- – 67. Vers
Bhastrika und seine Wirkungen
Was ist Bhastrika?
Wie wird Bhastrika geübt?
Wie häufig sollte es geübt werden?
Welche Wirkungen hat Bhastrika?
Über diese Fragen schreibt Svatmarama in der Hatha Yoga Pradipika in ingesamt 8 Versen (59 - 67). Diese ausführlichen Informationen zeigen, wie wichtig Svatmarama Bhastrika hält. Es ist die einzige der Ashta Khumbhakas, welche in mehr als drei Versen beschrieben wird. Er befasst sich mit dieser Atemtechnik fast dreimal so lang wie mit den anderen Pranayamas.
Vorweg gesagt, handelt es sich bei Bhastrika in der fortgeschrittenen Form, wie Svatmarama diese beschreibt, um eine Übung, die nicht für jeden geeignet. Du solltest wissen, was du tust.
Die Kommentare zur Hatha Yoga Pradipika sollen keine Übungsanleitung für dich sein. Sie enthalten weitere Informationen und stellen detaillierte Ausführungen dar, wenn du die Übungen schon kennengelernt hast (z.B. in der Yoga Vidya Yogalehrerausbildung oder in einem fortgeschrittenen Kundalini Yoga Seminar.) Du erfährst dort mehr Details und Konzentrationshilfen. Deine Stärke und vielleicht deine Motivation für deine Praxis wird höher werden.
- Vers
अथ भस्त्रिका
ऊर्वोर् उपरि संस्थाप्य शुभे पादतले उभे ।
पद्मासनं भवेद् एतत् सर्वपापप्रणाशनम् ॥५९॥
atha bhastrikā-
ūrvor upari saṁsthāpya śubhe pāda-tale ubhe… padmāsanaṁ bhaved etat sarva-pāpa-praṇāśanam
atha : nun (folgt); bhastrikā : Bhastrika („Blasebalg“); ūrvor : (die gegenüberliegenden) Oberschenkel; upari : auf; saṁsthāpya : man lege („gelegt habend“); śubhe : sauberen, reinen („schönen“); pāda : (der) Füße; tale : (nach oben gekehrten) Sohlen; ubhe : die beiden; padma-āsanaṁ : (der) Lotussitz; bhavet : ist („soll sein“); etad : dies; sarva : allen; pāpa : Übels; praṇāśanam : (er bewirkt das) Vernichten
Nun Bhastrika: Nachdem die beiden Fußsohlen auf passende Weise auf der Mitte der Oberschenkel platziert sind, | ist der Lotussitz eingenommen. Dieser zerstört alle Sünden.
Svatmarama sagt: Nun folgt Bhastrika. Bringe die Füße auf die gegenüberliegenden Schenkel. Das wird Padmasana genannt und beseitigt alle Beschwerden.
Für Bhastrika ist Padmasana (der Lotus) hilfreich. Bhastrika soll dir helfen, alle Probleme zu beseitigen. Dafür rentiert es sich, den Lotus zu lernen. Natürlich kannst du Bhastrika in anderen Sitzhaltungen machen. Manchmal gibt es fortgeschrittene Bhastrika-Variationen, die mit Mudras verbunden sind. Hier kommen das Shakti Chalini Mudra oder Maha Veda zum Einsatz. Dabei ist es hilfreich, wenn du im Lotus bist. Manchmal kann es bei Bhastrika passieren, dass der Körper anfängt zu hüpfen. In diesem Fall ist diese Sitzposition ein besonders guter Sitz. Es lohnt sich den Lotus zu probieren und ihn zu erlernen. Versuche, ob du den Lotussitz lernen kannst.
