© 2017 Text und Foto: Bhajan Noam
1. Dauer
Als Anfänger im Meditieren plane dir eine Zeit von minimal fünfzehn Minuten und maximal einer halben Stunde ein. Fünfzehn Minuten braucht dein Verstand, um vom Alltagsrhythmus ein wenig abzuschalten; und bei über einer halben Stunde können die körperlichen Spannungen zu einem Störfaktor werden. Wie bei allem ist es auch beim Meditieren wichtig, auf das richtige Maß zu achten und gerade den Einstieg sanft zu gestalten, damit Freude, Neugierde und Enthusiasmus erhalten bleiben. – Später kann dieses Ritual ein dreiviertel Stunde, eine Stunde oder mehr einnehmen.
2. Ort
Wähle und gestalte dir einen ruhigen, ungestörten und immer wieder zugänglichen Raum für die Meditation. Es kann ein kleines Zimmer sein oder ein freier Platz im Schlaf- oder Wohnzimmer, den du ausschließlich und dauerhaft dafür belässt. Schmücke ihn mit einigen wenigen Utensilien, die Ruhe und Geborgenheit für dich ausstrahlen: Kerzen, Räucherstäbchen oder eine Duftlampe, eine Vase mit Blumen, vielleicht eine kleine Buddha-Statue oder das Bild eines Heiligen, der dir etwas bedeutet. Bedenke dabei, es ist ein Ort, wo du nach innen gehen möchtest, belasse alles Äußere dezent.
3. Zeit
Nachdem du dir einen festen Ort zum Meditieren kreiert hast, wähle nun auch eine für dich günstige Zeit, die du täglich einhalten kannst. Am einfachsten bietet sich für viele der frühe Morgen an. Man kann beispielsweise seinen Wecker eine halbe Stunde früher stellen und gleich mit seiner Meditation in den noch jungen Tag hineinstarten. Am Morgen herrscht noch eine klare Energie, der Geist ist frisch und nicht mit so vielen Gedanken belastet und die Meditation gibt dir zugleich Präsenz und Energie zur Bewältigung deiner Aufgaben. Wichtig ist eine gewisse Gewohnheit. Wenn für dich eine andere Zeit infrage kommt, wird dich die Meditation natürlich ebenso fördern. Ausschlaggebend ist einzig, mit welcher Intensität du dich einlässt.
4. Regelmäßigkeit und Beständigkeit
Meditation ist Seelennahrung. Meditieren bedeutet, dass die Seele sich mit göttlicher Erkennt-nis, mit himmlischer Weisheit nährt. Wie du deinem Körper täglich etwas zu essen gibst und ihm nicht einmal die Woche oder einmal im Monat einen riesigen unverdaulichen Berg vorsetzt, so solltest du es auch mit der Meditation handhaben. Beständigkeit in der Praxis, eine Regel-mäßigkeit beim Üben erfreut deine Seele und erzeugt ein angenehmes, vertrautes Gefühl, bei dem du dich langsam öffnen wirst. Nicht ein gelegentlicher Wolkenbruch, sondern der stetige Tropfen höhlt den Stein der Unbewusstheit und fördert verlässlich das innere Licht zutage.
5. Geduld
Das größte Prüfungsfeld ist für die meisten Menschen die Geduld. Das gilt auch bei der Medita-tion. Der erste Enthusiasmus lässt mit dem Ausbleiben schneller Erfolge nach. Der Verstand kommt nicht so leicht zur Ruhe, wie du es dir erhofft hattest. Die körperlichen Spannungen stören auch noch nach Wochen des Übens. Hier ist deine Geduld gefordert und deine Gegen-wärtigkeit. Meditation besitzt kein Ablenkungspotential und das kann manch Menschen nervös machen. Entdecke und erkenne nach und nach den goldenen Schatz der Gegenwärtigkeit. Es gibt nichts Wertvolleres, denn in ihr ist alles enthalten, was deinem Leben echte Qualität schenkt: Liebe, Freude, Mitgefühl, Sensibilität, Wahrhaftigkeit, Demut, Dankbarkeit. Im Grunde sind wir nur als Kind nicht auf unsere innere Schatzkammer aufmerksam gemacht worden, sondern die ganze Aufmerksamkeit wurde auf wertlose Äußerlichkeiten konditioniert. Sobald diese Erkenntnis in dir reift, ist jede Ungeduld im Nu verflogen.
