Ich lese etwas aus der Bhagavad Gita, dem Zwiegespräch zwischen Krishna, dem Lehrer und Arjuna, dem Schüler. Wir sind im 14. Kapitel und Krishna sagt: "Wer Gott mit unerschütterlicher Hingabe dient, geht über die Eigenschaften hinaus und ist geeignet, Brahman zu verwirklichen." Diejenigen, die schon einige Tage hier sind, haben mitbekommen, was Krishna in den vorigen Versen gesprochen hat – dass wir uns nämlich bemühen sollten, über die Eigenschaften hinauszugehen, also über Persönlichkeit, über Charakter, über Identifikation, über Rollen hinauszugehen. Und Arjuna, der Schüler, hat dann nachgefragt: „Wie ist man denn so, wenn man das alles packt?“ Und dann beschreibt Krishna die Eigenschaften eines Vollkommenen. Und ich male mir das so aus, dass der Krishna dem Arjuna die ganz hohen Ideale gibt, und der Arjuna sagt dann irgendwann: „Das krieg ich nie hin.“ Das waren alles Dinge wie liebevoll zu sein und gleichmütig zu sein und trotzdem voller Enthusiasmus, aber doch verhaftungslos. Einiges hat er in den vorigen Kapiteln ja noch etwas mehr beschrieben, und jetzt im 26. Vers geht er zum Bhakti Yoga hin und sagt, wenn wir Gott mit unerschütterlicher Hingabe dienen, auch dann kommen wir zur höchsten Verwirklichung. Das heißt, Raja Yoga und Bhakti Yoga sind zwei Wege, die zwar miteinander auch verwoben sind, aber die eine unterschiedliche Herangehensweise haben. Im Raja Yoga sagt man, „Ich will's selbst erreichen“, und im Bhakti Yoga sagen wir, „Ich pack's nicht, Gott mach du's für mich.“ In der indischen Mythologie werden dort zwei Beispiele genommen, und zwar Affenbaby und Katzenbaby. Die meisten von euch waren noch nicht in Indien, aber in Indien gibt es alle möglichen Affen, und so ein Affenbaby muss sich gut festhalten an der Mutter, denn die Mutter springt dann von Baum zu Baum, und es ist schon erstaunlich, dass da kein Affenbaby runter fällt. Die springen dann meterweit durch die Lüfte, das Affenbaby muss sich aus eigener Kraft festhalten. Und das ist so ein bisschen der Raja Yoga, wir müssen uns selbst festhalten auf dem Weg. Letztlich ist es dann doch Gott, der die Arbeit macht, es ist ja weiter die Mutter, die durch die Gegend springt, aber wir als spiritueller Aspirant müssen viel Anstrengung unternehmen. Das ist so ein bisschen der Raja Yoga-Weg. Der Bhakti Yoga-Weg ist der Weg des Katzenbabys. Ein Katzenbaby macht gar nichts, es miaut einfach nur, miau, dann kommt die Mutter, und sie trägt es dann am Nackenfell woanders hin. Also, das Katzenbaby miaut nur. Und so können wir uns auch manchmal wie ein Katzenbaby fühlen und einfach miauen und Gott um Hilfe bitten, und dann wird uns Gott dahin bringen, wo es notwendig ist. Natürlich sollten wir uns schon bemühen, an uns selbst zu arbeiten, unsere Gunas, also die Eigenschaften irgendwie positiver zu machen, aber dann sollten wir auch wissen: „Ich bin nicht die Persönlichkeit.“ Wir sollten unsere Pflichten nach bestem Wissen und Gewissen tun und dann sagen: „Oh Gott, bitte hilf du mir.“
Und dann sagt er aber nicht einfach nur etwas über schreien, sondern er sagt, wer mit unerschütterlicher Hingabe dient, also – da war auch dienen. Und so kann es auch sein, dass wir vielleicht Schwierigkeiten haben, unseren Geist zu beherrschen. Vielleicht haben wir sogar Schwierigkeiten, uns wirklich mit vollem Herzen ständig an Gott zu richten, aber wir können mindestens handeln, und sagen: „Dieses Handeln tue ich zum Wohl des Ganzen. Ich tu dieses Handeln für Gott. Ich spür zwar Gott nicht immer, aber ich tu's trotzdem für ihn oder sie oder das kosmische Bewusstsein, und ich mache dies dann mit Liebe. Ich tue es mit Liebe, ich tue es mit Liebe für die Menschen, für die Schöpfung, für Gott, für das Göttliche, für die Göttin, für die kosmische Energie.“ Und dann verspricht uns Krishna: Wenn wir so handeln, mit dieser Hingabe und diesem Dienen, dann geschieht eine innere Transformation, und über diese innere Transformation erfahren wir auch Brahman.
Hari Om Tat Sat
Transkription eines Kurzvortrages von Sukadev Bretz im Anschluss an die Meditation im Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Yoga Vorträge als mp3.
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