YVS123 Monastische Tradition: Swami und Sannyasa

Was ist ein Swami? In welcher Tradition steht Yoga Vidya? Ist es bei Yoga Vidya möglich Mönch oder Nonne zu werden?

Swami wörtlich bedeutet „Meister“ oder „Herr“. Swamini heißt „Meisterin“. Diese Bezeichnung kennzeichnet jemandem, der eine Sache gemeistert hat. In unserer Tradition ist Swami ein Mönch oder eine Nonne.

Allerdings kann man in Indien als Nichtmönch oder Nichtnonne als Swamiji angerufen werden. Beispielsweise werde ich, Sukadev Bretz, als Leiter von Yoga Vidya, in Indien als Swamiji angesprochen, obwohl ich kein Mönchgelübde abgelegt habe und verheiratet ist.

Die Mönchstradition im Yoga ist sehr alt. Im alten Indien gab es mehrere religiöse Traditionen, etwa in der Zeit um 500 v. Chr. Zum einen gab es dort die brahmanische Tradition, in der die vier Lebensstadien, die Ashramas gelten und wichtig sind. Zum anderen gibt es die populäre Spiritualität verbunden mit Bhakti Yoga und einfache spirituelle Praktiken. Es gibt die sogenannte Shramana, die Tradition der Asketen, Einsiedler, Mönche und Nonnen. Jain Tradition und Buddhismus gehören dazu. Shramana war zu Anfang eine Tradition, die nur die eigene Entscheidung bedurfte. Im späteren Verlauf kamen Einweihungen dazu. Im Buddhismus verbreiteten sich Klöster, in denen eine ganze Gruppe von Nonnen oder Mönche zusammen gelebt haben. Buddha hat dieses Konzept sehr populär gemacht. Damals waren zehntausende Menschen Teilnehmer dieser Tradition. Es war eine Herausforderung diese große Menschenmenge zu ernähren. Die buddhistische und die Jain Tradition waren vorerst Teil der großen Traditionen, bis sie sich eigenständig gemacht haben.

Um 800 nach Christus gab es einen großen Meister namens Shankaracharya. Archaya heißt „Meister“ oder „spiritueller Lehrer“. Shankaracharya ist schon in jungen Jahren mit 16 Jahren, Swami geworden. Sein Guru war Govinda (Govindacharya), dessen Guru war Gopala (Gopalacharya). Zur Guru Linie, der Shankaracharya Linie gehört auch Vyasa und Sukadeva. Beide waren verheiratet und hatten Kinder. Sukadeva ist der Sohn Vyasas. Irgendwann ist diese Tradition in eine Mönchstradition übergegangen. Shankara formulierte einen bestimmten Orden, den Dashanami Orden (Dashanami = zehn Namen). Shankara hatte vier Hauptschüler, die in vier sogenannten Maths (Klöster) lebten. Diese gibt es bis heute. Das Shringagiri Math gab es seit Shankaracharya Zeiten. Die drei anderen Klöster wurden von muslimischen Mächten geschlossen und in neuerer Zeit wieder belebt. Obgleich die Hauptklöster geschlossen wurden, haben alle Dashanamis überlebt, denn in den Klöstern lebten nicht hauptsächlich Gemeinschaften, sondern zum Teil Wandermönche. Die Mönche wurden in vier Schüler zugeordnet und diese hatten Unterorden. Insgesamt gab es zehn. Unser Orden ist der Saraswati Orden. Der Grund dafür besteht darin, dass der volle Name Swami Sivanadas, Swami Sivanada Saraswati lautet. Im Yoga gibt es die Orden Swama, Sagara, Tirtha.

In Shankaracharyas Swami Orden ist es üblich, dass der Name auf Ananda endet. Es war nicht von Anfang an so, aber mindestens jetzt in dem Saraswati Zweig ist diese Namensendung üblich. Ananda bedeutet Freude. Es erinnert an das Ziel, die höchste Freude zu erfahren. Diese erfährt man durch Sannyasa, durch Entsagen. Ein Swami dieser Tradition hat bewusst entsagt. Es gibt die sogenannten großen Entsagungen. Man entsagt dem Wunsch nach Nachkommen, nach Partner, nach Ruhm und Ehre. Diese sind die drei Wünsche, denen ein Swami entsagt hat. Oft haben Swamis keine eigenen Besitztümer. Sie sollen mindestens keine haben, die sie an etwas binden.

Im christlichen Mönchs- und Nonnentum gibt es drei Gelübde:

  1. Das Gelübde der Armut
  2. Das Gelübde der Keuschheit
  3. Das Gelübde des Gehorsams.

Das Gelübde des Gehorsams gibt es in der Tradition Shankaracharyas nicht. Man kann als Mönch entscheiden in einer Gemeinschaft oder alleine zu leben.

Als Vorstufe von Sannyasa gibt es Brahmacharya. Ein Sannyasagelübde ist das Entsagen aller Vergnügungen auf der physischen Welt, auf der Astralwelt und auf der Kausalwelt. Alle Vergnügungen auf allen Ebenen wird entsagt. Brahmacharya ist in diesem Kontext das Noviziat. Für eine gewisse Zeit widmet sich der Brahmachary ganz der Spiritualität, um danach entscheiden zu können, ob er weiter zu Sannyasa gehen will.