6. Der Körper
Meditation ist auch ein starkes körperliches Erleben. Deshalb sind unter anderem die in diesem Buch beschriebenen Vorbereitungsübungen so wichtig. Einerseits hat der Körper zu Beginn noch nicht die Geschmeidigkeit und Lockerheit, um länger sitzen zu können. Zum anderen können während des Meditierens nach einiger Zeit psychsomatische Prozesse in Gang kommen, die sich muskulär oder organisch ausdrücken. Meditation ist ein lebenslanger Lernprozess, bei dem du vieles kennen und verstehen lernst: Deine Muskelspannungen, dein Energiefluss, die Auswirkungen von negativen Gedanken oder ungesunder Ernährung. Alles das wird in dein Bewusstsein gehoben und du erhältst die Chance, darauf zu reagieren.
7. Supervision
Nimm die Hilfe eines Lehrers/einer Lehrerin in Anspruch. In der Stille der Meditation können plötzlich Emotionen auftauchen, die in deinem Unterbewusstsein auf eine Gelegenheit warteten, von dir gesehen zu werden. Sie können dich unter Umständen erschrecken, weil du nicht mit ihnen gerechnet hast oder ihre Intensität unterschätzt hast. Mit einem erfahrenen Lehrer kannst du darüber sprechen und gemeinsam nächste Schritte einleiten. Im Gespräch lernst du die Phänomene richtig einzuordnen und angesammelte Fragen können geklärt werden.
8. Üben in der Gruppe
Eine Gruppe ist ein tragendes Element. Das gemeinschaftliche Erleben weckt deine Freude und unterstützt deine Beweggründe. Wenn mehrere Menschen zusammen meditieren, erzeugen sie ein kraftvolles Energiefeld, das wiederum jeden Einzelnen neu auflädt. Die Intensität potenziert sich und die Stille kann weitaus tiefer werden als beim Üben alleine zuhause. Auch wenn die Gruppe andere als deine gewohnten Techniken übt, öffne dich dafür und betrachte diese Zeit als eine sonnenbeschienene Insel, die dir immer wieder den Grund für all dein Tun neu erhellt.
9. Motivation
Eine Gruppe gibt dir Motivation, doch du musst auch lernen, dich alleine zu motivieren. Meditation ist in der Gegenwart und die Gegenwart ist vielleicht nicht immer angenehm. Lerne zu lächeln. Lächeln entspannt jede Situation, ob im Außen oder im Innen. Lächeln ist ein wahres Wundermittel. Ein lächelnder Mund entkrampft sämtliche Muskel deines Körpers, schenkt deinen Organen und allen deinen Zellen einen frischen Energiestrom und vertreibt die dunklen Wolkenaus deinem Denken. Entscheide dich auch im Unwohlsein gegenwärtig zu sein und etwas wird sich ändern. Entscheide dich, Widerständen und auch Schmerzen nicht auszu-weichen, und es entsteht eine andere Qualität in deinem Sein, eine ungekannte Kraft und Stärke.
10. Transfer in den Alltag
Meditation ist kein Sonntagsbesuch in der Kirche. Bei Meditation geht es um einen permanen-ten Zustand, um einen immerwährenden Sonn- oder Feiertag in deinem Herzen. Der anfängliche Rückzug dient dem Üben. Meditation ist aber eine Lebensübung. Gegenwärtigkeit kann und sollte überall und in jeder Situation geübt werden. Ein wacher Mensch, ein selbstbewusster Mensch, ein autarker Mensch, ein freudiger und lebendiger Mensch ist immer auch ein gegenwärtiger Mensch. Eine andere Möglichkeit existiert gar nicht. Alle Übungen enden im Alltag. Und letztlich gibt es nur den Alltag, und der ist die Gegenwart. Wenn du die Qualität deines Lebens verbessern möchtest, sei gegenwärtig. Wenn du mit etwas unzufrieden bist, sei wach. Entdecke in der Meditation die Quelle deines Glücks. Die ganze Welt ist nur ein Spiegel deiner Innenwelt. Lasse die Quelle des Glücks in die Welt übersprudeln, dann fehlt es dir an nichts – und du beschenkst sogar beständig andere Seelen mit. OM Shanti, möge es für alle lebenden Wesen in dieser und in anderen Welten so sein.
© 2017 Text und Foto: Bhajan Noam
Seiten des Lebens: www.bhajan-noam.com
****
Kommentare