- Vers
सम्यक् पद्मासनं बद्ध्वा समग्रीवोदरः सुधीः ।
मुखं संयम्य यत्नेन प्राणं घ्राणेन रेचयेत् ॥६०॥
samyak padmāsanaṁ baddhvā sama-grīvodaraḥ su-dhīḥ… mukhaṁ saṁyamya yatnena prāṇaṁ ghrāṇena recayet
samyak : auf die rechte Weise; padma-āsanaṁ : (den) Lotussitz; baddhvā : einnehmend („gebunden habend“); sama : gerade (ist); grīvā : (dessen) Hals; udaraḥ : (und) Bauch; su-dhīḥ : (der) verständige (Yogi); mukhaṁ : (den) Mund; saṁyamya : verschließend; yatnena : eifrig, kraftvoll („mit Anstrengung“); prāṇaṁ : (den) Atem, (die) Atemluft; ghrāṇena : durch die Nase; recayet : entlasse (“entleere” ric, Fortsetzung folgt in Vers 61)
Nachdem er ordentlich den Lotussitz gefaltet hat, den Nacken und Bauch aufgerichtet, | soll der Weise, den Mund geschlossen, kraftvoll den Lebenshauch durch die Nase ausatmen.
Nachdem er diese Stellung eingenommen hat, sollte er den Mund schließen und durch die Nasenlöcher ausatmen, bis er den Druck auf dem Herzen, der Kehle und dem Gehirn fühlt.
In einer anderen Übersetzung heißt es: Nachdem er ordentlich den Lotus gefaltet hat und den Nacken und den Bauch aufgerichtet hat, soll der Weise – den Mund geschlossen – kraftvoll den Lebenshauch durch die Nase ausatmen.
Man soll in der rechten Weise (Samyak) Padmasana (den Lotussitz) Baddhva (einnehmen, eingenommen haben).
Nimm den Lotussitz ein, wenn es möglich ist. Halte den Hals (Griva) gerade (Sama). Der Bauch (Udara) ist entspannt und locker. Sei ein Sadhi (ein verständiger Yogi). Verschließe (Samyama) den Mund (Mukha) und dann atme kräftig (Yatnena) durch die Nase (Ghranena) den Atem (Prana) aus (Recayet).
Es gibt hier zwei mögliche Übersetzungen.
Zum einen: Halte den Rücken gerade und atme fest aus.
Die andere Übersetzung lautet: Atme so fest aus, dass du es im Herzen, in der Kehle und im Kopf spürst.
- Vers
यथा लगति हृत्कण्ठे कपालावधि सस्वनम् ।
वेगेन पूरयेच् चापि हृत्पद्मावधि मारुतम् ॥६१॥
yathā lagati hṛt-kaṇṭhe kapālāvadhi sa-svanam… vegena pūrayec cāpi hṛt-padmāvadhi mārutam
yathā : (Fortsetzung von Vers 60:) sodass (in der Ausatmung); lagati : (der Atem) fühlbar ist (“berührt, sich anschmiegt”); hṛd : (im) Herzen; kaṇṭhe : (und) in der Kehle; kapāla : (zum) Schädel; avadhi : bis hin („bis zur Grenze“); sa-svanam : geräuschvoll (“mit Geräusch”); vegena : heftig, schnell, energisch; pūrayet : er atme ein; ca : und; api : auch (wieder,); hṛt-padma : (in den) Herz-Lotus; avadhi : bis; mārutam : (die) Luft („Wind“)
Auf diese Weise wird ein sehr lauter Ton im Herz, in der Kehle und im Herzen verspürt. | (Der Yogi) soll dann auch schnell den Lebenshauch einatmen nach unten zum Lotus im Herzen.
Der Yogi sollte den Atem mit einem zischenden Laut einziehen, bis er gegen das Herz schlägt. Dabei sollte er die ganze Zeit seinen Körper und seinen Kopf aufgerichtet halten.
Eine andere Übersetzung:
Auf diese Weise wird ein sehr lauter Ton im Herzen und in der Kehle verspürt. Der Yogi sollte dann schnell den Lebenshauch einatmen und ihn nach unten zum Lotus im Herzen ziehen.
