Ich will euch eine kleine Geschichte erzählen. Es war einmal vor langer Zeit eine Mutter, die hieß Medalasa. Und die Medalasa hatte einige Kinder. Und die Medalasa war nicht irgendeine Mutter, sondern sie war eine selbstverwirklichte Heilige. Und sie sang ihren Kindern ein Wiegenlied. Und jetzt nicht so die Wiegenlieder, die wir hier vielleicht singen. Ich weiß nicht, was heute modern ist. Aber sie sang das Wiegenlied „Shuddohsi Buddhosi Niranjanosi Samsara Maya Parivar Chitosi.“ Sie sang ihren Kindern „Shuddohsi – du bist rein“, „Buddhosi – du bist reine Intelligenz“, „Niranjanosi – du bist makellos“, „Samsara Maya Parivra – du bist unberührt vom Kreislauf von Geburt und Tod und von dieser Maya, von dieser Illusion“, „Chitosi – du bist reines Bewusstsein“. Und weil Madalasa dies von ganz tiefem Herzen auch so meinte, erreichten alle ihre Kinder auch die Selbstverwirklichung. Und im Grunde genommen können wir das uns selbst auch immer wieder singen: „Shuddohsi – du bist rein.“ Natürlich, wir wissen alle, unser Geist hat mal alle möglichen Gedanken. Wir freuen uns mal, wir ärgern uns mal, wir sind mal etwas niedergeschlagen und mal enthusiastisch, wir sind mal an Dinge verhaftet und dann wieder losgelöst usw. Trotzdem behauptet dieses Wiegenlied der Madalasa: „Shuddohsi – du bist rein.“ Denn es ist ja nicht unser Bewusstsein, sondern es ist Körper und Denken, welche durch diese verschiedenen Prozesse hindurchgehen. Es ist genauso, angenommen, unser Hemd ist jetzt hier etwas weiß geworden. Es ist eigentlich ein gelbes Hemd, aber irgendwo, als ich vorher geklatscht habe und meine Hände schon mit Babypuder und dann ist das Hemd weiß geworden. Hat sich das jetzt auf meinen Geist gelegt und bin ich deshalb unreiner oder vielleicht noch reiner geworden, weil sich jetzt weißes Puder auf mein Hemd gelegt hat? Das hat keine allzu große Bedeutung dort. Genauso, unser Geist hat alle möglichen Prozesse, durch die er hindurchgeht, aber wir können uns erinnern, Bewusstsein an sich bleibt ewig rein, bleibt ewige Intelligenz selbst. Nicht im Sinne von Intellekt und IQ, sondern im Sinne von reinem Bewusstsein. Niranjanosi, und so bleiben wir stets makellos, was auch immer geschieht. Und wir sind unberührt von Samsara. Samsara, Kreislauf von Geburt und Tod. Aber Samsara Chakra heißt es. Und es geht nicht nur um Geburt und Tod. Wenn man seinen Geist so genauer beobachtet, stellt man so fest, es gibt so bestimmte Zyklen. Und manchmal kann man auch überlegen, will man dem gleichen Zyklus immer wieder folgen. Manchmal kann man ihn auch abstellen. Und manchmal beobachtet man, man weiß jetzt genau, was die nächste Episode sein wird. Irgendwo hat man irgendwas gemacht, jetzt weiß man, als nächstes kommt – vielleicht hat irgendjemand einen Knopf gedrückt. Gut, manchmal gibt es ja wunderbare Choreographien, wenn man zu zweit oder zu dritt ist. Einer sagt eines, der andere sagt das nächste. Man weiß schon, was als nächstes kommt. Und irgendwo schaukelt sich das auf, und vielleicht lacht man nachher darüber und dann ist der Zyklus vorbei. Und das gibt es auch individuell, es gibt es kollektiv, es gibt immer wieder solche Dinge, die laufen ab. Übrigens auch in einem Ashram. Wer schon länger da ist, weiß dieses Samsara Chakra geht auch dort. Und wer in einer Beziehung ist, weiß, es geht auch dort. Wer Kinder hat, weiß, es geht auch dort usw. So ist dieses Samsara, aber unser wahres Bewusstsein ist frei von dem allen. Das ist auch jenseits der Täuschung. Gut, glücklich sind wir, wenn wir erkennen, wie dieses Samsara abläuft und vielleicht können wir auch mal uns entscheiden, es muss ja nicht immer so ablaufen, man kann es ja mal anders machen. Andererseits gibt es ja auch ein gewisses Gefühl der Sicherheit, wenn man schon weiß, was als nächstes und übernächstes kommen wird. Also, wir sind davon eigentlich unberührt. Unberührt von Maya, unberührt von diesen samsarischen Dingen, die geschehen. Und schließlich Chitosi, reines Bewusstsein und letztlich reines Wissen. Und das ist so der Trick des Jnana Yoga. Gut, im Jnana Yoga gibt es auch verschiedene Empfehlungen, um unseren Geist auch zu beherrschen, aber es ist letztlich zweitrangig. Vorrangig ist, wir wechseln nur den Blickwinkel. Wir identifizieren uns weniger mit all dem, was geistig-emotional abläuft, wir identifizieren uns mit dem Höchsten, dem reinen Bewusstsein. Und das können wir unserem eigenen Geist immer wieder sagen und unserem Bewusstsein sagen, jedenfalls uns selbst sagen: „Shuddohsi Buddhosi Niranjanosi Samsara Maya Parivar Chitosi.“
Hari Om Tat Sat
Unbearbeitete Niederschrift eines Kurz-Vortrags mit Sukadev Bretz. Gehalten im Rahmen eines Satsangs nach der Meditation bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Mehr Infos:
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