Betrachte alles als deinesgleichen

Ich lese etwas aus dem Buch „Licht, Kraft und Weisheit“ von Swami Sivananda. Es hat aufgeschlagen „Betrachte alle als deinesgleichen“.

Menschen sind auf der einen Seite unterschiedlich, auf der anderen Seite sind Menschen alle ähnlich. Auf einer Seite hat jeder seine Besonderheiten. Ich glaube, es gibt keine zwei Menschen, die den gleichen Fingerabdruck haben, keine, die den gleichen Irisabdruck haben. Außer eineiigen Zwillingen haben nicht zwei Menschen die gleichen Gene. Dennoch sind Menschen alle ähnlich und zwar jetzt unabhängig, ob die Hautfarbe jetzt schwarz, weiß, rot oder gelb ist.

Ich glaube, das hat sich inzwischen als Erkenntnis durchgesetzt. Als Swami Sivananda das geschrieben hatte, war das noch nicht so ganz klar. Oder ob Menschen jetzt Christen, Hindus, Moslems, Atheisten, Agnostiker, Buddhisten oder ihren persönlichen Überzeugungen folgen, ist letztlich auch kein allzu großer Unterschied. Ob Menschen in Industriestaaten oder modernen Wissensgesellschaften oder in traditionellen Gesellschaften leben, Mensch ist dennoch ähnlich. Und wir sind alle Teil einer großen Menschheitsfamilie. Und intellektuell ist das für die meisten inzwischen klar, mindestens – ich vermute – für alle, die jetzt hier sitzen.

Manchmal aber macht man große Unterschiede, „der ist so viel besser als ich“ oder „der taugt nichts“ oder „der ist böse“ usw. So hat man verschiedene instinktive Gedanken und so gilt es immer wieder zu schauen, wir sind auf allen Ebenen verbunden. Zum einen, wir atmen die gleiche Luft. Tatsächlich, wenn wir in diesem Raum sind, atmen wir nicht nur die gleiche Luft, sondern sogar dieselbe Luft. Und wir trinken das gleiche Wasser. Und selbst wenn der eine das irgendwo mit Pfefferminzgeschmack anreichert und der nächste es vorher filtert mit Chi-Filter oder mit Granderenergiestäben auflädt und der ein oder andere dort noch irgendwelche anderen Zusätze, wir trinken H2O.

Wir essen Nahrung, die auch wieder aus ähnlichen Molekülen besteht und letztlich auch Prana dabei hat. Wir gehen und sitzen und stehen und bewegen uns auf der gleichen Erde. So sind wir auf dieser Ebene alle miteinander verbunden. Wir sind verbunden auf der geistigen Ebene. Also nicht auf der höchsten spirituellen Ebene – geistig kann man auch die höchste spirituelle Ebene interpretieren. Die Psyche der Menschen funktioniert auch ähnlich und man kann sagen, jede Neigung, die in jedem Menschen ist, ist in unterschiedlichem Grad auch in jedem anderen irgendwo drin, jetzt als Grundneigung, Grundstruktur. So sollten wir uns niemals über einen anderen stellen, aber uns auch nicht zu klein machen.

Irgendwo sind wir dort auch miteinander verbunden. Und nicht nur sind wir miteinander verbunden, weil wir ähnlich gestrickt sind, sondern auch weil, auf einer feinstofflichen Ebene sind wir alle miteinander verbunden. Wir werden beeinflusst von anderen, wir beeinflussen andere. Wir können uns natürlich auch ein bisschen darum bemühen, uns auf höhere Schwingungen einzulassen, indem wir einfach selbst uns bemühen, positive Schwingungen zu verbreiten. Wir können uns bemühen, anderen Lichtgedanken zu geben. Aber wir sind alle miteinander verbunden. Und auf der allerhöchsten Ebene sind wir eins. Wir sagen: „Aham Brahmasmi. Ich bin Brahman.“ Oder: „Ayam Atma Brahman.

Das eigene Selbst ist das gleiche Selbst wie Brahman.“ Auch im Deutschen gibt es ja auch kein Plural von Bewusstsein, es gibt nicht Bewusstseine. Es gibt nicht hier zweihundert Bewusstseine in diesem Raum, sondern es gibt ein allumfassendes Bewusstsein und dieses Bewusstsein kann sich manifestieren in so vielen Einzelseelen oder Einzelkörpern und Geist. Auch von „Geist“ gibt es keinen echten Plural. Der Plural von „Geist“ ist nicht „Geister“, das ist wieder etwas anderes. Also in so vielen Manifestationen des kosmischen Geistes kann sich dieses allumfassende Bewusstsein manifestieren. Und das ist gut, sich immer wieder bewusst zu machen, aus dieser Bewusstheit heraus entsteht dann Liebe. Liebe ist nichts anderes als diese Erfahrung von Verbundenheit. Mit manchen hat man vielleicht eine spezielle Liebe, hoffentlich auf irgendeine der verschiedenen menschlichen Weisen, und wir können es lernen, eine weitere Liebe zu allen Wesen zu haben als Ausdruck, alle sind verbunden und gleich.
Ich lese nur noch einen Satz aus diesem Abschnitt oder zwei:

„Spüre, dass alle ein Teil von dir sind. Fühle überall und in jedem die göttliche Gegenwart. So bist du sicher, höchstes Wissen und höchste Freude zu erfahren.“

Hari Om Tat Sat

 

Unbearbeitete Niederschrift eines Kurz-Vortrags mit Sukadev Bretz. Gehalten im Rahmen eines Satsangs nach der Meditation bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Infos:

 

 

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