Warum tun auch spirituelle Menschen etwas Schlimmes?

 

Kommentar zur Bhagavad Gita 3. Kapitel Vers 36

Arjuna sprach: „Wodurch getrieben sündigt der Mensch, selbst gegen seinen Willen, oh Krishna, gleichsam wie durch Gewalt, gezwungen“.

 

Vielleicht ist auch dir das passiert, du willst dich so und so verhalten. Du willst künftig anders sprechen, zu deinen Kollegen, deiner Frau, deinen Kindern. Du willst zukünftig gute Gewohnheiten haben. Und dann machst du etwas ganz anderes.

Du verlierst die Fassung vor deinen Kindern, machst deinen Partner wieder Vorwürfe, du kritisierst deine Mitarbeiter, schimpfst über die Kollegen, du lästerst. Du isst wieder Dinge die du nicht essen wolltest usw.

Warum macht man das?

Kommentar zur Bhagavad Gita 3. Kapitel Vers 37

śrībhagavānuvāca kāma eṣa krodha eṣa rajoguṇasamudbhavaḥ
mahāśano mahāpāpmā viddhyenamiha vairiṇam

 

Die Gier - Raga

krodha esa -  es ist der Zorn

rajagunasamudbhavah - gewachsen aus, entstanden aus, aus der Eigenschaft der Leidenschaft

mahaasano - ist der große Esser, der alles verzehrt

mahaapapma -  derjenige der großes Unheil bewirkt

viddy -  erkenne das

 

Sei dir bewusst, wenn du dir etwas vornimmst, vielleicht von Buddhi her, von guter Unterscheidungskraft. Das kommt aus Raja Guna, aus Leidenschaft heraus, wird Karma kommen. Das heißt Wunsch und Gier und Krodha Zorn. Dann vergisst du Alles.

Erkenne das, das ist letztlich dein Feind. Krishna gebraucht manchmal eine derbe Sprache. Aber es ist wichtig, dass du erkennst, nicht du bist der Wunsch, die Gier und der Ärger, sondern in dir manifestiert sich das.

Ich habe einmal gesagt: „Wünsche sind Handlungsempfehlungen mit Energie“. Emotionen sind Informationen, sie sind „Handlungsempfehlungen plus Energie“. Eigentlich sind Wünsche und Emotionen nicht dein Feind, aber wenn du ihnen blind folgst, können sie dich in Probleme bringen. Halte einen Moment inne, wenn du merkst, da kommt ein Wunsch, eine Kränkung, ein Ärger auf.

Der Wunsch, die Gier, der Ärger usw. das sind nicht deine Freunde. Einen Moment inne halten oder verlasse den Ort des Geschehens. Evtl. atme ein paar Mal kurz durch, oder du musst kurz raus. Du musst ja nicht sagen warum und dann fasse dich wieder. Geh wieder in die Ruhe und Gelassenheit.

Danach überlege, was ist meine Aufgabe, was ist meine Pflicht. Folge nicht dem ersten Impuls, besonders wenn er auf Gier beruht oder Ärger. Das ist nichts Gutes.

Bei Wünschen und Emotionen spreche ich von Handlungsempfehlungen, diese können auch Fehlinformationen sein und schlechte Informationen.  Nachdenken, überlegen und nicht jedem Impuls folgen.

Kommentar zur Bhagavad Gita 3. Kapitel Vers 38

„So wie Feuer vom Rauch verhüllt ist, ein Spiegel vom Staub und die Leibesfrucht von Mutters Schoß, so ist dies verhüllt von Jenem“.

 

Das heißt, hinter Gier und Verblendung, hinter Ärger ist dein wahres Selbst. Tief in dir und jedem anderen ist Liebe, Freude und der göttliche Wesenskern. Äußerlich mag ein Mensch, Schlimmes sagen und tun. Äußerlich mag er Schlimmste Handlungen gemacht haben, beleidigend und kränkend sein, sich nicht an seine Versprechen halten usw. Im Inneren ist in ihm, das Göttliche.

Wenn ein Spiegel von Staub bedeckt ist, trotzdem ist es ein Spiegel. Wenn ein Diamant im Schlamm ist, trotzdem ist es ein Diamant. In dir ist jenseits von Verblendung, Gier Wünschen und Ärger, die Ruhe des Geistes. Gehe dort hinein. Auch der Andere ist tief im Inneren höchstes Selbst, nimm dort Kontakt auf.

Kommentar zur Bhagavad Gita 3. Kapitel Vers 39

„Oh Arjuna, die Weisheit ist verhüllt von diesem ständigen Feind des Weisen, in Gestalt des Wunsches, der so unersättlich ist, wie das Feuer“.

 

Beispiele

Ein Wunsch ist unersättlich. Die Vorstellung dass du vom Wunsch frei wärest, indem du sie erfüllst. Dies ist genauso unsinnig wie, wenn du Öl in ein Feuer hinein gießt. Das Feuer giert nach mehr Öl. Du gießt mehr Öl ins Feuer, das Feuer wird größer.

Du erfüllst deine Wünsche, die Wünsche werden größer. Es gibt eine Konstante. Die meisten Menschen würden sagen, Geld macht nicht glücklich, aber ich bräuchte 60% mehr Geld als ich jetzt habe. Wenn sie dann 60% mehr Geld haben, vielleicht durch beruflichen Aufstieg. Dann wollen sie danach noch einmal 60% mehr. Noch mehr Anstrengung und Engagement usw. Es hört nie auf.

