Bhagavad Gita, 18. Kapitel, 8. Vers

„Dukham ity eva yat karma kaya-klesa-bhayat tyajet sa krtva rajasam tyagam naiva tyaga-phalam labhet.“
„Wer auf Handlung aus Furcht vor körperlichen Schwierigkeiten verzichtet, erhält durch einen so rajasigen Verzicht nicht den Gewinn, den die Entsagung bringt.“

Dieser Vers macht erst mal etwas stutzig, denn man würde vielleicht eher sagen, es ist tamasig, denn wenn man aus Furcht oder Bequemlichkeit etwas nicht macht, dann ist das eigentlich eher tamasig. Und so bekommt man auch nicht den Gewinn, den die Entsagung bringt. Beim Rajasigen würde noch dazukommen, man behauptet, dass man es macht, um zu entsagen, aber eigentlich macht man es nicht, weil es einem schmerzhaft ist. Also, rajasiger Verzicht hat meistens auch etwas damit zu tun, dass man etwas Besseres für sich selbst haben will, dass man irgendwo etwas mehr genießen will, dass man Wünsche erfüllen will oder mehr Anerkennung haben will.

Wenn man also gerne irgendetwas Schönes machen will und dafür auf etwas anderes verzichtet, was eigentlich seine Pflicht wäre, dann ist das ein rajasiger Verzicht. Also z.B. weil du irgendwo einen Kuchen siehst und unbedingt den Kuchen essen willst und deshalb keine Asanas übst, dann ist der Verzicht auf Asanas ein rajasiger Verzicht. Oder angenommen, du hättest gerne einen Kuchen, aber irgendwo ist es jetzt ein gutes Stück, dort hinzugehen zum Café, um diesen Kuchen zu haben, und dann machst du es eben nicht, weil es irgendwo schöner ist, stattdessen Fernsehen zu gucken. Dann magst du dir zwar sagen, „ich habe jetzt auf einen Kuchen verzichtet“ aber du hast es nicht deshalb gemacht, weil du auf den Kuchen verzichten wolltest, sondern du hast es mehr gemacht, um besser fernsehen zu können. Das ist ein rajasiger Verzicht und durch diesen rajasigen Verzicht bekommt man nicht einen besonderen Gewinn, du entwickelst dadurch nicht deine Willenskraft.

Hier kannst du auch überlegen, ob du das öfters machst, vor dir selbst so eine Art Scheinheiliger zu sein. Du sagst dir selbst, „ja, ich verzichte hier auf alle möglichen nicht so guten Sachen“ oder „ich übe ab und zu mal Verzicht“ und eigentlich übst du keinen Verzicht, sondern du machst nur etwas anderes dafür. Das ist jetzt auch mal nichts Schlechtes. Krishna sagt jetzt nicht, das sind schlechte Menschen, sondern er sagt nur, man bekommt dadurch nicht den Gewinn, den Entsagung bringt. Wenn du dir etwas vormachst und behauptest, du würdest dort eine spirituelle Entsagung machen, aber eigentlich machst du es nur aus Bequemlichkeit oder um etwas anderes dafür zu bekommen, dann solltest du auf diese Scheinheiligkeit verzichten. Insbesondere und noch wichtiger als Scheinheiligkeit gegenüber sich selbst, ist Scheinheiligkeit gegenüber anderen. Sei vorsichtig mit dem, was du anderen erzählst, auf was du alles verzichtet hast.

Es ist, wie ich schon öfter gesagt habe, es ist ok und sogar gut, anderen aus deiner eigenen Erfahrung zu erzählen, um sie zu inspirieren. Es ist nicht gut, anderen über deine Spiritualität zu erzählen, um dadurch in ihrem Ansehen steigen zu wollen und zu zeigen, was du für ein toller Hecht bist. So nimm dir also vor, ein ehrlicher, authentischer Mensch zu sein. Es ist auch mal ok, auf eines zu verzichten, um eine andere Freude zu haben, aber nenne so etwas nicht spirituelle Entsagung.

 

 

Unbearbeitete Niederschrift eines Bhagavad Gita Audio-Vortrags mit Sukadev Bretz. Mehr Infos:

 

 

 

 

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