Fünf Tage vor Swami Sivanandas Geburtstag

Om Namah Shivaya

In fünf Tagen feiern wir den Geburtstag von Swami Sivananda, am 08. September. Swami Sivananda hatte den ganzheitlichen Yoga gelebt und gelehrt, in vielen verschiedenen Aspekten. Swami Sivananda hat gesehen, dass Yoga Heilwirkung hat, dass es hilft, Körper und Geist gesund werden zu lassen. Swami Sivananda war ja Arzt gewesen und hatte schon als Arzt Hatha Yoga Techniken in seine medizinische Praxis integriert und als er ein Krankenhaus geleitet hatte, gehörten Ratschläge zum Hatha Yoga auch zur Therapie dazu.

Swami Sivananda erkannte aber auch, dass Yoga helfen kann, Fertigkeiten im Menschen zu entwickeln, Fähigkeiten, und helfen kann, dass das, was im Menschen schlummert, dass man das zum Ausdruck bringen kann. Unsere heutige Gesellschaft braucht ja letztlich nicht nur einfach entspannte Menschen, sondern dynamische Menschen, Menschen, die Energie haben, die Zugang finden zu ihren Fähigkeiten und diese zum Ausdruck bringen. Und so gibt es auch eine Reihe von Büchern von Swami Sivananda, wie „Erfolg im Leben und Selbstverwirklichung“ oder „Gedankenkraft“ oder „Kundalini Yoga“, die gerade diese Aspekte besonders betonen, dass wir auch als spirituelle Menschen lernen können, in den Alltag mit Dynamik hineinzugehen, etwas zu bewirken.

Swami Sivananda hat gerne gesagt, wenn wir wollen, dass aus diesem Planeten ein besserer Planet wird, dann reicht es nicht aus, nur zu schimpfen über das, was da ist und zu sagen, „ja, die bösen Politiker, die schlechten Wirtschaftsbosse“, sondern irgendjemand muss es machen. Und letztlich, man muss es selbst irgendwo in die Hand nehmen und damit man das machen kann, braucht man Kräfte. Natürlich, der höchste Aspekt des Yoga ist die Selbstverwirklichung, die Gottverwirklichung, die Transzendierung von der Identifikation mit Körper, Persönlichkeit, Denken, Fühlen usw. Swami Sivananda, als selbstverwirklichter Meister, wusste aus Erfahrung: Ja, es gibt eine höhere Wirklichkeit. Diese Wirklichkeit ist erfahrbar. Und diese höhere Wirklichkeit ist letztlich das Ziel von jedem menschlichen Streben. Der Mensch, jeder Mensch, wird nicht dauerhaft glücklich sein, bis er diese Erfahrung macht.

Bewusst oder unbewusst streben wir alle danach. Irgendwo wissen wir tief im Inneren: „Meine wahre Natur ist Sein, Wissen, Glückseligkeit. Ich bin ewig und unendlich.“ Oder man kann auch sagen: „Verbunden mit dem Ewigen und Unendlichen. Ich bin eins mit dem Ewigen und Unendlichen.“ Und dieses Ewige und Unendliche ist nicht einfach nur ewig und unendlich, es ist Chid, es ist bewusst, es ist Bewusstsein. Es ist also kein irgendwo träger Zustand, sondern ist Bewusstsein, Bewusstheit an sich, alles Wissen ist dort drin. Und es ist Ananda, es ist Wonne und es ist Liebe. Auf der menschlichen Ebene kann nichts uns befriedigen dauerhaft. Egal, wie liebevoll ein Mensch ist, irgendwann wird es uns nicht ausreichen. Wir denken irgendwo, es muss mehr geben. Egal, wie viel Macht man bekommt oder wie viel Besitz man bekommt und so sein kleines individuelles Seinsgefühl irgendwie auszudehnen. Es wird nie ausreichen, egal, wie viel man hat, denn irgendwo weiß man: „Ja, ich bin mehr als das.“ Und egal, wie viel wir wissen, es wird niemals ausreichen, denn wir wissen letztlich: „Ich bin das Wissen hinter allem.“

Um dort hinzukommen hat Swami Sivananda seine Lehren zusammengefasst in einen Vierzeiler. Erste Zeile: „Diene, liebe, gib, reinige, meditiere, verwirkliche.“ Zweite Zeile: „Sei gütig, tue Gutes.“ Dritte Zeile: „Adapt, Adjust, Accommodate. Passe dich an oder stimme dich ein oder sei flexibel in den verschiedenen Situationen im Alltag und im Umgang mit anderen Menschen.“ Und die vierte Zeile ist so etwas wie der Test: „Trage Schmähung, trage Kränkung, bear insult, bear injury, highest Yoga, höchstes Yoga.“ Die erste dieser vier Zeilen: „Diene, liebe, gib, reinige dich, meditiere, verwirkliche.“ Es fängt an mit dienen.

