Pashchimottanasana in der Hatha Yoga Pradipika, die feinstoffliche Wirkungen und Konzentrationshilfen der Vorwärtsbeuge.
- und 30. Vers
- Vers
मत्स्येन्द्रपीठं जठरप्रदीप्तिं
प्रचण्डरुग् मण्डलखण्डनास्त्रम् ।
अभ्यासतः कुण्डलिनीप्रबोधं
चन्द्रस्थिरत्वं च ददाति पुंसाम् ॥२९॥
matsyendra-pīṭhaṁ jaṭhara-pradīptiṁ
pracaṇḍa-rug-maṇḍala-khaṇḍanāstram… abhyāsataḥ kuṇḍalinī-prabodhaṁ
candra-sthiratvaṁ ca dadāti puṁsām
matsyendra : (des) Matsyendra; pīṭhaṁ : (die) Körperhaltung; jaṭhara : (des) Magens, Verdauungsfeuers; pradīptiṁ : (das) Aufflammen; pracaṇḍa : (von) überaus heftig(en), grimmig(en), schrecklich; ruj : Krankheit; maṇḍala : (einer ganzen) Schar, Menge; khaṇḍana : (zum) Beseitigen; astram : (ist eine) Waffe; abhyāsataḥ : aufgrund (ihrer) Praxis, durch das Üben; kuṇḍalinī : (der) Kundalini; prabodhaṁ : (das) Erwachen; candra* : (des) Mondes; sthiratvaṁ : (die) Beständigkeit, Bewegungslosigkeit, Festigkeit; ca : und; dadāti : (sie) gibt, verleiht, verursacht; puṁsām : den Menschen
Die Haltung von Matsyendra reguliert das Verdauungsfeuer und beseitigt viele schreckliche Krankheiten wie eine Waffe. | Durch diese Praxis wird die Kundalini geweckt, der Mond stabilisiert und sie ist für [alle] Menschen sehr empfehlenswert.
Svatmarama schreibt: „Strecke beide Beine aus und nachdem du die Zehen der Füße mit den Händen ergriffen hast, bringe deine Stirn auf die Knie. Das ist Pashchimottanasana. Diese vortrefflichste aller Asanas, die Paschimottanasana, lässt den Atem durch die Sushumna fließen, steigert das Magenfeuer, macht die Lenden mager und vertreibt alle Beschwerden.“
In zwei kurzen Versen befinden sich viele Wirkungen dieser Asana.
- Vers
प्रसार्य पादौ भुवि दण्डरूपौ
दोर्भ्यां पदाग्रद्वितयं गृहीत्वा ।
जानूपरिन्यस्तललाटदेशो
वसेद् इदं पश्चिमतानम् आहुः ॥३०॥
prasārya pādau bhuvi daṇḍa-rūpau
dorbhyāṁ padāgra-dvitayaṁ gṛhītvā… jānūpari-nyasta-lalāṭa-deśo
vased idaṁ paścima-tānam āh
prasārya : ausstreckend; pādau : beide Beine; bhuvi : auf der Erde, dem Erdboden; daṇḍa : (zweier) Stöcke; rūpau : (ähnlich der) Form; dorbhyāṁ : mit den Händen; pada : (der) Füße; agra : Spitzen; dvitayaṁ : die zwei; gṛhītvā : ergreifend, haltend; jānu : (die) Knie; upari : über, auf; nyasta : ablegend; lalāṭa : (der) Stirn; deśaḥ : (die) Gegend, (den) Bereich; vaset : (so) verweile man; idaṁ : das, diese; paścima : (der Körper-)Rückseite; tānam : Dehnung, Ausdehnung; āhuḥ : nennt man
Die Beine [sind] gestreckt auf dem Boden wie ein Stock, die Unterarme halten [dabei] die beiden Fußspitzen. | Die Stirn ist auf den Knien platziert In dieser Position verweilt [der Yogi]. [Sie] wird Pashchimatanasana genannt.
Im 29. Vers - in einer anderen Ausgabe im 30. Vers, wird gesagt, bei dieser Asana sind die Beine ausgestreckt und wie ein Stock. Die Hände befinden sich bei den Fußspitzen. Die Stirn liegt auf den Knien. In dieser Position verweilt der Yogi. Die Asana sollte längere Zeit gehalten werden. Es ist wichtig, die Asana über längere Zeit einzunehmen. Svatmarama hebt dies hier deutlich in diesem Vers hervor. Diese Stellung wird Paschimottanasana genannt.
Wir nennen diese Stellung gerne Pashchimottanasana, die Asana, die hinten gestreckt ist. Svatmarama nennt sie einfach Pashchimattana. Pashchima heißt zum einen „Rückseite“, aber auch „Westen“.