Bei Yoga Vidya gibt es die Möglichkeit einer Brahmacharya Weihe, üblicherweise ist diese für drei Jahre verpflichtend. Mindestens sollte man ein Jahr vorher ohne Beziehung gewesen sein, mindestens ein Jahr schon Sevaka sein, dann kann man diesen Pfad probieren. Wenn man zu Hause lebt, ist das nicht Brahmacharya im Sinne des Ordens von Shankaracharya. Brahmacharya ist das Zusammenspiel von Enthaltsamkeit, Vorbereitung als Noviziat, Leben beim Lehrer und leben im Ashram.

Hast du diesen Entschluss gefasst, dann führst du Gespräche bei einem der Swamis bei Yoga Vidya. Darauf wird eine Brahmacharya Weihe vorbereitet oder eine Homa (ein Feuerritual). Dabei versprichst du für mindestens drei Jahre in den Yoga Vidya Ashrams und Zentren zu bleiben, bereit jede Aufgabe zu übernehmen, die anfällt, dir gegeben wird oder die notwendig ist. Man verpflichtet sich, sexuelle Enthaltsamkeit zu üben, ein einfaches Leben zu leben und zu dienen und intensiv zu praktizieren. Es bedeutet, dass man seinen Urlaub nicht in weltlicher Umgebung verbringen wird, sondern in einer Ashramumgebung und praktizieren wird.

Wenn man das drei Jahre gemacht hat, kann man sich für ein anderes Leben entscheiden und bei Yoga Vidya ein Partner bekommen, Kinder usw. Zum Schluss der Brahmacharyazeit gibt es ein Abschlussritual. Mit diesem Ritual wird gezeigt, dass ein neues Lebensstadium beginnt.

Die zweite Möglichkeit ist weiterhin als Brahmacharya zu leben. Nach sechs Jahren wird er zum Swami. Es gibt Gespräche und es folgt das Versprechen für den Rest des Lebens enthaltsam zu leben, nicht nach Eigenbesitz zu streben, keine Nachkommen zu erstreben und nicht nach Anerkennung, Name, usw. zu streben. Brahmacharys leben in einem Ashram, tragen gelbe Kleidung und bringen damit zum Ausdruck, dass sie um Licht und Erleuchtung bitten. Sie bekommen zusätzlich zu ihrem bisherigen Mantra die Brahmacharya Weihe. Weiterhin erhalten sie einen neuen spirituellen Namen, der zum Beispiel heißen kann „Brahmacharya Vanidevi Chaitanya“ oder „Brahmicharini Vanidevi Chaitanya“ (Chaitanya bedeutet: Jemand der zum höchsten Bewusstsein kommen möchte).

Für die Sannyasweihe gibt es wieder eine Feuerzeremonie. In der Feuerzeremonie macht man seine eigenen Totenrituale, denn Sannyasa heißt: Man will für die Welt sterben. Ein Teil des Totenrituals wird zelebriert. In dieser Zelebration wird gezeigt: Ich will auf der physischen Ebene, emotionalen Ebene und geistiger Ebene sterben. Ich will alle Verhaftungen loslassen.

Dann gibt es das Gelübde nach Verzicht auf Partnerschaft, sexuell enthaltsam zu leben, keinen Besitz zu erstreben. Man entsagt der physischen Welt, Astralwelt und der Kausalwelt. Man entsagt allen Verhaftungen. Danach bekommt man die Sannyasamantras.

Dazu gehören die vier Mahavakyas: Der Erste lautet „Tat Twam Asi.“ Aham Brahmasmi – ich bin Brahman, Ayam Atma Brahman – dieses Selbst ist Brahman, Prajnanam Brahma – Bewusstsein ist Brahman. Man nimmt sich vor, in diesem Geist zu leben (ich bin nicht der Körper, ich bin nicht die Psyche, ich bin das unsterbliche Selbst, der Atman) und aus diesem Bewusstsein heraus zu leben. Als Zeichen für diese Entsagung, wie das Feuer das Zeichen dafür ist, dass alles verbrannt ist, wird der Swami oder die Swamini anschließend orangefarbene Kleidung tragen. Das zeigt anderen Menschen, dass der Swami das Leben der Entsagung leben will. Es erinnert die betreffende Person, dass sie ein solches Leben der Entsagung leben will. Der Swami sollte anschließend nicht mehr so viel Zeit bei der vorherigen Familie verbringen. Es ist in Ordnung, die Familie zu kontaktieren. Aber er sollte nicht mehr längere Zeit dort leben. Es heißt, die Person lebt sonst nicht in einer weltlichen Umgebung. Im westlichen Kontext geht der Sannyasa in einem Ashram. Bisher gibt es nur zwei Swamis bei Yoga Vidya. Sie sind in einer spirituellen Umgebung und inspirieren andere mit ihrem Wunsch zu dienen und der Kraft ihres Entschlusses und Gott zu verwirklichen. In Indien lebt die Mehrheit der Swamis als Wandermönche oder Wandernonnen in kleineren Gemeinschaften oder sie praktizieren in einer kleinen Hütte für sich. Manche unterrichten und nehmen Schüler an.

Wenn du diesen Weg gehen möchtest, wirst du ein Jahr bei Yoga Vidya als Sevaka leben, um anderen zu zeigen, dass du ein spirituelles Leben führen kannst und ohne Beziehung leben kannst. Wenn du 6 Jahre Brahmachari warst, ist die Sannyasweihe möglich.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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