Krishna hat gesagt

Dann möchte ich euch noch eine kleine Geschichte erzählen. Und zwar ist es eine modernisierte Ver¬sion von einer Geschichte – manche kennen sie. Es ist eine Geschichte von jemandem, der in der Bhagavad Gita gelesen hat, dass Krishna sagt: „Wer an mich glaubt, den werde ich immer retten.“ Er lebte in einem kleinen Dorf, es gab eine Über¬schwemmung, und plötzlich kam dort eine Nachricht: „Damm ist gerissen.“ Jetzt müssen dort alle aus¬ziehen oder schnell evakuiert werden. Und er dachte: „Krishna hat gesagt, wenn ich an ihn glau¬be, wird er mich retten – ich bleibe in meinem Häuschen.“ Das Wasser stieg, die Straßen wurden überflutet, und dann kam die Feuerwehr und rief: „Ist noch irgendwo irgendjemand? Letzte Gele¬genheit ge¬rettet zu werden. Ihr müsst das Dorf jetzt verlassen, das Wasser wird gleich so weit steigen, dass alles über¬schwemmt wird. “ Und unser junger Aspirant sagte: „Krishna wird mich retten.“ Dann stieg das Wasser höher. Als das Erdgeschoss des Hauses überflutet war, kam ein Motorboot vorbei. (Es wird moderner jetzt!) Und es wurde mit Megaphon gesagt: „Ist noch irgendjemand da? Dies ist die letzte Mög¬lichkeit gerettet zu werden!“ Und er dachte wieder: „Krishna wird mich retten, ich brauche keinen.“ Das Wasser stieg weiter, schließlich musste er aufs Dach steigen. Dann kam ein Hubschrauber vor¬bei, und der warf eine Strickleiter hinunter. Doch unser Aspirant rief nur: “Gott selbst wird mich retten! Ich brauche eure Hilfe nicht!“ Das Wasser stieg noch höher, er musste ganz auf die Dachspitze steigen. Schließlich kam noch ein Flugzeug vorbei – eine weitere Möglichkeit für ihn, gerettet zu werden – aber er rief nur zurück: “Ich brauche eure Hilfe nicht, Gott wird mich retten.“ Das Wasser stieg weiter, und er ertrank. Dann kam er in den Himmel. Dort traf es Krishna und beschwerte sich: „Du hast gesagt: ‚Wer an mich glaubt, den werde ich retten.’ Aber jetzt bin ich ertrunken.“ Da sagte Krishna: „Ich habe dir einen Boten geschickt, ein Feuerwehrauto, ein Motorboot, einen Hubschrauber und ein Flugzeug – was soll ich denn noch mehr tun?“ Das ist so öfter unsere Geschichte. Gott stellt uns vor schwierige Situationen und gibt uns dann Mittel, wie wir dort rauskommen. Aber was erwarten wir, wie Gott zu uns kommt? – Irgendwie ganz außerge¬wöhnlich. Aber manchmal sind wir auch klug genug – wir nehmen den Boten oder das Motorboot, spä¬testens jedoch den Hubschrauber an. Ich erzähle euch noch eine weitere Geschichte, die vordergründig eben so wenig positiv ist wie die vorige. Aber hintergründig wird viel Freude vermittelt. Es ist eine Geschichte von Krishna und Narada. Narada ist mit Krishna zusammen auf Pilgerreise gegangen, und er fragt ihn: „Krishna, erkläre mir bitte, was Maya ist.“ Krishna sagte: „Warte, ich erkläre es dir später.“ Sie gingen ein paar Stunden weiter und dann sagte Krishna: „Weißt du, es ist jetzt sehr heiß, ich muss jetzt mein Mittagsschläfchen halten. Gehe doch bitte zum Fluss und hole mir etwas zu trinken. So in ein oder zwei Stunden können wir dann weiter gehen.“ Narada ging also runter an den Fluss, er hatte ja jetzt ein oder zwei Stunden Zeit. Auf der anderen Seite des Flusses sah er eine junge Frau, die gerade einen schweren Wasserbehälter hatte. Und dann dachte er: “Diene, liebe, gib.