Man kann sagen: Beim Ausatmen entsteht ein lauter Ton. Bei der Einatmung ist dies ebenso der Fall. Beim Einatmen gibt es zwei verschiedene Übersetzungen. Die Verszählung ist hier nicht eindeutig. In den Ur-Manuskripten scheint es der Fall zu sein, dass gar keine Verszählung vorhanden war. Es stellt sich die Frage, welche Zeile man zu welchem Doppelvers zählt.
Zur weiteren Durchführung wird gesagt: Der Rücken ist gerade. Du atmest fest ein und fest aus bis man das Ganze kräftig spürt. Dies sollte keine genaue Übungsanleitung. Die Stichworte, die festzuhalten sind, wären: Kräftig machen, lauter Ton und den Rücken gerade machen!
Es gibt verschieden Varianten bei Bhastrika:
* Man geht beim Einatmen leicht in die Rückwärtsbeuge und beim Ausatmen leicht in die Vorwärtsbeuge.
* Man hebt beim Einatmen die Arme und beim Ausatmen senkt man sie.
* Man hebt beim Einatmen die Ellbogen und senkt sie beim Ausatmen.
* Beim Einatmen gibt man die Arme nach vorne und beim Ausatmen beugt man die Ellbogen und gibt die Arme nach hinten.
* Beim Einatmen die Schultern heben und beim Ausatmen senken.
Svatmarama schreibt hier, dass man den Körper gerade halten soll. Eigentlich spricht er nur von einer gerade Wirbelsäule. Er sagt: „halte die Wirbelsäule gerade und übe nur das, was den Klang erzeugt.“
- Vers
पुनर् विरेचयेत् तद्वत् पूरयेच् च पुनः पुनः ।
यथैव लोहकारेण भस्त्रा वेगेन चाल्यते ॥६२॥
punar virecayet tad-vat pūrayec ca punaḥ punaḥ… yathaiva loha-kāreṇa bhastrā vegena cālyate
punar : wieder ; virecayet : man atme aus; tad-vat : so, auf diese Weise; pūrayet : man atme ein; ca : und; punaḥ punar : wieder (und) wieder, immer wieder; yathā : so wie; eva : genau; loha-kāreṇa : vom Schmied („Eisen-Macher“); bhastrā : (der) Blasebalg; vegena : heftig, schnell, energisch; cālyate : bewegt wird
Wieder soll (der Yogi) genauso ausatmen und einatmen, wieder und wieder. | Genauso wie der Blasebalg des Hufschmiedes schnell gepumpt wird.
Genau beschrieben sagt dieser Vers:
Wieder sollte er den Atem einziehen und ausatmen wie zuvor angewiesen. Mache weiter, immer wieder, so schnell wie der Schmied seinen Blasebalg bearbeitet.
Der Atem sollte eingezogen werden. Die Ausatmung erfolgt wie zuvor angewiesen. Führe diese Übung in dieser Hinsicht weiter fort. Vergleiche deinen Rhythmus mit einem Schmied, der seinen Blasebalg bearbeitet.
Es ist ein ständiges Ausatmen und Einatmen. Für Anfänger bedeutet das meistens 15 – 20 Ausatmungen. Fortgeschrittene können bis auf 30 – 50 Ausatmungen erhöhen. Es gibt schnellere und langsamere Variantionen von Bhastrika.
- Vers
तथैव स्वशरीरस्थं चालयेत् पवनं धिया ।
यदा श्रमो भवेद् देहे तदा सूर्येण पूरयेत् ॥६३
tathaiva sva-śarīra-sthaṁ cālayet pavanaṁ dhiyā… yadā śramo bhaved dehe tadā sūryeṇa pūrayet
tathā : so, auf diese Weise; eva : genau; sva-śarīra-sthaṁ : (die im) eigenen Körper befindliche; cālayet : er bewege; pavanaṁ : Atemluft, Prana („Wind“); dhiyā : mit seinem Geist, seiner Vorstellung; yadā : wenn; śramaḥ : Ermüdung, Erschöpfung; bhavet : sein sollte; dehe : im Körper; tadā : dann; sūryeṇa : durch das rechte Nasenloch („die Sonne“); pūrayet : er atme ein
Genau so soll der Lebenshauch im eigenen Körper mit Achtsamkeit bewegt werden. | Wenn Müdigkeit sich im Körper einstellt, dann soll (der Yogi) durch das rechte Nasenloch einatmen.
