Bhagavad Gita, 18. Kapitel, 6. Vers

„Etany api tu karmani sangam tyaktva phalani ca kartavyaniti me partha niscitam matam uttamam.“
Krishna, der Lehrer, spricht zu Arjuna, dem Schüler:
„Doch auch spirituelle Handlungen müssen unter Aufgabe von Verhaftung und des Wunsches nach Belohnung ausgeführt werden, Oh Arjuna: das ist meine feste und beste Überzeugung.“


Im vorigen Vers hat Krishna gesagt, Opfer, Geben, Askese, bzw. rituelle Handlungen der Gottesverehrung, uneigennütziges Dienen und spirituelle Praktiken, diese sollte man üben, diese läutern den Weisen, diese helfen, spirituell voranzukommen. Aber auch diese sollte man tun unter Aufgabe von Verhaftung und unter Aufgabe des Wunsches nach Belohnung. Wunsch nach Belohnung könnte z.B. heißen, man erwartet Anerkennung. Man spricht öfters darüber, wie viel man praktiziert und hofft, andere schätzen das. Oder man meditiert und hofft, dass Gott einem, weil man so gut meditiert, eine immer tiefere Meditation schenken möge.

Man hatte vielleicht letzte Woche eine besonders tiefe Meditationserfahrung und übt jetzt Meditation und erwartet, dass die gleiche Erfahrung wiederkommen sollte. Es ist gut, sich bewusst zu machen, dass du meditierst, um das Höchste zu erfahren, um Gott zu erfahren, um dein höheres Selbst zu erfahren, wie auch immer du es ausdrücken willst. Und das verstärkt die Meditation, wenn du dir bewusst bist, was das Ziel, was Sinn und Zweck der Meditation ist. Aber mache das nicht mit Wunsch nach Belohnung, in dem Sinne, dass du heute erwartest, dass das und das passiert. Erwarte noch nicht mal, dass du gesund wirst, wenn du Asanas und Pranayama übst. Zwar wirst du insgesamt gesünder sein, wenn du Asanas und Pranayama übst, als wenn du es nicht üben würdest, aber im Einzelnen weißt du das nie so ganz genau, was dein Karma vorhat. Und natürlich, wenn du Krankheiten hast, dann musst du auch deine Asana- und Pranayamapraxis anpassen, dass sie vielleicht geeigneter für deine momentane Gesundheitssituation ist und für deinen Körper ist. Aber erwarte keine konkreten Belohnungen, erwarte keine konkrete Anerkennung und sei verhaftungslos.

Mit dem Verhaftungslosen ist es hier so eine Sache. Das heißt nicht, dass du mal meditieren sollst und mal nicht meditieren sollst, je nachdem, wie du dich fühlst, sondern verhaftungslos heißt, meditiere, aber sei nicht verhaftet an die konkreten Umstände. Es kann sein, dass du vielleicht mal etwas später meditieren musst, weil du später ins Bett gegangen bist. Es kann sein, dass du vielleicht mal Knieprobleme bekommst und auf einem Stuhl meditieren musst, auch wenn es doch so viel schöner ist, kreuzbeinig zu sitzen. Es kann sein, dass du vielleicht mal einen Hexenschuss hast und dich dann vielleicht anlehnen musst oder vielleicht sogar mal im Liegen meditieren musst.

Es kann sein, dass du eine schwere Krankheit hast und Asana nicht geht, mindestens nicht auf die klassische Weise. Vielleicht musst du auf vieles verzichten. In diesem Sinne, sei nicht verhaftet. Man erlebt es immer wieder, dass Menschen verhaftet sind an eine konkrete Asana-, Pranayama- und Meditationspraxis und wenn irgendwas dazwischenkommt, sei es etwas, was den Tagesablauf durcheinanderbringt, sei es eine körperliche Krankheit, sei es eine psychische Belastung, dann hören sie ganz auf. Sie waren verhaftet an diese Art der Praxis und weil sie so nicht geht, lassen sie sie ganz weg. Mache das nicht. Passe deine Praxis an. Sei also nicht verhaftet an konkrete Meditationsart, an konkrete Asana-, Pranayamaart, sondern lasse auch los.

Es ist gut, Regelmäßigkeit zu entwickeln. Es ist gut, jeden Morgen zur gleichen Zeit zu meditieren, am gleichen Ort, in der gleichen Meditationshaltung, vor dem gleichen Altar. Und es ist gut, eine Asanapraxis zu finden, von der du weißt, sie ist gut für dich, und es ist eine Reihe, die dir ausreichend Energie bringt, die gut für deinen Körper ist, und die du von der Zeit her auch machen kannst. Also, Gewohnheit ist gut. Aber mache daraus nicht Doktrin und schimpfe nicht mit Menschen, die dich mal irgendwo rausholen und hadere nicht mit deinem Schicksal, wenn das mal nicht geht. Swami Sivananda hat gerne gesungen: „Adapt, Adjust, Accomodate. Sei flexibel, passe dich an.“ Passe auch deine Asana-, Pranayama-, Meditationspraxis an. Passe auch die Art des uneigennützigen Dienens an die Menschen an. Und passe auch die rituellen Handlungen an, so wie es notwendig ist.

 

 

Unbearbeitete Niederschrift eines Bhagavad Gita Audio-Vortrags mit Sukadev Bretz. Mehr Infos:

 

 

 

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