Alles, was gut anfängt, kann gut weitergehen.
Deswegen ist es wichtig, dass man die erste Yogastunde mit viel Energie und Herz vorbereitet. Ein Unterrichten mit besonders viel Herz, Energie und Freude sollte angestrebt werden. Bei Yoga Vidya haben wir ein Konzept des zehnwöchigen Yoga-Anfängerkurses, das du in unserem Yogalehrer-Handbuch ab Seite 151 findest. Dort steht der gesamte zehnstündige Kurs samt Anmerkungen zur Verfügung. Es gibt diesen Kurs bei Yoga Vidya als Videoreihe. Wenn du selbst fortgeschritten praktizierst, kann es hilfreich sein, diese knapp 40 Videos anzusehen, um zu sehen, wie Anfängerkurse aussehen können.
Natürlich gilt, den Inhalt an die Teilnehmenden anzupassen. Eine Studentengruppe, die im Rahmen ihres Sportstudiums einen zehnwöchigen Anfängerkurs macht, wirst du anders unterrichten als eine Gruppe 60-Jähriger im Rahmen eines REHA Trainings, die möglicherweise nach 20 Jahren Sportpause wieder anfängt, sich körperlich zu bewegen. Bei Yoga Vidya gibt es Konzepte, wie du den Anfängerkurs sowohl für sportliche Menschen als auch für solche, die körperlich lange nichts gemacht haben, gestalten kannst.
Der Anfängerkurs, der im Yogalehrerhandbuch beschrieben ist, richtet sich an eine gemischte Gruppe. Er ist für die meisten Menschen geeignet. Daneben gilt es bei der Konzeption von Anfängerkursen zu beachten, dass es gewisse Vorgaben gibt, wenn du deine Kurse krankenkassenanerkannt unterrichten möchtest. Die genauen Vorgaben ändern sich alle paar Jahre. Wann immer die Krankenkassen neue Richtlinien haben, gibt es über den Yoga Vidya Berufsverband neue Konzepte und Handouts, die du für deinen Unterricht verwenden kannst oder zum Einreichen bei der ZPP, der Zentralen Prüfstelle für Prävention.
Der Hatha-Yoga-Anfängerkurs umfasst zehn Wochen. Man kann ihn in zweimal fünf Wochen einteilen, wobei die letzten fünf Einheiten den Aufbaukurs bilden. Manche unterrichten ihn an einem Stück innerhalb von zehn Wochen, manche innerhalb von acht Wochen, d.h. komprimiert. In den zehn Stunden gibt es bestimmte Lernziele. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen sollen hierbei die fünf Grundstellungen mit Vorübungen lernen. Sie selbst sollen dabei lernen, wie sie diese an ihre besonderen Bedürfnisse anpassen können. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernen die Bauchatmung, Kapalabhati und die Wechselatmung. Das sind die Pranayamas im Anfängerkurs. Sie lernen die Tiefenentspannung, verschiedene Tiefenentspannungstechniken und die Grundmeditationstechniken.
Im Anfängerkurs sollen die Teilnehmenden bestimmte Fähigkeiten entwickeln lernen. Sie lernen, sich selbst besser zu spüren und zu fühlen. Sie entwickeln ein Gefühl von Leichtigkeit und Entspannung und können ihr Energiegefühl erhöhen. Wir gehen davon aus, dass sich diejenigen, die einen Anfängerkurs besuchen, nach den zehn Wochen mit Energie aufgeladen haben, mit mehr Prana, mehr Lebensenergie. Wir gehen davon aus, dass die Teilnehmenden nach einer Yogastunde ein Gefühl von innerem Frieden haben. Viele entwickeln ein subtileres Wahrnehmungsvermögen, u. a. für Prana, für feinstoffliche Energien. Wir wollen sie dazu bringen, sich selbst zu spüren und sich so anzunehmen, wie sie sind, und hoffen, dass bei den Teilnehmenden ein Gefühl der Verbundenheit und Geborgenheit im Kosmischen entsteht, und dass sie damit mehr Gesundheit und Wohlbefinden erlangen. Wenn Menschen Yoga üben, wird sich typischerweise ihre Körperhaltung im Alltag verbessern.
Menschen sollten in die Lage kommen, einige der Techniken aus dem Anfängerkurs im Alltag umzusetzen, um sich jederzeit entspannen, aufladen und Freude empfinden zu können. Wir wollen, dass die Teilnehmer einiges Praktische lernen oder dass sie die Gewohnheit entwickeln, einmal die Woche einen Yogakurs zu besuchen und zu spüren, wie gut ihnen das tut.
Wir hoffen, dass die Teilnehmenden regelmäßig üben. Dafür ist es wichtig, dass du ihnen am Ende jeder Yogastunde sagst, was sie zu Hause tun können.
Du kannst die Teilnehmenden am Anfang jeder Yogastunde fragen, wie es mit den Übungen zu Hause geklappt hat. Unser Anliegen ist es, dass Menschen bestimmte Yogatechniken in den Alltag integrieren: Atmung, Entspannung, Aufladeübungen, Körperhaltung und so weiter.
Die Erfahrung zeigt tatsächlich, dass Menschen, die diesen zehnwöchigen Anfängerkurs mitmachen, sehr viel Positives erfahren. Sie erleben ihr Leben entspannter oder es ist mit mehr Energie gefüllt. Sie sind gesünder, empfinden mehr Frieden, mehr Selbstliebe und Öffnung für Höheres.