Der Yogi soll das Prana durch Rechaka und Puraka in seinem Körper in Bewegung halten. Wenn er müde wird, sollte er durch das rechte Nasenloch einatmen.
Es ist wichtig, dass man nicht nur die Atemluft in Bewegung hält, sondern auch das Prana. Du atmest ein und du atmest aus. Wie ein Blasebalg füllt und leert sich der Körper.
Es ist nicht nur Luft, es handelt sich um Prana, was sich dabei bewegt. Wenn du in dieser Hinsicht mit voller Achtsamkeit Bhastrika machst, spürst du wie dein ganzer Körper mit Prana pulsiert. Du machst das so lange, wie du kannst. Wenn du nicht mehr fest ein- und ausatmen kannst und du merkst, dass es schwierig wird, dann atmest du durch das rechte Nasenloch ein.
Suryena bedeutet durch das rechte Nasenloch („die Sonne“) einatmen (purayet: atme ein).
- Vers
यथोदरं भवेत् पूर्णम् अनिलेन तथा लघु ।
धारयेन् नासिकां मध्यातर्जनीभ्यां विना दृढम् ॥६४॥
yathodaraṁ bhavet pūrṇam anilena tathā laghu… dhārayen nāsikāṁ madhyā-tarjanībhyāṁ vinā dṛḍham
yathā : (Fortsetzung von Vers 63:) sodass; udaraṁ : (der) Bauch; bhavet : sei; anilena : mit Luft („Wind“); tathā : so, auf diese Weise (atme man durch das rechte Nasenloch ein); laghu : rasch; dhārayet : man verschließe („halte“ dann); nāsikāṁ : (die) Nase; madhyā : (von) Mittelfinger; tarjanībhyāṁ : (und) Zeigefinger; dṛḍham : fest
Auf diese Weise wird der Bauch mit Luft gefüllt. | Dann soll (der Yogi) schnell die Nase fest zuhalten ohne Mittel und Zeigefinger.
Der Bauch wird mit Luft gefüllt nach dieser Art und Weise. Darauf soll der Yogi die Nase fest zuhalten ohne den Mittel- und Zeigefinger.
In einer anderen Aussage heißt es an dieser Stelle, dass der Mittel- und Zeigefinger eingebracht wird. Hier scheint es zwei Traditionen zu geben. In der Übersetzung von Swami V. heißt es, man sollte seine Nase mit Daumen, Ring- und kleinem Finger schließen. In der anderen Übersetzung heißt es „ohne“. Diese zwei verschiedenen Varianten gibt es tatsächlich.
Du kannst nach dem festen Ein- und Ausatmen rechts vollständig einatmen, Bauch und Brust füllen und alle drei Bandhas üben. Dabei kannst du entweder den Daumen am rechten Nasenloch und den kleinen und den Ringfinger am linken Nasenloch (bzw. Nasenflügel) haben. Die Anhaltephase geschieht so lange wie möglich. Dann erfolgt die Ausatmung links. Ein festes Aus- und Einatmen ist auch möglich. Du atmest rechts ein, hältst die Luft an und senkst die Hände wieder.
