Was ist Nächstenliebe?

Hallo und herzlich willkommen zu den Yoga Vidya täglichen Inspirationen! Ich lese wieder etwas aus dem Buch „Göttliche Erkenntnis“ von Swami Sivananda, aus dem Kapitel „Nächstenliebe“. Im Original verwendet Swami Sivananda den Begriff „charity“ ist. Das heißt übersetzt „Nächstenliebe“, aber auch „Wohltätigkeit“. Was ist also Nächstenliebe und was ist Wohltätigkeit?

„Jede gute Tat ist Nächstenliebe. Dem Durstigen Wasser zu geben, ist Nächstenliebe. Ein ermunterndes Wort an den Verzweifelten zu richten, ist Nächstenliebe. Einem Kranken etwas Medizin zu geben, ist Nächstenliebe. Einen Dorn oder Glassplitter auf der Straße zu beseitigen, ist Nächstenliebe. Freundlichkeit und liebevoll zu sein, ist Nächstenliebe. Ein bisschen Schaden, den man dir zugefügt hat, zu vergessen und zu vergeben, ist auch Nächstenliebe. Jedes freundliche Wort an einen Notleidenden, ist Nächstenliebe. Nächstenliebe und Wohltätigkeit beschränkt sich nicht auf Maßstäbe von Dollars, Rupien oder Schillingen, die man gibt. Oder Euros. Denke gut an leidende Menschen. Bete für ihr Wohl. Das wird mehr Gutes bewirken als viel Geld.“
Ein wichtiger Aspekt des Yoga ist Karmayoga, das uneigennützige Dienen, anderen zu helfen. Es kann so etwas wie eine Grundeinstellung eines Yoga Aspiranten sein, zu sagen, dass man etwas Gutes bewirken will für jeden, mit dem man zu tun hat. Natürlich immer im Rahmen der eigenen Möglichkeiten. Wir sind nicht vollkommen. Wir sind auch nicht allmächtig. Aber jeder hat etwas zu geben, und wir können die Grundeinstellung haben: Möge unser Leben eine positive Kraft für andere sein. Für jeden, mit dem ich zutun habe – wenn es mir irgendwie möglich ist – möchte ich etwas Gutes tun.“

Dies ist ein unglaublich schöner Vorsatz. Jedes Mal, wenn wir ihn in die Tat umsetzen, öffnet sich unser Herz und wir spüren das, was Yoga eigentlich heißt: Einheit und Verbundenheit. Wir spüren Liebe. Und das ist ein schöneres Gefühl, als wenn wir sagen: „Ich habe jetzt soviel geschafft und soviel geleistet und soviel angesammelt und soviel Ansehen erreicht.“ Es ist viel schöner, wenn wir spüren, dass wir einen Menschen eine Spur glücklicher gemacht haben.

Swami Sivananda beschreibt hier dafür eine Menge von Möglichkeiten. Wenn wir jemanden sehen, der Durst hat, dann geben wir ihm Wasser. Wenn wir sehen, dass jemand verzweifelt ist, dann spüren wir nach, ob wir ihm oder ihr helfen können. Man hat oft die Tendenz, jemandem in Ruhe zu lassen, der verzweifelt ist. Man denkt, dass Ruhe vielleicht am besten ist. Manchmal ist das auch so. Aber relativ häufig freut sich der andere mehr, wenn man ihm ein aufmunterndes Wort sagt oder irgendein kleines Geschenk macht oder ihm eine Aufmerksamkeit, ein kleines Kompliment macht. Wenn man sieht, dass jemand krank ist, dann kann man ihm vielleicht doch helfen.

Swami Sivananda nennt das: „Medizin geben.“ Zu Swami Sivanandas Zeit war die medizinische Versorgung in Indien in großen Teilen des Landes inexistent. Darum hat er auch immer empfohlen, ein paar Grundmedikamente mit zu nehmen, wenn man irgendwo hinging. Das war nicht nur ayurvedische Medizin. Er hat auch empfohlen, ein paar Kapseln Aspirin mitzunehmen – ein paar Heilkräuter und natürlich auch ayurvedische Mittel.

Swami Vishnu hat sich auch manchmal einfach ein paar selbst gemachte Placebos mitgenommen. Wenn jemand krank war, sagte er: „Nimm das und dir geht’s besser.“ Und dann ist es demjenigen sofort besser gegangen. Das war immerhin besser als gar nichts. Natürlich haben sowohl Swami Sivananda als auch Swami Vishnu auch viele Yogaübungen gelehrt –ganz einfache, die man in ein paar Minuten beibringen kann.
Sie haben auch gelehrt, einfach freundlich und liebevoll zu sein und Kränkungen zu vergeben. Manchmal können wir zumindest gut an jemand anderen denken und ihm freundliche Gedanken schicken. Es kann auch sein, dass wir jemanden herausfordern, indem wir eben mal nicht freundlich sind, sondern im Gegenteil ihn auffordern, über seine Grenzen hinauszuwachsen. Aber auch das können wir mit der Intention von Nächstenliebe machen, um ihn zu helfen und zu dienen. Es ist letztlich die Einstellung, die zählt. Wir sollten uns aber immer bewusst sein, dass Liebe und Freundlichkeit eine Grundstimmung sein kann, die unser Herz öffnet und uns in die Einheitserfahrung bringt.

Hari Om Tat Sat

Transkription eines Kurzvortrages von Sukadev Bretz im Anschluss an die Meditation  im Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr <a href="http://www.yoga-vidya.de">Yoga Vorträge als mp3</a>


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