringen: „Dieser Mensch ‚Sokrates’ ist begrenzt in seinem Verstand. Er weiß vielleicht dies oder jenes, er hat eine gewisse Lebenserfahrung, doch das ist vollkommen ohne Belang. Was an Weisheit aus meinem Mund kommt, allein dessen bin ich mir vollkommen sicher, stammt ausnahmslos von einer höheren Macht“. Platon überlieferte die Worte aus Sokrates Mund: „... doch aber dünkte es mich notwendig, des Gottes Sache über alles andere zu setzen“.
„Liebe den Ewigen und weiche vom Bösen“, sagt König Salomon, und er meint damit: „Vertraue auf Gottes Allwissenheit, vermeide es, deinem eigenen kleinen Verstand zu vertrauen. Gib ihm kein Stimmrecht, wenn es um höhere Dinge geht. Gib dich vor allem bescheiden in der Gemeinschaft mit deinem Mitmenschen. Sei nicht überheblich und besserwisserisch. Wer bist du, dass du glaubst, mehr zu wissen als dein Nachbar. Schaffe keine Trennung dadurch. Dein Nächster ist von Gott erschaffen genau wie du. Noch im selben Moment, in dem du dich über ihn erhebst, entfernst du dich von Gott. Sei vielmehr an seiner Seite und profitiere von seinem Gottvertrauen, wie er von deinem Gottvertrauen Gewinn für sein Leben erzielt“. – Und dann folgen die bedeutsamen Worte: „Das wird sein eine Heilung deinem Leibe, und ein Saft für deine Gebeine“. Lebst du in Liebe, in Gleichheit und Brüderlichkeit, ist das nicht nur für deine Seele, sondern auch für deinen Leib gesundbringend. Es stärkt dich, es nährt dich, es ist ein „Saft für deine Gebeine“. Was bedeutet das? Im Griechischen heißen die Gebeine, die Knochen: „skeletós“, was soviel wie „ausgetrockneter Körper“ oder „Mumie“ bedeutet. In der Trennung stirbst du ab, brichst du vom Baum wie ein trockener Ast, ist deine Seele verödet. In der lebendigen Gemeinschaft mit dem Nächsten, wie mit dem Fremden – und mit Gott – bist du voller Lebendigkeit, ist dein Leben übersprühend und voller Saft. Vielleicht ist die Vereinzelung und Vereinsamung besonders des älteren Menschen der Grund für die vermehrt auftretende Krankheit, die man Osteoporose nennt, also eine Poröswerdung, eine Vertrocknung der Knochen, besonders der alles tragenden Wirbelsäule.
„Wenn jemand Gesundheit sucht, frage ihn erst, ob er auch bereit ist, zukünftig alle Ursachen seiner Krankheit zu meiden ...“, sagte Sokrates. Und mit alle Ursachen meinte er außer den körperlichen, also der Ernährung, der Bewegung, der Atmung usw., auch und vor allem die seelischen, sozialen und geistigen Ursachen. Dazu gehören in erster Linie die Tugenden: Rechtes Denken, rechte Rede, rechtes Handeln, nicht verletzen, nicht töten, Mitgefühl und Freundlichkeit zeigen, wie dies auch der Buddha lehrte. Sokrates und Buddha fordern dich auf: Sei radikal, sei revolutionär, sei tugendhaft! Nicht tugendhaft zum Schein, um zu Ansehen zu gelangen, sondern tugendhaft aus dem Herzen, aus der Erkenntnis, aus einer inneren Wahrhaftigkeit heraus, zuletzt aus deinem ganzen Sein.
„Sei nicht weise in deinen (eigenen) Augen; liebe den Ewigen und weiche vom Bösen. Das wird sein eine Heilung deinem Leibe, und ein Saft für deine Gebeine“. Sei demütig und bescheiden, sei ein Liebender. Liebe Gott und liebe deine Mitmenschen. Diene dem Fremden und dem Nächsten, herrsche über niemanden außer über deinen eigenen Verstand. Selbst wenn du glaubst, etwas besser zu wissen, traue dem nicht, mache daraus keine große Geschichte, schweige eher, als dass du dich über jemanden erhebst. Tue es zumindest zu deinem eigenen Wohl. Verlasse nicht die Ebene der Menschlichkeit, kehre zurück in den Kreis der Liebe, der Empathie, des Mitfühlens, des Miteinanderseins – denn es ist „eine Heilung deinem Leibe, und ein Saft für deine Gebeine“. Das Leben ist ein ewiges Erblühen, Blüte über Blüte, Frucht über Frucht. Dein Leben sei gesegnet, dein Leben sei heilig, dein Leben sei saftig wie die Früchte vom Baum der Weisheit und vom Baum des ewigen Lebens!
- Bhajan Noam -
Seiten des Lebens: www.bhajan-noam.com
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Kommentare
Ich kann mich nur anschließen; vielen Dank für deine Mühe.
Lieber Bhajan,
es berührt mich sehr, wie du diese Texte erläuterst.
Hab' ganz herzlichen Dank für deine Bemühungen
Om shanti Ursula