- Vers
वपुः कृशत्वं वदने प्रसन्नता
नादस्फुटत्वं नयने सुनिर्मले ।
अरोगता बिन्दुजयोऽग्निदीपनं
नाडीविशुद्धिर् हठसिद्धिलक्षणम् ॥७८॥
vapuḥ kṛśatvaṁ vadane prasannatā
nāda-sphuṭatvaṁ nayane su-nirmale… arogatā bindu-jayo’gni-dīpanaṁ
nāḍī-viśuddhir haṭha-siddhi-lakṣaṇam
vapus : (des) Körpers; kṛśatvaṁ : Schlankheit; vadane : (des) Gesichts; prasannatā : Klarheit, Reinheit, Heiterkeit; nāda : (des inneren, „unangeschlagenen“) Klanges; sphuṭatvaṁ : (das) Offenbarsein, (die) Vernehmbarkeit; nayane : Augen; su-nirmale : äußerst (Su) klare, glänzende („fleckenlose“); arogatā : Gesundheit („Nicht-Krankheit“); bindu : (über den) Samen(fluß, „Tropfen“); jayaḥ : Meisterschaft („Sieg“); agni : (des Verdauungs-)Feuers; dīpanaṁ : (das) Stimulieren („Entfachen, Auflodernlassen“); nāḍī : (der feinstofflichen Energie-)Kanäle; viśuddhiḥ : (die) Reinigung, Reinheit; haṭha : (im) Hatha); siddhi : (für) Erfolg, Vervollkommnung; lakṣaṇam : (all dies ist ein) Zeichen, Kennzeichen
Ein schöner Körper, Schlankheit, Ruhe im Gesicht, Manifestation des inneren Klangs und Klarheit in den Augen, | Freiheit von Krankheiten, Sieg über die Triebe (Bindu), zähmung des inneren Feuers, Reinigung der Energiekanäle (Nadi), sind die Kennzeichen vom Erfolg in Hatha-Yoga
Übe Meditation am Ende der Pranayama-Praxis
Swatwarama schreibt in diesem Vers:
„Die Kennzeichen von Erfolg im Hatha Yoga sind: ein schöner Körper, Schlankheit, Ruhe im Gesicht, Manifestation des inneren Klangs und Klarheit in den Augen, Freiheit von Krankheiten, Sieg über die Triebe, Zähmung des inneren Feuers, Reinigung des Energiekanäle.“
In der Sankrit Übersetzung des Verses bedeuten die einzelnen Worte:
Lakshana (die Zeichen) von Siddhi (Vervollkommnung und Erfolg) im Hatha Yoga: Vapu (des Körpers). Oft wird dies mit einem schönen Körper in Verbindung gebracht. Krisha (schlank) Tva jemand, der viel Hatha Yoga übt, kann auch schlank sein. Man hat Prasannata Vadana (eine Klarheit im Gesicht, einen ruhigen Gesichtsausdruck).
In einer anderen Übersetzung steht dazu: die Sprache ist beredsam. Vadana steht für Gesicht. In der eigentlichen Übersetzung ist es der Mund. Man kann das Gesicht auf die Augen beziehen oder man interpretiert es als Gesicht, was mit dem Mund zusammenhängt: Klarheit und Reinheit des Mundes ist eine Klarheit des Gesichtsaudrucks. Man könnte sagen, ein Leuchten und Strahlen kommt vom Gesicht her oder man kann gut sprechen.
Es gibt Spuddha (eine Vernehmbarkeit) von Nada (innerer Klang). Wenn Hatha Yoga fortschreitet hörst du den inneren Klang, der den Geist zur Ruhe bringen kann. Shundhyu Mala Nayana sind die klaren, glänzenden Augen. Arogata ist der Zustand von Gesundheit und Jaya ist die Meisterschaft. Mit Bindu ist die Mondenergie gemeint.
