Bhagavad Gita , 13. Kapitel, 21. Vers

„Purusah prakrti-stho hi bhunkte prakrti-jam gunan karanam guna-sango’sya sad-asad-yoni-janmasu.“

„Da sich die Seele innerhalb der Natur befindet, erfährt sie die aus der Natur stammenden Eigenschaften; Verhaftung an die Eigenschaften ist die Ursache für ihre Geburt in guten und nicht so guten Mutterschößen.“

Purusha ist jetzt innerhalb der Prakriti. Purusha erfährt die aus der Natur stammenden Eigenschaften, die Gunas. Verhaftung an diese Eigenschaften ist dann die Ursache, sowohl für Geburt, wie auch für Tod, fürGlück und Unglück usw. Immer wieder ist ja das Thema dieses Kapitels, der Yoga der Unterscheidung zwischen dem Feld, die Prakriti, und dem Kenner des Feldes, Purusha. Du bist das Bewusstsein. Du bist das Bewusstsein hinter allem. Immer wieder werde dir bewusst: „Ich bin nicht der Handelnde. Ich bin auch nicht Vergnügen und Schmerz. Ich bin auch nicht Anhaftung. Ich bin auch nicht all meine Wünsche.“ Sei dir bewusst, all das ist Teil der Prakriti. Es gibt innere Prakriti, es gibt äußere Prakriti. Identifiziere dich weder mit dem einen, noch mit dem anderen, sondern erkenne: „Ich bin das unsterbliche Selbst.“ Und beobachte, wann Verhaftungen kommen und wann Identifikationen kommen. Jemand spricht eine Weile freundlich zu dir. Du kannst dich daran verhaften. Wenn du dich daran verhaftest, wirst du dich sehr ärgern, wenn er mal nicht freundlich zu dir spricht. Ein Mensch tut das, was du willst. Er wird das nicht dauerhaft tun. Sei nicht daran verhaftet, sondern nimm Menschen so an, wie sie sind und nicht nur, wie sie jetzt sind, sondern wie sie in ihrem Potenzial sind und wie sie sich noch entwickeln mögen. Sei neugierig, was als nächstes kommt. Auch deine äußere Situation. Du magst vielleicht sagen: „Ah, jetzt habe ich sie endlich so, wie ich sie gerne hätte.“ Das kann morgen schon anders sein. Identifiziere dich nicht damit. Identifiziere dich auch nicht mit deinem Geld. Identifiziere dich nicht mit deinem Auto, deinem i-Phone, deinem Smart Phone, deinem Podcast-Hörer, deinem Computer usw. Und identifiziere dich auch nicht mit Menschen. Das ist vielleicht besonders schwierig. „Mein Kind, mein Mann, meine Frau, mein Partner, meine Partnerin, mein Kollege, meine Yogalehrerin, meine Mutter, mein Vater usw.“ Wir sind alle eins. Du bist eins mit allen Wesen, nicht nur deinem Kind, sondern mit allen Kindern. Du bist eins nicht nur mit deinem Partner, mit allen Menschen. Du bist nicht nur besonders verbunden mit deiner Mutter und deinem Vater, sondern mit allen Wesen auf dieser Welt. Du magst in diesem Leben und jetzt besondere Beziehungen haben und diese Beziehungen haben auch ihre eigenen Aufgaben, sie haben ihre eigene Schönheit, auch ihre eigenen Freuden. Nur, identifiziere dich nicht so sehr damit. Vor allen Dingen, verhafte dich nicht daran. Deine Kinder werden sich im Lauf der Zeit anders entwickeln. Sie werden irgendwann eine andere Beziehung zu dir haben. Lass los. Sie werden auch eine andere Beziehung zu dir haben als du denkst, dass sie haben sollten. Lass los. Nimm es an. Deine Eltern werden sich anders entwickeln als du es gerne hättest. Lass los. Nimm es an. Auch dein Partner wird sich anders entwickeln als du es vielleicht denkst. Lass los. Nimm es an. Selbst du selbst wirst dich anders entwickeln als du denkst. Spirituelles Wachstum heißt auch, immer wieder neugierig sein, was entwickelt sich. Sei nicht verhaftet, noch nicht mal daran, dass mehr Meditation dir immer mehr Energie geben soll. Meditation gibt dir mehr Energie, aber nicht immer in dem Moment so, wie du es gerne hättest. Spirituelles Wachstum hat seine eigenen Gesetzmäßigkeiten und verläuft glücklicherweise anders als wir es gerne hätten. Sei also nicht verhaftet an das, was du erfährst. Sei nicht verhaftet an die Eigenschaften. Beeinflusse die Eigenschaften soweit du kannst, dass sie mehr sattvig sind, reiner sind, liebevoller sind, freudevoller sind, aber sei nicht verhaftet, denn du bist das unsterbliche Selbst.

Unbearbeitete Niederschrift eines Bhagavad Gita Audio-Vortrags mit Sukadev Bretz. Mehr Infos:

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Kommentare

  • Lieber Sukadev,

    ich danke dir sehr herzlich für deinen Beitrag über Verhaftungen. Er hat mir sehr geholfen.
    Nächste Woche stelle ich ein paar Bücher vor und versuche ein wenig die Brücke zwischen westlicher und fernöstlicher Philosophie zu schlagen. In dem Buch von Tim Parks: "Die Kunst still zu sitzen.", geht die Hauptperson durch ein Martyrium von Krisen und Schmerzen. Irgendwann rät ihm jemand, einfach still zu sitzen. Er versucht dies u.a. in einer Meditationsgruppe, wo ihm geraten wird, sich ständig zu vergegenwärtigen: "Schmerzen, Schmerzen, nicht meine Schmerzen." Er versteht dies nicht und es wird auch nicht weiter erklärt. Mit Hilfe der Yogaphilosophie versuchte ich nun viel zu umständlich eine Erklärung..
    Deine Worte und der zitierte Vers aus der Bhagavad Gita helfen mir. Danke.

    Ich bitte um etwas Fürbitte im Satsang am Donnerstag Abend, wenn ich meinen kleinen Vortrag halte.
    Danke. OM shanti. Devani

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