YVS082 Stimmschulung für Yogalehrer:innen

Bist Du Yogalehrer*in oder Teilnehmer*in einer Yogalehrer Aus- oder Weiterbildung, dann will ich Dir ein paar Tipps geben, was Du machen kannst, damit Deine Stimme – gerade in Yogastunden – Menschen etwas tiefer führen kann. Es gibt die so genannte 3-Chakra-Methode. Und diese zu kennen und anzuwenden, ist nicht nur für Yogalehrer*innen von Bedeutung, sondern ist allgemein etwas, womit Deine Worte mehr bewirken können.

Ich nenne es 3-Chakra-Methode, weil mit den Techniken, die ich dazu nennen werde, die Energie von drei wichtigen Chakren aktiviert wird: Manipura Chakra (Nabel-Chakra), Anahata Chakra (Herz-Chakra) und Vishuddha Chakra (Kehl-Chakra). In einem späteren Vortrag werde ich auch noch die 7-Chakra-Methode des Stimmtrainings vorstellen.

Es gibt in der Logopädie, also in der Sprachschulungswissenschaft und im Gesangsunterricht, mindestens ein Dutzend oder wahrscheinlich sogar sehr viel mehr Schulen. Ich nenne die Technik 3-Chakra-Methode des Stimmtrainings und für die meisten Menschen, die Yoga unterrichten, sind gerade diese Tipps einfach umsetzbar.

Drei Chakren sind in der Kommunikation also besonders wichtig. Das Manipura Chakra (Nabel-Chakra) ist das Energiezentrum, in dem besonders viel innere Kraft verborgen ist. Letztlich ist Manipura Chakra die Kraft des Sonnengeflechtes. Wenn du etwas sagen willst, dann willst du ja typischerweise etwas ausstrahlen. Deshalb trägst du als Yogalehrer*in weiß-gelbe Kleidung, denn das Gelb steht für Ausstrahlung und so hat das zu tun mit der Sonne im Bauch.

Das zweite Chakra, das Du involvieren willst, ist Anahata Chakra (Herz-Chakra), welches für Liebe steht. Wir wollen mit unseren Worten Gutes bewirken, aus der Tiefe unseres Herzens etwas sagen, Liebe ausdrücken zu unseren Teilnehmerinnen und Teilnehmern, Liebe empfinden zum Göttlichen.

Das dritte Chakra ist Vishuddha Chakra (Kehl-Chakra), das Energiezentrum der Verbindung. Wenn du kommunizierst, willst du dich mit Anderen verbinden. Vishuddha ist auch das Chakra des Äthers, des Raums und der Ausdehnung. Gerade wenn wir in einer Yogastunde etwas sagen, wollen wir ja das, was wir sagen, ausdehnen und in die Weite hineingeben.

Was können wir tun, um diese drei Chakras in besonderem Maße zu integrieren?

Manipura Chakra (Nabel-Chakra)

Wir beginnen mit Manipura Chakra. Als erstes achte auf deinen Bauch: Wenn du sprichst sollte der Bauch sich gut bewegen. Beim Einatmen geht der Bauch hinaus und beim Ausatmen geht der Bauch hinein. Es ist wichtig, dass du viel Luft in die Worte hineingibst. Nicht immer ist das sichtbar, zum Beispiel wenn du ein weites Hemd anhast, aber es ist hörbar. Angenommen ich würde jetzt so sprechen, dass kaum Luft in meine Worte hineinkommt, dass der Bauch sich wenig bewegt und ich kaum atme; du würdest mir nicht lange folgen können.

Du kannst es gerade mal selbst ausprobieren mit dem Mantra Om Namah Shivaya. Es muss noch nicht einmal laut sein, aber beim Ausatmen lass den Bauch weit hineingehen. Einatmen, Bauch nach vorne und beginnen: „Om Namah Shivaya, Om Namah Shivaya, Om Namah Shivaya.“

Du kannst auch eine Hand auf den Nabel oder unteren Bauch geben und dabei überprüfen, ob der Bauch wirklich beim Ausatmen hineingeht. Probiere es nochmal. Einatmen, Bauch nach vorne und beginnen: „Om Namah Shivaya, Om Namah Shivaya, Om Namah Shivaya.“

Alternativ kannst Du auch Standardansagen mit Hand auf dem Bauch üben. Du könntest also auch sagen, was du in einer typischen Yogastunde ansagen würdest: „Ausatmen – Bauch hinein, einatmen – Bauch hinaus,  entspanne die Beine, entspanne den Bauch, entspanne Kiefergelenke und Wangen.“ Indem du das so übst, wirklich den Bauch tief hineinzugeben – und das geht nur, wenn du viel Luft gibst – bringst du Prana in deine Worte, und du strahlst etwas aus.

Anahata Chakra (Herz-Chakra)

Das Herz-Chakra steht für Liebe. Und tatsächlich solltest du, wann immer du Yoga unterrichtest, dein Herz spüren, vom Herzen her Verbindung aufnehmen zu einer höheren Wirklichkeit und Verbindung aufnehmen zu deinen Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Wenn wir Yoga unterrichten, wollen wir etwas Gutes tun, und das gelingt uns besonders, wenn wir uns mit dem Herzen verbinden. Praktisch heißt das aber auch, dass du aufgerichtet bist. Das Herz-Chakra kann nicht ausstrahlen, wenn du eingesunken bist. Manche Yogalehrer*innen, insbesondere Anfänger, sitzen beim Unterrichten manchmal mit den gebeugten Knien zum Brustkorb gezogen und sagen dann: „Einatmen – Bauch hinaus, ausatmen – Bauch hinein.“ Konzentriere dich auf dein Herz-Chakra und wölbe den Brustkorb. Du kannst nicht wirklich etwas ausstrahlen, wenn du nicht gerade bist! Daher – wann immer du eine Yogastunde gibst, sei gerade. Wenn du nicht mehr sitzen kannst, weil deine Knie oder Hüften schmerzen, stehe auf. Oder setze dich auf einen Knieschemel. Notfalls setze dich auf einen Stuhl. Aber sei gerade, so dass du vom Herzen her ausstrahlen kannst. Das heißt jetzt nicht: preußisch Bauch rein und Brust raus. Das eben gerade nicht, weil du ja mit dem Bauch atmest, aber sei aufgerichtet, so dass deine Herzenergie fließen kann.

