YVS436 Unmani Avastha – HYP II 41-43

  1. Vers

विधिवत् प्राणसंयामैर् नाडीचक्रे विशोधिते
सुषुम्णावदनं भित्त्वा सुखाद् विशति मारुतः ॥४१॥

 

vidhi-vat prāṇa-saṁyāmair nāḍī-cakre viśodhite… suṣumṇā-vadanaṁ bhittvā sukhād viśati mārutaḥ

vidhi-vat : vorschriftsgemäß; prāṇa* : (des) Lebensatems, (der) Lebensenergie; saṁyāmaiḥ* : durch die Zügelungen, Kontrolle; nāḍī : (der feinstofflichen Energie-)Kanäle; cakre : (wenn die) Gesamtheit (“der Kreis”); viśodhite : gereinigt ist; suṣumṇā : (der) Sushumna; vadanaṁ : (die) Öffnung (den „Mund“); bhittvā : nachdem er durchbrochen hat; sukhāt : leicht, mühelos; viśati : tritt (in sie) ein; mārutaḥ :  (der) Atem, Prana („Wind“)

Den Lebenshauch den Vorschriften entsprechend kontrolliert, werden die subtilen Energie-Kanäle und -Zentren vollständig gereinigt. | Die Tür zur Sushumna bricht auf und der Lebenshauch tritt mit Leichtigkeit ein.

 

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass mit prāṇa-saṁyāmaiḥ (Zügelung des Lebensatems“) Pranayama gemeint ist, verbunden (Yukta) mit der vorschriftsgemäßen Ausführung (Vidhi) der Körperstellungen (Asana) sowie von Jalandhara Bandha  und der übrigen (Adi) Bandhas: prāṇa-saṁyāmair āsana-jālandhara-bandhādi-vidhi-yukta-prāṇāyāmaiḥ.

 

Svatmarama schreibt im 41. Vers:

Wenn die Nadis und Chakras durch ein geregeltes Pranayama-Verfahren gereinigt sind, bahnt sich der Atmen leicht seinen Weg in den Mund der Sushumna und dringt in sie ein.

Es gilt, vorschriftsgemäß (vidhi-vat) Prana Samyama zu praktizieren. Das heißt, du brauchst die Anleitung eines Lehrers oder einer Lehrerin. Heute sind wir es gewohnt, Pranayama zu sagen. Svatmarama hat eine Vielzahl von Beschreibungen. Hier nennt er es Prana Samyama, ein anderes Mal nennt er es Baddha Marut oder Pavana Abhyasa. Das sind alles Bezeichnungen für Pranayama.

Wenn man durch die Herrschaft über das Prana die Nadis und Chakras gereinigt hat (Vishodhita), dann öffnet sich ganz einfach die Sushumna. Der Atmen (Maruta) tritt in die Sushumna ein (visati). Dies geschieht ganz mühelos (sukha) nachdem das Prana die Öffnung (Vadana) durchbrochen hat.

 

  1. Vers

अथ मनोन्मनी
मारुते मध्यसंचारे मनःस्थैर्यं प्रजायते
यो मनःसुस्थिरीभावः सैवावस्था मनोन्मनी ॥४२॥

atha manonmanī-
mārute madhya-sañcāre manaḥ-sthairyaṁ prajāyate… yo manaḥ-susthirī-bhāvaḥ saivāvasthā manonmanī

atha : nun (folgt); manonmanī : Manonmani; mārute : (wenn der) Atem Prana (“Wind”); madhya : (in der) Mitte (der); sañcāre : fließt („beim Hindurchgang“); manas : (des) Geist(es); sthairyaṁ* : festes Gerichtetsein, Unbeweglichkeit; prajāyate : entsteht; yaḥ : was („welcher“); manaḥ : (des) Geist(es); su-sthirī-bhāvaḥ : (ein) äußerst (su) beständiger Zustand (ist); sā : das („dieser“); eva : gewiss; avasthā : (ist der) Zustand; mana-unmanī : (des) Geist(es) jenseits des Geistes

 

Nun Manonmani: Wenn der Lebenshauch in der mittleren Energiekanal ist, entsteht Geistes-Ruhe. | dies ist ein Zustand vollkommener Ruhe, genau dieser Zustand ist Manomani.

 

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt den Begriff Sthairya als das (ununterbrochene) Dahinströmen (Pravaha) der geistigen Aktivität (Vritti) in der Form (Akara) des Meditationsobjektes (Dhyeya): sthairyaṃ dhyeyākāra-vṛtti-pravāhaḥ.

 

Wenn du Pranayama übst, reinigst du deine Nadis und Chakras. Sind die Nadis und Chakras gereinigt, öffnet sich besonders die wichtigste Nadi, die Sushumna. Wenn das Prana in die Sushumna eintritt geschieht folgendes: Eine Beständigkeit des Geistes tritt ein.

