YVS116 Bhagavad Gita Einführung

Was ist die Hintergrundgeschichte der Bhagavad Gita? Was hat Bhagavad Gita mit Mahabharata zu tun? Wer ist der Autor? Was sind die Themen der Bhagavad Gita?

Die Bhagavad Gita, wörtlich der Gesang Gottes oder der Gesang des Erhabenen, ist eine der wichtigsten Yoga-Schriften. Zusammen mit Yoga Sutra, Upanishaden und Hatha Yoga Pradipika gehört die Bhagavad Gita zu den vier Schriften, die für die Yoga Vidya-Tradition von besonderer Bedeutung sind. Unter diesen vier ist im klassischen Yoga die Bhagavad Gita die wichtigste Schrift.

Die Bhagavad Gita gilt als heilige Schrift. Die Verse der Bhagavad Gita haben Mantracharakter. Bis heute gibt es Menschen, die die ganze Bhagavad Gita jeden Tag vollständig rezitieren. Bei Yoga Vidya rezitieren wir die Bhagavad Gita immer wieder. Es ist ein großartiges Buch, mit dem man immer wieder neue Aspekte der Spiritualität entdeckt. Es ist gut, etwas mehr über den Hintergrund der Bhagavad Gita zu wissen.

Ich selbst habe einen Kommentar zur Bhagavad Gita verfasst, wo ich die Hintergrundgeschichte zur Bhagavad Gita etwas ausführlicher beschrieben habe. Hier werde ich sie etwas vereinfachen. Wenn du etwas mehr darüber wissen willst, kannst du in dem Buch nachlesen. Ebenfalls gibt es einen Bhagavad Gita Blog, wo ich zu jedem Vers der Bhagavad Gita einen Kommentar geschrieben habe. 

Bhagavad Gita – Gesang des Erhabenen

Bhagavan bedeutet der Erhabene. Gita heißt der Gesang, die Gesungene. Mit Bhagavan ist Krishna gemeint.

Die Bhagavad Gita ist als Dialog geschrieben. Es ist ein Zwiegespräch zwischen Krishna und Arjuna – Krishna, der Lehrer und Arjuna, der Schüler.

Arjuna hat eine Frage an Krishna und Krishna antwortet, indem er ihm letztlich die Grundlagen des ganzheitlichen Yoga beschreibt.

Wie ist es dazu gekommen?

Die Bhagavad Gita ist ein Teil des Mahabharata-Epos. Mahabharata ist eines beiden Itihasas, der großen Epen, zusammen mit Ramayana. Mahabharata ist das umfangreichste Epos der Weltliteratur. Es hat sehr viele Verse. Es heißt sogar, dass es verschiedene Bücher beinhaltet. Mahabharata beschreibt letztlich die Geschichte eines Herrschergeschlechtes, der Bharatas. Es beschreibt die verschiedensten Dinge, die passiert sind. In Indien gibt es den Ausdruck, was es im Mahabharata nicht gibt, das gibt es nicht. Insbesondere zwischenmenschliche Situationen, jede ethische Frage, jede Entscheidung, jeden Charakter findet man im Mahabharata.

Maha bedeutet großartig. Bharata bezieht sich auf einen König mit diesem Namen. Die Mahabharata ist die Geschichte dieses Königs Bharata und seiner Nachkommen, die als Bharatas oder auch Bharatiyas bezeichnet werden.

Die Inder haben sich selbst lange Zeit als Bharatiyas bezeichnet, als die Nachkommen von Bharata. Der Name für Indien ist eigentlich Bharata Varsha.

Der Name Indien leitet sich vom Fluss Sindhu ab, den die Griechen Indus nannten. Sindhu ist ein Fluss in Nordwestindien. Heute ist es Pakistan. Für die Griechen war das Land vor und hinter dem Fluss Indus Indien.

Die Perser nannten diese Region Hindustan. Hindu bezeichnet einen Inder und Hindustan ist das Land Indien.

Von den Engländern wurde das Land India genannt. Für die Inder selbst war das Land lange Zeit Bharata Varsha. Es ist relativ neu, dass die Inder sich selbst als „Inder“ ansehen. Es ist eine Umschreibung von außen.

Bharata war ein großartiger Held und großartiger König, der tugendhaft und tapfer war. Er hat ganz Indien geeint. Er war ein legendärer König und so großartig, dass das ganze Land nach ihm benannt wurde. Die Bewohner des gesamten Subkontinentes benannten sich nach ihm.

Das Herrschergeschlecht, das von ihm ausging, waren die Bharatas.

Im Mahabharata wird das Leben von Bharata beschrieben. Seine Daten, wie er zum Schluss einem Königreich entsagt hat usw. sind dort niedergeschrieben. Bharata hatte viele Nachfahren. Kuru war auch ein großer König, aber nicht so großartig wie Bharata. In diesem Sinne ging es Schritt für Schritt bergab. Kuru war immer noch groß und das Herrschergeschlecht benannte sich nach Kuru. Es waren die Kauravas, die Nachkommen von Kuru.

Darunter gibt es zwei wichtige Brüder. Der ältere Dhritarashtra und der jüngere Panda waren dies. Normalerweise hätte Dhritarashtra die Königskrone erben sollen, aber er war blind. Weil es hier um die Essenz gehen sollen, werde ich die Geschichte, warum er blind ist, nicht erzählen. Dhritarashtra war blind und die Großen des Landes beschlossen, dass Pandu König werden sollte und das Königreich regieren. Pandu hatte fünf Söhne, die sich die Pandavas nannten. Einer von ihnen, der eine wichtige Rolle in der Bhagavad Gita spielt, ist Arjuna. Seine Brüder waren Yudhishthira, Bhima, Sahadeva und Nakula.

