Bhagavad Gita , 14. Kapitel, 24. Vers, dritter Teil und letzter Teil des 24. Verses.

Krishna gibt Eigenschaften eines Vollkommenen und gibt uns damit Aufgaben, woran wir im Alltag arbeiten können. Der letzte Teil des 24. Verses ist: „Für wen Tadel und Lob gleichbedeutend sind.“

Menschen loben uns mal, Menschen tadeln uns mal. Und manchmal interpretieren wir das, was Menschen sagen, als Lob oder als Tadel, ohne dass sie das wirklich so meinen. Wenn du ständig danach strebst, gelobt zu werden, wenn du ständig nach Anerkennung strebst, dann machst du dich abhängig von anderen Menschen. Des Weiteren gilt, warum wollen wir überhaupt Lob? Es gibt vermutlich einen wichtigen Grund. Wir identifizieren uns mit allem Möglichen. Tief im Inneren wissen wir aber, dass die Identifikation nicht wirklich korrekt ist. Wir haben Angst davor, dass wir diese verlieren, und deshalb suchen wir nach Lob. Angenommen, du identifizierst dich mit deinen wunderschönen Haaren. Dann willst du, dass Menschen sagen: „Oh, was hast du für tolle Haare.“ Angenommen, du identifizierst dich nicht mit deinen Haaren und jemand lobt deine Haare, dann denkst du: „Was ist das für ein oberflächlicher Mensch? Was interessieren den meine Haare?“ Angenommen, du identifizierst dich mit deiner Musik, die du spielst. Vielleicht kannst du schön Harmonium spielen oder schön Mantas singen. Dann erwartest du, dass jemand sagt: „Oh, du singst so toll. Du kannst so schön Harmonium spielen.“ Wenn der das nicht tut, dann fühlt man sich verunsichert. Angenommen, jemand identifiziert sich mit seinem Intellekt und denkt: „Ich bin so intelligent.“ Dann freust du dich, wenn jemand sagt: „Oh, so klug und einsichtig. Was du wieder dort gesagt hast oder dein Beitrag oder was du alles denken kannst, obwohl du dich mit allem beschäftigst.“ Man freut sich. Angenommen, jemand sagt dann: „Da gibt es aber jemanden, der hat das ein bisschen klüger analysiert als du.“ Oder: „Du warst schon mal flotter im Denken.“ Dann gibt das einen großen Stich ins Herz. Das, womit du dich identifizierst, da willst du ein Lob haben, und da trifft dich der Tadel ganz besonders. Wenn du aber weißt, dass Lob und Tadel letztlich dich selbst nicht berühren, dein höchstes Selbst bleibt immer gleich, dann kannst du gleich sein in Lob und Tadel. Du kannst dich freuen darüber, wenn dich jemand lobt, und du kannst dich freuen darüber, wenn dich ein Tadel trifft. Denn wenn dich ein Tadel trifft, dann weißt du: „Aha, da ist eine Identifikation.“ Dann weißt du: „Aha, da müsste ich lernen, mich nicht damit zu identifizieren.“ Das ist das eine, was du mit Tadel machen kannst. Und zwar vollkommen egal, ob der Tadel korrekt ist oder nicht korrekt, ob er zutreffend ist oder nicht zutreffend ist. Wenn dich ein Tadel trifft, weißt du, da ist eine Identifikation und du weißt, „daran kann ich arbeiten“. Du kannst also einem Menschen dankbar sein, wann immer ein Tadel dich trifft. Zum zweiten, wenn jemand dich tadelt, dann hilft er dir auch. Die meisten Menschen, die dich tadeln, wollen dich ja nicht tadeln, sondern geben dir ein Feedback, um dir zu helfen, dich zu bessern. Wenn z.B. ein Kunde sich beschwert, dann hofft er, dass der Kaufmann oder die Bedienung oder das Unternehmen irgendetwas besser macht. Wenn der Kunde sich nicht vorstellen kann, dass der das besser macht, wird er sich auch nicht mehr beschweren. Genauso, wenn ein Freund, eine Freundin, ein Arbeitskollege, ein Chef dir negatives Feedback gibt, dann hält er dich ja für fähig, dass du dich bessern kannst. Ansonsten würde es ja keinen Sinn machen. Es macht keinen Sinn, einem Stein zu sagen: „Du bist so bewegungslos.“ Ein Stein wird sich nicht bewegen. Und genauso auch, man wird keinem Menschen vorwerfen, der vielleicht Musiker ist, dass er nicht Einsteins Relativitätstheorie besser widergeben kann, sondern man wird jemanden in der Hinsicht ein Feedback geben, wo man denkt, da könnte er sich bessern. Wenn jetzt jemand dir ein solches Feedback gibt, gibt es drei Möglichkeiten oder vielleicht noch sehr viel mehr. Das eine ist, das negative Feedback ist zutreffend. Gut, dann kannst du schauen, kannst du etwas daran ändern, kannst du das als Möglichkeit ansehen, dort dich zu verbessern. Zweite Möglichkeit, es trifft zu, aber du kannst es nicht ändern. Dann kannst du sagen: „Ok, er hat ja recht, aber ich kann es nicht ändern. So ist es halt.“ Dritte Möglichkeit, es trifft nicht zu, es ist einfach nur irrtümliche Wahrnehmung des anderen. Dann kannst du das akzeptieren, dass er es gut meint, du kannst dazu lächeln und loslassen. Auf diese Weise kannst du gleichmütig sein in Lob und Tadel und dies ist ein entscheidender Moment oder ein entscheidender Fortschritt auf dem Weg zum Gunatita und damit zum Vollkommenen.

Unbearbeitete Niederschrift eines Bhagavad Gita Audio-Vortrags mit Sukadev Bretz. Mehr Infos:

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