Das Yoga Sutra will uns zu Rajas machen, zu Königen, zu Herrschern über unser Leben. Das eigentliche Ziel des Raja Yoga ist Kaivalya, Befreiung. Und in den ersten beiden und auch im letzten Kapitel, geht es hauptsächlich darum, wie wir uns von allen Verhaftungen, Begrenzungen und Wünschen befreien können.
Aber im zweiten Kapitel hat Patanjali auch gesagt, dass es einen Sinn gibt, dass wir in dieser Welt sind. Manche Kommentatoren werfen Patanjali vor, dass er weltfremd sei. Gerade manche Indologen - typischerweise diejenigen, die das dritte Kapitel überlesen - sagen, dass es Patanjalis Ansatz wäre, den Menschen aus der Welt herauszuführen. Das halte ich für falsch, denn Patanjali spricht im zweiten Kapitel vom Sinn dieser Welt.
Er spricht davon, dass der Sinn der Verbindung von Purusha und Prakriti darin liegt, dass Purusha die Kräfte erkennt, die es selbst in sich trägt und die auch in Prakriti sind. Seiner Meinung nach gehört zum Sinn des Lebens auch, Bhoga zu genießen. Dieses Leben zu genießen, ist durchaus auch einer der Gründe, warum wir auf dieser Welt sind. Und natürlich geht es auch um Befreiung.
Patanjali spricht relativ häufig über Maitri Bhavana: Mitgefühl. Und damit spricht er einen weiteren Sinn dieses Lebens an, nämlich Liebe zu entwickeln, anderen zu dienen und zu helfen. So gesehen gibt es laut Patanjali einen vierfachen Sinn im Leben. Es geht darum, Erfahrungen zu sammeln, seine Kräfte zu entfalten, also wirklich aktiv etwas zu tun, sich zu bemühen, seine Kräfte zu entfalten. Es geht darum, Mitgefühl zu zeigen, anderen zu helfen und zu dienen. Und es geht darum, zur Befreiung zu kommen. Manchen Kommentatoren geht es im Grunde nur um diesen vierten Sinn des Lebens. Aber Patanjali spricht alle drei an. Und so ist ein Leben nach Raja Yoga ein volles Leben. Alle vier Ziele helfen der Befreiung. In diesem Kontext ist das dritte Kapitel ganz besonders wichtig, denn darin geht es darum, intensiver leben, engagierter leben, alle seine Kräfte zu entwickeln und zum Wohle anderer zu nutzen.
Im dritten Kapitel sind viele Techniken beschrieben, wie man erfolgreicher im Alltag werden kann, wie man anderen besser dienen kann, wie man seinen Erfahrungshorizont erweitern kann, wie man seine Beziehungen mit anderen Menschen intensiver gestalten kann und wie man auch darüber letztlich zur Befreiung und zum Höchsten kommt. Darum halte ich dieses Kapitel für so wichtig.
Hari Om Tat Sat
Transkription eines Kurzvortrages von Sukadev Bretz im Anschluss an die <a href="http://www.yoga-vidya.de">Meditation</a> im Satsang im Haus Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr <a href="http://www.yoga-vidya.de">Yoga Vorträge als mp3</a>
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