“ (Wir haben es gerade gehört: Dienen ist wichtig!) Also schwamm er auf die andere Seite des Flusses und fragte: “Kann ich dir helfen? Du siehst mit deinen Wassertöpfen so schwer beladen aus.“ Und sie sagte: “Ja, gerne.“ Und Narada schaute sie an, sie schaute ihn an, und es machte „Klick“ in seinem Kopf und er wusste, dass er endlich seinen Seelenpartner gefunden hatte. Er half ihr, die Wasserbehälter zurückzutragen, und als sie ankommen waren, fragte er den Vater der jungen Frau, ob er sie heiraten dürfe. (Manchmal geht so etwas schnell. Ich war mal in Los Angeles. Und als ich dort die Geschichte erzählt hatte, sagte ein Paar: „Wir haben das so gemacht. Wir haben uns morgens kennengelernt, mittags sind wir nach Las Vegas, abends verheiratet zurückgekommen. Das war vor 15 Jahren, und wir sind heute noch glücklich verheiratet.“ So kann das gehen.) Narada hat die junge Frau also geheiratet, sie waren glücklich, bald kam ein Kind, nach einer Weile hatte er genügend Geld, hatte einen Sack Gold zur Sicherheit, ein kleines Häuschen – das Leben war phan¬tastisch. Plötzlich kam ein Bote und sagte: “Der Fluss tritt über die Ufer, der Damm ist gebrochen, das Dorf muss eva¬ku¬iert werden!“ Er nahm Kind und Frau und Gold und dann rannten sie weg. Er wusste, dass das Haus, woran sie so lange gearbeitet hatten, verloren war. Aber wenigstens hatte er Frau, Kind und Ersparnisse. Das Wasser stieg an, und schließlich musste er waten. Da sagte die Frau: “Weißt Du, ich kann nicht schwimmen!“ Er antwortete: “Macht nichts, ich bin stark.“ Das Kind hatte er an der einen Hand, das Gold in der anderen Hand – und die Frau hielt sich an seiner Schulter fest. Irgend¬wann war der Zeitpunkt gekommen, dass er das alles nicht mehr halten konnte. Also warf er das Gold weg. Die Frau hielt sich weiter an seiner Schulter fest, das Kind hatte er an der einen Hand und mit der anderen Hand half er, gegen den Strom weiter zum Berg hin zu waten. Irgendwann stieß sich die Frau ab und sagte: „Rette unser Kind!“ Er ging weiter. Bald musste er schwimmen, und während er krampfhaft das Kind festhielt und gleichzeitig ver¬suchte, sich über Wasser zu halten, ging sein Kopf unter Wasser. Plötzlich musste er loslassen, weil er selbst zu ertrinken drohte. Mit letzter Kraft kam er am Ufer an. Plötzlich wurde der Fluss wieder ruhig, und Krishna rief: “Narada, wo bleibt mein Wasser?“ So wissen wir nicht: Ist diese Welt wirklich? Oder ist sie unwirklich? Mit allen schönen Dingen, mit allen Verlusten. Wir sind da. Sind wir gerade in einer Matrix? Manche kennen den Film. Sind wir in irgendeinem dieser Container, von denen schon Gustav Meyering erzählt hatte? Der hat einen Roman geschrieben, dessen Handlung ähnlich ist wie die im Film Matrix. Sind wir die animierten Spieler von einem Gott inszenierten „second life“? Sind wir lila Teile? Sind wir im Traum? Könnte alles sein. Und so – in dieser Bewusstheit – gilt: Life is too serious to be taken too seriously. Leben ist zu ernst, um zu ernst genommen zu werden. Und in diesem Sinne: Hari om tat sat. Transkription eines Kurzvortrages von Sukadev Bretz im Anschluss an die Meditation im Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Yoga Vorträge als mp3.
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