Woran man die wahre Spiritualität erkennt

Hallo und herzlich willkommen zu den Yoga Vidya täglichen Inspirationen! Heute lese ich etwas aus der Bhagavad Gita, aus dem Zwiegespräch zwischen Krishna, dem Lehrer und Arjuna, dem Schüler, aus dem 17. Kapitel. Arjuna, der Schüler, stellt Krishna dort folgende Frage: „Wie ist der Zustand der Menschen, die gläubig opfern, ohne die Gebote der Schriften zu beachten, Oh Krishna? Sind sie sattwig, rajasig oder tamasig?“ Krishna hatte vorher zu Arjuna über Sattwa, Rajas, Tamas, über Asura und Daiva gesprochen, also über das, was einem hilft, zum Höchsten zu kommen und das, was einen ins Leiden führt. Krishnas Antwort war, dass wir verhaftungslos dienen sollten, mit Enthusiasmus nach dem Höchsten streben, bewusst sein und uns als Instrumente in den Händen des Göttlichen fühlen. Er hatte auch gesagt, wir sollten den Schriften folgen, denn die Schriften sind von großen Heiligen und Weisen geschrieben worden, welche aus eigener Erfahrung wussten, was zum Höchsten führt. Wir brauchen nicht immer das Rad neu zu erfinden. Es ist nicht nötig, dass jeder für sich die Gesetze der Mathematik neu erforscht. Menschen gehen in die Schule. Grundschule, dann Mittelstufe, Oberstufe, irgendwann gehen sie an die Uni oder in einen Meisterbetrieb. Genauso ist es auch auf spirituellem Gebiet. Es wäre sinnlos, wenn man sagen würde: „Finde selbst heraus, wie das geht.“ Das wäre so ähnlich, wie wenn man jemandem sagt: „Hier hast du eine Tonne Metall und ein bisschen Öl, jetzt mache daraus ein Auto.“ Metall braucht man für die Karosserie und aus Öl kann man alle Plastikteile machen. Aber nicht, ohne den Konstruktionsplan zu kennen und nicht ohne die richtigen Maschinen. Darum ist es wichtig, dass man die Konstruktionspläne des spirituellen Wachstums kennt und die richtigen Techniken beherrscht. Und die findet man in den Schriften. Es gibt natürlich auch Menschen, die praktizieren, ohne die Schriften zu kennen. In früheren Zeiten war es erheblich schwerer als heute, mit den Schriften zu arbeiten, denn die Schriften waren nicht so einfach zu haben. Die Veden zu bekommen, das war früher nahezu unmöglich. Und einen Lehrer zu finden, der einem helfen konnte, war auch nicht einfach. Heute haben wir jede Menge Bücher. Es gibt Verkehrsmittel, so dass ihr von Süddeutschland ins Haus Yoga Vidya kommen könnt oder sogar nach Indien. Früher wäre eine Reise von Hannover bis hierher eine Wochenreise gewesen. Heute haben wir es einfacher und deshalb ist es auch gut, wenn wir das nutzen. Der Nachteil ist, dass wir heutzutage viel mehr Ablenkung haben. Es gibt eben nicht nur die Bhagavad Gita und das Yoga Sutra und die Upanishaden und die Schriften selbstverwirklichter Meister, sondern jede Menge Bücher von selbsterklärten Meistern, die irgendetwas entdeckt und erfahren haben. Daher ist es gut, sich, wenn man auf dem spirituellen Gebiet voranschreiten will, zu überlegen: „Wem folge ich?“. Es gibt das alle möglichen neueren Entwicklungen, die die Menschen vielleicht zur Beschäftigung mit ihrer Psyche führen und dazu, ihre Emotionen aufzulösen. Man könnte sagen, irgendwo ist das auch hilfreich. Aber wir sollten aufpassen, dass wir das dann nicht für die selig machende Sache halten. Gerade deswegen gibt es ja in den alten Schriften verschiedene Kriterien, anhand derer wir schauen können, wem wir folgen können. Zum Beispiel sollten sich diese Schriften auf noch ältere Quellen beziehen. Wenn ein moderner Meister etwas sagt, dann muss man schauen, ob das, was er sagt den Schriften entspricht. Selbstverwirklichung ist nichts Neues, sondern etwas Uraltes. Es muss auch nachvollziehbar sein, also intellektuell fassbar. Zwar ist das Höchste nicht wirklich intellektuell fassbar, aber wenn jemand etwas sagt, das ganz offensichtlich unsinnig ist, dann sollte man auch nicht einfach gelten lassen. Die alten Schriften sagen, Spiritualität ist auch logisch nachvollziehbar. Das ist nicht einfach etwas, was jeglicher Vernunft widerspricht. Spiritualität geht jenseits der Vernunft, aber man kann sie auch über Vernunft fassen. Zum Dritten sollte die Lehre auch den eigenen Erfahrungen entsprechen. Man kann auch sagen, es sollte die Alltagserfahrung mit einbeziehen, aber auch den eigenen spirituellen Erfahrungen entsprechen und auch den naturwissenschaftlichen Forschungen nicht widersprechen. Das ist ja auch das Schöne, dass eine Menge von den alten spirituellen Wahrheiten heute durch empirische Forschung bestätigt worden sind. Das heißt nicht, dass die empirische Forschung das Nonplusultra auf dem spirituellen Gebiet ist, aber die empirische Forschung könnte bestimmte Behauptungen auch falsifizieren und sagen, dass das so einfach nicht korrekt ist. Außerdem sollte man immer davon ausgehen, dass jeder das höchste Bewusstsein erreichen kann und nicht nur irgendwelche Auserwählten. Spiritualität ist nichts Elitäres. Spiritualität kann jeder leben. Außerdem sollten die Schriften in Harmonie sein mit anderen Meistern. Wenn jemand sagt: „Alle anderen reden Unsinn. Ich bin der einzige, der das weiß“, dann stimmt ewas nicht. Schon, wenn einer sagt: „Mit meiner Methode kommt man viel schneller ans Ziel. Mit meiner Methode schafft man das alles in einem halben Leben, was andere erst in hundert schaffen.“ Das ist nichts anderes, als eine sanft formulierte Version des Alleinvertretungsanspruchs, denn wer will etwas machen, was hundert Leben braucht, wenn er es auch in ein paar Jahren haben kann. Die alten Yoga Schriften wie die Yoga Sutra bzw. die Meister, die mit diesen Schriften gearbeitet haben wissen auch: die spirituelle Arbeit ist letztlich dem Schüler selbst überlassen. Ein Meister, der sagt: „Du brauchst gar nichts machen, ich mache alles für dich, gib mir nur dein Geld und dann meditiere ich für dich“, ist ein Betrüger. Da heißt es, sich schleunigst aus dem Staub zu machen. Es gibt genügend Meister, die das auf die ein oder andere Weise verbrämt sagen, die vielleicht sogar eine bestimmte magnetische Ausstrahlung haben und damit die Menschen für eine Weile faszinieren, oder besser gesagt, energetisch verwirren können. Die Verantwortung für den Weg haben wir aber letztlich immer selbst. Schriften können uns helfen, Praktiken können uns helfen, Meister können uns helfen, aber wir müssen den Weg selbst gehen. Hari Om Tat Sat Transkription eines Kurzvortrages von Sukadev Bretz im Anschluss an die Meditation im Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Yoga Vorträge als mp3
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