Pandu ist relativ früh gestorben. Die Pandavas waren noch minderjährig. Wer sollte jetzt das Königreich regieren? Es brauchte einen König. Die Großen des Landes einigten sich darauf, dass nun doch Dhritarashtra König werden sollte. Dhritarashtra, obgleich er blind war, wurde daraufhin zum König gekrönt. Dhritarashtra war nicht nur körperlich blind, was nicht ganz so tragisch gewesen wäre. Er war auch geistig blind. Er hat immer wieder seine Augen verschlossen, insbesondere vor den Un- und Missetaten seiner Söhne. Dhritarashtra hatte 101 Söhne mit einer einzigen Frau. Pandu hatte fünf Söhne mit drei Frauen.

Dhritarashtra hatte 101 Söhne. Warum es gerade 101 waren, ist eine faszinierende Geschichte, die hier aber nicht erzählt wird. Der älteste dieser 101 Söhne war Duryodhana, der Schreihals. Er war derjenige, der immer wieder laut etwas sagte. Kein allzu schöner Name für einen Sohn. Duryodhana wollte herrschen, wollte Macht und keinen anderen neben sich haben. Die anderen hundert Kauravas trauten sich neben Duryodhana nichts und wurden seine treuen Gefolgsleute. Jetzt gab es nur ein Problem. Dhritarashtra war der König. Wer sollte König werden nach Dhritarashtras Tod? Die meisten im Königreich dachten, dass müsste der älteste Sohn von Pandu werden, Yudhishthira, denn Pandu war der vorige König. Andere standen auf dem Standpunkt, Dhritarashtra ist der jetzige König, so sollte sein Sohn Duryodhana der König werden. Die Erbfolge war ungeklärt.

Duryodhana wollte nicht warten bis Dhritarashtra sterben würde und die Edlen des Landes es entscheiden würden. Er wollte sein Schicksal in seine Hand nehmen und versuchte mehrmals alle fünf Pandavas umzubringen. Von Jugend an gab es ein Attentat nach dem anderen, das Duryodhana selbst ausführte oder in Auftrag gab. Die Pandavas konnten all diesen Attentaten entgehen. Es wurden immer mehr.

Die Pandavas bemühten sich, das Gute und das Rechtmäßige zu tun. Sie lernten gut, waren freundlich zu ihren Mitmenschen und im Umgang mit anderen zuvorkommend. Sie setzten sich für die gute Sache ein.

Duryodhana und den Kauravas ging es um Macht, Vergnügen und um Wohlstand. Sie wollten etwas für sich haben.

Schließlich dachten die Großen des Landes, so kann es nicht weitergehen. „Es geht nicht, das die Kauravas die Pandavas ständig drangsalieren. Wir müssen eine Lösung finden.“ Yudhishthira sagte das auch und bot an, der Dhritarashtra solle weiter Oberkönig sein. „Wir könnten das Königreich in zwei Teile teilen. Duryodhana regiert die eine Hälfte, ich die andere Hälfte unter dem Oberkönig Dhritarashtra. So können wir es gut regeln.“ Die Großen des Landes stimmen zu und Duryodhana stimmte ebenso zu.

Duryodhana sagte, „aber ich darf mir aussuchen, welchen Teil ich regieren darf“. Yudhishthira, um des lieben Friedens willen, stimmte zu. Bis jetzt hatten sich die Pandavas gegen die Mordanschläge nie zur Wehr gesetzt. Sie hatten sich immer retten können, aber sie hatten nie gekämpft gegen die Kauravas. Sie haben sie nicht zur Anklage gebracht, sondern sie es einfach erduldet. Duryodhana suchte sich jetzt die fruchtbare und die bevölkerungsreiche Hälfte des Landes aus. Er wollte in Hastinapura, der Hauptstadt, regieren und Yudhishthira irgendwo im Dschungel und in Wüsten, wo wenig Menschen lebten.

Yudhishthira war ein sehr guter König, er war geschickter, wohlmeinender König. Er regierte gut und so kam die Hälfte des Königreiches, wo Yudhishthira regierte, zum Blühen. Die Menschen zogen dorthin, Land wurde urbar gemacht und Städte und Straßen entstanden. Yudhishthira baute Tempel und Krankenhäuser. Er förderte die Wissenschaften und brachte ein gutes Heer zustande.

Yudhishthira lebte in Frieden mit allen Nachbarn und andere erkannten ihn immer mehr als Oberherrscher an. Sie dachten, wenn Yudhishthira der Oberherrscher ist, dann hören die Kriege auf und wir können Frieden haben. Yudhishthira wurde schließlich von vielen Königen gebeten, er möge das Kaisertum annehmen. Dhritarashtra war noch da. Aber viele bedrängten Yudhishthira damit Frieden im ganzen Land herrscht, ein Kaiser über ganz Indien zu werden. Das war die damals bekannte Welt.

Yudhishthira stimmte schließlich zu und Duryodhana, dem das gar nicht behagte, wollte sich aber nicht gegen alle stemmen. Er erkannte Yudhishthira als Kaiser an. Jetzt schien alles groß und wunderbar.

