Bhagavad Gita, 18. Kapitel, 63. Vers

„Iti te jnanam akhyatam guhyad guhyataram maya vimrsyaitad asesena yathtecchasi tatha kuru.“
„So ist dir von Mir die Weisheit mitgeteilt worden, die geheimer ist als das Geheimnis selbst. Nachdem du all dies überlegt hast, handle, wie es dein Wunsch ist.“

Krishna entlässt Arjuna jetzt in die Freiheit. Arjuna hat zu Anfang der Bhagavad Gita gefragt: „Was soll ich tun?“ Die Bhagavad Gita ist ja auch ein Entscheidungsfindungsgespräch oder ein Beratungsgespräch für Entscheidungsfindung. Arjuna, der Schüler, geht zu Krishna, dem Lehrer. Krishna lehrt Arjuna die ganze Bhagavad Gita. Und jetzt, nachdem er Arjuna die ganze Bhagavad Gita gelehrt hat, sagt er ihm: „Und jetzt tue, was du willst.“ Eccha ist hier der Ausdruck, „wie es dein Wunsch, dein Wille ist“. Also nicht Raga, wie es dein bequemes Mögen ist, nicht Sankalpa, wie es vielleicht deine Vorsätze sind, sondern wie es dein tiefster Wille ist, dein tiefster Herzenswunsch ist.

So können wir auch im Alltag handeln. Wir können alles überlegen, was wichtig ist. Erster Schritt wäre, die Situation anschauen. „In welcher Situation bin ich?“ Zweitens wäre, welche ethischen Gesichtspunkte gilt es dort zu berücksichtigen? Ahimsa und MaitriLiebe und Nicht-Verletzen. SatyaWahrhaftigkeitAsteya – Nicht-Stehlen, Brahmacharya – Vermeiden von sexuellem Fehlverhalten, Aparigraha – Unbestechlichkeit.

All diese gilt es zu berücksichtigen in dieser Situation. Dann: „Welche Aufgabe habe ich in der Situation von meiner Rolle her?“ Das gehört auch zum Karma dazu. Dann kommt dazu: „Welche besonderen Fähigkeiten habe ich in dieser Situation, die ich einsetzen kann?“ Swarupa. Und dann kommt die Frage: „Was sagt mir mein tiefes inneres Gefühl, Herzenswunsch, Swabhava?“ Dann gilt es, Gott zu verehren. Dann gilt es, Gotthingabe zu üben. Dann ist auch nochmal die Frage, nochmals die Ethik berücksichtigen usw.

So kann man viel überlegen. Dann kommt natürlich auch nochmal, sich des Karmas bewusst zu werden, auch letztlich des Karma Yogas, bewusst zu werden, letztlich Gott macht alles, letztlich tief im Inneren, du machst nichts, du bist das unsterbliche Selbst. Tief im Inneren, was auch immer passiert, das Selbst bleibt unberührt. Du siehst, es gibt viele Gesichtspunkte zu berücksichtigen und nicht umsonst geht Krishna einen komplexen Weg in der Bhagavad Gita, um Arjuna zur Entscheidung zu bringen. Vielleicht will ich es nochmal systematischer sagen. Arjuna steht vor einer wichtigen Entscheidung. Du kannst überlegen, stehst du jetzt vor einer wichtigen Entscheidung? Dann sagt Krishna, das Selbst ist unsterblich und was auch immer du tust, es spielt nicht die ganz große Rolle, denn letztlich das Bewusstsein wird nicht verändert. Daher sei dir auch bewusst, was du jetzt entscheidest, so schwierig ist es nicht und so wichtig ist es nicht.

Dann lehrt Krishna den Arjuna die Wissenschaft des Karma Yoga. Tue, was du tun musst, oder tue das, was du tust, nicht aus Wunsch heraus, sondern weil es getan werden muss, aus Pflichtgefühl heraus. Was auch heißt, wenn du überlegst, was solltest du tun, überlege nicht vorrangig: „Was mag ich und wie kriege ich am meisten daraus und was hilft mir am besten?“ Sondern deine Motivation soll sein: „Was ist meine Aufgabe? Was ist meine Pflicht?“ Dann sei dir bewusst, es geschieht, was geschehen soll sowieso, Karma arbeitet.

Daher tue das, was zu tun ist, so gut, wie du es kannst, sonst schaffst du dir neues Karma, von ganzem Herzen, aber ohne Verhaftung, ohne das Gefühl, du bist der Tuende und ohne an der Handlung selbst zu haften. Manchmal gilt es, etwas zu tun, manchmal muss man es auch wieder loslassen. Und ohne an den Früchten der Handlungen zu hängen. Es geht nicht darum, dass dir anschließend gedankt wird oder du unbedingt etwas davon hast. Gleichmütig in Erfolg und Misserfolg, was auch heißt, ob du nachher erfolgreich bist oder nicht, ob die Sache schiefgeht oder nicht, das ist nicht wirklich das Kriterium, ob du dich richtig entschieden hast. Also nimm dir vor, wenn du vor einer wichtigen Entscheidung stehst, die Entscheidung zu treffen nach der Frage: „Was ist meine Aufgabe?“ Im Bewusstsein, du bist nur Instrument. Im Bewusstsein, dass nachher was erfolgreich ist oder nicht, das hängt nicht nur an dir. Tue es trotzdem von ganzem Herzen und so gut, wie du kannst.

Das muss aber weitergehen, nicht nur was ja doch zum großen Teil intellektuell ist. Dann bitte Gott um Hilfe, bete zu Gott und siehe hinter allem Gott. Öffne dein Herz und spüre die göttliche Gegenwart, lasse Gott durch dich wirken. Nachdem du das so vorgenommen hast, dann wiederum betrachte die Ethik. Welche ethischen Gesichtspunkte sind anzuwenden? Und dann auch, überlege, Sattwa, Rajas, Tamas. Was wäre sattwig, rajasig oder tamasig? Und überlege, was wäre Daiva, also ethisch, was wäre Asura, also unethisch. Dann wiederum frage dich: „Was sind meine besonderen Fähigkeiten, Swarupa? Was sagt mir mein Herz, Swabhava?“ Dann entscheide dich, dann bringe alles Gott dar, im Bewusstsein, Hundertprozent bist du oft nicht sicher, ob es richtig ist. Lasse es los, bringe es Gott dar, dann wirst du nichts Falsches tun.

 

 

Unbearbeitete Niederschrift eines Bhagavad Gita Audio-Vortrags mit Sukadev Bretz. Mehr Infos:

 

 

E-Mail an mich, wenn Personen einen Kommentar hinterlassen –

Sie müssen Mitglied von Yoga Vidya Community - Forum für Yoga, Meditation und Ayurveda sein, um Kommentare hinzuzufügen.

Bei Yoga Vidya Community - Forum für Yoga, Meditation und Ayurveda dabei sein