Buddha und des Kaisers alte Hüte

© 2014 Text: Bhajan Noam

Es ist kein Pessimismus, keine Schwarzmalerei und kein unverantwortliches Verbreiten von Angst, verleugnete Tatsachen oder Gegendarstellungen zu unschlüssig empfundenen Aussagen der schönmalenden Medien über Politik oder andere Themen zu veröffentlichen. Ich nenne es Wahrheitsfindung. Ein Buddha hört genau hin und fürchtet sich nicht, Unbequemes auszusprechen.

 

Wenn alles so ist, wie es uns erzählt wird, müssen wir uns ja keine Gedanken machen. Die da oben regeln schon alles für uns... Wenn aber das, was uns erzählt wird, irgendwie merkwürdig klingt, wenn wir sehen, dass der Kaiser gar keine Kleider anhat, dann sollten wir doch diejenigen, die in ihrer Trance oder Hypnose Kleider sehen, aufwecken. Ist das Verbreitung von Angst? Sollten wir sie schlafen lassen, dass sie sich nicht vor der Wahrheit zu fürchten beginnen. Sollten wir sie im Schlaf sterben lassen, wenn es ernst wird? Wer Schlafende nicht in der Gefahr wachrüttelt, wer nicht auf Wunden zeigt, wer sie nicht aufschneidet, damit der Eiter ablaufen kann, macht sich schuldig. Er verkauft weiterhin des Kaisers alte Hüte, obwohl er den Betrug kennt. Nur Wissen um die Wahrheit durchbohrt die Schatten der Unwissenheit. Dann gelangen wir letztlich zu einem Licht, das weit jenseits von Neonlampen und Dunkelheit liegt. Aufklären ist Handeln. Erkenntnis ist die Macht, die uns eine Freiheit gibt, die jenseits dieser Sandkästen liegt.

 

Vielleicht ist der tiefe Sinn von Lügen, dass die Menschheit erwacht. Dann können wir den Lügnern am Ende danken. Doch zunächst müssen die Lügen als solche erkannt und das falsche System durchschaut werden. Der schlichte Gläubige wird vielleicht selbst selig, aber hinter sich lässt er einen finstern Abgrund, in dem seine Brüder und Schwestern ersticken. Das hätte ein Buddha nicht zugelassen, und das predigte er auch nicht seinen Mönchen. Sobald du erkannt hast, sagte er, ist es deine Aufgabe, andere auf den Weg zu führen, ihnen ein Licht zu sein. Selbstsüchtig in der Erleuchtung sich aufzulösen und der Welt zu entfliehen, war nicht Thema seiner Predigt.

 

Die Lehre des Buddha wurde oft, besonders im Westen, als pessimistisch empfunden, weil er über diese Welt als eine Ort des Leidens, der Krankheiten, des Dahinsiechens und des Sterbens sprach. Er sprach nur die Wahrheit aus und zeigte zugleich der Menschheit einen Weg aus diesem Kreislauf des Leidens auf. Dieser Weg, den er predigte, war keine Flucht in ein Samadhi. Dieses Wort benutzte er bewusst in keiner Rede. Er lehrte den edlen achtfachen Pfad der Tugend: Rechte Einsicht, die zu Erkenntnis führt; rechte Gesinnung, rechtes Denken, das zu einen weisen Entschluss führt; rechte Rede, welche in die Herzen der Zuhörenden einen Samen der Weisheit legt; rechtes Handeln, das der Gemeinschaft dient und Glück erschafft; einen rechten Lebenserwerb, der nicht auf Kosten anderer gewonnen wird, der niemanden übervorteilt und beraubt; rechtes Streben nach Weisheit, Güte, Liebe und Gerechtigkeit; rechte Achtsamkeit, die zu einem wachen, meditativen und allen gegenüber freundlichen Lebenswandel führt; rechte Sammlung, die auf ein Erwachen hin zielt.

 

Dieses Erwachen aber nannte der Buddha Nirvana. Denn auf Samadhi, so erkannte er, kann man sich ja noch etwas einbilden und damit dem spirituellen Ego erliegen, das weit schlimmer und gefährlicher als das normale, weltliche Ego ist. Aber Nirvana, wem gegenüber willst du damit prahlen? Nirvana verpflichtet dich, normal zu bleiben, auf dem Boden zu bleiben, ein liebender Mensch unter liebenden Menschen zu sein – und unter Menschen, die auch gerne lieben würden, aber anders konditioniert wurden.  

 

- Bhajan Noam -  

 

Seiten des Lebens: www.bhajan-noam.com

 

 

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