Und um auf dem spirituellen Weg voranzuschreiten, ist es wichtig, zu dienen, zu schauen: „Wie kann ich anderen Menschen helfen, im Kleinen, wie auch im Großen?“ Im Großen würde heißen, wir überlegen: „Was habe ich für Fähigkeiten? Wie können diese Fähigkeiten eingesetzt werden?“ Nicht nur, um Geld zu verdienen, sondern zum Wohl anderer. Wenn man vor einer Wahl steht im Berufsleben, überlegt man: „Welcher Beruf könnte mehr helfen, dass ich meine Fähigkeiten zum Wohl anderer einsetzen kann?“ Das kann auch in einem gewinnzielorientierten Unternehmen sein. Der Vorstandsvorsitzende von einem Dax-Unternehmen kann sicherlich viel Gutes bewirken. Man muss schauen: „Sind da meine Fähigkeiten gut aufgehoben? Kann ich dort besonders gut dienen?“ Aber wir dürfen auch nicht vergessen, vor lauter großartigem Dienen, auch das Kleine ist wichtig. Also, selbst wenn man einen dienenden Beruf hat, wie z.B. Krankenschwester oder Lehrer oder in irgendeinem sozialen Beruf, sollte man nicht vergessen, auch im Kleinen immer wieder zu schauen. Nicht dass man sagt: „ja, ich mache ja insgesamt Gutes, ansonsten sorge ich halt für mich selbst.“ Im Kleinen schauen: „Gibt es jemanden, dem ich helfen kann?“ Dem Dienen folgt dann Lieben. Das, was wir tun, gilt es, mit Liebe zu tun.

Vielleicht ist es nicht für jeden Menschen realistisch, alles, was man tut, immer mit Liebe zu machen. Wir sollten uns auch nicht überfordern. Wir könnten sagen, wenn der spirituelle Weg nur heldenhaft geht, dann bleiben vielleicht nur wenige übrig, die es machen können. Manchmal wird man vielleicht einfach dienen, manchmal wird man vielleicht auch nicht dienen. Aber wir können schauen, dass wir mehr dienen. Und wir können immer wieder schauen, dass wir das, was wir tun, mit Liebe tun und dass wir mit den Mitmenschen, mit denen wir umgehen, immer mehr Liebe hineinbringen. Je mehr wir dienen und je mehr wir lieben, umso mehr geht unser Herz auf und dann ist auch dieser Ananda-Aspekt, Freude-Aspekt unserer wahren Natur, der kann hervorleuchten.

Und um das zu tun, müssen wir natürlich auch diesen urteilenden und verurteilenden Teil unseres Geistes abstellen. Oft denkt man: „Der Mensch sollte sich so und so verhalten. Der sollte sich so und so verhalten. Und so sollte es eigentlich sein.“ So wichtig es ist, auch Vorstellungen zu haben und irgendwo etwas zu strukturieren, so wichtig ist es aber auch, um lieben zu können und dienen zu können, dass wir unsere vorgefassten Ideen irgendwo zur Seite schieben. So häufig kann die Liebe nicht sprechen, weil man irgendwo denkt: „Ja, so sollte es sein.“ Dienen, so gut wir können. Lieben, so weit unser Herz hineinbringen in den Alltag. Dann folgen die nächsten Schritte, Geben. Das, was wir haben, teilen mit anderen. Reinigen, dann reinigen wir uns.

Wenn wir uns reinigen, dann folgt schließlich Meditation und Verwirklichung fast von selbst. Wenn man Swami Vishnu gefragt hatte: „Was kann ich machen, um meine Meditation zu vertiefen?“ Dann hat er gesagt: „Serve, love, give.“ Wenn wir unsere Meditation vertiefen wollen, dann gilt es, mehr zu dienen oder das, was wir tun, wirklich mit der Einstellung des Dienens zu tun. Das, was wir tun, mit Liebe zu machen und alles, was wir haben, mit anderen teilen, geben. Wenn wir das machen, serve, love, give, dann folgt purify, meditate, realize.

Hari Om Tat Sat

 

 

Unbearbeitete Niederschrift eines Kurz-Vortrags mit Sukadev Bretz. Gehalten im Rahmen eines Satsangs nach der Meditation bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Infos:

 

 

 

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