Swami Satyananda spricht vom Bindu (Punkt, Tropfen) im Hinterkopf als der Sitz der Mondenergie. In der Bihar School of Yoga wird viel Wert auf Bindu gelegt. Somit wird Bindu als die harmonisierende Mondenergie oder die sexuelle Energie angesehen. Wenn man viel Pranayama übt, hat man Herrschaft über die sexuelle Energie. Dies kann in zwei Richtungen gehen: in Svatmaramas Zeit hat man sich vom Hatha Yoga versprochen, dass die sexuelle Energie steigt. Gerade Männer wollen manchmal mehr sexuelle Energie haben. Aber man kann es auch umgekehrt üben, sodass man nicht Sklave der Triebe ist. Man kann Bindu somit meistern.
Dann führt es auch zu Dipana Agni, zum Auflodern lassen des Verdauungsfeuers. Agni steht für Feuer, Enthusiasmus, Begeisterung und Ausstrahlung. Agni ist zudem Tejas, ein Strahlen. Es kann zur Nadireinigung kommen. Dies wird mit Vishuddhi Nadi, der Reinigung der feinstofflichen Nadis, zum Ausdruck gebracht.
Dies ist eine ganze Menge an Wirkungen. Hatha Yoga soll dazu führen, dass du gesünder bist, du Ausstrahlung hast, zu einer Ruhe des Geistes gelangst und zu einer inneren Begeisterung führen. Du kannst erreichen, dass Kraft in deinen Worten ist. Ein Feuer und ein Strahlen können in dir entfacht werden. Du hast das Gefühl der Reinheit, als ob etwas in dir fließt. Du nimmst es als Fluss durch dich hindurch wahr. Dies ist die Wirkung von Hatha Yoga, daher übe es. Ganz besonders solltest du Pranayama üben.
Zusammenfassung des 2. Kapitels
Dies war der letzte Vers des 2. Kapitels. Svatmarama hat zu Anfang über Prana, die Lebensenergie gesprochen. Er hat gesagt, durch die Herrschaft über den Atem beherrscht du die Lebensenergie und somit den Geist.
Dann sprach er über die Nadis, die Energiekanäle und über die Wechselatmung, die ganz besonders für die Reinigung der Nadis wichtig ist. Weiterhin hat er über die Shat Kriyas, die 6 Reinigungstechniken, gesprochen sowie über die 8 Maha Kumbhakas: Surya Bhedana, Ujjayi, Sitkari, Shitali, Bhastrika, Bhramari, Murccha und Plavini.
Wenn du genauer wissen willst, wie und in welcher Reihenfolge du das üben kannst, besuche z.B. die Yoga Vidya Lehrerausbildung, ein Kundalini Yoga Seminar oder praktiziere mit einem Videokurs fortgeschrittenes Pranayama und Kundalini Yoga.
Danach ist Svatmarama auf die Kevala Kumbhaka eingegangen, wenn das Prana ganz ruhig ist und der Atem fast von selbst aussetzt. Er hat empfohlen am Ende des Pranayamas zu meditieren, um die Vollkommenheit zu erreichen. Diese ist im Hatha Yoga nicht nur die geistige Vollkommenheit, sondern ein gesunder, strahlender Körper. Du hast Ausstrahlung und kannst viel bewirken.
Hatha Yoga Pradipika Portal
Alle Verse der Hatha Yoga Pradipika findest du auf unserem Hatha Yoga Pradipika Portal: schriften.yoga-vidya.de. Dort sind die verschiedenen Schriften, die ich kommentiert habe. Unter dem Link der Hatha Yoga Pradipika findest du dann alle Verse auf Sanskrit, in Devanagari und in der Umschrift. Rezitationen, die Wort für Wort Übersetzung, mehrere Übersetzungen und Kommentare von Brahmananda, mir und künftig vielleicht noch anderen, in Textform, als Video und Audio, sind vorhanden. Somit kannst du viel Inspiration für Hatha Yoga bekommen und hoffentlich regelmäßig, intensiv, mit Konzentration und Freude praktizieren.
______
Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.
Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.
Kommentare