Duryodhana rauchte vor Zorn und vor innerem Frust. Er dachte, jetzt ist Yudhishthira Herrscher über alles und ich bin sein Untergebener. Er war es nicht wirklich, aber irgendwo als Unterkönig. Natürlich war Dhritarashtra noch der Oberoberkönig über beide.

Duryodhana ersann eine List. Er wusste von einem „kleinen“ Laster, das Yudhishthira hatte. Er war ein Spieler. Man könnte sagen, er hatte eine Neigung zur Spielsucht. Yudhishthira wusste das und spielte deswegen gar nicht. Insbesondere das Würfelspiel hatte er als Kind und Jugendlicher geliebt. So forderte Duryodhana Yudhishthira zu einem Würfelspiel heraus. Yudhishthira musste kommen, denn wenn ein König einen anderen zu einem Spiel einlädt und der andere die Einladung ausschlägt, würde es zum Krieg kommen. Yudhishthira wollte keinen Krieg. Er hatte schon Jahrzehnte seines Lebens damit verbracht, verschiedenstes Unrecht über sich ergehen zu lassen.

Hier verkürze ich die Geschichte. Es gab zwei Würfelspiele. Beim zweiten Würfelspiel verlor Yudhishthira wieder und wieder. Yudhishthira hatte zwar Freude am Spiel, aber er war nur ein mäßig guter Spieler. Ein Onkel von Duryodhana war ein sehr geschickter Würfelspieler. Er war ein Falschspieler, der andere betrügen konnte. Er wusste wie er Würfel vor dem Wurf präparieren konnte. Yudhishthira verlor ein Spiel nach dem anderen. Zum Schluss hieß es, wer den letzten Wurf verliert, der muss zwölf Jahre ins Exil gehen mit all seinen Geschwistern. Im dreizehnten Jahr muss er inkognito bleiben, ohne erkannt zu werden. Nach dreizehn Jahren bekommt er seine Hälfte des Königreiches zurück.

Es kam wie es kommen musste, Yudhishthira verlor. Er und seine Brüder zusammen mit der gemeinsamen Frau, Draupadi, gingen zwölf Jahre lang ins Exil. Als spirituelle Menschen meditierten sie in dieser Zeit viel. Arjuna machte insbesondere viel Pranayama und Asanas. Er bekam verschiedene Pranas und Siddhis, alle möglichen Kräfte. Er hatte Visionen von Shiva. Im Exil im Dschungel verbrachten sie eine schöne Zeit. Spirituelle Menschen lieben es durchaus, keine Verantwortung mehr zu haben, wenn sie praktizieren und in der Natur sein können. Sie halfen dabei den Weisen im Wald und besuchten einige Ashrams. Im dreizehnten Jahr gelang es ihnen inkognito zu bleiben.

Nach dreizehn Jahren sandten die Pandavas Boten zu Duryodhana aus und sagten: „Wir haben die Bedingungen erfüllt und jetzt bitten wir darum, dass unser Königreich uns zurückgegeben wird.“

Duryodhana war die letzten dreizehn Jahre nicht untätig geblieben. Er hatte seine Macht gefestigt. Seine Vertrauensleute hatte er in das Königreich von Yudhishthira gegeben. Das gesamte Königreich hatte er unter seine Herrschaft gebracht. Alle Oppositionellen waren eingeschüchtert. Von den meisten Großen des Landes hatte er sich einen Vertrauenseid schwören lassen. Er lachte den Boten nur an und sagte: „Die Pandavas sollen im Wald bleiben. Ich behalte das Königreich!“ Die Pandavas schickten wieder einen Boten und sagten: „Wenn schon nicht das ganze Königreich, dann möchten wir wenigstens einen Teil!“. Duryodhana sagte: „Nichts gebe ich euch!“.

Die Pandavas wurden von Krishna besucht. Krishna war eine Inkarnation Gottes, eine Manifestation Gottes auf Erden und ein machtvoller König. Er war König der Yadava auf Dvaraka, einer großen Insel. Es heißt sogar, dass es sich um einen Kontinent, im Indischen Ozean vor dem heutigen Gujarat, handelte. Dort wollte Krishna in Frieden leben. Deswegen war er mit seinem gesamten Volk ausgewandert. Er wollte den idealen Gottesstaat errichten, einen Staat, wo Menschen alles hatten, was sie brauchten und in Frieden mit den anderen leben konnten.

Krishna war ein Freund von Arjuna, ein Freund der Pandavas. Ebenso war er ein Freund von Dhritarashtra und ein Vertrauter an seinem Königshof. Die Pandavas baten Krishna, als Bote an den Hof von Duryodhana zu gehen. Krishna ging dorthin, aber Duryodhana antwortete: „Wir geben ihnen nichts. Die Pandavas sollen im Wald bleiben!“ Krishna kam zurück. In der Zwischenzeit gab es viele rechtschaffene Menschen, die zu den Pandavas gingen. Nun überlegten die Pandavas: „Wollen wir den Frieden oder sollen wir für die gerechte Sache kämpfen?“ Jahrzehnte ihres Lebens hatten sie sich gegen die Missetaten von Duryodhana nicht zur Wehr gesetzt. Sollten sie jetzt wieder klein beigeben? Sie selbst hatten keine Wünsche. Für sie selbst spielte es keine Rolle, ob sie ein Königreich regierten oder nicht. Aber die anderen bedrängten sie und sagten: „Wir haben dreizehn Jahre Tyrannei erduldet. Es muss jemand aufstehen gegen diese Tyrannen!“ Schließlich entschieden sich die Pandavas, zu kämpfen. Viele kamen zu ihnen, um ihnen beizustehen. Viele kleinere Könige gingen mit ihren Truppen zu Yudhishthira und den Pandavas. Duryodhana hatte das viel größere Heer. Er war der Regierende dieses Königreichs. Er hatte die anderen fast gezwungen, seine Verbündeten zu sein.

