Unbedingte tiefere Freude

Vorgestern Abend hatte ich so gesprochen über einen der Aussprüche von Swami Sivananda, die er in verschiedenen Büchern beschrieben hat. Und er sagt: „Beginne den Tag mit Gott, schließe den Tag mit Gott und fülle den Tag mit Gott.“ Und die Bhajans, die wir gerade gesungen haben, drücken das sehr weit aus, insbesondere, den Tag füllen.

 

Diese beiden Bhajans, Brahmamurari und Nama Ramayana, enden immer mit entweder Lingam, das heißt Licht, oder mit Ram, Freude. Und davor wird alles Mögliche aufgezählt und das ist letztlich, den Tag vollständig füllen mit Gott. Was auch immer kommt, letztlich ist es Gott. Es ist etwas, was uns zum Licht führen will und es ist etwas, was uns zur unbedingten Freude führen will. Es gibt bedingte Freude und es gibt unbedingte Freude. Bedingte Freude heißt: „Ich bin glücklich, wenn es ganz besonders tolle Salatsoße gibt.“ Oder: „Ich bin ganz besonders glücklich, wenn irgendwo die Nudeln auf eine bestimmte Weise gemacht worden sind. Ich bin ganz besonders glücklich, wenn das Wetter genau so an dem Tag ist, wie ich es gerne hätte.“

 

Das ist bedingte Freude. Und die bedingte Freude hat zwei Nachteile. Eigentlich hat es drei Nachteile. Der erste Nachteil ist, es tritt oft nicht so auf, wie wir es gerne hätten. Zweitens, wenn es auftritt, nach einer Weile merken wir, es war nicht so, wie ich es gerne gehabt hätte. Und das dritte ist, selbst wenn es auftritt und ich hätte es auch gerne, es geht dann irgendwann wieder weg. Also, bedingte Freuden sind vorübergehend. Aber unbedingte Freude heißt, wir erkennen, dass hinter allem irgendwo eine tiefere Freude ist. Wenn wir merken, Sonne ist schön, aber Regen ist auch schön. Schnee ist schön, aber wenn es schmilzt, ist auch schön. Schneeschippen ist schön, vielleicht anstrengend, vielleicht lästig, aber irgendwo, ist auch was Schönes. Und dann ist es eine tiefere Freude.

 

Deshalb, wir können überall sagen: Ram, alles Freude. Ich kannte mal einen – das ist schon über zwanzig Jahre her – vor fünfundzwanzig Jahren habe ich mit dem enger zusammengearbeitet und der hat das Ram amerikanisiert und hat gesagt: „So much fun.“ Der war Leiter des Bauteams. Und manche kennen es, ich habe es schon öfters erzählt, dort der Ashram, der hatte damals schon wenig Geld gehabt und davor noch weniger und dort war nie Geld gewesen, um irgendwie was vernünftig wiederherzustellen. Und da ist ständig der Strom ausgefallen und das Wasser ausgefallen, das Warmwasser ausgefallen und manchmal ist die Kanalisation ausgefallen und manchmal war das Dach undicht und so alles Mögliche. Und immer wenn eine neue Katastrophe kam, so die erste Reaktion war: „So much fun.“ Und wenn er dann auf andere im Bauteam zugetreten ist, hat er gesagt: „Wir haben einen neuen Grund, Spaß zu haben.“

 

Ich habe viel von ihm versucht, zu lernen. Und ich kannte einen anderen, der hat auch immer tatsächlich „Ram Ram“ gesagt. Da war wirklich dann dieses „Ram Ram“. Irgendwo jemand hat gesagt: „Demnächst kommen Gläubiger und wollen irgendwo pfänden.“ Also, ich war schon in Zentren, wo die Situation immer sehr schwierig war. Er hat dann gesagt: „Ram Ram.“ Wenn wir gesagt haben: „Was sollen wir jetzt machen?“ Dann sagte er erst mal: „Ram Ram.“ Ich erzähle euch nur diese Sachen, dass ihr seht, auch in Yoga-Zentren ist nicht immer nur Freude und Grund zur Freude, sondern es gibt manchmal auch existentielle Schwierigkeiten. Swami Sivananda im Ashram – dort gab es ja auch, gerade in den 40er bis Mitte der 50er Jahre, in den 30er erst recht, stand immer wieder der Ashram kurz vor dem Bankrott. Und wenn dann die Schüler zum Meister gegangen sind und die Teamleiter und gesagt haben: „Meister, wir wissen nicht, was wir machen sollen, ob der Ashram noch überlebt.“

 

Da sagte er: „It’s all God’s work. Es ist alles Gottes Wirken. Wenn Gott will, dass der Ashram weiter existiert, dann existiert er weiter und wenn nicht, gehen wir halt betteln.“ In Indien ist für Swamis durchaus eine ehrenwerte Tätigkeit, auch betteln zu gehen. Und er hat gesagt: „Notfalls gehen wir halt betteln oder in die Suppenküchen“ - die es dort eben auch in einfachster Form gab – „gehen wir halt da hin. Wir brauchen keine Angst zu haben. Engagiert euch, lernt aus dem, was dort ist, macht eure Aufgabe so gut, wie ihr könnt, aber im schlimmsten Fall gibt es Suppenküchen.“ Also, diese Einstellung können wir haben und dann nehmen wir alles als Herausforderung an, wir nehmen alles als Manifestation von Brahman an, dieses Tat.

 

Wir nehmen alles als Möglichkeit der Verehrung Gottes, Pranamami. Wir sehen es alles als Möglichkeit, Güte zu zeigen, was auch immer das heißen mag, Sada. Wir nehmen es an als etwas, wo wir unser Herz öffnen können, um Liebe zu zeigen, Shiva. Wir nehmen es an als etwas, wo wir das Licht Gottes dahinter sehen wollen, Lingam. So ähnlich wie auch, hinter Wolken ist letztlich die Sonne, sonst würden wir die Wolken gar nicht sehen. Deshalb, hinter allem, was da ist, ist irgendwo das Licht. Und alles kann Grund sein für Ram, für Freude. Selbst vorübergehend mal zu weinen, kann Grund zur Freude sein.

 

Menschen gehen ja auch ins Kino und die beliebtesten Kinofilme sind nicht die, wo es von Anfang an nur freudig und schön ist. Gut, es gibt ein paar Comedy, Ulk-Filme, aber das sind Einzelheiten. Die meisten beliebten Kinofilme sind die, wo Drama ist, wo Menschen ein paar Tränen vergießen, wo sie bangen usw. Und so ähnlich können wir auch sagen, wenn wir in unserem Leben ein bisschen Drama haben und wenn es ein bisschen schwierig ist, auch können wir sagen, im Grunde genommen, das ist auch ein volles Leben und hinter allem ist irgendwo Freude.
Ram Ram

 

Unbearbeitete Niederschrift eines Kurz-Vortrags mit Sukadev Bretz. Gehalten im Rahmen eines Satsangs nach der Meditation bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Infos:

 

 

 

 

 

E-Mail an mich, wenn Personen einen Kommentar hinterlassen –

Sie müssen Mitglied von Yoga Vidya Community - Forum für Yoga, Meditation und Ayurveda sein, um Kommentare hinzuzufügen.

Bei Yoga Vidya Community - Forum für Yoga, Meditation und Ayurveda dabei sein