- Vers
विधिवत् कुम्भकं कृत्वा रेचयेद् इडयानिलम् ।
वातपित्तश्लेष्महरं शरीराग्निविवर्धनम् ॥६५
vidhi-vat kumbhakaṁ kṛtvā recayed iḍayānilam… vāta-pitta-śleṣma-haraṁ śarīrāgni-vivardhanam
vidhi-vat : vorschriftsgemäß („wie die Vorschrift ist“); kumbhakaṁ : (die) Atemverhaltung; kṛtvā : nachdem (er) ausgeführt hat; recayet : er atme aus; iḍayā : durch Ida (den im linken Nasenloch endenden „Mondkanal“); anilam : (die) Luft („Wind“); vāta : (übermäßiges) Vata („Wind“); pitta : (und übermäßiges) Pitta („Galle“); śleṣma-haraṁ : (das) beseitigt (Hara, übermäßigen) Schleim; śarīra : (im) Körper; agni : (des Verdauungs-)Feuers; vivardhanam : (und führt zur) Zunahme
Nachdem (der Yogi) die Atemübung wie beschrieben durchgeführt hat, soll er durch das linke Nasenloch den Lebenshauch ausatmen. | (Diese Atemübung) gleicht Dysbalancen mit Neigung zur Unstetheit, zum Aufbrausen, Trägheit aus und entfacht das innere Feuer.
Zur Erläuterung
Nachdem der Yogi die Atemübung wie beschrieben durchgeführt hat, sollte er durch das linke Nasenloch den Lebenshauch ausatmen. Diese Atemübung gleicht Dysbalancen aus, die durch ein Übermaß von Vata, Pitta und Kapha entstanden sind und steigert das Verdauungsfeuer.
Man sollte Kumbhaka (das Luftanhalten) Vidhi-vat (wie es Vorschrift ist) üben. Dies sagt aus, dass mit allen drei Bandhas: Mula-Bhanda, Uddiyana-Bhanda und Jalandhara-Bhandha, und danach Rechaka (ausatmen) durch idaya (durch das linke Nasenloch, den „Mondkanal“), geübt werden soll.
Welche Wirkungen treten ein?
Das beseitigt (Hara) alle Probleme, die durch ein Übermaß von Vata, Pitta oder Shleshma (ein anderer Ausdruck für Kapha) entstehen. Wenn du irgendwelche Probleme hast, die durch ein zu viel Vata, Pitta oder Kapha verursacht sind, dann übe jeden Tag Bhastrika.
Welche weiteren Wirkungen sind die Folge?
Vivardhanam (es führt zur Zunahme) von Sharira Agni (dem Verdauungsfeuer) im Körper.
Bhastrika ist sehr wichtig für die Überwindung eines Übermaßes von den Doshas und von Agni. Dabei ist es egal, welche Doshas erhöht sind.
- Vers
कुण्डली बोधकं क्षिप्रं पवनं सुखदं हितम् ।
ब्रह्मनाडीमुखे संस्थकफाद्यर्गलनाशनम् ॥६६॥
kuṇḍalī-bodhakaṁ kṣipraṁ pavanaṁ sukhadaṁ hitam… brahma-nāḍī-mukhe saṁstha-kaphādy-argala-nāśanam
kuṇḍalī : (die) Schlangenkraft („die Geringelte“); bodhakaṁ : (diese Praxis) erweckt; kṣipraṁ : schnell; pavanaṁ : reinigt; sukha-daṁ : verleiht ein Glücksgefühl; hitam* : (ist) wohltuend, gesund (für alle drei Doshas); brahma-nāḍī : (vom) Brahmanadi (genannten Energiekanal); mukhe : am Eingang („Mund“); saṁstha : die sich befinden; kapha : (wie) Kapha („Schleim“); ādi : usw.; argala : Hindernisse; nāśanam : beseitigt
Diese Atmung erweckt schnell die Kundalini, ist angenehm und lohnend. | Sie baut die Widerstände aus Schlacken und anderem, die am Eingang von Brahma-Nadi stehen ab.