Es gab ein kleines Heer von Yudhishthira und ein großes Heer von Duryodhana. Diese trafen sich auf dem sogenannten Kurukshetra. Kshetra heißt Feld. Kuru bedeutet die Nachfolger von Kuru. Es war ein Bereich, wo sich die Pandavas und die Kauravas treffen würden. Kurukshetra galt als heiliges Feld. Manchmal wird es als Dharmakshetra bezeichnet, als Feld der Rechtschaffenheit. Pandavas und Kauravas standen sich gegenüber und was jetzt weiter geschieht, ist das Thema der Bhagavad Gita.

Wie ist die Bhagavad Gita geschrieben?

Die Mahabharata hat verschiedene Erzählebenen. Und die Bhagavad Gita ist so geschrieben worden.

Dhritarashtra, der alte blinde König war in der Hauptstadt Hastinapura zurückgeblieben. Er hatte einen Ratgeber namens Sanjaya, der die Gabe der Fernsicht bekommen hatte. Er konnte sehen, was weit weg war. Sanjaya war im Palast und konnte mit seinem Auge der Intuition sehen, was auf Kurukshetra geschah. Dhritarashtra erfuhr durch Boten, dass auf Kurukshetra etwas Schlimmes passierte und wandte sich an Sanjaya.

Damit beginnt die Bhagavad Gita.

Erster Vers, erstes Kapitel, Bhagavad Gita

01-01 dhritarashtra uvaca dharma-kshetre kuru-kshetre samaveta yuyutsavah mamakah pandavas caiva kim akurvata sanjaya

Dhritarashtra sprach: Was taten mein Volk und die Söhne Pandus, nachdem sie sich zum Kampf bereit auf der heiligen Ebene von Kurukshetra versammelt hatten, oh Sanjaya?

01-02 sanjaya uvaca drishtva tu pandavanikam vyudham duryodhanas tada acaryam upasangamya raja vacanam abravit

Nachdem König Duryodhana die in Schlachtreihe aufgestellte Armee der Pandavas gesehen hatte, ging er zu seinem Lehrer und sagte:

01-03 pasyaitam pandu-putranam acarya mahatim camum vyudham drupada-putrena tava sisyena dhimata

Sieh, oh Lehrer! Diese gewaltige Armee der Söhne der Pandus, die der Sohn Drupadas, dein weiser Schüler in Schlachtordnung aufgestellt hat.

Dhritarashtra hat Sanjaya gefragt: Was ist passiert? Was ist geschehen zu Beginn dieser Schlacht? Sanjaya erzählte das Geschehen. Sanjaya sagte „Duryodhana schaute über das ganze Schlachtfeld. Er schaute die Reihen an, seine eigenen und die der Gegner.“

Duryodhana hatte letztlich wiederum Angst.

Im zehnten Vers sagt Duryodhana:

01-10: Unsere Armee, die von Bhishma befehligt wird, ist unzureichend, während die ihre, die Bhima führt, groß genug ist.

Das ist schon eine große Lektion. Ein Tyrann hat immer Angst. Selbst, wenn er die Macht hat. Duryodhana hat ein viel größeres Heer mit den größten Generälen. Die Pandavas waren dreizehn Jahre im Exil und verfügten über keine Erfahrung mehr im Umgang mit Waffen und Schlachten usw. Sie konnten gut meditieren und konnten sich gut an Gott wenden. Duryodhana mit seiner großen Armee war Schlacht erprobt. Er hatte die Zeit genutzt alle möglichen Könige zu unterwerfen. Duryodhana hat Angst. Denn letztlich weiß er, Dharma, das Recht, ist auf der Seite der anderen. So beschreibt es Sanjaya.

Was machte Duryodhana? Er schaute sich alles an. Er ging durch die Reihen. Er war nervös. Er sprach mit seinen Generälen.

Nun die Frage: Was machten die Pandavas?

01-14 Dann bliesen auch Krishna und Arjuna, die in ihrem mit weißen Rössern bespannten prächtigen Streitwagen saßen, in ihre göttlichen Muschelhörner.

Nun sind auch Krishna und Arjuna da. Was machte Krishna auf dem Schlachtfeld?