Die Rückseite wird gerne als Westen bezeichnet, weil man oft in der Stehhaltung nach Osten schaut. Der Osten gilt als eine heilige Seite. Du schaust nach Osten und deine Rückseite zeigt nach Westen. Deswegen wird die Rückseite als Westen bezeichnet. Du könntest sagen, wenn du die Vorwärtsbeuge machst, kann es von Hilfe sein, dass du die Füße Richtung Osten zeigen lässt, dass deine Rückseite Richtung Westen zeigt. Pashchimattana ist der eine Name der Stellung . Heute ist diese als Pashchimottanasana bekannt.
Svatmarama nennt diese Asana in der Pradipika ebenfalls in Sanskrit, Pashchimatanamasana. Die wörtliche Übersetzung ist: Dehnung (Tana) des Westens (Pashchima, der Rückseite). Die Vorwärtsbeuge ist Agria. Sie ist die vortrefflichste aller Asanas. Er mag die Vorwärtsbeuge in besonderem Maße.
Man findet in seinen Aussagen ein kleines Wortspiel, denn es gibt darin nochmal Utama. Utama heißt die Beste. Bei der Paschimottanasana, steht zwar nicht Uttana, aber man könnte es ähnlich interpretieren. Paschimottanasana ist Uttana. Sie führt zu einer intensiven Dehnung und ist die beste, daher Agria. Die Vorzüglichste unter den Asans.
Warum ist sie die Vorzüglichste?
Zum einen führt sie dazu, dass Pavana (der Atem, Wind, zur Reinigung) und damit das Prana (die Lebensenergie) mit Rana (Freudigkeit, Lust) fließen kann.
Durch die Sushumna kann der Fluss der Lebensenergie, des Pranas erfolgen. Durch Pashchima, die Rückseite, in diesem Fall ist die Rückseite der Wirbelsäule gemeint, wo das Prana fließen kann.
Pashchima heißt zum einen Rückseite und Westen, aber auch die Sushumna, der feinstoffliche Energiekanal, ist gemeint. Vahina sorgt für den Fluss und bewirkt Caroti. Vahina ist das Fließen von Pavana, des Pranas der Pashchima, der Wirbelsäule.
Weiterhin bewirkt sie die Erhöhung des Magenfeuers. Agni wir erhöht, Udaya Jataya Annalasya. Des weiteren führt sie zu Karisha Udare, zur Schlankheit des Bauches. Wenn du abnehmen willst, insbesondere Bauchspeck abbauen willst, halte die Vorwärtsbeuge längere Zeit. Das führt zu Arogata, zu Gesundheit. Pashchimattana beseitigt verschiedene Beschwerden. Die Rogas, die verschiedenen Krankheiten kommen nicht mehr zum Tragen.
Zusammenfasst kann man sagen, Pashchimottanasana lässt Prana durch die Sushumna fließen, aktiviert Agni, das Verdauungsfeuer, trägt dazu weniger Bauchfett zu haben und beseitigt verschiedenste Krankheiten.
Svatmarama sagt: „Das ist die Beste aller Asanas.“ Mit anderen Worten bedeutet diese Wortwahl: Halte die Vorwärtsbeuge über einen längeren Zeitraum.
Diesen Vers könntest du ebenfalls als Konzentrationshilfe ansehen für deine Praxis in der Pashchimottanasana.
Du kannst dir in der Asana sagen: „Ich konzentriere mich auf die Bauchgegend.“
Stelle dir dabei ein Feuer oder eine Sonne vor deinem geistigen Auge vor. In deiner Vorstellung wird das Feuer im Bauch stärker. Das Feuer im Bauch hilft, dass die Fettverbrennung angeregt wird. Besonders trägt es dazu bei, dass Nährstoffe besser absorbiert werden.
Im 2. Schritt kannst du sagen: „Ich konzentriere mich auf die Sushumna, die feinstoffliche Wirbelsäule. Beim Einatmen konzentriere ich mich auf den untersten Teil meiner Wirbelsäule. Beim Ausatmen steigt das Prana nach oben bis zur Scheitelgegend.“
Zum Schluss kannst du dich auf das Sahasrara Chakra konzentrieren.
Svatmarama spricht von Arogata, der Krankheitslosigkeit.
Ist es möglich physisch ohne Krankheit zu werden? Diese Fragestellung kann mit einem „Nein“ beantwortet werden. Langfristig stirbt der Körper. Dabei ist es egal, was du machst.
Wenn du dich auf Arogata konzentrieren willst, könntest du sagen: „Zum Schluss konzentriere ich mich auf das Höchste. Im Agnia oder Sahasrara Chakra spüre ich meine Einheit mit dem Göttlichen.“
Damit kannst du die Asana abschließen.
Zusammenfassend kann die Vorwärtsbeuge wie folgt geübt werden:
- mit der Bauchkonzentration
- die Wirbelsäulenkonzentration
- die Konzentration in die höheren Chakras. Auf den Bereich von Arogata, was über alle Krankheiten hinausgeht, auf das Höchste Selbst.
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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.
Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.
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