Der Yoga des Verzichtes auf Karma
Wie kannst du handeln ohne Verhaftung? Wie kannst du handeln ohne neues Karma zu erzeugen? Wie kannst du deine Handlungen des Alltages umwandeln in Yoga Praktiken? Wie kannst du dein tägliches Leben zum Yoga machen?
Kommentar zur Bhagavad Gita des 5. Kapitel Vers 1
Arjuna sprach: „Den Verzicht auf Handlungen, Karma rühmst du und dann wieder Yoga. Sage mir endgültig, was von Beiden wichtiger ist“
Zum einen sagt er zu Arjuna, verzichte auf Karma. Das heißt, handle nicht um neues Karma zu erzeugen. Verzichte auf Karma, glaube nicht dass du der Handelnde bist.
Danach sagt er, übe Karma. Handele aus dem Gefühl der Einheit.
Kommentar zur Bhagavad Gita des 5. Kapitel Vers 2
„Entsagung und Yoga des Handelns führen zu höchster Glückseligkeit. Von den Beiden ist der Yoga des Handelns der Überlegene“.
Handeln oder Rückzug
Das ist eine Hauptfrage der Bhagavad Gita. Sollen wir handeln, uns engagieren, oder sollen wir uns zurückziehen und das Leben der spirituellen Praxis widmen?
Im Westen nicht wirklich eine Alternative, im alten Indien konnte man von zuhause weggehen, von Bettelgaben leben und irgendwo meditieren. Auch wenn du in ein Kloster gehst, wirst du Karma Yoga machen müssen. Angenommen du gehst zu Yoga Vidya in ein Ashram und wirst Sevaka. Auch dort wird angenommen, dass du dich im Seva engagierst, dem uneigennützigen Dienen.
Manche der Yogaübenden sind im Rentenalter, dort wäre eine Alternative. Anstatt dich um deine Enkelkinder zu kümmern, anstatt durch die Welt zu reisen, könntest du spirituell praktizieren, all das darbieten. Vielleicht ist das im hohen Alter eine Alternative. Im normalen Alter werden die meisten den Weg des Karma Yoga gehen, die meiste Zeit des Tages mit Handeln im beruflichen Leben verbringen, in der Beziehung, der Familie und im uneigennützigen Dienen für die Gemeinschaft.
Kommentar zur Bhagavad Gita des 5. Kapitel Vers 3
„Als immer-währender Entsagender möge der angesehen werden, der weder hasst noch wünscht. Denn frei von den Gegensatzpaaren, oh mächtig bewaffneter Arjuna, findet er leicht Befreiung aus den Banden“.
Karma Yoga ist der Hauptyoga für die Menschen. Den meisten Teil des Tages wirst du nicht in der Meditation, Asanas und Pranayama verbringen, auch nicht in Puja oder Homa und mit Mantra Rezitationen. Den meisten Teil wirst du im Berufsleben verbringen, in der Familie oder im uneigennützigen Engagement.
Wie kannst du trotzdem entsagen?
Es gibt einen Vers der Upanishaden, der besagt: Nicht durch die Entsagung allein ist die Unsterblichkeit zu erreichen. Deshalb fragt Arjuna immer „lass mich doch entsagen“. Entsagen ist hier nicht das Äußere.
Hier sagt er, wer weder wünscht noch abgeneigt ist.
Beispiele
Nicht sagen, ich mach mit dem Menschen nichts, ich mag den nicht, der war schon einmal unfreundlich zu mir. Den brauch ich unbedingt in meinem Team, mit dem arbeite ich gut zusammen. Weder Wünschen noch Abneigen. Oder sagen, das mache ich nicht, das liegt mir nicht.
Überlegen, was sind meine Aufgaben und tun was zu tun ist. So findet man Befreiung aus den Banden. Gleichmütig, ob Erfolg oder Misserfolg, gleichmütig was für Früchte heraus kommen usw.
Kommentar zur Bhagavad Gita des 5. Kapitel Vers 4
„Kinder, Nicht Weise sprechen von Wissen und dem Yoga des Handels als wären es zwei verschiedene Dinge. Wer wahrhaft in einem fest verwurzelt ist, erntet die Früchte von Beidem“.
Karma Yoga und Jnana Yoga sind nicht unterschiedlich. Wenn wir Jnana Yoga wirklich praktizieren, wirkliche Erkenntnis, dann können wir auch handeln ohne Verhaftungen.
Wenn es uns wirklich gelingt Karma Yoga ohne Verhaftung, uneigennützig Dienen ohne etwas zu erwarten, kommen wir zur Erkenntnis.
Kommentar zur Bhagavad Gita des 5. Kapitel Vers 5
„Den Ort den die Sankhyas und die Jnanis erreichen, erreichen auch die Yogis des Handels. Derjenige erkennt das Wissen und Handeln, Karma und Jnana als Eins erkennt“.
