Wir sind in der Bhagavad Gita, im 17. Kapitel, 22. Vers.


Krishna, der Lehrer, spricht zu Arjuna, dem Schüler, und damit zu uns allen:
„Das Geschenk, das am unrechten Ort und zur unrechten Zeit nichtwürdigen Personen gemacht wird, respektlos oder beleidigend, wird tamasig genannt.“

 

Man kann Menschen scheinbar eine Gabe geben, die aber dazu gedacht ist, um sie zu beleidigen und herabzusetzen. Z.B. jemand ist gerade dabei, etwas zu tun, und du erledigst die Aufgaben von ihm oder von ihr, und die andere Person steht dann ganz traurig da. Die Person braucht vielleicht etwas länger als du, würde aber dabei wachsen, aber du ermöglichst das nicht. So könntest du es sogar bei deinen Kindern machen, so könntest du es bei deinem Partner machen. Z.B. eine Möglichkeit wäre, eine Frau hat einen Mann, der im Haushalt bisher wenig hilft, er will eigentlich ein bisschen mithelfen, er fängt an, zu kochen, und die Frau sieht, er stellt sich ein bisschen komisch an und sagt: „Komm, ich mache es jetzt alles für dich.“ Und der Mann, der sich eigentlich vorgenommen hat, seinen Anteil an der Haushaltsarbeit zu machen, fühlt sich komisch, fühlt sich gekränkt und wird nie mehr kochen. Oder umgekehrt – ich will jetzt nicht diese Geschlechterstereotypen zu sehr ausbauen.

Aber ein Partner kennt sich gut mit Computern aus und der andere kennt sich weniger gut aus, will es aber selbst lernen, und der andere Partner sagt: „Och, ich mache es schon für dich.“ Scheinbar will er dem anderen helfen, aber in Wahrheit verhindert er, dass der andere etwas lernt und selbstständig wird. Das können tamasige Geschenke sein. Das müssen sie nicht, das muss man im Einzelfall sehen. Man kann auch jemandem scheinbar ein Geschenk machen und ihm Steine in den Weg legen, dass er stolpert. Überlege selbst immer wieder, wenn du anderen hilfst und dienst, ist das, was du machst, wirklich hilfreich, wirklich dienend. Ein weiteres Beispiel, wenn es jetzt sehr praktisch wird, angenommen, du hast Eltern und die Eltern sind schon älter, und du erledigst die Einkäufe immer für sie. Scheinbar tust du ihnen etwas Gutes, aber in Wahrheit führst du sie in die Unselbständigkeit. Gerade alte Menschen müssen selbständig bleiben, solange wie es irgendwo geht. Natürlich manchmal Pflegebedürftige, da gibt es keine Frage.

Aber manchmal raten die Kinder ihren Eltern zu sehr, sie sollen sich ausruhen, sie sollen sich nicht zur sehr anstrengen usw. und opfern sich scheinbar für die Eltern auf, aber in Wahrheit führt das dazu, dass die Eltern unselbständig werden und letztlich früher altern. Es ist immer gut, sein Geschenk so zu gestalten, dass Menschen soweit es geht unabhängig werden. Das gilt im Kleinen, das gilt auch im Großen. Z.B., wenn man es im Großen sieht, armen Ländern einfach Geld schenken. Man könnte aber auch schauen, ob man vielleicht gerechtere Handelsbeziehungen herstellt, dass das andere Land stattdessen eine eigene Wirtschaft aufbauen kann und auf diese Weise selbständig wird. Es kann zwar die Arbeitsplätze in dem so genannten entwickelten Land etwas gefährden, aber es ist viel besser, als dass arme Länder ständig in der Abhängigkeit gehalten werden.

Das gilt in so vielen Hinsichten. Sorge dafür, dass, was du tust für andere, dass es den Menschen auch hilft, frei zu werden, unabhängig zu werden und sie nicht in Abhängigkeit zu halten. Was du machst, um andere in Abhängigkeit zu halten, vielleicht sogar um ihren Selbstrespekt zu reduzieren oder um sie zu beleidigen, ist tamasig. Sei sattvig und tue das, was du tust, so gut, wie du es kannst, mit Liebe, mit Hingabe und mit großem Respekt auch vor den Menschen, denen du dienst.

 

 

Unbearbeitete Niederschrift eines Bhagavad Gita Audio-Vortrags mit Sukadev Bretz. Mehr Infos:

 

 

 

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