*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass Bhastrika für alle (Sarva Menschen bzw. Konstitutionstypen) gut (Hita) ist, weil sie (ein Übermaß) aller drei (Tri) Doshas beseitigt bzw. „raubt“ (Hara -tvāt): tri-doṣa-haratvāt sarveṣāṃ hitaṃ.
Das bringt die Kundalini schnell hoch, es reinigt die Nadis beträchtlich, es ist angenehm und es ist die nützlichste von allen Kumbhakas. Es beseitigt den Schleim, der am Mund der Sushumna ist.
Die einzelnen Sanskrit-Wörter in der näheren Betrachtung:
Kundali bodhaka: durch diese Praxis wird die „Geringelte“ (die Kundalini) erweckt. Sie wird schnell (kshipra) erweckt. Bhastrika will die Kundalini erwecken.
Was macht es noch?
Sie ist reinigend (pavana).
Was reinigt sie?
Sie reinigt alles: den Physischen Körper, den Astralkörper und den Kausalkörper. Im Kommentar wird manchmal gesagt, dass insbesondere alle Nadis gereinigt sind. Es ist sukha-da (erzeugt ein Glücksgefühl), und es ist hita (wohltuend, gesund). Dies ist für alle drei Doshas gleich geltend. Hita ist ein Ausdruck aus dem Ayurveda. Es steht für etwas, was für alle drei Doshas gut ist und sie zur Harmonie führt. Außerdem beseitigt (nashana) es alle argala (Hindernisse). Insbesondere beseitigt es den Schleim, der sich am Mukha (Mund, Eingang) vom brahmanadi (von der Sushumna oder dem feinstofflichen Energiekanal in der Wirbelsäule), befindet (samstha).
Bhastrika ist sehr gesund, weil es ein Übermaß von Vata, Pitta oder Kapha überwindet, außerdem Agni (das Verdauungsfeuer) erhöht. Weil es die verschiedenen Schlacken (Unreinheiten beseitigt) ist es angenehm, führt zu einem schönen Gefühl, erweckt die Kundalini und öffnet die Sushumna.
- Vers
सम्यग् गात्रसमुद्भूतग्रन्थित्रयविभेदकम् ।
विशेषेणैव कर्तव्यं भस्त्राख्यं कुम्भकं त्व् इदम् ॥६७॥
samyag gātra-samudbhūta-granthi-traya-vibhedakam… viśeṣeṇaiva kartavyaṁ bhastrākhyaṁ kumbhakaṁ tv idam
samyak* : fest, in einer Linie liegend; gātra** : (im) Körper; samudbhūta : (die) entstanden sind; granthi*** : Knoten; traya*** : (der) drei („Dreiheit“); vibhedakam : (es bewirkt das) Aufbrechen, Durchbohren; viśeṣeṇa : besonders; eva : gewiss, ganz; kartavyaṁ : ist (daher) zu praktizieren; bhastrā : Blasebalg; ākhyaṁ : namens („mit Namen“); kumbhakaṁ : Atemverhaltung; tu : aber; idam : diese
Diese Atemübung, die Bhastrika genannt wird, soll wahrlich umsomehr durchgefüht werden, | (da) sie die drei Hindernisse der aufsteigenden Kundalini, die im physischen Körper existieren, völlig durchstößt.
*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt Samyak als dṛḍhī-bhūtāṃ „fest geworden, verfestigt“. Es wäre auch möglich „in einer Linie liegend“ zu verstehen.
**Anmerkung: Brahmananda ergänzt, dass „im Körper“ (Gatra) sich hier auf die in der Körpermitte (Gatra–Madhya) befindliche Sushumna bezieht: gātre gātra-madhye suṣumnāyām.
*** Brahmananda zählt die „drei Knoten“ (Granthi-Traya) auf, sie erscheinen in Form (Rupaka) von Brahma Granthi, Vishnu Granthi und Rudra Granthi: granthi-trayaṃ bahma-granthi-viṣṇu-granthi-rudra-granthi-rūpakaṃ.
