Wie könntest du die Adventszeit vom Yoga-Standpunkt aus sehen? Was könntest du für Überlegungen für Weihnachten haben. Wie könnte man aus Yoga-Sicht Jesus sehen?
Wie können sich Christen tiefer auf Yoga beziehen und wie können umgekehrt, Menschen, die Yoga üben, eine tiefere Beziehung zu Jesus Christus entwickeln?
Der Dezember bietet sich an, Yoga, Advent und Weihnachtszeit miteinander zu verbinden. Vielleicht bist du jemand, der Weihnachten genießt mit den Lichtern, den Menschen, die unterwegs sind. Vielleicht bist du jemand, dem die Kommerzialisierung auf den Geist geht. Vielleicht bist du jemand, der sich am liebsten von allem abschottet. Egal zu wem du gehörst, es ist gut das Ganze von einem Yoga-Standpunkt aus zu betrachten.
Adventszeit
Advent kommt vom lateinischen Adveniat „es möge kommen und es wird kommen“. Adveniat ist für die Christen immer schon eine frohe Botschaft gewesen. Jesus, der Heiland, wird kommen. Unabhängig davon, ob du eine Beziehung zu Jesus Christus hast, kann man es allgemeiner fassen. Adveniat ist eine frohe Zuversicht. Man könnte sagen, die Gotteserfahrung wird kommen. Spirituelle Erfahrungen werden kommen. Die Erleuchtung wird kommen. Ich werde Gott erfahren. Das ist das Gefühl von Adveniat.
Manchmal hast du in deinem Kopf vielleicht Zweifel. Du kannst überlegen, wie wird das überhaupt sein? Werde ich Fortschritte machen? Dann kannst du dir sagen, Adveniat. Ja, ich freue mich darauf, spirituell zu wachsen!
Die Adventszeit war früher eine Zeit intensiverer spiritueller Praktiken. In früheren Zeiten gab es bei den Christen zwei Haupt-Fastenzeiten. Die eine war die Adventszeit, in der man sich durch Fasten auf die Geburt von Jesus Christus vorbereitet hat. Die zweite Fastenzeit war vor Ostern, die Zeit von Aschermittwoch bis Ostersonntag oder -montag.
Es heißt nicht unbedingt, dass die Christen diese vielen Wochen gefastet haben. Sie werden sich einfacher ernährt und auf einiges verzichtet haben.
Ich erinnere mich an meine Kindheit, wo es in der Adventszeit galt, ein einfacheres Leben zu führen, weniger Süßigkeiten zu essen. Man hat sich gefreut, wenn es am 24. Dezember die Bescherung mit reichlich Süßigkeiten gab. Dazwischen an Nikolaus gab es auch noch mal Süßigkeiten für ein paar Tage. Weihnachtsgebäck u.a. gab es erst am 24.
Heute ist es ein bisschen anders. Heute gibt es Weihnachtsgebäck ab September in den Geschäften und meist hat man bis Weihnachten so viel davon gegessen, dass man nichts mehr davon essen will.
Die Adventszeit ist klassischerweise eine gute Zeit, um sich auf Weihnachten vorzubereiten, in dem man einfacher und bewusster lebt und mehr spirituelle Praktiken macht. Du kannst du die Adventszeit zu einer Zeit machen, wo du mehr praktizierst.
Vielleicht sind deine Kinder schon aus dem Haus oder Teenies, die kein Weihnachtsgebäck mehr wollen, und du deswegen etwas nostalgisch oder melancholisch bist, kannst du diese Zeit nutzen, um mehr zu praktizieren. Falls du noch kleine Kinder hast oder du in einer Branche beschäftigt bist, wo viel zu tun ist oder du noch viele Geschenke besorgen musst, wird vielleicht die Adventszeit nicht die Zeit sein, wo du mehr praktizieren kannst. Dann könntest du dich auf eine weitere Bedeutung des Advents besinnen.
In der Adventszeit gibt es den Adventskranz mit den vier Kerzen. Er steht damit für die ersten Schritte der spirituellen Praxis.
Am ersten Advent brennt das erste Licht: die Aktivierung des Muladhara-Chakras, das Erdelement. Du könntest darüber nachdenken, was Muladhara-Chakra und Erdelement für dich heißt. Es steht für Verankerung und Dankbarkeit zur Mutter Natur und Mutter Erde. Vielleicht auch Bewusstheit bei der Nahrungsaufnahme, beim Essen. Vielleicht auch eine gewisse Beständigkeit und Zuverlässigkeit.