Gar nicht mal selten geschieht es, dass Menschen nach einem Anfängerkurs eine höhere Sinnfrage verspüren, und dass sich in ihnen ein spirituelles Bewusstsein entfaltet. Das geschieht mehr oder weniger von selbst, ohne dass man das besonders thematisieren muss.
Es gibt ein paar allgemeine Hinweise für Yogalehrer/innen. Der erste ist: Sei positiv und ermunternd. Das sollte sich eigentlich von selbst verstehen. Vermittle den Teilnehmer/innen die Zuversicht, dass sie im Laufe der Zeit Fortschritte machen werden und immer mehr Übungen umsetzen können. Dies wirkt sich positiv auf ihre Gesundheit aus.
Vereinfache die Übungen und sei klar in deinen Anweisungen, das ist wichtig. Als Yogalehrer/in erlangst du ein großes Wissen über die Yogapraktiken, gerade über die 2-jährige Ausbildung. Vereinfache alles für die Teilnehmenden, so dass sie zügig einen Bezug herstellen können. Beim Yoga Vidya Stil sind Atmung, Entspannung und Konzentration besonders wichtig. Es ist nicht immer die genaue Ausführung der Übungen entscheidend, denn dabei bekommen die Teilnehmenden u. U. Angst, Fehler zu machen.
Bei Yoga Vidya sitzt der/die Yogalehrer/in nicht. Er/sie sitzt i.d.R. nur bei der Anfangs- und Endentspannung sowie bei der Meditation. Der/die Yogalehrer/in geht durch die Reihen, hilft, korrigiert und geht zu den einzelnen Teilnehmer/innen. Bei Yoga Vidya werden die Asanas typischerweise nicht vorgemacht, lediglich bestimmte Teile der Übung. Es geht nicht darum, den Teilnehmenden zu zeigen, wie gut du die Asanas beherrschst, sondern ihnen die Übungen zu erklären. Du arbeitest mehr mit der Stimme und machst eventuell andeutungsweise eine Übung vor. Insbesondere solltest du die Asanas nicht mit den Teilnehmenden zusammen praktizieren.
Es gilt das Prinzip: Mache die Übungen nur soweit vor, wie du die Teilnehmenden sehen kannst.
Du kannst auch eine/n Teilnehmer /in herausgreifen und sie/ihn die Asana vormachen lassen, um zu erläutern, worum es geht.
Wichtig ist, die Stunde mit Sensibilität anzuleiten. Es geht nicht darum, den Lehrplan durchzuarbeiten, sondern darum, sich den Teilnehmer/innen anzupassen. Wenn sie z. B. langsam vorgehen, mache es ebenfalls langsam. Und wenn du feststellst, dass die Grundstellungen die Teilnehmenden überfordern, dann wähle zuerst die sanfteren Variationen.
Erkläre auch den Nutzen der Übung. Wenn Menschen wissen, warum sie etwas tun und wozu es gut ist, tun sie es besonders gern. Wann immer du eine Yogaübung anleitest, erkläre kurz, wozu die Übung gut ist. Gib Konzentrationshilfen. Erlaube mehrere Sekunden lang Stille. Wenn du den Teilnehmenden sagst, dass sie spüren sollen, gib einige Momente der Stille hinzu, damit sie tatsächlich spüren können.
Was eine gute Yogalehrkraft auszeichnet, ist, dass sie die ganze Gruppe im Blick behält und leitet. Gleichzeitig ist das Eingehen auf einzelne Personen ausschlaggebend. Du kannst z. B. zwei verschiedene Stimmlagen wählen, eine etwas lautere und ruhigere Grundstimme für die ganze Gruppe und eine Einzelstimme für Personen, die Hilfestellung benötigen. Du könntest der ganzen Gruppe tief und laut hörbar sagen, sie möge sich auf dem Rücken entspannen und in den Bauch atmen und dann zu einem einzelnen Teilnehmenden gehen und mit leiser, vielleicht höherer Stimme spezielle Anweisungen geben.
Das ist die Kunst einer Yogalehrkraft: die Gruppe als Ganzes anleiten und dem/der Einzelnen speziell helfen. Als beginnende/r Yogalehrer/in musst du erst lernen, die Gruppe als Ganzes zu leiten. Im Laufe der Zeit gehst du dann mehr auf die einzelnen Gruppenmitglieder ein. Denn es kann für die anderen durchaus störend sein, wenn sie warten müssen, während du mehrere Minuten lang einzelnen Teilnehmern etwas erklärst und der Rest der Gruppe solange nicht weiß, was zu tun ist. Halte als erste Priorität den Flow Gruppe aufrecht und gehe als zweite Priorität auf Einzelheiten ein.
Das sind allgemeine Informationen zum Anfängerkurs. Jede Stunde besteht aus mehreren Teilen: Sie beginnt mit einem theoretischen Teil, als Zweites kommt die Anfangsentspannung, dann ein Mantra, als Viertes Pranayama, dynamische Übungen wie der Sonnengruß und die Asanas, die statisch gehaltenen Übungen. Als Fünftes kommt die Tiefenentspannung und zuletzt eine Abschlussbesprechung, in der du erklärst, was die Teilnehmenden zu Hause üben sollten. Oft ist es gut, wenn du die Übungstipps in ein oder zwei Teilen anbietest: eine kurze Ansage zu Übungen, die in jedem Fall zu praktizieren sind, und etwas ausführlicher solche, die bei mehr Zeit geübt werden können. Du kannst es dir leicht machen, indem du auf den zehnwöchigen Videokurs von Yoga Vidya hinweist. Für jede Woche gibt es hier ein kurzes und ein langes Video, teilweise sogar mehrere kurze und/oder lange Videos.
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Sehr stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.
Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.
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