Dieses Bhastrika sollte besonders praktiziert werden, weil es das Prana befähigt, alle drei Granthis, die in der Sushumna verankert sind, zu durchbrechen.
Es gibt die Granthis, die traya-Granthi („Dreiheit“ der Granthis). Diese befinden sich in einer Linie im Körper. In der Sushumna gibt es die drei Granthis. Man sollte Bhastrika besonders zusammen mit der Atemverhaltung praktizieren, weil es die drei Granthis überwindet.
Die drei Granthis sind Brahma Granthi, Vishnu Granthi und Shiva Granthi.
- Brahma-Granthi ist der Knoten (oder die Blockade) in der Sushumna oberhalb vom Muladhara Chakra und steht für die Schwierigkeit, über eine Erfahrung in der physischen Welt hinaus zuwachsen.
- Vishnu Granthi ist der Granthi um das Herz, um das Vishudda Chakra und um dessen ganzen Bereich. Er steht für die Schwierigkeit, über eine egobehaftete Betrachtungsweise hinauszugehen und für die Schwierigkeit, über Zeit und Raum hinauszugehen.
- Schließlich steht das Rudra-Granthi oberhalb des Ajna Chakras für die Schwierigkeit, über eine Gotteserfahrung mit Dualität zur Erfahrung der Einheit zu kommen.
Diese drei Granthis gilt es zu überwinden. Natürlich wirst du sie nur durch Bhastrika nicht vollständig überwinden. Damit steht auch ein Bewusstseinsprozess in Verbindung. Bhastrika ermöglicht dir das überhaupt. Wenn erst einmal das Prana in der Sushumna ist, dann stellt sich nicht mehr die Frage, ob du nur der Körper bist. Du erfährst dich selbst als Feinstoffwesen. Wenn die Sushumna wirklich geöffnet ist, dann stellt sich nicht mehr die Frage, ob du Ego, ein Individuum bist. Du bist dir des Wissens, dass du voller Liebe und Freuden bist, verbunden mit allem. Schließlich weißt du auch: Ich bin eins mit dem Unendlichen, das ewige Bewusstsein.
Svatmarama lobt Bhastrika über alle Maßen. Meine Empfehlung lautet ebenfalls: Sei regelmäßig in Pranayama, in Asanas und in Meditation.
An dieser Stelle folgen paar Hinweise:
Wenn du Pranayama nicht kennst, versuche nicht, nach diesen Beschreibungen Bhastrika zu machen. Vielmehr solltest du diesem Rat folgen und an einer Yoga Vidya Yogalehrerausbildung teilnehmen. Sowohl in der 4-wöchigen als auch in der 2-jährigen Ausbildung lernst du, Bhastrika in der korrekten Ausführung kennen.
Oder mache an einem Kundalini-Yoga-Mittelstufen-Wochenende (besser noch an einer Mittelstufen-Woche) mit. Danach nehme an einer Kundalini-Yoga-Intensiv-Praxis teil. So lernst du die Übungen richtig. Normalerweise musst du erst drei Runden Kapalabhati, 20 Minuten Wechselatmung mit Bandhas und richtiger Konzentration üben, bevor du 3 oder 5 Runden Bhastrika machen kannst.
Zudem solltest du täglich mindestens eine halbe Stunde Asanas üben und mindestens 20 Minuten meditieren. Deine Ernährung sollte sattwig sein, ohne Fleisch, Fisch, Alkohol, Tabak und bewusstseinsverändernde Drogen. Dein ganzes Leben sollte sattwig ausgerichtet sein. Bei Befolgung dieser Ratschläge, werden diese Übungen besonders stark wirken.
Lerne die Atemübungen richtig, lerne sie schrittweise zu üben und praktiziere sie mit Intensität. Praktiziere dann in besonderem Maße Bhastrika. Du wirst merken, welch großartige Wirkung du erfahren kannst.
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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.
Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.
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