Der zweite Advent steht für das zweite Chakra, Svadhishthana-Chakra. Es steht für das Wasser-Element und damit für Prana, für Lebensenergie und Heilung auf Energieebene, Energieheilung. Das zweite Chakra steht für Fließen, für Loslassen und für Vertrauen und Hingabe im Zwischenmenschlichen, aber auch zum Göttlichen wie auch zur Mutter Natur. So könntest du in der Woche nach dem zweiten Advent an das Wasser-Element und das Svadhisthana-Chakra denken.
Am dritten Advent ist das dritte Chakra geöffnet, das Manipura-Chakra. Es steht für das Feuerelement und Begeisterung, auch Selbstausdruck, durchaus auch Verantwortungsbereitschaft für andere Menschen. Durchaus auch sich durchsetzen für die positive Sache, nicht gleich aufgeben, wenn’s schwierig wird. Manipura steht für Selbstausdruck. Das, was in dir ist, will sich manifestieren.
Dann folgt am vierten Advent das vierte Chakra, Anahata, das Luftchakra. Das kannst du so deuten, dass du weit und offen wirst und ein weites Herz haben willst. Luft steht auch für das Annehmen und Akzeptieren von verschiedenen Sichtweisen. Luft steht auch für Herzensverbindungen und damit Liebe zu anderen Menschen. Das Herz-Chakra steht auch für Schenken und Geben, Liebe und Verbundenheit. Herz-Chakra steht auch für Freude.
Du kannst die ganze Adventszeit so sehen, dass es schrittweise zum Herz-Chakra geht. Wir können uns ärgern über die Kommerzialisierung von Advent und Weihnachten. Wir können aber auch genießen, die vielen entzündeten Lichter, die vielen Weihnachtslieder, auch das kaufen, um zu schenken, das Thema des Anahata-Chakras.
Die ganze Adventszeit kannst du sehen als Freude, als Liebe, als Licht. Die äußeren Lichter können dich daran erinnern, dass es darum geht, das innere Licht zu entzünden. Wenn du in Liebe zu Gott entflammst, erscheint plötzlich die ganze Welt lichtvoll. Plötzlich erfährst du Freude überall. Wie auch Jesus gesagt hat „was ihr den geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“. In diesem Sinne kann man sagen, was auch immer du in der Adventszeit tust, um anderen eine Freude zu machen, ist auch etwas, um dein Herz zu öffnen, um Gott zu erfahren.
Idealerweise gibst du nicht nur etwas an Menschen in deiner Familie, an Freunde und Bekannte, sondern du verteilst auch etwas an Menschen, denen es gar nicht gut geht. Es ist ein guter Brauch, an „Brot für die Welt“ oder „Miserior“ etwas für die Ärmsten der Welt zu geben. Ich kann auch schauen, gibt es vielleicht einen Menschen, mit dem ich mich in den letzten Jahren nicht gut vertragen habe, ein Verwandter, ein Freund, eine Freundin, der du in dieser Zeit ein Geschenkt machen könntest. Vielleicht schickst du eine Karte oder machst etwas anderes als ersten Schritt für Heilung und Herzensöffnung.
Vielleicht gibt es einen Bruder, eine Schwester, ein Elternteil, wo es irgendwann Konflikte gegeben hat. Die Weihnachtszeit wäre eine Zeit, wo du einen Schritt auf sie zugehst und vielleicht eine Weihnachtskarte schickst, vielleicht ganz altmodisch auf Papier im Umschlag mit Briefmarke drauf. Du kannst es auch über E-Mail, Facebook oder einen Postkarten-Service im Internet aufgeben. Du kannst überlegen, was kann ich machen, um auf einen Menschen zuzugehen, ohne aufdringlich zu wirken.
Vielleicht hast du Kinder oder Enkel, die mit dir den Kontakt abgebrochen haben. Zu Weihnachten könntest du den einfachen Versuch machen, auf diesen Menschen zuzugehen, einen kleinen ersten Schritt, ohne Vorwürfe, ohne aufdringlich zu werden. Einfach zu sagen, es ist Weihnachten und ich wünsche dir alles Gute, vielleicht auch alles Gute zum Neuen Jahr. Mehr braucht es nicht. Es ist der erste Schritt, das Herz zu öffnen.
In der Adventszeit wird der Adventskranz gemacht. Er steht für das Ganze, das Runde. So kannst du die Adventszeit nutzen, um zu sagen „ich will mich mit anderen verbinden“ und erkennen, wir sind alle in einem Kreis, wir gehören alle zusammen. Statt zu trennen, wollen wir uns verbinden.
Das waren einige Gedanken zum Advent, dem Geist des Einschließenden und des Verbindenden, wofür meiner Ansicht nach Jesus im besonderen Maße stand und bis heute steht.
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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.
Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.
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