Krishna war ein König. Er hatte eigentlich gesagt, er wolle in die Streitigkeiten, die Kämpfe und die Kriege nicht involviert sein. Er will ein friedvolles Regime führen. Deshalb hat er mit seiner Yoga-Shakti einen ganzen Kontinent vor der Küste Indiens geschaffen und ist mit seinem Volksstamm, den Yadavas, dahin ausgewandert. Er wollte zeigen, friedvoll erblüht ein Königreich am besten. Nachdem der Kampf beginnen sollte, bat Arjuna den Krishna, „Bitte, steh mir doch bei!“

Krishna sagte: „Du kannst entweder meine Armee haben, die Yadavas, eine große Armee, die gut trainiert ist oder ich komme zu dir. Aber ich selbst werde nicht kämpfen“. Arjuna lächelte und sagte: „Ich will nur dich, denn da wo du bist, da wird auch Sieg sein. Ich will nicht deine Armee. Ich will nicht deine Waffen. Ich will nur dich.“

Auf eine gewisse Weise ist darin eine Grundfrage, die man immer wieder gestellt bekommt. Was willst du haben: Gott oder seine Armee? Immer wieder wirst du auf dem spirituellen Weg vor diese Frage gestellt. Willst du dich für Gott entscheiden oder für die Gaben Gottes? Manchmal musst du wählen. Diese eine Entscheidungsalternative führt dich vielleicht eher zu Gott, die andere gibt dir mehr Vergnügen und Reichtum, mehr Freunde und Anhänger usw. Das ist alles göttlich, aber es ist die Armee Gottes. Im Zweifelsfall solltest du dich für Gott entscheiden.

So machte es Arjuna. Krishna lachte und sagte: „Was willst du denn jetzt mit mir anfangen, ich werde nicht kämpfen?“ Arjuna sagte: „Wenn das in Ordnung für dich ist, dann seist du mein Wagenlenker. Wenn du mein Wagenlenker bist, dann bist du immer bei mir und dann kann mir nichts passieren.“ Krishna lächelte und sagte „Ich werde dein Wagenlenker sein“. Das zeigt, Gott kann sehr demütig sein. Arjuna war, man könnte sagen, ein Dahergelaufener. Ihm gehörte gar nichts. Selbst, wenn Yudhishthira gewinnen würde. Arjuna war nur ein Prinz. Krishna dagegen eine Inkarnation Gottes, Herrscher über Dvaraka, einem friedvollen Königreich – der großartigste seiner Zeit. Er wurde jetzt zum Wagenlenker von Arjuna, ein Kleiner im Verhältnis zum anderen. Für Krishna war das ganz in Ordnung.

Krishna und Arjuna bliesen ihr Muschelhorn und das hieß, jetzt war zum Beginn der Schlacht geblasen worden. So beschreibt es der Vyasa in den Worten von Sanjaya, was dort alles geschehen ist.

Vyasa ist der Autor der Mahabharata und er lässt Sanjaya dem Dhritarashtra alles erzählen.

01-20 Als nun Arjuna, der Sohn Pandus, dessen Zeichen Hanuman, der Affe war, die Leute aus der Partei Dhritarashtras so in Schlachtreihe aufgestellt sah und auch sah, wie die Waffen entsichert wurden, um zu beginnen, nahm er seinen Bogen und wandte sich mit den folgenden Worten an Krishna.

01-21/22 Arjuna sprach: Stelle meinen Wagen in die Mitte zwischen die beiden Armeen, oh Krishna, damit ich die sehe, die hier zum Kampfe bereit aufgestellt sind, und weiß, gegen wen ich zu kämpfen habe, wenn die Schlacht beginnen soll

01-23 Denn ich möchte sie genau sehen, die hier zum Kampf versammelt sind, und dem übelgesinnten Duryodhana (dem Sohn Dhritarashtras) in der Schlacht zu gefallen wünschen.

01-26 Da sah Arjuna, dass hier (in den Armeen) Väter und Großväter, Lehrer, Onkel, Brüder, Söhne, Enkel und auch Freunde aufgestellt waren.

01-27 Er sah Schwiegerväter und auch Freunde in beiden Armeen. Als der Sohn Kuntis, Arjuna, alle seine Angehörigen so aufgestellt sah, sprach er von großer Sorge und tiefem Mitleid erfüllt.

Krishna führte den Wagen auf einen kleinen Hügel. Arjuna schaute über das ganze Feld. Er sah, dass seine Gegner die Verwandten waren. Das Ganze war ein Bruderkampf, ein Kampf der Geschwister und ihm graute davor.

Auf eine gewisse Weise ist das eine wichtige Lektion im Leben des Menschen, wir sind alle Geschwister. Arjuna wusste es die ganze Zeit. Jetzt wurde es ihm bewusst. Wir sind alle auf diesem Planeten Kinder von Mutter Erde, Kinder Gottes. Wir sind alle Geschwister und wenn wir plötzlich erkennen, wir sind alle eins, dann ist die Frage wie können wir jetzt weiter vorgehen?

Im Fall von Arjuna, bedeutet dies: Die anderen mögen Schlechtes getan haben, aber sie sind trotzdem meine Verwandten. Soll ich mich jetzt wirklich gegen sie wenden?  

Arjuna sprach:

01-28 Arjuna sprach: Wenn ich diese meine Verwandten kampfbereit in Schlachtreihe aufgestellt sehe, oh Krishna,

01-29 Versagen meine Glieder, mein Mund wird trocken, mein Körper zittert, und mein Haar steht zu Berge.

01-32 Ich wünsche nicht den Sieg, oh Krishna, nicht das Königreich und auch nicht Freuden. Was nützt uns Herrschaft, oh Krishna, oder Freuden, oder selbst das Leben?

01-33 Die, für die wir Königreich, Freuden und Annehmlichkeiten wünschen, stehen hier, bereit zu kämpfen und Leben und Vermögen einzusetzen.