Oder du hast das neue iPhone, das nächste Jahr gibt es das Neueste und du willst das usw. Oder du hast eine neue Kamera Ausrüstung, schon bald fällt dir etwas Neues ein, was du willst.  Wir schaffen uns bei Yoga Vidya auch neue Ausrüstung an, aber wir machen das, um zu dienen.

Du bist in einer Abteilung, dein Kollege bekommt bessere Arbeitsmaterialien als du, dann denkst du, ich bin länger dabei, ich brauch noch bessere Arbeitsmaterialien. Dann willst du mehr, weil der andere mehr bekommt, der andere will mehr usw. Es ist nicht die Frage, was ist angemessen und wird gebraucht, sondern du willst mehr.

Ständiger Feind des Weisen sagt hier Krishna. Sieh nicht die Wünsche, dass du sie alle erfüllen musst. Wünsche können auch Handlungsempfehlungen sein, die gut sind. Sie können dich auch ins Verderben führen. Identifiziere dich nicht mit dem Wunsch.

Kommentar zur Bhagavad Gita 3. Kapitel Vers 40

„Es heißt, Sinne Geist und Verstand seien sein Sitz. Durch sie, wird der Verkörperte getäuscht, dass sie seine Weisheit verschleiern“.

 

Die Weisheit ist tief im Inneren. Aber sie wird verschleiert, durch die Sinne, durch das Denken und das Fühlen.

Kommentar zur Bhagavad Gita 3. Kapitel Vers 41

„Deshalb beherrsche erst die Sinne oh Arjuna, überwinde das Sündhafte, die Erkenntnis und die Verwirklichung zerstört.

 

Es gilt die Sinne zu beherrschen.

Es gibt zwei Arten von Sinnen.

  • Die Karma Indriya Handlungsorgane
  • Jnanendriya bzw. Buddhindriya, die Wahrnehmungsorgane

Vermutlich meint hier Krishna, die Karma Indriyas, beherrsche erst die Sinne.

Wenn du merkst du bist gekränkt und du denkst, er hat mich behandelt, das ist unmöglich und es wallt in dir auf. In unserer Zivilisation wirst du nicht auf ihn zu rennen und ihn verprügeln. Du wirst auch nicht mit Gegenständen nach ihm werfen, das versteht sich von selbst. Beherrsche deine Sinne und beschimpfe ihn nicht, mache ihn nicht schlecht usw. Beherrsche die Handlungsorgane.

Dann kannst du hinter ihm auch das Göttliche sehen, hinter jedem ist die Weisheit und letztlich Brahman. Beherrsche die Sinne und dann ändere deinen Blickwinkel.

Dann tue was zu tun ist. Manchmal muss man auch Menschen abhalten, etwas Schlimmes zu tun. Mach es nicht aus Zorn, Gier oder persönlicher Kränkung. Manchmal musst du dich einsetzen für die gute Sache und das kann anderen zuwider sein. Es kann sein das du dich unbeliebt machst. Aber handle nicht aus Verblendung, Zorn, Gier und Ego.

Gewinne einen gewissen Abstand und verbind dich mit dem Göttlichen, dann tue, was zu tun ist.

Kommentar zur Bhagavad Gita 3. Kapitel Vers 42

„Es heißt die Sinne sind dem Körper überlegen. Das Denkprinzip ist den Sinnen überlegen. Die Unterscheidungskraft ist dem Denken überlegen. Das Selbst ist sogar der Unterscheidungskraft unterlegen“.

 

Wie kannst du deinen Körper beherrschen?

  • Gehe tief in dein Selbst und aus der Tiefe deines Wesens kommt die Unterscheidungskraft, Buddhi.
  • Mit dieser Unterscheidungskraft Buddhi beherrschst du dein Denken und Fühlen und Manas.
  • Über das Denken und Fühlen beherrschst du die Indriyas, die Sinne.
  • Über die Sinne beherrscht du den Körper.

 

Kommentar zur Bhagavad Gita 3. Kapitel Vers 43

„Erkenne das, was dem Verstand überlegen ist, sei durch das Selbst beherrscht. Dann überwinde, oh Arjuna, den schwer zu schlagenden Feindes, in Gestalt des Wunsches“.

 

Wie kannst du deine Wünsche tatsächlich beherrschen?

Gehe tief in dein Wesen hinein, in deine wahre Natur. Wenn du z.B. in der Meditation, die Freude aus dem Selbst erfährst oder deinen Geist weit machst, wenn du weißt ich bin die Sehenden im ganzen Universum. Dann bist du nicht mehr verhaftet an den Wunsch. Spüre die Zufriedenheit und die Befriedigung aus der tiefe deines Selbst und aus dem Unendlichen.

Daraus bekommst du die Kraft, deinen Verstand zu benutzen und damit Körper und Wünsche zu beherrschen.

Das waren die Kommentare zum 3. Kapitel in der Bhagavad Gita, Yoga des Handelns. Mehr zu diesen und anderen Kommentaren „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“  gibt es in Buchform.

Die Kommentare der Bhagavad Gita ausführlich unter https://schriften.yoga-vidya.de/bhagavad-gita/

___

Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

E-Mail an mich, wenn Personen einen Kommentar hinterlassen –

Sie müssen Mitglied von Yoga Vidya Community - Forum für Yoga, Meditation und Ayurveda sein, um Kommentare hinzuzufügen.

Bei Yoga Vidya Community - Forum für Yoga, Meditation und Ayurveda dabei sein