Kommentar zur Bhagavad Gita des 5. Kapitel Vers 6
„Wirkliche Entsagung ist ohne Karma Yoga schwer zu erreichen. Der Yogi und der Weise der durch Yoga Harmonie erreicht hat, geht zu Brahman“.
Man kann sich leicht etwas vormachen, wenn man sagt, ich mach das und das nicht und denkt man sei jetzt ein Entsagter. Wahre Entsagung ist, über die Gegensatzpaare hinaus zu wachsen.
Beispiel
Manche Menschen sagen, das mache ich nicht, der kritisiert mich. Ich gebe meine Aufgabe ab, ich lass das sein. Sie denken ich lass jetzt los, ich entsage. Sie denken, sie haben entsagt.
Aber wenn du etwas loslässt, weil du kritisiert wirst oder etwas zu anstrengend wird, dann ist das nicht wirkliche Entsagung. Dann hast du aus Abneigung oder Kränkung etwas aufgegeben. Dann ist das keine wirkliche Entsagung. Wirkliche Entsagung ist Verhaftungslosigkeit.
Kommentar zur Bhagavad Gita des 5. Kapitel Vers 7
„Wer den Weg des Karma Yoga geht, dessen Geist ganz rein ist, der selbstbeherrscht ist, seine Sinne bezwungen hat, sein Selbst als das Selbst aller Wesen erkennt, der wird nicht befleckt obgleich er handelt“.
Wenn du selbstbeherrscht bist, einen reinen Geist hast, nicht mehr von Wünschen getrieben bist. Wenn du nicht mehr aus Abneigung, Gekränktheit, Ärger, Ängsten usw. handelst. Du siehst das dein Selbst im Wesen aller Selbst ist. Und das Selbst aller Wesen in deinem Selbst ist, dann wirst du kein neues Karma erzeugen. Du wirst keine Schuld auf dich laden, auch wenn es etwas ist, was nicht nur positive Wirkungen hat.
Wenn du das aus dem Wunsch gemacht hast, etwas Gutes zu tun, in dem Bewusstsein hinter allem ist das Göttliche, ohne eigensüchtige Hintergedanken. Dann ist das was du tust, eine reine Handlung.
Kommentar zur Bhagavad Gita des 5. Kapitel Vers 8
„Ich tue gar nichts, so denkt ein Mensch der in Harmonie ist und die Wahrheit erkennt.
Wenn er sieht, isst, hört, geht, schläft, atmet, spricht, geschehen lässt, seufzt, die Augen öffnet und schließt, und davon überzeugt ist, dass sich die Sinne zwischen den Sinnesobjekte bewegen“.
Krishna geht jetzt den Weg des Jnana Yoga, als Karma Yogi. Denn Jnani weiß, ich tue nichts. Das Selbst ist unsterblich, unbewegt. Körper und Geist tun ihre Dinge.
Kommentar zur Bhagavad Gita des 5. Kapitel Vers 10
„Wer seine Handlungen Brahman opfert und Verhaftungen aufgibt, wird von Sünden nicht befleckt, so wie das Lotosblatt vom Wasser nicht befleckt wird“.
So verbindet er es mit Bhakti Yoga. Die Handlungen Gott darbringen und dabei keine Verhaftungen haben. Das ist manchmal wichtig, in ethischen Zwickmühlen. Denn es gibt manchmal schwierige Entscheidungen. Du weißt nicht was das richtige ist und vielleicht ist das auch schwer herauszufinden was das richtige ist, irgendwer wird gekränkt, irgendwelche Auswirkungen hat es.
Aber wenn du alles Gott darbringst, nichts für dich selbst haben willst, so ethisch wie möglich handelst, dann schaffst du kein neues Karma.
Beispiel Kindererziehung
Ein Kind macht seine Hausaufgaben nicht, wie gehst du damit um? Du könntest es einfach lassen und das Kind muss die Konsequenzen selbst tragen. Es bekommt vielleicht nächsten Tag doppelt so viel Aufgaben, oder eine schlechte Note. Das ist okay.
Aber mehrere schlechte Noten bedeuten, die Versetzung ist gefährdet und nachher sind die Berufsaussichten schlecht. Also fühlst du dich aufgefordert etwas zu tun. Wenn du dein Kind zu häufig aufforderst, zu häufig hilfst, dann kommt dein Kind nicht in die Selbstständigkeit. Egal wie du dich entscheidest, ob sie richtig ist, weißt du nicht.
