„Licht der Augen ist, was das Herz erfreut; gute Nachricht gibt Mark dem Gebein.“ 15.30
© 2016 Kommentar: Bhajan Noam - In Psalm 119, Vers 130 betet König David zu Gott: „HERR, wie sehr liebe ich Deine Weisungen! Den ganzen Tag denke ich darüber nach. Öffne meine Augen jedes Mal, wenn ich Dein Wort lese oder höre, damit ich neue Schätze entdecke. Sprich zu mir und tröste mein Herz. Lass Dein Wort in mir lebendig werden und gebrauche es, um meine Seele und meinen Geist zu ernähren, wie es das Essen für den Körper tut. Mein Herz soll sich nach Deinem ausrichten. Führe Du mich, HERR, damit ich Deinen Willen für mein Leben erkennen kann. Lass das Licht der Wahrheit dort leuchten, wo ich gerade stehe, und zeige mir den nächsten Schritt.“ – Von wo kommt die gute Nachricht, die dir Kraft und Stolz gibt, die dir Mark und Gebein stärkt? Sie kommt allein von Gott. König David betet zu Gott und bittet um Trost, um Führung und Belehrung und Gott gibt ihm, um was er bittet. Die reine Seele aber ruht bereits in Gott und kennt nichts anderes als seinen Segen. Erinnere dich!
Wir suchen ein Zuhause, und das Zuhause ist in uns und wartet. Wir suchen nach Antworten auf tiefe Fragen, und die Antworten sind da, wo unsere Fragen herkommen: in uns. Wir verspüren eine brennende Sehnsucht nach etwas Unbenennbarem, und dieses Unbenennbare lebt schon alle Zeit in uns. – Alle Ziele sind bereits im Verlangen verborgen. Alle Antworten schlummern in den Fragen. Und unser wahres Zuhause hat Gott in unserem Herzen bereitet, wo er auf uns wartet wie die Mutter auf ihr Kind am Abend.
Warum sind wir nicht da, wo wir zu sein begehren? Warum nähren wir lieber unsere Sehnsucht als die Kräfte, die uns ans Ziel zu bringen vermögen? Warum stellen wir pausenlos Fragen, und lauschen nicht einer einzigen Antwort? Weil wir in Wahrheit Angst vor Antworten, Angst vor Erfüllung, Angst vor dem Ziel haben. Und das hat zwei Gründe. Der erste Grund ist: Bisher haben wir im Leben nur Attrappen, Placebos, Surrogate bekommen. Als wir Kinder waren, haben wir es vielleicht noch nicht bemerkt. Doch später wuchs unsere Enttäuschung und Glaube und Vertrauen blieben auf der langen Durststrecke unseres ernüchterten Lebens liegen. Der zweite Grund, und der hängt mit dem ersten zusammen: Die Enttäuschungen töteten unseren naiven Glauben – Glaube und Vertrauen aber wohnen im Herzen. So folgerten wir, dass das Herz kein gesunder Ort für uns sei, dass der Kopf wesentlich sicherer sei, da er von vornherein misstraut, da er zweifelt und sich nicht so leicht hinters Licht führen lässt.
Wie ein Denken, das nicht in Verbindung mit dem Herzen steht, ins Leere läuft, wie wenig wir ihm vertrauen dürfen, zeigt die Geschichte vom Paradoxon der unerwarteten Hinrichtung. – „Ein zum Tode Verurteilter wird an einem Sonntag davon in Kenntnis gesetzt, dass er im Laufe der folgenden Woche hingerichtet werde. Ihm wird der Tag der Hinrichtung nicht mitgeteilt. Zudem wird ihm gesagt, der Termin käme für ihn völlig unerwartet. Der Verurteilte weiß, dass die Hinrichtungen genau zur Mittagszeit stattfinden und überlegt sich nun folgendes: „Überlebe ich den Samstag Mittag, so muss ich am Sonntag hingerichtet werden, das wäre dann aber nicht unerwartet. Also kann der Sonntag ausgeschlossen werden. Überlebe ich den Freitag, kann die Hinrichtung Samstag oder Sonntag angesetzt sein, den Sonntag habe ich bereits ausgeschlossen, es bleibt nur der Samstag; das wäre jedoch dann nicht unerwartet. Und so überlegt er weiter, bis er zu dem Schluss kommt: ich kann also überhaupt nicht hingerichtet werden. Gerade diese Schlussfolgerung führt dazu, dass es für ihn völlig unerwartet kommt, als man ihn am Mittwoch zum Richtblock führt.“ – Der Verstand hat keine Ahnung vom wirklichen Leben, er verschwendet seine Zeit an nutzlose Phantasien. Das Herz ist immer im Takt der Zeit. Das Herz kann nicht anders, als beständig hellwach im Hier und Jetzt zu sein.
Das Herz ist der uns angedachte Thron, der goldene Sitz unserer ursprünglichen Königswürde, die wir aus falscher Scham und aus einem Missverständnis gegen ein Bettlerdasein vertauscht haben. Das Herz ist die Heimat unserer Seele. Das Herz ist das Reich der Freiheit, das Ziel unserer Sehnsucht – und es kennt die Antwort auf alle unsere Fragen.
Herzlotus-Meditation
Um die wahre Qualität des Herzens zu spüren, zu erfahren, lade ich dich hier ein, meine Herzlotus-Meditation zu üben. Sitze entspannt und gut aufgerichtet im Meditationssitz oder auf einem Stuhl. Lege beide Hände über einander auf dein Herz. Atme nun sanft zu deinem Herzen hin. Stelle dir dabei dein Herz als Knospe einer wunderschönen künftigen Lotusblume vor. Jeder Einatem ist ein zarter Wind, der die Knospe wiegt und freundlich umspielt. Jeder Ausatem kündet der Welt von ihrer zarten Schönheit. Lasse mit jedem Ein- und Ausatem das tibetische Mantra "Om Mani Padme Hum" still mitschwingen. Es besingt den Juwel, den unzerstörbaren Diamanten, der in der zarten Lotusblüte verborgen liegt. Es erzählt dir davon, dass Vergänglichkeit und Ewigkeit untrennbar verwoben sind, dass in Wahrheit das Verletzbare das Unverletzbare schützt, dass der vergängliche Mensch den unfassbaren Schöpfer in sich birgt. Atme sanft weiter, während du über dieses Wunder kontemplierst. Atme sanft zum Herzen, während du das Mantra mitschwingen lässt: "Om Mani Padme Hum, Om Mani Padme Hum, Om Mani Padme Hum..."
- Bhajan Noam -
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