Arjuna braucht nichts. Er ist deshalb der ideale Schüler. Er lernt in den letzten dreizehn Jahren. Er muss nur meditieren und dann ist er glücklich. Er braucht ein bisschen was zu essen, das bekommt er im Wald. Er braucht keine besonderen Kleider und er braucht kein besonderes Zuhause. Er würde letztlich nur als Bruder von Yudhishthira, das Königreich mit regieren, damit es anderen gut geht. Aber diejenigen, für die er das Königreich übernehmen würde, die werden jetzt gleich kämpfen. Kampf heißt Krieg, Krieg heißt Tod. Tod will er nicht. So weiß Arjuna nicht, was er tun soll.

 

Im 46. Vers sagt Arjuna:

01-46 Es wäre für mich besser, die bewaffneten Söhne Dhritarashtras erschlügen mich im Kampfe, während ich unbewaffnet bleibe und keinen Widerstand leiste

01-47 Sanjaya sprach: nachdem Arjuna so in der Mitte des Schlachtfeldes gesprochen hatte, warf er Pfeil und Bogen von sich und setzte sich mit von Sorgen überwältigtem Geist im Streitwagen hin

Es ist eine ganz dramatische Situation, in der zwei Armeen gegeneinander aufgestellt sind. Sie wollten eigentlich schon aufeinander zugehen. Krishna und Arjuna stehen zwischen den beiden Armeen. Arjuna hat die Waffen weggeworfen. Beide Parteien schauen verwundert. Was machen die dort? Die Pandavas wollen nicht weiter gehen. Sie sind eine kleinere Armee. Nur, weil Arjuna so großartig ist. Außerdem hat er jetzt die Waffen von Shiva. Er hat Prana, verfügt über Energie und ist ein guter Bogenschütze. Sie haben überhaupt eine Chance. Ohne Arjuna sind sie verloren und gehen in das sichere Verderben. Sie gehen demnach nicht weiter.

Die Kauravas denken „Der Sieg ist unser! Arjuna wirft die Waffen hin! Jetzt haben die anderen keine Chance“. Sie gehen nicht weiter voran und hoffen, dass Arjuna weggeht. Sie fürchten, wenn sie jetzt nach vorne brechen, wird Arjuna vielleicht doch zu den Waffen greifen. Sie warten und hoffen darauf, dass Arjuna weggeht.

In dieser Situation fragt Arjuna Krishna.

Zweites Kapitel, vierter Vers.

02-04 Arjuna sprach: Oh Madhusudana, wie soll ich im Kampf Pfeile gegen die verehrungswürdigen Bhishma und Drona schicken?

02-05 Besser ist es in der Tat, in dieser Welt Almosen zu empfangen, als die Edelsten niederzustrecken. Töte ich sie aber, wird schon in dieser Welt all meine Freude am Besitz und an der Erfüllung meiner Wünsche mit ihrem Blut befleckt sein.

02-07 Mein Herz ist vom Makel des Mitleids überwältigt; mein Geist verwirrt hinsichtlich meiner Pflicht. Ich bitte Dich: Sage Du mir klar, was für mich richtig ist. Ich bin Dein Schüler. Lehre mich, da ich bei dir Zuflucht gesucht habe.

02-08 Ich sehe nicht, dass es diese Sorge, die meine Sinne verbrennt, beseitigen würde, auch nicht, wenn ich blühende und unangefochtene Macht über die Erde und Herrschaft über die Götter erlange

Jetzt beginnt die eigentlich Bhagavad Gita. Man sagt, Arjuna hat seine Frage gestellt. Man sagt manchmal, Arjuna ist der ideale Schüler. Damit man einen Lehrer bekommt, braucht es einen Schüler. Manchmal entsteht die Frage: Wie finde ich einen Guru? Du findest einen Guru, indem du ein Schüler bist. Arjuna hat schon ein gewisses Alter. Schon einmal ist er zu einem Lehrer in die Lehre gegangen. Viele Jahrzehnte hat er spirituelle Praktiken gemacht. Man könnte sagen, für einen idealen Schüler ist das erste Kriterium: Arjuna hat schon gelernt über Yoga, er hat schon intensiv praktiziert. Er hat erstens gelernt. Zweitens hat er praktiziert. Drittens hat er sich bemüht, ein rechtschaffenes Leben zu führen.

Er hat sich immer bemüht, das Richtige zu tun. Er hat an sich gearbeitet und schon Visionen Gottes gehabt. Shiva ist ihm erschienen.

Viertes Kriterium ist, er ist bereit alles aufzugeben. Er hängt an nichts. Er hat schon das Luxusleben im Königreich geführt. Er hat alles aufgegeben und lebte als Bettler im Wald. Öfters hat er gehungert, weil es nichts zu essen gab. Öfters hat er im Monsun draußen geschlafen, aufgeweicht und nass. Es hat ihm nichts ausgemacht. Er ist wunschlos. Er will für sich nichts, volles Vairagya ist vorhanden.

Fünftes Kriterium von Arjuna als idealer Schüler ist, er ist in einer verzweifelten Situation. Er weiß nicht weiter. Nur wenn du nicht weiter weißt, brauchst du einen Guru. Dann brauchst du wirklich einen Guru. Arjuna ist in dieser Situation, es ist eine ethisch unlösbare Situation: Kämpft er, dann gibt es Blutvergießen. Kämpft er nicht, gibt es auch Blutvergießen. Denn wenn er nicht kämpft, werden die Kauravas sicher gewinnen. Dann gibt es weniger Blutvergießen, weil schnell alle Pandavas getötet werden. Wenn er aber kämpft, werden in beiden Parteien viele sterben. Was soll er tun? Man könnte sagen, ein weiteres Kriterium ist, er hat seit vielen Jahren versucht, im Frieden zu leben. Oft gab es Anschläge. Um des Friedens willen, haben die Pandavas nichts dagegen getan. Jetzt hatten sie sich nach dem Konsultieren von vielen, auch von Krishna, doch überlegt zu kämpfen.