Beispiel 1 Yogalehrer
Angenommen du bist Yogalehrer und da ist eine Teilnehmerin die macht Asanas nicht richtig. Du willst ihr helfen und sie sagt: „Nein, ich will das so machen“. Du kommst in einen Konflikt. Du siehst wenn sie das so weiter macht, dann wird sier nachher ein Nackenproblem oder Probleme mit Rücken bekommen. Du willst ihr helfen, aber wenn du sie nochmals berührst, wird sie vielleicht nie mehr wiederkommen, wo anders hingehen, oder auf Yoga verzichten.
Das sind einfache Beispiele. Es gibt manchmal ethische Konflikte. Wie geht man damit um.
Beispiel 2 Yogalehrer
Hier bei Yoga Vidya haben wir eine Feedback Kultur. Ein Teilnehmer beschwert sich über einen Yogalehrer. Was machen wir. Vielleicht hat er kein gutes Selbstwertgefühl. Wenn wir ihm jetzt auch noch die Kritik weitergeben, dann wird er vielleicht nicht mehr unterrichten. Wenn wir es ihm nicht sagen, dann wird er vielleicht weiter diesen Fehler machen. Was tut man.
Es gibt jede Menge ethische Zwickmühlen. Wie gehen wir damit um? Wir können den Lehren Krishnas folgen, und überlegen nach besten Wissen und Gewissen und bringen alles Brahman dar. Wir sind ohne Verhaftungen und wenn wir es so tun und als Instrument Gottes tun und für Gott tun. Dann machen wir uns nicht schuldig, werden nicht befleckt von der Handlung und schaffen kein neues Karma.
Kommentar zur Bhagavad Gita des 5. Kapitel Vers 11
„Durch das Aufgeben von Verhaftung, handeln die Yogis nur mit Körper, Geist, Verstand und Sinnen um sich zu reinigen. Wer die Einheit gefunden hat, gelangt zum ewigen Frieden, nachdem er den Früchten des Handelns entsagt hat. Wer die Einheit nicht gefunden hat, der vom Wunsch Getriebene, der Verhaftete ist gebunden“.
Um Freiheit geht es in der Bhagavad Gita. Wie kommen wir zur Freiheit, wenn wir den Früchten entsagt haben, die Einheit in Allem haben? Freiheit ist nicht, seinen Wünschen folgen. Wer einfach seinen Wünschen folgt, ist getrieben, ist verhaftet, der ist gebunden.
Kommentar zur Bhagavad Gita des 5. Kapitel Vers 13
„Im Geist allen Handlungen, allen Karma entsagend und selbstbeherrscht ruht der Verkörperte glücklich in der Stadt mit den neun Toren. Er erzeugt kein Karma und verursacht auch nicht das Karma anderer“.
Stadt der neun Tore
Stadt mit den neun Toren das ist der Körper. Der Körper hat neun Öffnungen (2 Augen, 2 Nasenlöcher, den Mund, 2 Ohren, die zwei Öffnungen im unteren Teil des Körpers.
Wir entsagen allem Karma, wir wollen nichts für uns. Dann erzeugen wir kein neues Karma.
Kommentar zur Bhagavad Gita des 5. Kapitel Vers 14
„Gott lässt weder Urheberschaft noch Handlungen für die Welt entstehen und auch nicht die Verbindung mit den Früchten der Handlung“.
Vielmehr ist es die Natur die handelt. Was geschieht, hinter allem ist das Göttliche. Wir brauchen uns nicht einbilden, dass wir diejenigen sind, die alles tun. Das Göttliche tut Alles, wir sind nur Instrumente oder wie Zellen im Körper Gottes.
Gott übernimmt weder Schuld, noch Verdienst von einem Menschen. Wissen ist von Unwissenheit umhüllt, dadurch werden die Wesen getäuscht. Es gibt auch relative Gesetze wo es heißt, Menschen handeln irgendwo, sie tun Schlimmes und sagen dann „Gott übernimm du meine Schuld, übernimm du meine Verdienste. Ich bringe sie dir dar“.
Im höheren Sinne geschieht was geschehen soll. Im relativen ist es gut, Gott alles darzubringen, auch Schuldgefühle und Reue, Busse tun usw.
„Denen jedoch, deren Unwissenheit durch Selbsterkenntnis vernichtet worden ist, enthüllt das Wissen wie die Sonne. Das höchste Brahman“.
Mehr zu diesen und anderen Kommentaren „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“ gibt es in Buchform.
Erkenne hinter allem ist das Göttliche und erkenne dich in allen Wesen, das Göttliche wirkt überall. Handle nicht aus Eigensinn und gib die Vorstellung der individuellen Verantwortung auf. Du bist ein Instrument des Göttlichen.
Die Kommentare der Bhagavad Gita ausführlich unter schriften.yoga-vidya.de. Weitere Informationen unter www.yoga-vidya.de.
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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.
Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.
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