Bhagavad Gita, 18. Kapitel, 21. Vers

„Prthaktvena tu yai jnanam nana-bhavan prthag-vidhan vetti sarvesu bhutesu taj jnanam viddhi rajasam.“
Erkenntnis jedoch, die in allen Wesen unterschiedliche Wesenheiten oder bestimmte voneinander verschiedene Arten sieht – diese Erkenntnis erkenne als rajasig.“

Die Alltagssichtweise ist rajasig, wo du siehst. „Ich bin das Individuum, neben mir sind diese Individuen und wir sind alle ganz unterschiedlich.“ Das ist rajasig. Rajasig ist in diesem Sinne trennend. Natürlich kann man sagen, auf einer physischen- und Persönlichkeitsebene sind Wesen unterschiedlich. Das ist klar. Aber wenn wir uns zu sehr auf die Unterschiede konzentrieren, dann ist es rajasig. Dann wollen wir dann natürlich auch besser sein als andere, dann wollen wir uns herausragen gegenüber anderen und wir beurteilen und oft genug verurteilen wir. Wenn wir aber erkennen, es ist so viel Gemeinsames und auch das kannst du überlegen.

Du kannst sagen, jeder Mensch strebt nach Liebe, jeder Mensch will Liebe geben, jeder Mensch will Liebe empfangen. Wenn du das erkennst, fühlst du dich verbunden. Und du kannst zwar sagen, Menschen haben eine unterschiedliche Weise, ihre Liebe auszudrücken, manchmal auf geschicktere Weise und manchmal auf weniger geschickte Weise. Menschen haben unterschiedliche Weisen, um Liebe zu bitten oder um Liebe zu flehen, manchmal geschickter, manchmal weniger geschickt. Aber du kannst davon ausgehen, Menschen sind ähnlich, Menschen sind miteinander verbunden. Es mag auch sein, dass in dem einen eine Eigenschaft stärker ausgeprägt ist als in dem anderen. Aber vermutlich hat jeder Mensch jede Eigenschaft in sich, mindestens als Same und Potential.

Es ist ja schön, dass Menschen diese Eigenschaften unterschiedlich ausgeprägt haben. Aber es ist auch wichtig, zu erkennen, dass du nicht besser oder schlechter bist als andere, sondern vielleicht erst mal ein bisschen anders, aber dass ihr alle zusammen gemeinsam seid. Du kannst auch manchmal überlegen, wenn dir etwas widerfährt: „Ist das wirklich meine persönliche, individuelle Erfahrung oder ist es eine kosmische Erfahrung oder eine allgemein menschliche Erfahrung?“ Z.B. angenommen, du bist gekränkt. Dann kannst du sagen: „Oh, wie schlimm, jetzt war dieser so schrecklich zu mir und hat rücksichtslos meine Gefühle verletzt.“ Oder du kannst sagen: „Ah, es manifestiert sich in mir die allgemein menschliche Erfahrung der Kränkung.“ Oder du merkst irgendwo, dass du neidisch auf jemanden bist. „Warum passiert es, dass jemand bevorzugt wird, statt mir, wo ich das doch verdient hätte?“ Du kannst stattdessen sagen: „Ah, ich merke, in mir manifestiert sich das allgemein menschliche Gefühl des Neides.“ Oder angenommen, dir schmeckt etwas sehr gut. Statt zu sagen, „was kann ich doch gut kochen“ oder „was kann meine Frau, mein Mann so gut kochen“, das ist natürlich auch schön, kann man sagen: „Ja, die allgemein menschliche Fähigkeit, Essen zu genießen, manifestiert sich gerade in mir.“

Wenn du das so öfters denkst, wirst du lernen, mehr zu abstrahieren von dir selbst, du wirst dich weniger verhaften und identifizieren mit Handlungen, mit Erfahrungen, mit Karma. Du kannst dich leichter lösen von Erfahrungen und von Karma und Wünschen und kannst dich mehr und mehr spüren als das kosmische Bewusstsein hinter allem. Du kannst dich verbunden fühlen mit allen Wesen, du kannst dich verbunden fühlen mit Gott. Mit anderen Worten, du spürst Liebe, du spürst Freude. Was könnte es Schöneres geben? Und du wirst schließlich das erfahren, was die höchste Wirklichkeit hinter allem ist.

 

 

Unbearbeitete Niederschrift eines Bhagavad Gita Audio-Vortrags mit Sukadev Bretz. Mehr Infos:

 

 

 

 

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