Aber Arjuna weiß, es sind alle seine Geschwister, auch die Bösen. Es gibt nicht wirklich gut und böse. Das Ego würde sagen, wir sind die Guten, die andern sind die Bösen. Das ist weggeblasen. Objektiv gesehen sind die anderen die Bösen. Die auf der eigenen Seite sind die Guten. Aber eigentlich ist es so: Alle Wesen sind Geschwister. Was soll er jetzt tun?

Es gibt keine gute Lösung. In dieser Situation wendet er sich an Gott, er wendet sich an Krishna. Jetzt kann Krishna lehren. Das Interessante ist, jetzt ist sein Lehrer sein Freund. Krishna ist der Freund von Arjuna. Die beiden kennen sich seit Jahrzehnten. Aber erst jetzt wird Krishna der Lehrer von Arjuna. Wo Arjuna nicht weiter weiß und sich ganz an Krishna wendet, kann Krishna sprechen.

Eine Frage, die oft im Kontext der Bhagavad Gita gestellt wird: „Gibt es einen gerechten Krieg?“ Es ist keine einfach zu beantwortende Frage. Die Bhagavad Gita beantwortet sie in ihrem Schluss, wo Krishna Arjuna in siebzehn Kapiteln Ratschläge gibt. Er spricht zu ihm über das Selbst und das Nichtselbst, über die Gunas, über ethisches Leben, rechtschaffenes Leben. Er spricht mit ihm über Karma Yoga, Raja Yoga, Bhakti Yoga, Jnana Yoga. Er spricht über Swarupa und Swadharma. Er spricht alle Aspekte des spirituellen Lebens an, auch wie man meditiert. Eigentlich verrückte Situation. Es dauert mehrere Stunden, alle warten. Krishna unterweist Arjuna. Zum Schluss sagt Krishna dem Arjuna: „Jetzt tue, wie du es spürst, was richtig ist“.

Arjuna weiß, ohne dass Krishna ihm zum Schluss noch rät, es ist richtig zu kämpfen. Sie kämpfen. Es gibt ein furchtbares Gemetzel. Die Pandavas gewinnen.

Die Pandavas regieren das gesamte Königreich. Nachdem sie die Regierung eingesetzt haben und das Land wieder gut regiert ist, verlassen diese fünf wieder das Königreich, ziehen in die Einöde und meditieren. Ihnen ging es nicht um das Königreich. Sie wollten dem Guten und Rechtschaffenen zum Sieg verhelfen, das Gute wieder einsetzen.

Auf eine gewisse Weise würden wir heute sagen, schöner wäre es gewesen, sie hätten eine neue Art von gewaltfreiem Widerstand gefunden und Duryodhana wäre auf diese Weise abgesetzt worden. Es hätte eine Palastrevolution gegeben, blutlos, und alles wäre gut ausgegangen. Leider ist es nicht gewesen. So wäre es ein liebes Ende gewesen.

Öfters gibt es diese Frage: War es richtig, dass die Alliierten im Zweiten Weltkrieg gegen Hitler-Deutschland in den Krieg gezogen sind? War es aufseiten der Amerikaner richtig, hätte man Hitler gewähren lassen sollen? Wenn er alle versklavt hätte, wäre irgendwann die Herrschaft zusammengebrochen? Die Amerikaner, die Engländer u. v. a. haben sich entschlossen. Sie wollten kämpfen. Hitler hatte Churchill Friedensangebote unterbreitet. Der hätte sagen können, warum sollen wir weiter kämpfen? England kann weiter regieren. Vermutlich war es richtig, dass Churchill weiter gekämpft hat, dass die Amerikaner in den Krieg gezogen sind und das nicht Hitler freie Bahn bekommen hat, bis er Russland, die Sowjetunion, ganz Eurasien unterworfen hätte und sein Terrorregime versucht hätte, dauerhaft zu machen. Es gibt immer wieder diese Frage.

Man soll die Frage nach dem gerechten Krieg nicht zu frühzeitig stellen. Dabei kann man aus der Mahabharata lernen. Die Kauravas haben über Jahrzehnte probiert, Krieg zu verhindern. Sie haben über Jahrzehnte Unrecht gewähren lassen im Sinne von keine Waffengewalt, zwar protestieren sie, Boten und Vermittler wurden geschickt, Mediatoren gesandt und dies erfolgte immer wieder. Irgendwann ging es nicht mehr. Nach Jahrzehnten der Versuche, haben sie sich entschlossen zu kämpfen.

Die Bhagavad Gita hat nicht nur dieses zum Thema, sonst würde man sagen, was hat das mit uns zu tun? Wir leben im, ich hoffe auch langfristig, friedvollen Mitteleuropa. Wir stehen nicht vor dieser Frage. Manchmal steht die UNO vor solchen Fragen in der Welt.

