Entsagung als geistiger Zustand

Ich will etwas lesen aus dem Buch „Göttliche Erkenntnis“. Es hat aufgeschlagen auf „Sannyasa, Entsagung“, auf dem Unterkapitel „Sannyas, ein geistiger Zustand“.


Sannyas heißt das Färben des Herzens und nicht der Äußerlichkeiten. Sannyas ist ein geistiger Zustand. Derjenige ist ein wahrer Sannyasin, der frei ist von Leidenschaften und Ichdenken und der alle sattvigen Eigenschaften besitzt, auch wenn er in Familie und Welt lebt. Chudala war eine Königin und eine Yogi Sannyasini, obwohl sie ein Königreich regierte. Der Sannyasin, der im Wald lebt, aber voller Gier ist, ist wie ein weltlich gesinnter Narr. Shikhidhwaja war ein weltlicher Mensch, obwohl er jahrelang nackt im Wald lebte.“


Die wörtliche Bedeutung von Sannyas ist Entsagung und Sannyas in einer spezielleren Bedeutung heißt Mönchs- oder Nonnengelübde. Krishna in der Bhagavad Gita thematisiert an vielen Stellen Sannyas im Sinne von Entsagung. Und Arjuna will immer wieder wissen von Krishna: „Was ist besser, Handeln oder Entsagung, Karma oder Sannyasa?“ Und Krishna sagt an verschiedenen Stellen Unterschiedliches. Er sagt aber, es gibt verschiedene Wege, um zum Höchsten zu kommen. Das Wichtigste ist, dass wir nach dem Höchsten streben und dann ist wichtig, dass wir innerlich entsagen. Das kann verbunden sein mit einer äußeren Entsagung, die dazukommt. Oranges Gewand, dann nennt man sich Swami oder wird so genannt. Das steht für das Feuer der Entsagung, für das Verbrennen aller Leidenschaften.

Das ist ein Weg. Ein anderer ist, wir gehen den Weg der geistigen Entsagung. Und darüber spricht Swami Sivananda an dieser Stelle. Das ist auch das, worüber Krishna in der Bhagavad Gita schreibt. Entsagen. Man kann auch sagen: „Warum soll ich entsagen?“ Man kann sagen, man entsagt dem Kleineren, um zum Größeren zu kommen. Letztlich sind wir das Unendliche, das Ewige, das Absolute. Jetzt haben wir aber kleine Identifikationen. Wir denken: „Ich bin dieser Körper, ich bin diese Psyche und diese Persönlichkeit.“ Also müssen wir etwas entsagen, der Identifikation mit diesem Körper, dieser Psyche, dieser Persönlichkeit. Aber wir verlieren nichts, wenn wir dem entsagen. Denn sowie wir dem auch nur andeutungsweise entsagt haben, dann schimmert die Erfahrung des Unendlichen, des Ewigen, des Absoluten durch. Dann ist dort Wonne, Ananda, dann ist dort alles.

Wiederum, es gilt, Verhaftungen zu entsagen. Wenn wir Verhaftungen entsagen, das ist nicht etwas Schlimmes. Manchmal denkt man, entsagen heißt, dann lebt man eben irgendwo so ein Halbleben. Aber wir entsagen kleinen Verhaftungen und damit sind wir offen für Großes. Manchmal ist man verhaftet an gewisse Vorstellungen, wie andere zu sein haben. Wenn man daran verhaftet ist, wie andere sein sollten, dann entgeht einem eine ganze Menge, denn Menschen sind selten so, wie wir denken, dass sie sein sollten, vor allem nicht lange genug. Menschen ändern sich. Und wenn wir denken, dieser Mensch sollte genau so und so sein – vielleicht gelingt es dem anderen Menschen, eine Weile den Erwartungen zu entsprechen, neues Teammitglied oder neuer Kollege, der sich bemüht, sich anzupassen, aber lange hält das Mensch nicht durch.

Wenn man sich genau daran verhaftet, wie Menschen zu sein haben, sind wir eng. Wenn wir weiter sind, dann kann man immer noch sagen, zum Wohl der guten Sache und für das gemeinsame Ziel, ist es schon gut, dass wir auf die gemeinsame Sache ausgerichtet sind. Aber wie das genau im Einzelnen ist, ist dann unterschiedlich. Aber wir lassen los, wir lassen Verhaftungen los, wie Menschen zu sein haben. Für Eltern natürlich besonders wichtig. So häufig erlebe ich es, wenn Mütter schwanger sind, wie sie mir erzählen, wie sie dann künftig, wie das sein wird mit ihrem Kind. Fast nie ist es dann nachher so, wie sie denken, dass es sein würde. Und typsicherweise, guten Yogaeltern gelingt es, das irgendwo anzunehmen. Nicht nur irgendwo, sondern dann doch neugierig zu sein, was passieren wird. So ähnlich ist es aber mit vielem. Dann natürlich sind wir auch verhaftet an das, was wir brauchen. Und wir sind verhaftet an unseren Besitz. Aber wenn wir verhaftet sind an unseren Besitz, dann machen wir uns klein.

Und Swami Sivananda sagte mal: „Die ganze Welt ist dein Zuhause.“ Wenn wir jetzt sagen, „nur mein Zimmer ist mein Zuhause“, dann ist das klein. Wenn wir sagen, „die ganze Welt in mein Zuhause“, das ist groß. Wir legen die Verhaftung ab an ein konkretes Zimmer oder für manche ein Haus. Selbst ein Haus, selbst wenn es ein Palast ist mit sechsundzwanzig Badezimmern und fünfundzwanzig Schlafzimmern, wenn man dann jeden Tag im Monat in einem anderen Schlafzimmer schlafen kann. Zum Teil gibt es andeutungsweise Menschen, die allein in solchen Häusern wohnen, wo früher ein Mehrgenerationenhaushalt war. Da hat man nicht davon. Aber die ganze Welt ist mein Zuhause, dort haben wir etwas davon. Kleinen Sachen entsagen und dann das Große erfahren, ist das Geheimnis der Entsagung. Kleinen Vorstellungen zu entsagen, wie ein Mensch zu sein hat, dann erschließt sich einem das Universum eines Menschen, was alles in ihm jetzt drinsteckt und was an Potenzial da ist. Kleinen Wünschen zu entsagen, dann erschließt sich einem der Schatz der großartigen Erfahrungen der ganzen Welt. Kleinen Wünschen entsagen und diese unglaubliche Erfahrung kann sich manifestieren.

„Wenn du dem Ahamkara, dem Ichdenken, dem Ego entsagen kannst, dann hast du allem anderen auch entsagt. So wirst du zu Brahma Jnani, zu demjenigen, der Brahman erkennt, erfährt, das Unendliche verwirklicht.


Hari Om Tat Sat

 

 

Unbearbeitete Niederschrift eines Kurz-Vortrags mit Sukadev Bretz. Gehalten im Rahmen eines Satsangs nach der Meditation bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Infos:

 

 

 

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