 

  1. Vers

तत्सिद्धये विधानज्ञाश् चित्रान् कुर्वन्ति कुम्भकान्
विचित्र कुम्भकाभ्यासाद् विचित्रां सिद्धिम् आप्नुयात् ॥४३॥

tat-siddhaye vidhāna-jñāś citrān kurvanti kumbhakān… vicitra-kumbhakābhyāsād vicitrāṁ siddhim āpnuyāt

tad : dieses (Manonmani bzw. Unmani genannten Zustandes); siddhaye : für das Erreichen, Vervollkommnen; vidhāna-jñāḥ : (diejenigen, die die) Regeln, Methoden kennen; citrān : verschiedene, unterschiedliche; kurvanti : praktizieren; kumbhakān : Atemverhaltungen; vicitra : (der) verschiedenen; kumbhaka : Atemverhaltungen; abhyāsāt : durch das Praktizieren, Übe; vicitrāṁ : wundersame; siddhim : Macht, (übernatürliche) Fähigkeit(en); āpnuyāt : kann man erreichen

Um diesen zu erlernen führen die in der Methode Eingeweihten verschiedene Atemübungen durch. | Durch Praxis von Atemübungen auf verschiedene Weise, werden übernatürliche Fähigkeiten erworben.

 

Svatmarama schreibt:

Wenn das Prana durch die Sushumna fließt, wird der Geist beständig. Die Beständigkeit des Geistes wird „Unmani Avastha“ genannt. Avasta heißt „Zustand“, Unmani bedeutet „jenseits des Geistes“. Mani kann man übersetzen als „Edelstein“.

Eventuell kennst du das Viveka Chudamani, der „Kronjuwel der Unterscheidung“ von Shankaracharya. Im Manipura Chakra ist dir der „See der Edelsteine“ bekannt. 

Demnach gibt es „Unmani Avastha“, den Zustand von unendlichem Wert, der jenseits des Wertes von allen Edelsteinen liegt.

Unmani Avastha ist eine Bezeichnung der Hatha Yoga Pradipika für Samadhi, das Überbewusstsein. Das Prana möge fließen (sanchare) durch den mittleren Kanal, durch die Sushumna. Das führt zu einer Ruhe des Geistes (manas sthairya). Wenn der Geist ruhig ist, dann folgt ein äußert beständiger Zustand (su sthiri bhava), ein Zustand, der vollkommen ruhig ist. Das ist der Zustand jenseits des Geistes (avastha manonmani), verkürzt ausgedrückt ist es „Unmani Avastha“.

Wie kannst du Samadhi erreichen? Wie bekommst du deinen Geist ruhig?

Durch das Üben von Raja Yoga und Meditation erreichst du dieses Ziel. All die Techniken, die Patanjali im Yoga Sutra beschreibt, sind ein Weg um es zu erreichen. Oder du machst es dir einfach und übst die Pranayama Praktiken. Übst du viel Pranayama, reinigst du Nadis und Chakras. Das Prana geht durch die Sushumna und das Überbewusstsein folgt von selbst. Daher ist es wichtig, Pranayama zu üben.

Svatmarama sagt:

Um die Reinigung von Nadis und Chakras zu erlangen, um die Sushumna zu öffnen, den Geist zur Ruhe zur bringen, um Samadhi (das Ziel des Lebens) zu erreichen, dafür praktizieren die Weisen verschiedene Arten von Kumbhakas. Durch die Übung der verschiedenen Kumbhakas erlangt man verschiedene außergewöhnliche Fähigkeiten (Siddhis).

Noch einmal Wort für Wort: Um das zu erlernen, um das zu erreichen (tad siddhaye), praktizieren (kurvanti) diejenigen, die die Methoden kennen (vidhana jna). Diejenigen, die gelernt haben, was zu tun ist, üben verschiedene Methoden der Atmenverhaltung (vichitra kumbhaka). Das machen sie (abhyasa). So erreicht man verschiedene Fähigkeiten und außergewöhnliche Kräfte (siddhi vichitra).

Du wirst zunächst die Durchführung lernen.

Wenn du bei Yoga Vidya ein Kundalini Yoga Seminar mitmachst oder eine Yogalehrer-Ausbildung absolvierst, wirst du zu einem Vidhana Jana, das heißt: Jemand, der die verschiedenen Methoden des Pranayama kennt. Allerdings ist hier die eigene Praxis relevant. Dadurch erreichst du Unmani Avastha Samadhi. Du erreichst nicht nur das, sondern sonstige außergewöhnliche Fähigkeiten. Durch Pranayama bekommst du mehr Prana, mehr Ausstrahlung und Charisma. Deine Worte haben mehr Ausstrahlung, deine Gedanken haben mehr Macht, du hast mehr Energie für den Alltag und einen klareren Geist. Du kannst dein Prana ausstrahlen, um Menschen Heilenergie zu geben. Deine Gegenwart wird für andere angenehmer. Du kannst deinen Geist auf verschiedene Chakras lenken und ihre Kräfte nutzen.

Viele Möglichkeiten eröffnen sich dir, wenn du Pranayama übst. Pranayama ist eine der wirksamsten Weisen, zur Meditation zu kommen, zum Überbewusstsein zu gelangen und Fähigkeiten zu entwickeln.

 

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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