Vor allen Dingen ist auch manchmal die Frage, soll ich mich bemühen? Soll ich mich einsetzen? Soll ich Widerstand leisten oder soll ich es nicht tun? Nicht mit Waffen, solange es einen Staat mit einer Rechtsordnung gibt, wenn es nicht immer gerecht ist und ihre Probleme hat. Man kann trotzdem überlegen, soll ich mich einsetzen? Soll ich den Mund aufmachen? Soll ich mich für die gute Sache einsetzen? Soll ich mich für Tierrechte einsetzen? Soll ich mich für Veganismus einsetzen? Soll ich mich einsetzen für Ökologie? Soll ich mich dafür einsetzen, dass Bäume gut behandelt werden? Immer wieder kommen Fragen. Soll ich es selbst dann machen, wenn ich andere Menschen innerlich verletze? Es ist manchmal gut, im Sinne von übergeordneten Sachen auf kleine Dinge zu verzichten. Keine einfachen Fragen. Die Pandavas,haben aus gutem Grund über Jahrzehnte alles Mögliche probiert.

In diesem Sinne ist die Bhagavad Gita eine Entscheidungshilfe. Man könnte sagen die Bhagavad Gita ist ein Lehrgespräch. Arjuna stellt eine Frage. Er weiß nicht weiter. Krishna antwortet ihm. Er gibt ihm Kriterien, anhand derer er selbst entscheiden kann, was zu tun ist. Diese Antwort von Krishna und die Kriterien, die er dem Arjuna gibt, sind letztlich die gleichen Kriterien, anhand derer auch wir Entscheidungen treffen können. Krishna sagte dem Arjuna um Schluss: „Jetzt entscheide selbst!“. In der Mehrheit der Situationen, in denen man einen großen Lehrer fragt, was man tun soll, geben die Lehrer Kriterien und sagen; „Jetzt entscheidest du selber!“. Dann kommt die Intuition.

Manchmal stellen Menschen die Frage, warum spielt die Bhagavad Gita auf dem Schlachtfeld, eine Situation, die spirituellen Menschen unsympathisch ist. Sie möchten gerne alles friedvoll haben. Wir könnten vielleicht sagen: „Ja, damit wir keine Ausrede haben“.

Manchmal sagen Menschen, wenn ich Ratschläge gebe, „du hast gut reden, du lebst in einem Ashram. Dort  ist es immer alles friedvoll. Menschen gehen sehr freundlich miteinander um. Da gibt es keine Konflikte. Woher weißt du wie es im wahren Leben zugeht?“

Mein Kameramann lächelt mir gerade zu. In einem Haufen von Idealisten wie in einem Ashram, gibt es natürlich Konflikte. Nicht solche Konflikte wie der Krieg zwischen Pandavas und Kauravas. Es treten andere Konflikte in Erscheinung.

Die Antwort ist in jedem Fall „Krishna hat Arjuna in der extremsten menschlichen Situation spirituelles Leben erläutert, und zwar deshalb, damit wir wissen, spirituelle Prinzipien sind in jeder Situation anwendbar. Es ist nicht so, dass man sagt, nur wenn die Arbeit getan ist, alles in Ordnung ist, ich meine Ruhe habe, jetzt kann Spiritualität sein“.

Nein, in jedem Moment, auch in der extremsten menschlichen Situation, sind spirituelle Prinzipien anwendbar. Jeder Moment des Lebens ist ein spiritueller Moment. Jeder Konflikt ist von einem spirituellen Gesichtspunkt aus zu sehen. Dein ganzes Leben, Berufsleben, Familienleben, Hobbyleben, Engagement, Einsatz für die gute Sache, alles solltest du betrachten unter einem spirituellen Aspekt. Wie ein Leben spirituell gelebt werden kann, darum geht es in der Bhagavad Gita. Darüber werde ich die nächsten Male sprechen und aus der Bhagavad Gita rezitieren und zitieren.

Ich will noch einen Vers aus der Bhagavad Gita lesen, die Antwort von Krishna im zwölften Vers, zweites Kapitel:

02-12 na tv evaham jatu nasam na tvam neme janadhipah na caiva na bhavisyamah sarve vayam atah param

Was das bedeutet, darüber werde ich dir beim nächsten Mal erzählen.

Das war Einführung in die Bhagavad Gita, Hintergrundgeschichte der Bhagavad Gita, Hintergrundgeschichte des Lebens.

Mehr zur Bhagavad Gita findest du in dem Kommentar zur Bhagavad Gita. Es gibt viele große Kommentare. Ich habe einen Kommentar geschrieben, wo ich versucht habe, die Bhagavad Gita so zu erläutern, das Menschen in einem westlichen Kontext viele Tipps bekommen, ihr Leben zu spiritualisieren.

Es gibt von Swami Sivananda eine wunderschöne Bhagavad Gita, die von einem sehr hohen Standpunkt aus geschrieben ist, dem Vedanta-Standpunkt. Swami Sivananda ermahnt immer wieder: „Löse dich von allem Beschränkten. Tue deine Aufgaben. Sieh Gott in allem.“

Wir haben bei Yoga Vidya auch Bhagavad Gita-Seminare und Bhagavad Gita-Weiterbildungen. Auf unseren Internetseiten gibt es den gesamten Text der Bhagavad Gita mit der Wort-für-Wort-Übersetzung, Sanskrit, Devanagari und Umschrift, Rezitation und umfangreiche Vorträge, Video-Vorträge, Audiovorträge. Jeder einzelne Kommentar ist kommentiert von Swami Sivananda, verschiedene Kommentare von mir und anderen. So kannst du sehr tief in die Bhagavad Gita einsteigen.

Alles zu finden auf www.yoga-vidya.de.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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