Vishuddha Chakra (Kehl-Chakra)

Der dritte Bestandteil der 3-Chakra-Methode ist Vishuddha Chakra. Das Kehl-Chakra steht für Verbindung und Ausdehnung. Damit das Prana, das du in Manipura erzeugt und in Anahata mit Liebe verbunden hast, auch beim Sprechen weit ausstrahlen kann, musst du den Mund öffnen. Im Gesangsunterricht würdest du sogar lernen, den Mund sehr weit aufzumachen und entsprechend zu formen: A – E – I – O – U. Wenn Du Yoga unterrichtest, musst du es nicht so übertreiben, wie es Schauspieler oder Schüler im Gesangsunterricht lernen würden, aber öffne schon deinen Mund angemessen. Ich rate dir durchaus, ab und zu mal vor dem Spiegel zu üben und zu schauen, ob dein Mund so geöffnet und geformt ist, dass du die Worte auch klar formulierst. In bestimmten Gegenden Deutschlands gehört die Nuschel-Technik zum Dialekt. Ich stamme zum Beispiel aus einer Gegend, wo es üblich ist, dass die Lippen sich kaum bewegen und sich Konsonanten alle angleichen. Aber wenn du gehört werden willst, und wenn deine Worte Wirkung haben sollen, dann ist es wichtig, dass du Worte im Mund klar formulierst, und dass du den Mund auch aufmachst.

Du kannst jetzt mal probieren, die Finger an Ober- und Unterlippe zu geben und zu prüfen, ob du den Mund beim Vokal A mindestens 2 cm aufbekommst: „AAAA“. Beim Vokal E sind es etwas weniger als 2 cm, aber die Lippen sind breiter: „EEEE“. Übe auch die anderen Vokale: „IIII, OOOO, UUUU“. Bei den Vokalen O und U sind die Lippen ehr schmal und rund geöffnet. Probiere es nochmal: „AAAA, EEEE, IIII, OOOO, UUUU“. In diesem Sinne kannst du auch schauen, ob bei E die Zunge immer noch zwischen die Zähne geht: „EEEEE“. Natürlich kannst du A nicht mit der Zunge zwischen den Zähnen sagen, aber du kannst zwischendurch schauen, wo die Zunge bei den einzelnen Vokalen ist: „AAAA, EEEE, IIII, OOOO, UUUU“.

Jetzt kannst du alle drei Chakren miteinander verbinden: Du kannst jetzt beim Ausatmen den Bauch hinein geben, dein Herz öffnen, mit Liebe und Gefühl sprechen und die Worte klar formulieren, indem du den Mund aufmachst und die Lippen formst und bewegst.

An dieser Stelle noch eine Aussage, die ich mal gehört habe: „Wenn du etwas zu sagen hast, dann öffne den Mund. Wenn du nichts zu sagen hast, dann halte den Mund geschlossen. Alles dazwischen – sagen mit fast geschlossenem Mund ist von Übel und führt zu Problemen.“

Also wenn du etwas zu sagen hast: Mund auf, Brust weit, Bauch dabei hineingeben, dabei bewegt sich der Mund. Probiere es nochmal vor dem Spiegel und eine Hand auf den Bauch mit Om Namah Shivaya. Einatmen, Bauch hinaus – beginne: „Om Namah Shivaya, Om Namah Shivaya, Om Namah Shivaya.“

Wenn du magst, probiere es gleich mit ein paar Standardansagen – zum Beispiel mit dem Sonnengruß: „Ausatmen – Hände vorm Brustkorb zusammen, Einatmen – Arme hoch und zurück, ausatmen – nach vorne beugen und die Hände neben die Füße, einatmen – rechtes Bein zurück, Knie am Boden, Kopf gehoben, …

Wenn du diese drei Dinge in deinem Yoga-Unterricht umsetzt, werden deine Teilnehmer*innen dir besser folgen können. Deine Worte werden mehr Macht haben und die Teilnehmer*innen werden sich besser entspannen können. Du kannst das auch ausprobieren, wann immer du öffentlich redest, wann immer du einen Vortrag hältst, wenn du in einer Besprechung redest. Habe keine Angst, dass Menschen denken, du sprichst gestelzt. So stark unterschiedlich ist das gar nicht, es hat nur stärkere Wirkung. Wenn du einen Hund hast und dem Hund ein Kommando gibst, wirkt es auch besser, wenn der Bauch hinein geht. Und wenn du Kinder hast, auch sie können deinen Worten besser folgen und werden ihnen mehr Gewicht geben, wenn dort Energie vom Bauch einfließt, Herz dabei ist und der Mund geöffnet ist.

Probiere es aus, und schreibe in die Kommentare, wie es für dich gewirkt hat, in welchem Kontext du diese 3-Chakra-Methode angewendet hast.

Zusammenfassung:

  • 3-Chakra-Methode: Luft geben, Bauch hinein beim Ausatmen.
  • Mit Herz und Liebe sprechen und dabei aufgerichtet sein.
  • Für Vishuddha Chakra Öffnung, Mund öffnen, Worte formulieren. Dann werden deine Worte mehr Kraft haben.

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Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.

Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.

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