Om Namah Shivaya
Im Yoga beginnen wir meistens, indem wir „Shanti“ sagen und wir schließen mit „Shanti“. Shanti heißt Frieden. Shanti drückt aus, dass wir eine tiefe Sehnsucht haben, Frieden zu erfahren. Die Yogis sagen, wir haben deshalb eine tiefe Sehnsucht nach Frieden, weil Frieden unsere wahre Natur ist. Yoga, das Wort selbst, heißt Einheit, es heißt Harmonie, es heißt Verbindung. Und wenn man in Harmonie mit sich selbst ist, ist man in Frieden mit sich selbst. Wenn wir in Harmonie mit unseren Mitgeschöpfen sind, sind wir natürlich im Frieden mit unseren Mitgeschöpfen. Und Harmonie mit der ganzen Welt, Frieden mit der ganzen Welt.
So kann man letztlich sagen, Yoga und Shanti ist etwas sehr Ähnliches. Unsere wahre Natur ist Frieden, sagen die Yogis. Tief im Inneren ist in jedem Menschen der spirituelle Kern, in jedem Menschen ist Liebe, in jedem Menschen ist Frieden, in jedem Menschen ist Verbindung. Dann, wenn wir tief in uns selbst ruhen, spüren wir uns in Frieden mit uns selbst. Kein Mensch, wenn er irgendwo tief in sich ist, fühlt sich zerrissen. Zerrissen ist dann, wenn wir nicht die Tiefen erreicht haben. Und so hilft Yoga, tief nach innen zu kommen zu dieser Quelle des inneren Friedens. Wir wollen aber nicht nur Frieden in uns selbst erfahren, wir wollen Frieden mit unseren Mitmenschen erfahren. Und Yoga gibt Techniken, mit denen wir uns in einen anderen Menschen gut hineinversetzen können. In einen anderen Menschen hineinversetzen ist nicht nur friedvoll, denn zunächst mal spüren wir dann die Stimmungen des Menschen. Menschen, die Yoga üben, werden manchmal sensitiver. Sie spüren, wenn der andere vielleicht eher unruhig wird. Sie spüren, wenn der andere ärgerlich ist, traurig ist usw. Das kann also nicht die Weise sein, wie wir wirklich im Frieden sind, obgleich diese Art von Mitgefühl schon etwas Wichtiges und Wertvolles ist.
Im Yoga sagen wir auch, wir wollen von unserm Ego loskommen, von unserer Ichbezogenheit. Und das geht natürlich auch, indem wir in verschiedene andere Menschen uns auch hineinfühlen können. Aber so wie in uns selbst der tiefste Kern nicht Zerrissenheit oder Verletztheit ist, sondern Licht, Liebe, Freude, so ist die Tiefe in jedem anderen Menschen auch nicht Zerrissenheit und Traurigkeit oder Ärger oder Verletzbarkeit, sondern die Tiefe in jedem anderen Menschen ist auch wieder das göttliche Prinzip, die Liebe, die Freude, die Einheit. Und so lernen wir auch im Yoga, in anderen diese Tiefe zu erfahren, diese Liebe, diese Freude. In jedem Menschen steckt sie drin, das ist das Tiefste, was einen Menschen ausmacht. Shanti, auch Frieden mit der Natur. Wir sind alle Teil der Natur. Der Mensch ist wie Zellen im Körper der Erde.
Wir können sagen, die Erde ist wie ein Organismus, wir sind wie Zellen im Organismus der Erde. Und dessen können wir uns bewusst sein. Wenn wir probieren, die Erde auszubeuten oder uns irgendwo etwas zu erkämpfen, das entspricht nicht dem, wie eigentlich die Welt ist. Im Grunde genommen sind wir ein Teil der Natur und so gilt es, das zu spüren. Und wiederum gilt, so wie der Körper als Ganzes ein Bewusstsein hat und jede Zelle ein Einzelbewusstsein hat und das Einzelbewusstsein der Zelle letztlich eins mit dem Bewusstsein des Körpers ist, so mag dieser Körper ein Bewusstsein haben und die Erde mag ein Bewusstsein haben, aber dieses ist nicht getrennt. Wir können uns in das Bewusstsein der Erde hineinversetzen und uns selbst als eins mit diesem Bewusstsein erfahren.
Schließlich gibt es Bewusstsein hinter dem gesamten Weltall. Und es ist auch möglich, uns selbst als Bewusstsein hinter der ganzen Welt zu erfahren. Es heißt, die ganze Welt ist der Körper Gottes. Gott manifestiert sich als diese ganze Welt. Gott ist sowohl die ganze Welt, im Sinne von, der Körper Gottes, als auch transzendent, also jenseits dieser Welt, er ist das Bewusstsein hinter dieser ganzen Welt. Und wiederum, wir sind letztlich Teil dieses göttlichen Körpers und unser Bewusstsein ist Teil des göttlichen Bewusstseins. Was uns ganz tief im Inneren ausmacht ist letztlich das Bewusstsein Gottes. Yoga ist nicht nur eine Philosophie, wo dies behauptet wird, Yoga ist insbesondere eine Erfahrung. Und wir können etwas in der Art in jeder Yogapraxis erfahren. Schon wenn man Asanas übt, spürt man etwas Tiefes in sich. Wenn man Asanas übt, spürt man plötzlich Liebe.
Wer schon Yogastunden geübt hat, nachdem er einen schwierigen Tag hatte, weiß, egal, in welcher Stimmung wir in eine Yogastunde kommen, in der Yogastunde plötzlich fühlen wir uns mehr in Frieden mit uns selbst und irgendwo mit unserer Umgebung. Das geht in den Asanas, das geht allein in der Tiefenentspannung. Im Mantrasingen lösen wir alle möglichen emotionalen Spannungen auf, unser Herz öffnet sich, Freude, Liebe kommt überall hin. Die tiefste aller Yogapraxis ist sicherlich die Meditation. Wem es gelingt, in der Meditation tief zu kommen, für den ist das, wovon ich vorher gesprochen habe, nichts Fremdes, nichts Eigenartiges, nichts Esoterisches, sondern Ausdruck dessen, was er, sie in der Meditation erfahren hat.
Unbearbeitete Niederschrift eines Kurz-Vortrags mit Sukadev Bretz. Gehalten im Rahmen eines Satsangs nach der Meditation bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Infos:
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