Ein spiritueller Lehrer wird auch Guru genannt. Guru ist ein Sanskrit Wort. Es wird manchmal übersetzt als „Derjenige, der die Dunkelheit vertreibt.“
Guru heißt auch „der Schwere“, „der Große“, „der Wichtige“. Auf dem spirituellen Weg kann nämlich der Guru wichtig sein. Er kann einen wichtigen Aspekt im Leben haben. Es gibt verschiedene Arten von Gurus.
Welche Aufgabe hat ein spiritueller Lehrer? Und braucht man einen spirituellen Lehrer? Braucht man nur einen Lehrer? Oder wäre es klüger mehrere Lehrer zu haben?
Es gibt Erleuchtete, die hatten einen Guru. Und es gibt Erleuchtete, die hatten keinen. Man kann also zur Erleuchtung kommen mit Guru oder auch ohne Guru.
Aufgaben eines spirituellen Lehrers
Ein spiritueller Lehrer hat zum einen die Aufgabe die spirituelle Philosophie zu lehren. Heutzutage klingt das etwas eigenartig. Es gibt so viele Bücher und Internetvideos wo man das auch alles lernt. Der spirituelle Weg ist aber so weit, dass es manchmal gut ist jemanden zu haben, der einem die Logik des spirituellen Weges erklären kann.
Zweitens lehrt er spirituelle Praktiken. Es gibt so viele verschiedene spirituelle Praktiken. Und es kann von Vorteil sein einen Lehrer zu haben, der eine bestimmte Mischung von spirituellen Praktiken erst einmal vorschlägt. Dann gibt es solche, die eine klarere Definition haben und solche, die ein breiteres Spektrum haben, sodass der Schüler noch mehr selbst wählen muss. Aber es hilft erst einmal zumindest am Anfang des Weges, wenn man selbst wählen muss, jemanden zu haben, der einem viele Tipps gibt.
Wenn du z. B. bei Yoga Vidya bist, dann haben wie die Empfehlung 20 Minuten am Tag zu meditieren und 40 Minuten Asanas und Pranayama am Tag zu üben. Eine Stunde ist eine gute Praxis. Und es gibt diese und jene Meditationstechnik, diese und jene Pranayamas, diese und jene Asanas. Bei Yoga Vidya bekommt dann der Aspirant noch weiter Verantwortung für sich selbst und kann selbst sehen wie er die weiteren Praktiken integriert oder welche des großen Methodenspektrums bei Yoga Vidya er oder sie integrieren möchte.
Nächste Aufgabe des Meisters ist, dass er den Weg vorlebt. Er zeigt wie man spirituell leben kann. Sein Leben sind seine Lehren. Und damit kommen wir zum nächsten: Er oder sie – es gibt ja genauso viele Lehrerinnen wie Lehrer – gibt Inspirationen auf dem Weg. Zum einen durch die Praxis, zum nächsten durch die Ausstrahlung, zum weiteren auch einfach durch sein oder ihr Beispiel.
Das Engagement, das Prana, die Liebe, das Verständnis, das Mitgefühl, das Charisma. Es gibt Menschen, die sind einfach eine Inspiration. Und die können einem helfen.
Ein spiritueller Lehrer erkennt was im Karma des Schülers vorgesehen ist und er erkennt welche Fähigkeiten in einem Schüler schlummern. Er hilft einem so über die Aufgaben aus der eigenen Trägheit heraus zu kommen, aus dem eigenen Selbstbild herauszukommen, auch aus der eigenen Gemütlichkeitszone herauszukommen. Und man lernt auch so ein breiteres Spektrum von Karma bewusst anzunehmen.
Ein spiritueller Lehrer hilft aber auch in die Eigenverantwortung und in die Freiheit. Der Lehrer will einen ja zu Moksha führen, zur Freiheit, nicht zur Bindung. Ein spiritueller Lehrer ist kein Psychotherapeut. Es gibt auch Lehrer, die Psychotherapeuten sind. Aber im indischen Kontext ist es jetzt nicht die Aufgabe des Lehrers stundenlange Gespräche zu führen oder stundenlang zuzuhören, auch nicht den Schüler zu coachen. Es gibt Lehrer, die sind das auch. Aber meistens sind sie es nicht.
Sie lehren mehr durch Beispiel, Vorträge, Inspiration, Aufgaben, die sie geben und letztlich auch durch ihre Ausstrahlung. Der Schüler selbst hat seine eigene Aufgabe.
Kann der Lehrer auch schon seinen Körper verlassen haben? Manchmal denke ich, dass es klüger ist, einen Lehrer zu haben, der nicht mehr im physischen Körper ist. Dann kann man nämlich relativ sicher sein oder zumindest stärker hoffen, dass keine Skandalgeschichten über den Lehrer auftauchen.
Es gibt immer wieder Gurus, die sich danebenbenehmen, Pseudogurus, Scheinheilige. Und es scheint mir manchmal so, als wenn die Scheinheiligen besonders viele Schüler bekommen. Ich kenne sehr viele authentische Lehrer wo ich meine, dass dort keine ethischen Verfehlungen vorkommen. Aber einige der bekannten Lehrer der letzten Jahrzehnte waren mindestens auf einem Gebiet nicht so heilig wie sie getan haben.
Daher ist es durchaus klug, je höher der Anspruch eines Lehrers ist, ihn umso genauer zu untersuchen. Wenn jemand da ist, der nicht vorgibt, vollkommen zu sein solltest du diese Vollkommenheit nicht erwarten. Wenn es aber von jemanden heißt, er sei gottverwirklicht und er ist gleichzeitig ein Swami, ein Entsagter, dann ist es schräg, wenn rauskommt das er Bankkonten in der Schweiz hat oder das er regelmäßig sexuelle Beziehungen mit jungen Schülerinnen hat.
Und es gibt noch eine Menge mehr.
___
Stark gekürzter Auszug aus der Transkription der Yoga Vidya Schulung Videoreihe, Begleitvorträge zur Yogalehrer Ausbildung, von und mit Sukadev Bretz.
Mehr zum ganzheitlichen Yoga findest zu z.B. auch in seinen Büchern „Der Pfad zur Gelassenheit“ und „Die Bhagavad Gita für Menschen von heute“.
Kommentare